TE Vwgh Beschluss 1991/1/24 AW 90/04/0105

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Veröffentlicht am 24.01.1991
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §360 Abs1;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des N, der gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 23. Oktober 1990, Zl. IIa-93.006/5-90, betreffend Anordnung gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1973, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 23. Oktober 1990 wurde wie folgt abgesprochen:

"I.

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

II.

Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wird wie folgt abgeändert:

'Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck verfügt gemäß § 360 Abs. 1 Gewerbeordnung 1973 zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes und zur Beendigung des zuletzt mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 23. April 1990, Zl. 3-3082/90-F, rechtskräftig bestraften Betriebes einer Betriebsanlage ohne Betriebsanlagenänderungsgenehmigung nach § 81 Gewerbeordnung 1973 (die Betriebsanlagengenehmigung für eine Garage, für einen Traktor und einen LKW mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 3,5 to sowie eine Betriebstankstelle wurde dadurch erweitert betrieben, daß auf den Gpn. 1621, 133, 1634, 1635 und 1636 KG. S größere LKW's als mit dem höchst zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 to abgestellt wurden und Servicearbeiten auf dem Gelände durchgeführt wurden) folgende Maßnahmen:

1.

Es ist ausgehend vom südlichen Ende der östlichen Stützmauer der nördlichen Zufahrt zu Gp. 1621 (von der Gp. 1620 her) eine Betonleitplanke zur Betankungsfläche hin abzustellen und zwar so, daß zwischen Montagegrube und Leitplanke ein Abstand von 3 m als Fahrweg freibleibt.

2.

Entlang der Ostseite des südlichen Zufahrtsweges auf der Gp. 1636, KG. S, ist ebenfalls eine Betonleitplanke abzustellen und mit der unter 1. beschriebenen Betonleitplanke zu verbinden.

3.

Das Abstellen von Wechselaufbauten, Arbeitsmaschinen und Kraftfahrzeugen mit Ausnahme eines Traktors und eines LKW's mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von maximal 3,5 to sowie der Benützer der Betriebstankstelle während des Tankvorganges auf der Fläche zwischen Garage und Leitplanke hat zu unterbleiben. Durch Anschlag (Verkehrszeichen gemäß § 52 Zif. 13a Straßenverkehrsordnung mit Zusatztafeln) ist auf dieses Verbot deutlich sichtbar hinzuweisen.'"

Zur Begründung wurde - neben einer Darstellung von bisherigen Verfahrensschritten - u.a. abschließend ausgeführt, es sei nach wie vor ein rechtswidriges Verhalten des Beschwerdeführers zu erwarten, zu dessen Hintanhaltung Maßnahmen nach § 360 Abs. 1 GewO 1973 notwendig seien. Die im Spruch beschriebenen Maßnahmen seien geeignet, zu verhindern, daß die genannten Grundstücke als Lkw-Abstellplatz und als Platz für Servicearbeiten benützt würden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zu hg. Zl. 90/04/0336 protokollierte Beschwerde, mit der der Antrag verbunden ist, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Zur Begründung hiefür wird ausgeführt, im Beschwerdefall wäre mit der augenblicklichen Vollziehung des angefochtenen Bescheides für den Beschwerdeführer ein ganz erheblicher Rechtsnachteil verbunden. Würden die Maßnahmen, wie im angefochtenen Bescheid angeordnet, tatsächlich ausgeführt werden, so hätte dies zur Folge, daß der Beschwerdeführer tatsächlich materiell enteignet wäre. Das Aufstellen von Leitplanken auf der eigenen Grundfläche stelle einen behördlichen Eingriff unerhörten Ausmaßes dar, der in keiner Weise in Relation zu dem stehe, was dem Beschwerdeführer - ohne Ermittlungsverfahren und nach Ablauf von mehr als einem halben Jahre - abgelastet werden solle. Rechte Dritte seien im gegenständlichen Fall nicht geltend gemacht worden, sodaß sich eine Begründung des Antrages auf aufschiebende Wirkung im Hinblick auf die Rechte Dritter als nicht geboten erweise.

Die belangte Behörde sprach sich in ihrer Stellungnahme gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Hinblick darauf aus, daß die angeordnete Maßnahme sich als die einzige Möglichkeit darstelle, eine jahrelange gesetzwidrige Gewerbeausübung durch den Beschwerdeführer zu unterbinden. Wie dem bezüglichen Verwaltungsakt entnommen werden könne, stelle diese gesetzwidrige Gewerbeausübung eine ungeheure Lärmbelastung für den nächsten Nachbarn dar. Die belangte Behörde spreche sich daher gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus, weil das öffentliche Interesse des Gesundheitsschutzes der Nachbarn bzw. des Schutzes vor unzumutbaren Belästigungen und der Vorbeugung von Verwaltungsübertretungen verletzt würde.

Gemäß § 30 Abs. 1 VwGG kommt einer Beschwerde eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluß zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im vorliegenden Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen. Danach sind aber die getroffenen Maßnahmen erforderlich, um den Beschwerdeführer nach vorangegangener verwaltungsbehördlicher Bestrafung vom weiteren genehmigungslosen Betrieb der (geänderten) Betriebsanlage abzuhalten.

Ausgehend von dieser, vom Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Provisorialverfahren zu beachtenden Sach- und Rechtslage kann aber im Hinblick auf die Tatbestandsmerkmale der nach Annahme der belangten Behörde den getroffenen Maßnahmen nach § 360 Abs. 1 GewO 1973 zugrundeliegenden Verwaltungsübertretung die Möglichkeit einer Gefährdung der Gesundheit von Nachbarn ohne Durchführung dieser Maßnahmen im Sinne der vorangeführten Stellungnahme der belangten Behörde nicht ausgeschlossen werden. Die Abwehr einer Gefahr für die Gesundheit von Menschen ist aber unter das Tatbestandsmerkmal zwingender öffentlicher Interessen des § 30 Abs. 2 wGG zu subsumieren.

Abgesehen davon ist aber auch das dargestellte Vorbringen zum Aufschiebungsantrag des Beschwerdeführers inhaltlich nicht geeignet, entsprechend der ihm diesbezüglich obliegenden Verpflichtung einen mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für ihn verbundenen "unverhältnismäßigen Nachteil" im Sinne des entsprechenden Tatbestandserfordernisses des § 30 Abs. 2 VwGG darzutun (vgl. hiezu sinngemäß u.a. den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, Slg. N.F. Nr. 10.381/A), und es könnte der Beschwerdeführer ferner bei Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auch nicht etwa die Rechtsstellung erlangen, die im angefochtenen Bescheid bezogene (geänderte) Betriebsanlage ohne die hiefür nach der behördlichen Annahme erforderliche Genehmigung betreiben zu dürfen.

Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war somit auf Grund dieser Erwägungen nicht stattzugeben.

Schlagworte

Zwingende öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:AW1990040105.A00

Im RIS seit

24.01.1991

Zuletzt aktualisiert am

14.06.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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