Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
GewO 1973 §1 Abs2 idF 1988/399;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 20. März 1990, Zl. VI/1-915/4-1990, betreffend Übertretung der GewO 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 3. März 1989 wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig erkannt:
"Sie haben am 18.8.1988 um 15.15 Uhr, 20.8.1988 um
13.20 Uhr, 24.8.1988 um 16.37 Uhr, 7.9.1988 um 15.07 Uhr, 23.9.1988 um 14.25 Uhr, 27.9.1988 um 17.07 Uhr und am 9.10.1988 in der Zeit von 14.30 bis 16.45 Uhr im Gemeindegebiet von X auf der B 52, beim Grenzstein B 2 (Umkehrschleife der B 52) selbstgebastelte kleine Weinpressen, emaillierte Vogelmotive, Plaketten, Bücher und Bilder zum Verkauf angeboten, obwohl sie nicht im Besitz der hiefür erforderlichen Gewerbeberechtigung (§ 105 GewO 1973) waren".
Der Beschwerdeführer habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 i.V.m.
§ 105 GewO 1973 begangen und es werde hiefür über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- (Ersatzarreststrafe 10 Tage) verhängt.
Einer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab der Landeshauptmann von Burgenland mit Bescheid vom 20. März 1990 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs. 4 VStG 1950 insofern Folge, als die verhängte Geldstrafe von S 10.000,-- auf S 5.000,-- und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzarreststrafe in der Dauer von 10 Tagen auf die Dauer von 5 Tagen herabgesetzt wurde. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in der Berufung im wesentlichen ausgeführt, es sei in Ansehung der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung keine Gewerbsmäßigkeit und keine Regelmäßigkeit gegeben. Er habe die gegenständlichen Reiseandenken lediglich zu dem Zweck der Werbung für Belange von Naturschutzorganisationen wie auch zur Information über laufende aktuelle Projekte zur Schau gestellt. Es sei daher keine Absicht auf Erzielung eines Ertrages oder wirtschaftlichen Erfolges ins Auge gefaßt worden, sondern er habe vielmehr im Sinne der Vereinszwecke gehandelt und zu deren Verwirklichung und Gemeinnützigkeit beigetragen; der Erlös sei dem B-Naturfonds zugekommen. Die Tätigkeit eines solchen Vereines sei auch nicht auf einen Ertrag oder wirtschaftlichen Erfolg gerichtet. In einer weiteren Eingabe vom 20. Februar 1990 habe der Beschwerdeführer beantragt, daß A, stellvertretende Geschäftsführerin beim B Naturfonds, C-Straße 114, als Zeugin vernommen werden möge. Sie könne nämlich durch konkrete Angaben die ihm im Straferkenntnis zur Last gelegte Tat widerlegen. Er bestreite daher nach wie vor den ihm zur Last gelegten "Kleinhandel mit Devotionalien und üblichen Reiseandenken. Die angeführte Zeugin habe bei ihrer Befragung am 7. März 1990 erklärt, daß der Beschwerdeführer etwa im Jahre 1982/83 beim B-Naturfonds als Büroangestellter beschäftigt gewesen sei. In weiterer Folge sei der Beschwerdeführer in diesem Verein nur mehr zahlendes Mitglied. Es sei ihr nicht bekannt, daß der Beschwerdeführer Waren beim B-Naturfonds eingekauft habe, sie könne jedoch nicht ausschließen, daß er noch von seiner seinerzeitigen Tätigkeit beim B-Naturfonds über einzelne Produkte verfüge und diese gegen Spenden abgegeben habe. Die kleinen Weinpressen bastle der Beschwerdeführer seit Jahren selbst und es bestehe zwischen ihm und dem B-Naturfonds eine Vereinbarung, daß der Reinertrag dieser Produkte ausdrücklich dem Greifvogelschutz gewidmet werden müsse. Emaillierte Vogelmotive habe der B-Naturfonds nicht in seinem Programm. Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Übertretung sei auf Grund eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens durch die Behörde erster Instanz, insbesondere auch durch mehrere an verschiedenen Tagen aufgenommene Fotos, erwiesen. Damit sei auch erwiesen, daß der Beschwerdeführer an mehreren Tagen gehandelt habe und daß daher Regelmäßigkeit gegeben sei. Die vom Beschwerdeführer namhaft gemachte Zeugin habe ihn nicht entlastet, sondern im Gegenstand ausgeführt, daß er auf Grund einer Vereinbarung mit dem B-Naturfonds den Reinerlös aus dem Verkauf der Weinpressen ausdrücklich dem Greifvogelschutz zu widmen hätte. Somit werde zwar hinsichtlich der Weinpressen auf eine Vereinbarung über die Verwendung der Gelder verwiesen, jedoch habe die Zeugin nicht bestätigen können, daß der Beschwerdeführer tatsächlich Geld entsprechend dieser Vereinbarung oder Erlöse aus dem Verkauf anderer Waren an den B-Naturfonds abgeführt habe. Auch der Beschwerdeführer habe dies nicht beweisen können, obwohl seit Anhängigkeit des Verfahrens genügend Zeit und Möglichkeit gegeben gewesen wäre. Zwangsläufig ergebe sich daher, daß die Absicht des Beschwerdeführers auf Erzielung eines Ertrages oder wirtschaftlichen Erfolges gerichtet gewesen sei. Dem Beweisantrag des Beschwerdeführers vom 18. März 1990, den deutschen Staatsangehörigen D als Zeugen zu vernehmen, sei nicht näherzutreten, weil dessen Anschrift unbekannt sei und dessen belastende Aussage gegenüber der Gendarmerie im Berufungsverfahren nicht verwendet würde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Seinem Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, unter Zugrundelegung des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes nicht der Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 in Verbindung mit § 105 GewO 1973 schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhalts bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, der angefochtene Bescheid sei deshalb rechtswidrig, weil er keine gewerbsmäßige Tätigkeit ausgeübt habe. Die von ihm zur Schau gestellten Gegenstände - die nicht mit den im Akt genannten Gegenständen übereinstimmten, dienten zur Werbung für Belange von Naturschutzorganisationen wie auch zur Information über laufende aktuelle Projekte und als Quittung für die Teilnahme an verschiedenen Aktionen. Alle diese Aktionen hätten den Charakter der Gemeinnützigkeit. Die belangte Behörde habe ihre Annahme, daß seine Absicht auf Erzielung eines Ertrages oder wirtschaftlilchen Erfolges gerichtet gewesen sei, nicht beweisen können. Insbesondere habe aber die belangte Behörde ihre Feststellungen auf Grund eines mangelhaften Beweisverfahrens getroffen und sie wäre insbesondere auch verpflichtet gewesen, einen informierten Vertreter des B-Naturfonds zu vernehmen, um seine Rechtsbeziehungen zum B-Naturfonds voll aufzuklären.
Der Beschwerde kommt im Ergebnis aus folgenden Überlegungen Berechtigung zu.
Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ein Anmeldungsgewerbe (§ 5 Z. 1) ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.
Nach § 105 GewO 1973 ist u.a. ein freies Gewerbe (§ 6 Z. 3) der Kleinhandel mit Devotionalien und üblichen Reiseandenken (ausgenommen Lebensmittel sowie solche Devotionalien und Reiseandenken aus Edelmetallen, die der Punzierungspflicht unterliegen).
Gemäß § 44 a lit. a VStG 1950 hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1. die Zuordnung des Tatvorhalts zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und 2. die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1. anlangt, sind entsprechende, d.h. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2. anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11466/A).
Gemäß § 1 Abs. 2 GewO 1973 wird eine Tätigkeit dann gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist. Nach Abs. 3 liegt Selbständigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird.
Ausgehend davon unterließ es die belangte Behörde, die von ihr als einem Anmeldungsgewerbe unterliegend gewertete Tätigkeit des Beschwerdeführers im Spruch unter Beachtung der hiefür maßgeblichen Tatbestandsmerkmale näher zu beschreiben, da der spruchgemäße Vorwurf des "Verkaufes" der bezeichneten Gegenstände allein noch nicht die Erfüllung der angeführten Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 indiziert.
Des weiteren unterließ die belangte Behörde auch, im Spruch des Straferkenntnisses jenes Gewerbe dessen Ausübung der Beschwerdeführer angelastet wird, durch wörtliche Anführungen im Sinne des vorher dargestellten, sich aus § 44 a lit. a VStG 1950 ergebenden Konkretisierungsgebotes zu bezeichnen, da hiefür insbesondere auch die als Klammerausdruck dargestellte Zitierung des § 105 GewO 1973 - dessen Regelungsinhalt sich im übrigen auf mehrere Gewerbe bezieht - nicht als ausreichend anzusehen ist.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie schon in Hinsicht darauf den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhalts, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung zu führen hatte. Es war daher ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen entbehrlich.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990040126.X00Im RIS seit
29.01.1991