TE Vwgh Erkenntnis 1991/1/23 90/03/0053

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Veröffentlicht am 23.01.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §4 Abs1 lita;
StVO 1960 §4 Abs5;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissä Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 12. Jänner 1990, Zl. 8V-1189/6/89, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 12. Jänner 1990 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 18. November 1987 gegen 19.35 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf der Rosental Bundesstraße (B-85) von Ferlach kommend in Richtung Görtschach, auf Höhe des Gasthofes "X" in Ferlach, Gemeinde Ferlach, gelenkt und es, obwohl sein Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, unterlassen, sofort anzuhalten, wodurch er § 4 Abs. 1 lit. a StVO verletzt habe. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt. Nach der Begründung des Bescheides sei die Übertretung auf Grund der - im einzelnen wiedergegebenen - glaubwürdigen und logisch nachvollziehbaren Zeugenaussagen des Beifahrers des Beschwerdeführers zum Unfallszeitpunkt sowie auf Grund des von einem kraftfahrtechnischen Sachverständigen abgegebenen und im Zuge des Verfahrens ergänzten Gutachtens, dem der Beschwerdeführer nicht auf gleicher Ebene entgegengetreten sei, als erwiesen anzunehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Gemäß § 4 Abs. 1 lit. a StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.

Der Beschwerdeführer tritt der Annahme der belangten Behörde, daß er als Lenker eines Fahrzeuges zur Tatzeit am Tatort mit einem Verkehrsunfall, bei dem ein anderes Fahrzeug beschädigt wurde, in ursächlichem Zusammenhang stand, in der vorliegenden Beschwerde nicht entgegen, wird doch von ihm selbst in der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde ausgeführt, es habe sich im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens schließlich herausgestellt, "daß mein Fahrzeug das am rechten

Fahrbahnrand abgestellte Fahrzeug des .... im Bereiche der

rechtlichen seitlichen Kunststofftürleiste beschädigte, zumal auf dieser Zierleiste Fahrabrieb- bzw. Schleifspuren von meinem Fahrzeug vorhanden waren". Unbestritten ist ferner, daß der Beschwerdeführer sein Fahrzeug nicht sofort am Unfallsort anhielt. Der objektive Tatbestand des § 4 Abs. 1 lit. a StVO ist demnach durch das Verhalten des Beschwerdeführers erfüllt, weshalb die Beschwerdeausführungen, soweit damit auch die objektive Tatseite bekämpft werden soll, was insbesondere auf Grund des Vorbringens zur Widersprüchlichkeit der Zeugenaussagen des Beifahrers des Beschwerdeführers angenommen werden könnte, der Grundlage entbehren.

Vom Beschwerdeführer wurde vom Anbeginn im Verwaltungsstrafverfahren in Abrede gestellt, daß ihn ein Verschulden trifft, weil er den Unfall nicht wahrgenommen habe. Auch in der vorliegenden Beschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, daß es an der subjektiven Tatseite mangle, wobei er in diesem Zusammenhang die Beweiswürdigung der belangten Behörde bekämpft.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist - wie die belangte Behörde schon in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend darlegte - Voraussetzung für die im § 4 Abs. 1 lit. a StVO normierte Anhaltepflicht als objektives Tatbestandsmerkmal der Eintritt wenigstens eines Sachschadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen vom Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn der Täter bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen können (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. November 1983, Zl. 82/03/0166). Es reicht sohin die Schuldform der Fahrlässigkeit aus. Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner wiederholt ausgesprochen, daß die Weigerung eines an einem Verkehrsunfall Beteiligten, das Schadenereignis zur Kenntnis zu nehmen, ihn nicht von der Verpflichtung des § 4 Abs. 5 StVO befreit, wenn er, ohne selbst von dem Unfall etwas bemerkt zu haben, von einer anderen Person auf das Schadensereignis aufmerksam gemacht worden ist (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. November 1985, Zl. 85/18/0058). Gleiches hat, was die Verschuldensfrage anlangt, für die im § 4 Abs. 1 lit. a StVO normierte Anhaltepflicht unter der Voraussetzung zu gelten, daß der an einem Verkehrsunfall Beteiligte sofort von einer anderen Person auf das Schadensereignis aufmerksam gemacht worden ist.

Der angefochtene Bescheid ist demnach schon dann nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen durfte, daß der Beschwerdeführer - wie sie in der Begründung des angefochtenen Bescheides darlegte - von seinem Beifahrer sofort darauf aufmerksam gemacht wurde, daß er ein Fahrzeug gestreift hat. Die belangte Behörde stützte diese maßgebende Feststellung auf die Angaben des wiederholt als Zeugen vernommenen Beifahrers des Beschwerdeführers. Dieser erklärte bereits im Zuge der Gendarmerieerhebungen über den Verkehrsunfall, daß der Beschwerdeführer einen auf dem Parkplatz des Gasthauses X abgestellten Pkw gestreift hatte und er ihn darauf hin gefragt habe, ob er nicht anhalten wolle (siehe die mit dem Beifahrer am Gendarmeriepostenkommando Ferlach aufgenommene Niederschrift vom 5. Dezember 1987). Bei seiner Zeugeneinvernahme vor der Behörde am 10. Februar 1988 gab der Zeuge an, es sei ihm in Höhe des Gasthauses X vorgekommen, als wäre der Beschwerdeführer über einen Stein gefahren, weil es einen etwas stärkeren "Rucker" im Auto gegeben habe. "Gleich darauf, etwa 100 m weiter," habe er zum Beschwerdeführer gesagt, daß er umdrehen solle, um nachzusehen, was da los gewesen sei. Diese Aussage wurde in der Folge vom Zeugen dahin präzisiert, er habe damals als Beifahrer des Beschwerdeführers bemerkt, wie dieser mit seinem Fahrzeug ziemlich weit nach rechts gekommen sei und dann den abgestellten Pkw gestreift habe. Es habe ein hörbares Anstoßgeräusch sowie einen "Wackler" des Fahrzeuges des Beschwerdeführers gegeben. Sofort habe er den Beschwerdeführer gefragt, ob er nicht anhalten wolle, da er soeben ein Fahrzeug gestreift habe (Zeugenaussage vom 25. November 1988). Bei diesen Angaben verblieb der Zeuge auch im Zuge seiner Vernehmung während des Berufungsverfahrens (Zeugeneinvernahme vom 19. Mai 1989), wonach er deshalb ganz sicher gewesen sei, daß der abgestellte Pkw gestreift wurde, weil der Beschwerdeführer ganz knapp an die parkenden Autos herangefahren sei. Sofort habe er den Beschwerdeführer angebrüllt, umzudrehen und nachzuschauen, was passiert sei, weil er ein Auto gestreift habe. Ungeachtet dessen hat der Beschwerdeführer - auch das geht eindeutig aus den Zeugenaussagen hervor - erst ca. 250 m nach der Unfallstelle umgedreht und ist zur Unfallstelle zurückgefahren.

Aus den Aussagen des Beifahrers durfte die belangte Behörde, ohne daß ihr eine Rechtswidrigkeit anzulasten ist, schließen, daß der Beschwerdeführer von seinem Beifahrer sofort nach dessen Wahrnehmungen darauf aufmerksam gemacht wurde, daß er (Beschwerdeführer) mit seinem Fahrzeug ein anderes Fahrzeug gestreift hat, was sich insbesondere aus den ergänzenden Einvernahmen des Zeugen zweifelsfrei ergibt. Der vom Beschwerdeführer behauptete Widerspruch in den Angaben des Zeugen liegt - wie die belangte Behörde zutreffend darlegte - nicht vor, vor allem stellt es keinen die Glaubwürdigkeit des Zeugen beeinträchtigenden Widerspruch dar, daß der Zeuge in seiner Aussage vom 10. Februar 1988 (noch) nicht ausdrücklich erklärte, daß er den von ihm wahrgenommenen "Rucker" auf eine Streifung des Fahrzeuges des Beschwerdeführers mit einem anderen Fahrzeug zurückführte. Wenn die belangte Behörde schon darin, daß der Beschwerdeführer von seinem Beifahrer sofort auf das Schadenereignis aufmerksam gemacht worden ist, einen Umstand erblickte, aus dem der Beschwerdeführer bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen können, weshalb ihn auch ein Verschulden trifft, vermag ihr der Verwaltungsgerichtshof nicht entgegenzutreten.

Bei der nach dem Vorgesagten nicht als rechtswidrig zu erkennenden Annahme der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer von seinem Beifahrer sofort auf den Verkehrsunfall aufmerksam gemacht wurde, ist es ohne Belang, ob der Beschwerdeführer selbst von dem Verkehrsunfall etwas bemerkt hat, weshalb sich eine Auseinandersetzung mit den gegen das diese Frage bejahende Gutachten des kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen erhobenen Einwendungen erübrigt.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

MeldepflichtBeweiswürdigung Wertung der BeweismittelBeweismittel Zeugenbeweis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990030053.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

21.06.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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