TE Vwgh Erkenntnis 1991/1/21 89/12/0078

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Veröffentlicht am 21.01.1991
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Index

L10017 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Tirol;
L82407 Abfall Müll Sonderabfall Sondermüll Tirol;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

AbfallbeseitigungsG Tir §2 Abs1;
AbfallbeseitigungsG Tir §2 Abs2;
AbfallbeseitigungsG Tir §2 Abs5 lith;
AbfallbeseitigungsG Tir §40 Abs1;
AbfallbeseitigungsG Tir §40 Abs2;
B-VG Art119a Abs5;
GdO Tir 1966 §112 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 27. Jänner 1989, Zl. V-98/16, betreffend Abfallbeseitigung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde X), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer zweier Grundstücke (gesamt etwa 16.000 m2) in der Katastralgemeinde X.

Mit Bescheid der Behörde erster Instanz vom 14. April 1986 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, die auf diesen Grundstücken abgestellten "Autowracks a) Lkw, Marke Steyr,

b) Lieferwagen, Marke Citroen, c) Ratrac d) verschiedene andere Eisenteile und Maschinen" bis zu einem bestimmten Termin zu entfernen.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, daß es sich bei diesen Grundstücken um eine Torfwiese handle, wo seit Jahrhunderten Torf abgebaut werde; die Fahrzeuge und Maschinen seien - die Funktion der Geräte wird im einzelnen erläutert - zur Torfgewinnung bestimmt.

Die Gemeindebehörde II. Instanz wies die Berufung mit Bescheid vom 28. August 1986 ab. Als Begründung wurde in diesem Bescheid über den dargestellten Verfahrensablauf hinaus im wesentlichen die Auffassung vertreten, die vorhandenen Maschinen reichten nicht aus, darauf schließen zu lassen, daß eine Torfgewinnungsanlage geplant sei, noch dazu, weil auch andere Eisenteile und Maschinen gelagert seien. Die Behörde müsse daher davon ausgehen, daß es sich bei den angeführten Maschinen und Autos um Alteisen und Wracks handle, deren Lagerung nicht zulässig sei.

In der vom Beschwerdeführer erhobenen Vorstellung brachte er vor, den Torf vorwiegend für die Herstellung von Kultursubstraten nach Abmischung (Gutachten der höheren Bundeslehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau in Wien) verwenden zu wollen und legte die bisher gesetzten Vorarbeiten für dieses Vorhaben dar. Weiters wies der Beschwerdeführer darauf hin, daß er bereits um die Genehmigung zur Torfernte angesucht habe und auch auf der Suche nach den weiters benötigten Geräten sei. Neuerlich legte der Beschwerdeführer die Funktion der einzelnen Fahrzeuge bzw. Maschinen für den beabsichtigten Zweck dar.

Die belangte Behörde behob auf Grund dieser Vorstellung den vorher genannten Bescheid. Maßgebend hiefür war, daß seitens der Behörden erster und zweiter Instanz keine Erhebungen über den maßgebenden Sachverhalt angestellt worden sind. Die belangte Behörde wies auf die einschlägigen Bestimmungen (insbesondere auf § 2 Abs. 5 lit. h des Tiroler Abfallbeseitigungsgesetzes) und auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, nach der für die Beurteilung der Frage, ob Abfall vorliege, entscheidend sei, ob es sich um eine Sache handle, die im allgemeinen noch Verwendung finde. Nicht mehr fahrbereite Fahrzeuge (Autowracks) und Autobestandteile seien, auch wenn sie wieder fahrbereit bzw. funktionstüchtig gemacht oder einzelne Teile davon als Ersatzteile verwendet werden könnten, als Abfälle zu werten, wenn ihnen im allgemeinen keine Bedeutung als Gebrauchsgegenstand mehr beigemessen werde. Unter Beachtung dieser Aspekte müsse festgestellt werden, ob es sich um Abfälle handle. Im Fall der Bejahung werde zu beurteilen sein, ob Entledigungsabsicht bestehe, was nicht der Fall sein dürfte. Im letzteren Fall wäre weiters zu prüfen, ob die geordnete Beseitigung aus den im § 2 Abs. 1 des Abfallbeseitigungsgesetzes genannten Gründen, vor allem aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes oder der Wahrung des Orts- und Straßenbildes geboten sei. Da solche Feststellungen unterblieben seien, sei der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig geblieben. Das Nichtvorliegen eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob es sich bei den beanstandeten Gegenständen um Abfälle im Sinne des Abfallbeseitigungsgesetzes handle, habe daher zu einer wesentlichen Begründungslücke geführt.

Die Gemeindebehörde II. Instanz ersuchte daraufhin mit Schreiben vom 23. November 1987 die belangte Behörde um Entsendung eines Gutachters in dieser Angelegenheit.

Das mit 23. Dezember 1987 datierte Gutachten hat nach einer Lagebeschreibung, in der Maschinen und Kraftwagen, die offensichtlich der Torfgewinnung dienen, und weitere Geräte erwähnt werden, bei denen kein Zusammenhang mit dem genannten wirtschaftlichen Zweck erkannt werden konnte, folgenden Wortlaut:

"Das ganze Areal macht einen eher verwahrlosten Eindruck und wirkt mehr wie eine Sammlung und Deponie von alten, ebenfalls meist verwahrlosten Baumaschinen, die hier abgelagert wurden, als eine Arbeitsstätte für Torfgewinnung und -aufbereitung. Diese stellt nur einen kleinen Bereich der ganzen Fläche dar. Aus der Ferne ist dieses Areal nicht einzusehen, für die nähere Umgebung ist durch die verstreuten und unordentlich abgestellten Maschinen jedoch zweifellos eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes gegeben. Eine Beeinträchtigung des Erholungswertes dieser Landschaft ist ebenfalls gegeben, umsomehr, als in der Nähe im allgemeinen rege begangene Spazierwege vorbeiführen. Aus naturschutzfachlicher Sicht ist daher zu fordern, daß vor allem aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes eine Entfernung der abgestellten Maschinen bzw. der abgelagerten Geräte unbedingt erforderlich ist."

Zu diesem Gutachten gab die Gemeindebehörde II. Instanz dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme, in der der Beschwerdeführer neuerlich darauf verwies, die Autos und Maschinen zur Aufbereitung des Torfes zu benötigen. Nach Erteilung der von ihm beantragten behördlichen Bewilligung zur Torfernte werde er um die Baugenehmigung für einen Schuppen zur Unterbringung der Gerätschaften ansuchen. Die bereits dort gelagerten Holz- und Eisenteile seien dafür bestimmt. Hätte sich der Gutachter mit dem Beschwerdeführer in Verbindung gesetzt, hätte er ihn über den Zweck aufklären können.

Die Gemeindebehörde II. Instanz wies mit Bescheid vom 21. Oktober 1988 die seinerzeitige Berufung des Beschwerdeführers im fortgesetzten Verfahren neuerlich ab.

In der Begründung dieses Bescheides wird vorerst ausdrücklich auf die - von der Vorstellungsbehörde als unvollständig bezeichneten - Sachverhaltsdarstellungen im seinerzeit aufgehobenen Bescheid verwiesen. Dann wird die Begründung des vorher genannten Vorstellungsbescheides insofern verkürzt wiedergegeben, als lediglich ausgeführt wird, die Frage, ob es sich um Abfälle im Sinne des Abfallbeseitigungsgesetzes handle, wäre durch "Sachverständigenurteil" zu prüfen, ebenso, ob die Beseitigung vor allem aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes geboten sei. Im weiteren werden in der Begründung dann das Gutachten und die Stellungnahme des Beschwerdeführers wiedergegeben sowie - soweit dem für das Verfahren Bedeutung zukommt - weiter ausgeführt:

Der Beschwerdeführer benötige nach seinen eigenen Angaben die Gegenstände, deren Entfernung aufgetragen worden sei, zur "Erzeugung" und Verarbeitung von Torf. Er schränke ein, daß er hiefür noch keine behördliche Bewilligung habe. Ein Teil der Maschinen und Geräte könne den Angaben des Sachverständigen zufolge nicht in einen primären Zusammenhang mit der Torfgewinnung gebracht werden. Zum "seinerzeitigen Zeitpunkt" seien sie nicht in Verwendung gestanden bzw. auch nicht fahrbereit gewesen. Wie in der Begründung des Vorstellungsbescheides unter anderem ausgeführt sei, seien nicht mehr fahrbereite Fahrzeuge (Autowracks) und Autobestandteile, auch wenn sie wieder fahrbereit bzw. funktionstüchtig gemacht werden könnten, als Abfälle zu werten, weil ihnen im allgemeinen keine Bedeutung als Gebrauchsgegenstand mehr beigemessen werde. Wenn solche Gegenstände keine Verwendung hätten, seien sie an diesem Platz zwecklos und würden durch die wahllose Lagerung den Eindruck einer Deponie hervorrufen. Damit verbunden sei neben einer negativen Beeinflussung des Landschaftsbildes auch eine Herabminderung des Erholungswertes. Den derzeitigen Zustand zu dulden, bis die behördliche Genehmigung erteilt werde, könne nicht akzeptiert werden, weil sich das lange hinziehen könne und diese Maschinen und Geräte solange zwecklos seien.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer neuerlich Vorstellung, in der er unter Hinweis auf sein bisheriges Vorbringen seine Einwendungen wiederholte.

Mit dem angefochtenen Bescheid wird der Vorstellung insofern teilweise Folge gegeben, als der Bescheid des Gemeindevorstandes hinsichtlich der Bestätigung des Punktes lit. d des erstinstanzlichen Bescheides wegen Verletzung von Rechten des Einschreiters aufgehoben und hinsichtlich dieser Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Partei verwiesen wird. Im übrigen wurde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen.

Zur Begründung wird der vorher bereits auf Grund der Aktenlage dargestellte Verfahrensablauf gekürzt wiedergegeben. Nach Darstellung des § 112 Abs. 1 der Tiroler Gemeindeordnung 1966 und Auseinandersetzung mit der Frage der Bindung an den seinerzeitigen Vorstellungsbescheid im fortgesetzten Verfahren führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter aus:

Entsprechend den Ausführungen im ersten Vorstellungsbescheid habe sich die Gemeindebehörde II. Instanz im fortgesetzten Verfahren damit auseinanderzusetzen gehabt, ob es sich bei den im Entfernungsauftrag genannten Gegenständen tatsächlich um Abfälle im Sinne des Abfallbeseitigungsgesetzes gehandelt habe und ob die Entfernung dieser Abfälle auf Grundlage des Abfallbeseitigungsgesetzes habe verfügt werden dürfen. Zu diesem Zwecke sei daher im fortgesetzten Verfahren zur Klärung der Frage, ob die Entfernung der abgelagerten Gegenstände aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes erforderlich sei, das Gutachten eines naturschutzfachlichen Amtssachverständigen eingeholt worden. Dieser habe in seinem Gutachten durchaus schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, daß das gesamte Areal auf Grund der dort abgestellten Gegenstände einen sehr verwahrlosten Eindruck mache und daher mehr wie eine Sammlung und Deponie wirke als eine Arbeitsstätte für Torfgewinnung und Aufbereitung. Dabei habe der Sachverständige in seinem Befund festgestellt, daß neben den im erstinstanzlichen Bescheid ausdrücklich angeführten drei Autowracks noch zahlreiche weitere Maschinen und Gegenstände (so z.B. Teile eines Kranes, eine Mischmaschine, eine Straßenbaumaschine, Teile von Förderbändern, Tanks, Stapel, Paletten und Fässer) auf den gegenständlichen Grundstücken abgelagert seien. Weiters habe er in seiner Befundaufnahme festgestellt, daß das gesamte Areal zwar nicht aus der Ferne, jedoch sehr wohl aus der näheren Umgebung einsehbar sei. Weiters habe der Sachverständige dargelegt, daß durch die Lagerung der eher verwahrlosten Gegenstände das Landschaftsbild beeinträchtigt werde und auch der Erholungswert sowohl für die nähere Umgebung, als auch für Benützer des stark frequentierten Weges an der nördlichen Grenze des Areals und für die Benützer der im Winter auf dem Nachbargrundstück vorbeiführenden Loipe durch die gute Einsehbarkeit vermindert wäre.

Dieses Gutachten habe vom Beschwerdeführer weder durch sein Vorbringen in seiner Stellungnahme vom 21. März 1988 noch durch seine Einwendungen in der Vorstellung entkräftet werden können. So könne die Einwendung, durch den starken Bewuchs der Torfdeponien sei keine Beeinträchtigung gegeben, nicht zu überzeugen, weil der Sachverständige in seinem Gutachten klar zum Ausdruck gebracht habe, daß für die nähere Umgebung durch die zerstreuten und unordentlich abgestellten Maschinen zweifellos eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes gegeben sei. Daß für die Benützer der Loipe keine Beeinträchtigung gegeben sei, sei vom Beschwerdeführer lediglich behauptet, jedoch nicht näher begründet worden. Auch diesem Argument könne die belangte Behörde nicht folgen, weil die Einsehbarkeit, wie dem Gutachten entnommen werden könne, gerade für die nähere Umgebung und damit auch zweifellos für die Benützer der in der Nähe vorbeiführenden Loipe gegeben sei. Zudem leuchte es wohl ein, daß das Landschaftsbild und somit auch der Erholungswert gerade im Winter, wenn eine Schneedecke liege, durch die ungeordnete Aufstellung von augenscheinlich nicht benötigten alten Geräten, Autowracks und ähnlichen Gegenständen sicherlich noch mehr beeinträchtigt werde als im Sommer. Unrichtig sei schließlich auch der Hinweis auf die Verletzung des Parteiengehörs, weil die Behörde durch die Übersendung des Gutachtens und die Einräumung der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme das Recht auf Parteiengehör ausreichend gewahrt habe.

Aus dem bisher Gesagten ergebe sich somit, daß die Gemeindebehörde II. Instanz auf Grundlage des unbedenklichen Gutachtens zu Recht davon ausgegangen sei, daß durch die laut Befundaufnahme des Sachverständigen auf den Grundstücken abgestellten Gegenstände eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und Erholungswertes der Landschaft gegeben sei. Als nächstes sei zu prüfen, ob die Gemeindebehörde

II. Instanz auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens den erstinstanzlichen Bescheid richtigerweise zur Gänze bestätigt habe. Dabei komme die belangte Behörde zum Ergebnis, daß lediglich die Bestätigung des Entfernungsauftrages hinsichtlich der Punkte lit. a, lit. b und lit. c des erstinstanzlichen Bescheides rechtmäßig erfolgt sei und nur diesbezüglich der Beschwerdeführer in keinem Recht verletzt worden sei. Hinsichtlich der in diesen Punkten genannten Gegenstände hätte nämlich im Verfahren eindeutig festgestellt werden können, daß

1) diese Autos, nämlich ein Autowrack Lkw, Marke Steyr, ein Autowrack Lieferwagen, Marke Citroen und ein Ratrac, auf den Grundflächen des Beschwerdeführers abgestellt seien;

2) sich der Eigentümer dieser Gegenstände nicht entledigen wolle und

3) die Entfernung der genannten Gegenstände im Interesse des Landschafts- und Naturschutzes geboten sei.

Unter diesen Voraussetzungen sei die Gemeindebehörde II. Instanz zu Recht davon ausgegangen, daß ein Entfernungsauftrag gemäß § 40 Abs. 2 des Abfallbeseitigungsgesetzes erlassen werden könne. Gemäß § 40 Abs. 1 des Abfallbeseitigungsgesetzes sei es nämlich unbeschadet sonstiger Vorschriften verboten, Landschaftsteile, insbesondere Wiesen, Felder, Wälder, Uferböschungen, Rastplätze, Parks, Spazier- und Wanderwege, durch Ablagern oder Wegwerfen von Abfällen zu verunstalten oder zu verunreinigen. Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung könne der Bürgermeister Personen, die gegen die Vorschrift des Abs. 1 verstießen, die Beseitigung der Verunstaltung oder Verunreinigung auftragen. Dabei ergebe sich die für einen weiteren Entfernungsauftrag nach dieser Bestimmung notwendige Voraussetzung der Verunreinigung bzw. Verunstaltung des betreffenden Landschaftsteiles im Beschwerdefall schon allein aus dem naturschutzfachlichen Gutachten, sodaß diesbezüglich keine weiteren Feststellungen hätten getroffen werden müssen und die Behörde ohne weiteres davon habe ausgehen können, daß durch die Ablagerung der unter lit. a bis c des erstinstanzlichen Bescheides genannten Gegenstände auch eine Verunstaltung der Grundstücke des Beschwerdeführers eingetreten sei.

Nach Ansicht der belangten Behörde sei jedoch der Vorstellung teilweise Folge zu geben und der Bescheid hinsichtlich der Bestätigung des Spruchpunktes lit. d des erstinstanzlichen Bescheides zu beheben gewesen. Die Formulierung dieses Spruchteiles und der sehr ungenaue Auftrag "verschiedene andere Eisenteile und Maschinen zu entfernen" erfülle nämlich keineswegs die strengen Voraussetzungen, die ein Entfernungsauftrag nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufweisen müsse.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Partei hat von der ihr gebotenen Gelegenheit zur Äußerung keinen Gebrauch gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die vorliegende Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid in seinem gesamten Umfange, also auch den aufhebenden Teil, um eine Bindungswirkung an die tragende Rechtsmeinung der belangten Behörde zu verhindern. Inhaltlich sieht sich der Beschwerdeführer durch die unrichtige Anwendung der §§ 2 und 40 des Abfallbeseitigungsgesetzes insofern verletzt, als es sich nach seiner Auffassung bei den zu beseitigenden Gegenständen nicht um Abfall handelt. Weiters dadurch, daß im fortgesetzten Verfahren von der Rechtsauffassung der belangten Behörde im Vorstellungsbescheid vom 5. Dezember 1986, die in Rechtskraft erwachsen sei, abgegangen und dieser Rechtsansicht nicht entsprochen worden sei.

Die maßgebende Rechtsgrundlage für das vorliegende Verfahren war das Tiroler Landesgesetz vom 23. Mai 1972 über die Abfuhr und die Beseitigung von Abfällen (Abfallbeseitigungsgesetz), Landesgesetzblatt Nr. 50/1972. Nach § 2 Abs. 1 dieses Gesetzes sind Abfälle bewegliche Sachen, deren sich der Eigentümer oder Inhaber entledigen will oder entledigt hat oder deren geordnete Beseitigung aus Gründen des Schutzes der Gesundheit, des Gewässerschutzes, der Brandverhütung, des Natur- und Landschaftsschutzes, der Wahrung des Orts- und Straßenbildes, der allgemeinen Sicherheit oder sonstiger öffentlicher Interessen geboten ist. Als Abfälle im Sinne des Abs. 1 gelten nach Abs. 2 der genannten Bestimmung Hausmüll, Sperrmüll und Sondermüll. In den folgenden Abs. 3 bis 5 werden die vorher genannten Abfallarten umschrieben, wobei in Abs. 5 unter lit. h "Fahrzeug- und Maschinenwracks und Teile davon, Altreifen" genannt sind.

§ 40 des genannten Gesetzes normiert ein Ablagerungsverbot. Nach Abs. 1 ist es unbeschadet sonstiger Vorschriften verboten, Landschaftsteile, insbesondere Wiesen, Felder, Wälder, Uferböschungen, Rastplätze, Parks, Spazier- und Wanderwege, durch Ablagern oder Wegwerfen von Abfällen (§ 2) zu verunstalten oder zu verunreinigen. Der Bürgermeister hat gemäß Abs. 2 der genannten Bestimmung Personen, die gegen die Vorschriften des Abs. 1 verstoßen, unabhängig von einer Bestrafung die Beseitigung der Verunstaltung oder Verunreinigung unter Setzung einer angemessenen Frist aufzutragen.

Ausgehend von dieser Rechtslage und der seinerzeitigen mangelhaften Sachverhaltsfeststellung im gemeindebehördlichen Verfahren hat die belangte Behörde in ihrem Vorstellungsbescheid vom 5. Dezember 1986 im wesentlichen ausgeführt, daß gutachterlich festgestellt werden müsse, ob es sich bei den abgelagerten Gegenständen um Abfälle im Sinne des Abfallbeseitigungsgesetzes handle. Im Falle der Bejahung werde anschließend zu beurteilen sein, ob sich der Eigentümer oder Inhaber dieser Gegenstände habe entledigen wollen oder entledigt habe, was jedoch unter Berücksichtigung der Rechtfertigung des Beschwerdeführers nicht der Fall sein dürfte. In diesem Falle wäre weiters durch Sachverständigenurteil zu prüfen, ob die geordnete Beseitigung aus den im § 2 Abs. 1 Abfallbeseitigungsgesetz genannten Gründen, vor allem aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes oder der Wahrung des Orts- und Straßenbildes geboten sei.

An diese in dem in Rechtskraft erwachsenen Vorstellungsbescheid zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht ist die Gemeindebehörde II. Instanz gemäß § 112 Abs. 5 der Tiroler Gemeindeordnung gebunden, wobei die Bindungswirkung nicht nur die Gemeinde, sondern auch die Vorstellungsbehörde selbst und auch den Verwaltungsgerichtshof erfaßt und nicht nur in der Bindung an den Spruch, sondern auch an die diesen Spruch tragenden Gründe besteht (vgl. diesbezüglich die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, beispielsweise Erkenntnis vom 17. Dezember 1979, Slg. N.F. Nr. 9996/A, und die dort weiters genannte Judikatur).

Der vom Beschwerdeführer mit Vorstellung bekämpfte Ersatzbescheid entspricht der vorher dargestellten, für die Vorstellungsentscheidung vom 5. Dezember 1986 tragenden Rechtsauffassung (nämlich, daß primär die Abfalleigenschaft der abgelagerten Gegenstände festzustellen ist) - wie der Beschwerdeführer zutreffend als inhaltliche Rechtswidrigkeit rügt - nicht.

Der Ersatzbescheid erging nach Einholung eines Gutachtens vom 23. Dezember 1987. In diesem Gutachten wurde zur Abfalleigenschaft der Gegenstände keine hinreichende Aussage getroffen, sondern nur dargelegt, daß sich auf dem Gelände des Beschwerdeführers neben anderen Geräten und Gegenständen Maschinen befänden, "die offensichtlich zur Torfgewinnung dienen, darunter ein Bagger, 2 Förderbänder, sowie ein alter Lkw und ein Kastenwagen. Diese Geräte stehen derzeit nicht in Verwendung bzw. sind nicht fahrbereit". Aus welchen Gründen hinsichtlich welcher Maschinen, Fahrzeugen bzw. sonstigen Geräten die Fahrbereitschaft bzw. die Verwendungsbereitschaft nicht gegeben ist, wird nicht dargelegt. Letztlich wird in diesem Gutachten noch festgestellt, daß das ganze Areal einen verwahrlosten Eindruck mache und MEHR wie eine Sammlung und Deponie von alten, jedenfalls meist verwahrlosten Baumaschinen wirke. Auf dieses Gutachten stützt die Gemeindebehörde II. Instanz ihren Ersatzbescheid und wertet die abgelagerten Gegenstände ohne näher zu differenzieren mangels Verwendung bzw. Fahrbereitschaft als Abfall bzw. als Autowracks.

Diese Aussagen bzw. Feststellungen reichen im Beschwerdefall für die erforderliche Qualifikation als Abfall - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - nicht aus. Die Gemeindebehörde II. Instanz hat offensichtlich die im Vorstellungsbescheid der belangten Behörde vom 5. Dezember 1986 sinngemäß und zusammengefaßt wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnis vom 8. September 1987, Zl. 87/09/0019) mißverstanden. Maßgebend für die Wertung als Abfall ist nicht, ob die Gegenstände IN VERWENDUNG STEHEN, sondern ob es sich - im Sinne der Ausführungen im genannten Vorstellungsbescheid - um eine Sache handelt, die im allgemeinen NOCH VERWENDUNG FINDET, die also (- Ergänzung des Verwaltungsgerichtshofes -) noch objektiv verwendbar ist. In ähnlicher Weise darf die Formulierung "nicht mehr fahrbereite Fahrzeuge (Autowracks)" - im sinnvollen Zusammenhang gelesen - nicht zu der von der Gemeindebehörde II. Instanz ihrem Ersatzbescheid zugrundegelegten Auffassung führen, es handle sich bei jedem - möglicherweise nur durch einen geringen Defekt - nicht mehr fahrbereiten Fahrzeug bereits um ein Autowrack (vgl. diesbezüglich das vorher genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere unter Berücksichtigung des damaligen Sachverhaltes und der zu der Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führenden Begründung).

Der Beschwerdeführer hat im vorliegenden Verfahren vorgebracht, die von ihm gelagerten Gegenstände für die von ihm beabsichtigte und beantragte Torfgewinnung bzw. für die Errichtung eines Lagerschuppens zu benötigen. Bei dieser Sachlage hätte die Gemeindebehörde II. Instanz für die Wertung der in Frage stehenden Gegenstände als Abfall die begründetete Feststellung zu treffen gehabt, daß diese für den beabsichtigten Zweck im obigen Sinne objektiv nicht oder nicht mehr einsetzbar sind. Die nicht näher begründete Aussage der mangelnden Fahrbereitschaft rechtfertigt für sich alleine noch nicht die Wertung eines Fahrzeuges als Wrack - die auch durch die bei den Verwaltungsakten befindlichen Fotografien nicht bestätigt werden kann - und damit als Abfall. Bei der Sachlage im Beschwerdefall könnte die Ursache für die mangelnde Fahrbereitschaft beispielsweise auch darin gelegen gewesen sein, daß aus Gründen des Umweltschutzes die Akkumulatoren ausgebaut und die Treibstoffe und Schmiermittel abgelassen worden sind.

Daß die Gemeindebehörde II. Instanz ihrem Ersatzbescheid vom 21. Oktober 1988 die Ausführungen der belangten Behörde im seinerzeitigen Vorstellungsbescheid vom 5. Dezember 1986 verkannt hat, zeigt auch die diesbezüglich unzulängliche Wiedergabe der maßgebenden Ausführungen der belangten Behörde im Vorstellungsbescheid in der Begründung des Ersatzbescheides. Offensichtlich war die Gemeindebehörde II. Instanz der Auffassung, durch Heranziehung eines Gutachters der belangten Behörde hinreichend für die Rechtmäßigkeit ihrer Entscheidung vorgesorgt zu haben. Nichtsdestotrotz fehlen aber entsprechende Sachverhaltsfestellungen, die eine nachvollziehbare Wertung der in Frage kommenden Gegenstände als Abfall zulassen würden. Diese Frage kann nicht lediglich damit beantwortet werden, daß in Übernahme der Feststellungen des Gutachters das ganze Areal als "verwahrlost" bezeichnet wird; weiters, daß es "mehr wie eine Deponie" wirke bzw. daß es sich um "alte, meist verwahrloste Baumaschinen" handle. Solche allgemeinen Feststellungen genügen nicht für die Qualifikation der abgelagerten Gegenstände bzw. Fahrzeuge als Abfall (vgl. in diesem Sinne auch das von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift selbst genannte, bereits mehrfach zitierte, zu einer vergleichbaren Rechtslage ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. September 1987, 87/09/0019).

Da die belangte Behörde nicht erkannt hat, daß die Gemeindebehörde II. Instanz neuerlich die entscheidenden Erhebungen und Feststellungen für die Wertung der abgelagerten Gegenstände als Abfall nicht getroffen hat, mußte der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989, insbesondere unter Beachtung des Art. III dieser Verordnung.

Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Bindung an die Rechtsanschauung der Vorstellungsbehörde Ersatzbescheid

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1989120078.X00

Im RIS seit

21.01.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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