TE Vwgh Beschluss 1991/1/18 90/18/0183

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Veröffentlicht am 18.01.1991
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Index

L61301 Kulturpflanzenschutz Pflanzenschutz Mindestpflanzabstände
Burgenland;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
Mindestabstände zu fremden Grundstücken Bgld 1989 §8 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Pichler und Dr. Degischer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr Wildmann, in der Beschwerdesache der Maria N gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 21. Mai 1990, Zl. V/1-8609/1-1990, betreffend ein Verwaltungsverfahren nach dem Burgenländischen Landesgesetz über die Mindestabstände zu fremden Grundstücken, LGBl. Nr. 16/1989 (mitbeteiligte Partei: Emmerich M), den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 10.470,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren des Mitbeteiligten wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 21. Februar 1990 war dem Mitbeteiligten dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unter Berufung auf § 8 Abs. 1 des Burgenländischen Gesetzes über die Mindestabstände zu fremden Grundstücken, LGBl. Nr. 16/1989, aufgetragen worden, "die dem Weingarten" der beschwerdeführenden Grundstücksnachbarin "gegenüberliegende Randreihe seines Weingartens in der KG X, auf den gesetzmäßigen Abstand bis spätestens 15. 4. 1990 zu versetzen".

Mit Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 21. Mai 1990 wurde dieser erstinstanzliche Bescheid auf Grund der dagegen erhobenen Berufung des Mitbeteiligten im wesentlichen mit der Begründung aufgehoben, daß der Beschwerdeführer nicht Eigentümer des den erstinstanzlichen Auftrag betreffenden Grundstückes und auch nicht Nutzungsberechtigter dieses Weingartens im Sinne des § 8 Abs. 1 leg. cit. sei, weshalb die Behörde nicht berechtigt gewesen sei, ihm den in Rede stehenden Auftrag zu erteilen.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erwogen:

Nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Voraussetzung der Zulässigkeit der Beschwerde ist die Möglichkeit der Verletzung eines subjektiven Rechtes des Beschwerdeführers (vgl. dazu u.a. den hg. Beschluß vom 13. Juli 1956, Slg. N. F. Nr. 4127/A), weshalb auch im vorliegenden Fall zu prüfen war, ob die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiven Recht verletzt sein konnte und ihr demnach die Berechtigung zur Beschwerdeerhebung zusteht.

Gemäß § 8 Abs. 1 des Gesetzes vom 24. November 1988 über die Mindestabstände zu fremden Grundstücken, LGBl. für das Burgenland Nr. 16/1989, hat die Bezirksverwaltungsbehörde unabhängig von einer Bestrafung nach § 7 dem Eigentümer der Grundfläche, auf der eine Auspflanzung, die Umwandlung einer bestehenden Weingartenkultur, eine Nachpflanzung oder eine Umzäunung entgegen §§ 1, 2 und 5 vorgenommen wurde oder dem Nutzungsberechtigten einer solchen Grundfläche, soweit er zu einer solchen Maßnahme privatrechtlich befugt war, unter Festsetzung einer angemessenen Frist aufzutragen, den geschaffenen Zustand soweit zu ändern, daß er den Bestimmungen dieses Gesetzes entspricht.

Weder in dieser Bestimmung noch an anderer Stelle dieses Gesetzes ist dem Eigentümer einer Grundfläche, welche an jene angrenzt, auf die sich ein behördlicher Auftrag im Sinne dieser gesetzlichen Anordnung bezieht, ein Rechtsanspruch auf die Erlassung eines derartigen behördlichen Auftrages eingeräumt, weshalb ein solcher Nachbar in keinem durch das Gesetz eingeräumten subjektiv-öffentlichen Recht verletzt sein kann, wenn die Behörde trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 leg. cit. dem Eigentümer einer Grundfläche keinen Auftrag im Sinne dieser Regelung erteilt.

Die Beschwerdeführerin kann daher durch den angefochtenen Bescheid unabhängig von der Frage seiner Gesetzmäßigkeit in keinem Recht verletzt sein. Daran vermag auch ihre Behauptung nichts zu ändern, daß sie ein "rechtliches Interesse auf Einhaltung des Mindestabstandes" im Sinne der in Rede stehenden landesgesetzlichen Norm habe und daher an dem vorliegenden Verwaltungsverfahren als Partei im Sinne des § 8 AVG 1950 beteiligt sei, weil die letztgenannte Bestimmung nichts über die Voraussetzungen aussagt, welche gegeben sein müssen, damit von einem Rechtsanspruch oder rechtlichen Interesse die Rede sein kann. Es kann demnach die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren Parteistellung besitzt, anhand des AVG 1950 allein nicht gelöst werden. Die Parteistellung muß vielmehr aus den verwaltungsrechtlichen Vorschriften abgeleitet werden; auf dem Boden des materiellen Verwaltungsrechtes muß sie nach dem Gegenstand des betreffenden Verwaltungsverfahrens und dem Inhalt der zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschrift beurteilt werden (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 1. April 1960, Slg. N. F. Nr. 5258/A). Aus der im Gegenstande maßgebenden Verwaltungsvorschrift, also dem Landesgesetz über die Mindestabstände zu fremden Grundstücken, ist aber kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, daß dem Nachbarn in dem Verfahren gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. eine derartige Stellung eingeräumt ist, daß ihm die Eigenschaft einer Partei zukommt. Die Beschwerdeführerin hat nicht einmal einen Rechtsanspruch auf Beiziehung in einem derartigen Verfahren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Jänner 1969, Slg. N. F. Nr. 7488/A).

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Mangels der Berechtigung zur Erhebung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a leg. cit. gebildeten Senat zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie § 51 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Das Mehrbegehren des Mitbeteiligten war abzuweisen, weil für die in zweifacher Ausfertigung zu erstattende Gegenschrift lediglich S 240,-- an Stempelgebühr zu entrichten war.

Schlagworte

Beteiligter Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen Rechtspersönlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990180183.X00

Im RIS seit

22.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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