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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ASVG §412 Abs2 Halbsatz2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsoberkommissär Dr. Kral, über die Beschwerde des T gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 15. November 1990, Zl. 5-226 To 51/2-90, betreffend Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 412 Abs. 2 ASVG in einer Angelegenheit der Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG (mitbeteiligte Partei: Steiermärkische Gebietskrankenkasse in Graz, Josef-Pongratz-Platz 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Ablichtung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Mit Bescheid der mitbeteiligten Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 18. September 1990 wurde der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der T-Bau Gesellschaft m.b.H. gemäß § 67 Abs. 10 ASVG in Verbindung mit § 83 ASVG verpflichtet, den Betrag von S 137.974,39 zuzüglich 10,5 Prozent Verzugszinsen ab 19. September 1990 aus dem Betrag von S 133.406,03 binnen 14 Tagen nach Zustellung des Bescheides zu bezahlen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Einspruch. Er beantragte, dem Einspruch aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und brachte in diesem Zusammenhang - wie sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides in Übereinstimmung mit dem Beschwerdevorbringen ergibt - folgendes vor:
"Die sofortige Einbringlichmachung des Betrages und allfällige Exekutionsführung würde für mich mit großen finanziellen Schwierigkeiten und Nachteilen verbunden sein. Ich bin für meine Gattin und für die mj. am 5.1.1976 geborene Doris T sorgepflichtig, habe diverse Rückzahlungsverpflichtungen aus meiner persönlichen Haftungsübernahme hinsichtlich der Zwangsausgleichsquote, sodaß der sofortige Vollzug des Bescheides für mich und meine Familie mit einer besonderen Härte verbunden wäre, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch für diverse öffentlich-rechtliche und private Gläubiger mit nicht
wiedergutzumachenden wirtschaftlichen und finanziellen Nachteilen verbunden wäre und allenfalls zur gänzlichen Ruinierung der von mir betriebenen Gesellschaft m.b.H. führen könnte. Ein Aufschub des Vollzuges würde auch öffentliche Interessen nicht verletzen. Zur Glaubhaftmachung dieses Vorbringens verweise ich auf den Akt des Konkursgerichtes (LG für ZRS Graz) und biete meine Einvernahme an."
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, seinem Einspruch aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, mit der Begründung abgewiesen, daß dieser Antrag nicht ausreichend konkretisiert sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde, worin der Beschwerdeführer vorbringt, daß eine ziffernmäßige Darlegung des Einkommens, der Schulden und Sorgepflichten lediglich "nach Tunlichkeit notwendig sein" könne, nicht aber sein müsse und daß die Angaben zur Beurteilung der "Aufschiebungswürdigkeit eines Sachverhaltes" lediglich glaubhaft zu machen seien. Die Behörde hätte sich durch Einsicht in den Konkursakt von der inhaltlichen Richtigkeit des Vorbringens und der Höhe der Verbindlichkeiten überzeugen können. Ferner hätte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme geben und sich durch die Einvernahme des Beschwerdeführers einen persönlichen Eindruck von dessen Persönlichkeit verschaffen müssen. Bei einer solchen Einvernahme hätte der Beschwerdeführer ausführlich und nachvollziehbar ausführen können, daß etwa durch die persönliche Haftungsübernahme für die Zwangsausgleichsverbindlichkeiten der T-Bau GesmbH zur Rettung seiner eigenen Existenz und auch jener der Familie sowie der gänzlichen Befriedigung aller Konkursgläubiger für den Fall, als die juristische Person die restliche Zwangsausgleichsquote nicht zu leisten vermöge, ein Zahlungserfordernis in der Höhe von S 500.000,-- auf ihn zukommen werde. Durch eine sofortige Vollstreckung wäre die Erfüllung des Zwangsausgleiches gefährdet. Aus dem Umstand, daß der Beschwerdeführer selbst versichert nach dem ASVG sei, ergebe sich, daß die mitbeteiligte Partei rechnerisch unter Heranziehung der Bestimmungen des Lohnpfändungsgesetzes ersehen hätte können, welcher pfändbare Betrag für den Fall der Bewilligung einer Gehaltsexekution dem Beschwerdeführer verbleibe, sodaß mit dem verbleibenden Existenzminimum weitere finanzielle Aufwendungen ohne Gefährdung der eigenen Existenz nicht mehr möglich sein würden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach § 412 ASVG hat der Einspruch keine aufschiebende Wirkung; der Landeshauptmann kann dem Einspruch auf Antrag aufschiebende Wirkung zuerkennen, wenn durch die vorzeitige Vollstreckung ein nicht wiedergutzumachender Schaden eintrete und nicht öffentliche Interessen die sofortige Vollstreckung gebieten.
Wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. in seinem Erkenntnis vom 14. August 1986, Zl. 86/08/0077, und in der darin zitierten Vorjudikatur dargelegt hat, sind an einen Aufschiebungsantrag nach § 412 Abs. 2 zweiter Halbsatz ASVG inhaltlich jene Anforderungen zu stellen, die der Verwaltungsgerichtshof im Beschluß eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, Slg. Nr. 10381/A, für den Bereich des § 30 Abs. 2 VwGG als erforderlich erachtet. Nach dem zuletzt genannten Beschluß ist es - um die vom Gesetzgeber geforderte Interessensabwägung vornehmen zu können - erforderlich, daß der Beschwerdeführer schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung KONKRET darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, daß sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres erkennen lassen, wie z.B. bei Aufschiebungsanträgen, die sich auf Bescheide beziehen, mit denen Primärarreststrafen verhängt wurden oder der Abbruch von Bauwerken verfügt wurde. Betrifft der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einen Bescheid, mit dem der Beschwerdeführer zu Geldleistungen verpflichtet wurde, so genügt der Antragsteller dem genannten Konkretisierungsgebot nur dann, wenn er einerseits seine im Zeitpunkt der Antragstellung bezogenen Einkünfte sowie seine Vermögensverhältnisse (unter Einschluß seiner Schulden, jeweils nach Art und Ausmaß) und andererseits, soferne es sich um eine physische Person handelt, seine gesetzlichen Sorgepflichten durch konkrete - tunlichst ziffernmäßige - Angaben dartut. Denn nur so wird die Behörde überhaupt in die Lage versetzt zu beurteilen, ob der Vollzug des angefochtenen Bescheides, d.h. die zwangszweise Hereinbringung der auferlegten Geldleistungen für den Beschwerdeführer einen angesichts des glaubhaft gemachten Sachverhaltes unverhältnismäßigen Nachteil mit sich brächte. Begründungen von Aufschiebungsanträgen, die die Beurteilung dieser Verhältnisse nicht gestatten, erfüllen das dargelegte Konkretisierungsgebot nicht.
Daraus ergibt sich für den vorliegenden Beschwerdefall, daß der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung mangels jeglicher Konkretisierung ohne weiteres Verfahren abzuweisen war, weil die belangte Behörde mangels entsprechender Angaben über die Einkünfte, die Vermögensverhältnisse und die gesetzlichen Sorgepflichten des Beschwerdeführers nicht in der Lage war zu beurteilen, ob durch die vorzeitige Vollstreckung für den Beschwerdeführer ein nicht wiedergutzumachender Schaden eintreten könnte. Allein aufgrund der Höhe des Haftungsbetrages und des Umstandes, daß über das Vermögen der GESMBH ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, war nicht im Sinne des § 45 Abs. 1 AVG 1950 offenkundig, daß mit dem Vollzug des Bescheides für den BESCHWERDEFÜHRER ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Wegen der Verletzung der den Beschwerdeführer treffenden Mitwirkungspflicht war die belangte Behörde auch nicht verpflichtet, den Beschwerdeführer aufzufordern, weitere Begründungen des Aufschiebungsantrages nachzutragen oder selbst von Amts wegen Ermittlungen in diese Richtung vorzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. August 1986, Zl. 86/08/0077, mit weiteren Judikaturhinweisen).
Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Es erübrigt sich daher auch eine Entscheidung über den Antrag, dieser Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Schlagworte
Darlegung der Gründe für die Gewährung der aufschiebenden Wirkung BegründungspflichtUnverhältnismäßiger NachteilBegründungspflicht Manuduktionspflicht MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990080230.X00Im RIS seit
22.01.1991Zuletzt aktualisiert am
15.04.2010