TE Vwgh Erkenntnis 1991/1/22 90/05/0121

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.01.1991
beobachten
merken

Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §42;
AVG §68 Abs1;
BauO OÖ 1976 §47 Abs5;
BauO OÖ 1976 §50 Abs1;
BauO OÖ 1976 §50 Abs2;
BauO OÖ 1976 §50 Abs4;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde 1) des JM, 2) des KM und 3) der HN gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 24. April 1990, Zl. BauR-020117/1-1990 Ki/St, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: Bund - Post- und Telegraphendirektion für Oberösterreich und Salzburg), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- je binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 5. März 1990 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis der mitbeteiligten Partei unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen, die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Umbaues und von Zubauten auf dem Grundstück n1, KG Ried im Innkreis,

Gleichzeitig wurden Einwendungen der Beschwerdeführer ab- bzw. zurückgewiesen.

Der dagegen von den Beschwerdeführern erhobenen Berufung gab der Landeshauptmann von Oberösterreich mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid keine Folge. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und hier maßgeblicher Bestimmungen der OÖ Bauordnung begründete die Behörde ihre Entscheidung damit, daß die von den Beschwerdeführern erhobene privatrechtliche Einwendung der Erteilung der baubehördlichen Bewilligung nicht entgegenstehe. Auch dann, wenn eine privatrechtliche Vereinbarung als Auflage in einem baubehördlichen Bewilligungsbescheid ihren Niederschlag gefunden habe, sei es der Baubehörde auf Grund der OÖ Bauordnung verwehrt, die baubehördliche Bewilligung zu versagen. Dies schließe nicht aus, daß allfällige private Rechte vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden können, selbst dann, wenn diese Einwendung nicht ausdrücklich durch die Baubehörde auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurde. Es sei diesbezüglich auch nicht von Belang, ob ein geänderter Bebauungsplan mit einer privatrechtlichen Vereinbarung übereinstimme oder nicht. Für die Baubehörde sei ausschließlich die Bestimmung des Bebauungsplanes anzuwenden, während es im Falle der Beschreitung des Rechtsweges den Gerichten obliege, die privatrechtliche Vereinbarung zu beurteilen.

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragen die Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Nach § 50 Abs. 1 der OÖ Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976 (BO), ist im Baubewilligungsbescheid auch über die Einwendungen der Nachbarn abzusprechen. Einwendungen der Nachbarn, mit denen nicht die Verletzung eines subjektiven Rechtes durch das Bauvorhaben behauptet wird, öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn, die im Baubewilligungsverfahren nicht zu berücksichtigen sind (§ 46 Abs. 3), sowie privatrechtliche Einwendungen der Nachbarn, die zwingenden, von der Baubehörde anzuwendenden Bestimmungen widersprechen, sind nach § 50 Abs. 2 BO als unzulässig zurückzuweisen.

Führt ein Vergleichsversuch gemäß § 47 Abs. 5 BO zu keiner Einigung oder kann der Vergleichsversuch danach wegen Abwesenheit eines der beiden Streitteile nicht durchgeführt werden, so sind die Streitenden nach § 50 Abs. 4 leg. cit. hinsichtlich privatrechtlicher Einwendungen, die zwingenden, von der Baubehörde anzuwendenden Bestimmungen nicht widersprechen, auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.

Unter Hinweis auf die zuletzt genannte Gesetzesstelle behaupten die Beschwerdeführer zunächst, daß ein Abspruch über ihre Einwendungen nur dann zulässig gewesen wäre, wenn ein Vergleichsversuch zu keiner Einigung geführt hätte oder ein solcher Versuch nicht hätte durchgeführt werden können. Die Verwaltungsbehörden hätten einen Vergleichsversuch nicht unternommen und in ihren Entscheidungen auch nicht dargelegt, weshalb ein solcher Vergleichsversuch nicht hätte durchgeführt werden können.

Einen Vergleichsversuch hat im vorliegenden Fall die Behörde erster Instanz offensichtlich deshalb nicht vorgenommen, weil es sich ihrer Meinung nach um eine privatrechtliche Einwendung der Beschwerdeführer handelte, die zwingenden, von der Baubehörde anzuwendenden Bestimmungen widersprach, und für diesen Fall ein Vergleichsversuch vom Gesetzgeber nicht angeordnet worden ist. Aus diesem Grunde hat ja auch die Baubehörde erster Instanz privatrechtliche Einwendungen der Beschwerdeführer im Sinne des § 50 Abs. 2 BO zurückgewiesen. Ob dieses Unterbleiben des Vergleichsversuches der Rechtslage entsprach, kann dahingestellt bleiben, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch im Unterbleiben eines Vergleichsversuches kein wesentlicher Verfahrensmangel gelegen ist, der zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen müßte (vgl. etwa das Erkenntnis vom 3. Dezember 1985, Zl. 85/05/0138, BauSlg. Nr. 582). Die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt sohin nicht vor.

Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit erblicken die Beschwerdeführer darin, daß es auf Grund einer im Zuge eines Baubewilligungsverfahrens im Jahre 1970 getroffenen Vereinbarung der mitbeteiligten Partei verwehrt sei, eine bestimmte Maximalhöhe entlang ihrer Grundgrenze zu überschreiten. Dieser Vereinbarung könnte durch eine später geänderte Rechtslage (Flächenwidmungs- und Bebauungsplan) nicht als derogiert angesehen werden, wie die Baubehörde erster Instanz rechtsirrig gemeint habe. In Wahrheit sei die Baubehörde an ihre eigene frühere Entscheidung gebunden, sei doch der seinerzeitige Bescheid in Rechtskraft erwachsen. Schon im Hinblick auf die Rechtskraft des frühreren Bescheides wäre daher das nunmehrige Bauansuchen wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der belangten Behörde, daß die nunmehr von den Beschwerdeführern erhobene Einwendung als eine privatrechtliche zu beurteilen ist, stützen sich doch die Beschwerdeführer ausdrücklich auf eine seinerzeit getroffene privatrechtliche Vereinbarung. Nach den Bestimmungen der OÖ Bauordnung steht aber eine privatrechtliche Einwendung der Erteilung einer Baubewilligung jedenfalls nicht entgegen, vielmehr ist ein Rechtsstreit über die Frage, ob eine solche Vereinbarung einer erteilten Baubewilligung widerspricht, von den Zivilgerichten zu entscheiden. Auch dann, wenn eine solche Einwendung seinerzeit Eingang in einen Baubewilligungsbescheid gefunden hat, könnte aus der Rechtskraft dieses Bescheides kein Recht darauf abgeleitet werden, daß ein vom seinerzeitigen Vorhaben abweichendes Projekt angesichts einer in der Zwischenzeit eingetretenen Änderung der Rechtslage baubehördlich nicht bewilligt werden dürfte. In einem geänderten Projekt wäre nämlich eine Änderung des Sachverhaltes und in einer geänderten rechtlichen Situation eine Änderung der Rechtslage zu erblicken, sodaß schon aus diesem Grunde von einer Rechtskraft im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG 1950 keine Rede sein kann, setzt eine solche doch Identität der Sach- und Rechtslage voraus. Im übrigen hat die mitbeteiligte Partei in ihrer Gegenschrift zu Recht darauf verwiesen, daß die im Jahre 1970 in Geltung gestandene OÖ Bauordnung aus dem Jahre 1875 dem Nachbarn im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens eine andere Rechtsstellung einräumte, als sie der Nachbar nach der nunmehr geltenden OÖ Bauordnung besitzt. Auch mit diesem Vorbringen konnten sohin die Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht dartun.

Da sich die Beschwerde sohin in allen Punkten als nicht begründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG sowie auf die Verordnung BGBl. Nr. 206/1989 im Rahmen der geltend gemachten Ansprüche.

Schlagworte

Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990050121.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten