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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FinStrG §152 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr Reichel sowie die Hofräte Dr Hnatek und Dr Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr Cerne, über die Beschwerde der X-Bank regGenmbH gegen den Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates beim Finanzamt Klagenfurt vom 19. Feber 1990 betreffend Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung der gegen den Bescheid des genannten Vorsitzenden vom 29. Jänner 1990 gerichteten Beschwerde, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 2.760 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Zug eines gegen einen Kunden der Beschwerdeführerin (in der Folge: Kunde), einer Kreditunternehmung im Sinn des Kreditwesengesetzes, am 14. November 1989 eingeleiteten verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahrens ordnete der Vorsitzende des Spruchsenates beim Finanzamt Klagenfurt (in der Folge: Vorsitzende) mit Bescheid vom 29. Jänner 1990 die Beschlagnahme der vom Finanzamt Spittal an der Drau auf Grund der Beschlagnahmeanordnung (Bescheid) vom 19. Jänner 1990 der Beschwerdeführerin abgenommenen Tagesstrazzen für den Zeitraum vom 8. bis 13. September 1983 an.
Gegen den Bescheid des Vorsitzenden vom 29. Jänner 1990 ergriff die Beschwerdeführerin das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte gleichzeitig, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wobei sie zur Begründung ausführte, durch die weitere Vollziehung des bekämpften Bescheides entstehe insofern ein nicht wieder gutzumachender Schaden, als das Bankgeheimnis durch die Verwertung des Beweismittels Tagesstrazzen verletzt werde. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung würde es dem Finanzamt verwehren, weitere Erhebungen vorzunehmen.
Die Beschwerde wurde mit Rechtsmittelentscheidung vom 30. April 1990 abgewiesen, wogegen eine unter der
hg Zl 90/14/0112 protokollierte Beschwerde erhoben wurde.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid erkannte der Vorsitzende der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zu, wobei er im wesentlichen ausführte, die beschlagnahmten Tagesstrazzen kämen als Beweismittel in dem gegen den Kunden eingeleiteten verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren in Betracht. Es widerstreite dem öffentlichen Interesse, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weil diesfalls die Erhebungen gegen den Kunden nicht weitergeführt werden könnten. Dem Antrag könne daher nicht entsprochen werden. Von einer Verletzung des Bankgeheimnisses und somit dem Eintritt eines nicht wieder gutzumachenden Schadens gegenüber anderen Kunden der Beschwerdeführerin könne keine Rede sein, weil mangels Zuordenbarkeit der Buchungen aus den Tagesstrazzen allein die Identität dritter Personen nicht feststellbar sei. Es bestehe daher kein Grund, die beschlagnahmten Tagesstrazzen bis zum Ergehen der Rechtsmittelentscheidung nicht der Finanzstrafbehörde zu überlassen.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vertritt die Beschwerdeführerin zunächst im wesentlichen unter Hinweis auf den hg Beschluß vom 30. November 1989, Zl 89/13/0139, die Ansicht, die Beschwerde sei trotz der Unzulässigkeit eines abgesonderten Rechtsmittels gegen die Verweigerung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zulässig, weil diese gleichzeitig mit der Beschwerde gegen die bereits erwähnte Rechtsmittelentscheidung vom 30. April 1990 erhoben worden sei. Die Beschwerdeführerin meint weiters, das am Beginn des angefochtenen Bescheides genannte Finanzamt Klagenfurt als Finanzstrafbehörde I. Instanz sei zur Erlassung desselben unzuständig gewesen. Schließlich erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem aus § 23 KWG erfließenden Recht auf Nichtauswertung der Tagesstrazzen verletzt.
In ihrer Gegenschrift beantragt die belangte Behörde, die Beschwerde möge als unbegründet und kostenpflichtig abgewiesen werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem von der Beschwerdeführerin zitierten Beschluß vom 30. November 1989 ausgeführt hat, kann die Verweigerung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht selbständig bekämpft werden. Sie kann nur mit einem Rechtsmittel gegen jenen Bescheid bekämpft werden, mit dem die Sache selbst erledigt wird. Dies bedeutet aber, daß eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen die Verweigerung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach Ergehen der Endentscheidung zulässig ist.
Im vorliegenden Fall ist die Endentscheidung (Rechtsmittelentscheidung vom 30. April 1990) bereits ergangen, sodaß die gleichzeitig mit der Beschwerde gegen die Endentscheidung erhobene Beschwerde gegen die Verweigerung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zulässig und fristgerecht erhoben ist. Die vom Rechtsfreund der Beschwerdeführerin in einer Rezension im Anwaltsblatt 1990, S 273, zum erwähnten hg Beschluß ausgesprochene Vermutung, der Gerichtshof werde einer Beschwerde gegen die Verweigerung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wahrscheinlich den Wegfall der Beschwer entgegenhalten, ist unbegründet. Im Hinblick auf die ex tunc Wirkung der Aufhebung der Endentscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl 90/14/0112) könnte die Beschwerdeführerin durch die Verweigerung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung noch immer beschwert sein.
Nach § 65 Abs 1 lit a FinStrG hat beim Finanzamt Klagenfurt ein Spruchsenat als Organ sämtlicher Finanzämter des Landes Kärnten zu bestehen. Gemäß § 152 Abs 2 FinStrG entscheidet über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bei Bescheiden eines Spruchsenatsvorsitzenden dieser über den Antrag.
Hat somit - wie im vorliegenden Fall - der Vorsitzende zu entscheiden, so ist der beim Finanzamt Klagenfurt (als Finanzstrafbehörde I. Instanz) ernannte Vorsitzende auch für das Finanzamt Spittal an der Drau zuständig. Der angefochtene Bescheid wurde somit vom zuständigen Organwalter erlassen. Es ist daher unerheblich, daß am Beginn des angefochtenen Bescheides das Finanzamt Klagenfurt als Finanzstrafbehörde I. Instanz genannt ist. Dies läßt keineswegs den Schluß zu, daß eine unzuständige Behörde eingeschritten wäre, sondern dient vielmehr der Klarstellung, daß der Bescheid dem Spruchsenatsvorsitzenden beim Finanzamt Klagenfurt zuzurechnen ist. Die behauptete Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde liegt somit nicht vor.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in dem den Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 30 VwGG der gegen die Rechtsmittelentscheidung vom 30. April 1990 gerichteten Beschwerde abweisenden Beschluß vom 18. Juli 1990, Zl AW 90/14/0019, im wesentlichen ausgeführt hat, findet die behauptete Auswertung der Tagesstrazzen durch neue Erhebungen und Anfragen der Abgabenbehörde im angefochtenen Bescheid keine Grundlage. Die behaupteten Verwertungsmaßnahmen sind zwar durch die Entscheidung im Sinn des § 89 Abs 5 FinStrG tatsächlich ermöglicht, doch ist ihre Rechtmäßigkeit durch die getroffene Entscheidung nicht bedingt. Die bereits mehrfach erwähnte Rechtsmittelentscheidung vom 30. April 1990 bestätigt den Bescheid des Vorsitzenden vom 29. Jänner 1990. Das hinsichtlich der aufschiebenden Wirkung im hg Beschluß vom 18. Juli 1990 Gesagte gilt auch hinsichtlich der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 152 Abs 2 FinStrG. Denn die Bestimmungen des § 30 Abs 2 VwGG und die des § 152 Abs 2 FinStrG sind hinsichtlich ihrer Zielsetzung als gleichwertig anzusehen. Im übrigen war im Zeitpunkt, als der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eingebracht wurde, die Einsicht durch die Finanzstrafbehörde bereits erfolgt; sie konnte daher nicht mehr abgewendet werden, weshalb der Beschwerdeführerin auch kein unverhältnismäßiger Nachteil mehr gedroht hat. Der angefochtene Bescheid erweist sich somit nicht als rechtswidrig.
Was die behauptete, aber nicht ausgeführte Verletzung von Verfahrensvorschriften betrifft, genügt es darauf hinzuweisen, daß auch nach den Beschwerdeausführungen "hinsichtlich des hier relevanten Sachverhaltes mit der belangten Behörde kein Streit besteht". Auch von sich aus vermag der Verwaltungsgerichtshof eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht zu erkennen.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Von einer Verhandlung konnte ungeachtet des Antrages der Beschwerdeführerin gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl Nr 206.
Schlagworte
Unverhältnismäßiger NachteilEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990140113.X00Im RIS seit
29.01.1991