TE Vwgh Erkenntnis 1991/1/29 90/07/0028

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Veröffentlicht am 29.01.1991
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Index

L66106 Einforstung Wald- und Weideservituten Felddienstbarkeit
Steiermark;

Norm

EinforstungsLG Stmk 1983 §38 Abs1;
EinforstungsLG Stmk 1983 §6 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger, Dr. Kremla und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der Österreichischen Bundesforste, vertreten durch ein Vorstandsmitglied, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 24. Jänner 1990, Zl. 8 - LAS 16 Ra 2/5 - 90, betreffend Gewerbeholzbezug (mitbeteiligte Parteien: AN und BN), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom 20. August 1986 beantragte die beschwerdeführende Partei (bP) bei der Agrarbezirksbehörde C (ABB) die Durchführung einer mündlichen Verhandlung betreffend das gemäß Regulierungsvergleich Nr. 1163 de 1864 vom 24. September 1864 zu Gunsten der im Eigentum der mitbeteiligten Parteien (mP) stehenden Liegenschaft vlg. Nagelschmied, Ort X, EZ n1, bestehende Gewerbeholzbezugsrecht im Ausmaß von 40,93 rm. Auf Grund der in der Folge am 6. November 1986 von der ABB durchgeführten Verhandlung in der die bP zunächst einen Antrag auf Ablöse dieses Holzbezugsrechtes gestellt hatte, verfügte die ABB mit auf § 38 Abs. 3 und § 48 des Steiermärkischen Einforstungs-Landesgesetzes 1983, LGBl. Nr. 1 (StELG), gestütztem Bescheid vom 30. Juli 1987, daß das Gewerbeholzbezugsrecht ab 1. Jänner 1987 auf die Dauer der Nichtausübung dieses Gewerbes zu ruhen habe.

Mit Eingabe vom 29. März 1988 gab die bP der ABB bekannt, daß der Erstmitbeteiligte das Huf- und Klauenbeschlagsgewerbe angemeldet habe und wieder ausübe. Gleichzeitig wurde beantragt, die mP zur Ausfolgung des Gewerbeholzes zu verpflichten.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13. Dezember 1988 und nach Einholung eines Gutachtens des technischen Amtssachverständigen verpflichtete die ABB mit Bescheid vom 30. Mai 1989 gemäß §§ 1 Abs. 4, 38 und 48 Abs. 2 StELG die bP zur Ausfolgung des jährlich zustehenden Gewerbeholzes im Ausmaß von 40,93 rm rückwirkend ab 16. März 1988 (Zeitpunkt der Betriebsaufnahme) an die mP. Gleichzeitig wurde das Außerkrafttreten des das Gewerbeholzbezugsrecht für ruhend erklärenden Bescheides der ABB vom 30. Juli 1987 festgestellt. Begründend führte die Behörde aus, das nunmehr ausgeübte Huf- und Klauenbeschlagsgewerbe entspreche zwar nicht dem urkundlichen Schmiedgewerbe, doch handle es sich um ein artverwandtes Gewerbe und würden dem eingeholten Gutachten zufolge im urkundlichen Schmiedegebäude Fertigungsarbeiten durchgeführt, für die ein entsprechender Energiebedarf gegeben sei. Entgegen der Ansicht der bP sei der Gewerbeholzbezug weder von der Ausübung eines bestimmten Gewerbes noch von dessen Ausübungsumfang abhängig gemacht worden.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung betonte die bP, daß § 38 StELG bei der Regelung des Gewerbeholzbezuges auf "das Gewerbe" und nicht auf "ein Gewerbe" abstelle. Der urkundliche Zweck der Gewerbeholzeinforstung und die Art des Gewerbes dürften sich daher nicht so weit verändern, "daß das urkundliche, anspruchsberechtigte Gewerbe unter Berücksichtigung einer allfälligen Anpassung der Gewerbeausübung an die wirtschaftlich technischen Verhältnisse nicht mehr ausgeübt" werde. Die Tätigkeit des Hufbeschlagens und Klauenschneidens zähle zu den Dienstleistungsgewerben, während das urkundliche Nagelschmiedgewerbe als Produktionsgewerbe einzustufen sei. Mit der nunmehr vom Erstmitbeteiligten ausgeübten Tätigkeit sei keinerlei Holzbedarf verbunden, wobei die Behörde in diese Richtung gehende Erhebungen unterlassen habe. Der aus der nunmehrigen Gewerbeausübung jährlich erzielbare Erlös entspreche lediglich der Hälfte des Wertes des von den mP beanspruchten jährlichen Holzbezuges.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 24. Jänner 1990 wies die belangte Behörde nach Einholung des Gutachtens eines landwirtschaftlichen Amtssachverständigen und nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 1 AgrVG 1950 als unbegründet ab. In der beigegebenen Begründung führte die Behörde aus, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß im Schmiederaum der mP die technischen Voraussetzungen für die Ausübung des Hufschmiedgewerbes vorhanden seien. Der Erstmitbeteiligte erziele aus dem Beschlagen von insgesamt ca. 35 Pferden, die teils landwirtschaftlich genutzt würden und teils als Turnier- oder Reitpferde in Verwendung stünden, ein jährliches Roheinkommen von S 80.000,--. In wirtschaftlich technischer Hinsicht stehe es außer Zweifel, daß das Gewerbe des Huf- und Klauenbeschlages seit 16. März 1988 wieder ausgeübt werde und einen Teil des urkundlich erwähnten umfassenderen Schmiedegewerbes darstelle. Die fachlichen und sonstigen Erfordernisse hiefür habe der Erstmitbeteiligte über Kurse erlangt. Entgegen der Auffassung der bP sei es nicht geboten, den nunmehrigen (Energie-)Bedarf mit dem urkundlichen Bedarf in Relation zu setzen. Auch sei es, da nunmehr fertige Hufeisen im Handel erhältlich seien, nicht mehr erforderlich, daß zur Aufrechterhaltung des Bezugsrechtes Hufeisen gebogen oder Nägel geschmiedet werden müßten. Aus dem Vulgonamen "Naglschmied" lasse sich nicht ableiten, daß auf der berechtigten Liegenschaft nur Nägel geschmiedet worden wären. Der Bezug des Gewerbeholzes stehe auch für das artverwandte Gewerbe des Hufschmiedes zu, für welches ein unmittelbarer urkundlicher Bedarf an Brennholz gegeben sei. Eine von der Behörde zu verfügende Verringerung eines Gesamtholzbezuges könne nur im Fall der Nichtausübung eines Gewerbes vorgenommen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die bP wirft der belangten Behörde unrichtige Auslegung des StELG und Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mP eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 38 Abs. 1 StELG ist Gewerbeholz jenes Holz, dessen Bezug für die Ausübung eines auf einer berechtigten Liegenschaft betriebenen Gewerbes in der Regulierungsurkunde eingeräumt wurde.

Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen hat die Agrarbehörde, wenn die Ablösung eines Gewerbeholzbezugsrechtes verlangt wird, unter Bedachtnahme auf die besonderen Verhältnisse des einzelnen Falles und unter sorgfältiger Abwägung aller in Betracht kommenden Partei- und öffentlichen Interessen nach freiem Ermessen vorzugehen, und zwar sowohl hinsichtlich der Frage, ob eine Ablösung stattfinden soll, als auch bezüglich des Ablösungsmittels (§ 26) und seines Ausmaßes.

Gemäß Abs. 3 dieses Paragraphen hat die Agrarbehörde, wenn das Gewerbe nicht ausgeübt wird, auf Verlangen des Verpflichteten in gleicher Weise (Abs. 2) zu beurteilen, ob eine Verringerung der urkundlichen Gebühr einzutreten oder ob die Holznutzung auf die Dauer der Nichtausübung des Gewerbes zu ruhen hat.

Gemäß Abs. 4 dieses Paragraphen hat, wenn keine Aussicht besteht, daß das Gewerbe jemals wieder ausgeübt werden wird, auf Verlangen des Berechtigten oder des Verpflichteten die Ablösung der urkundlichen Gebühr unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des Abs. 2 hinsichtlich Ablösungsmittel und -ausmaß zu erfolgen.

Gemäß Abs. 5 dieses Paragraphen ist in Zweifelsfällen ein Gutachten der Gewerbebehörde einzuholen.

Der belangten Behörde ist beizupflichten, wenn sie auf Grund der angeführten Gesetzesbestimmungen zu der Rechtsauffassung gelangt ist, eine Verringerung der urkundlichen Gewerbeholzbezugsgebühr könne nur dann stattfinden, wenn das Gewerbe nicht ausgeübt werde. Entgegen der Ansicht der bP ist es auch nicht Aufgabe der Agrarbehörden zu prüfen, welcher Bedarf an Gewerbeholz für den Inhaber eines in einer Regulierungsurkunde festgelegten Gewerbeholzbezugsrechtes tatsächlich gegeben ist. Vielmehr sind - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - gemäß den in § 6 StELG festgelegten Grundsätzen die aus einer Regulierungsurkunde Berechtigten befugt, die bezogenen Holzmengen ohne Leistung einer Entschädigung an den Verpflichteten frei zu verwenden.

Von ausschlaggebender Bedeutung für den Beschwerdefall ist zunächst die Klärung des Umfanges des nach der maßgeblichen Regulierungsurkunde vom 24. September 1864 dem Gewerbeholzbezug zugrundegelegenen Gewerbes - diese Urkunde weist lediglich den Vulgonamen "Naglschmied" der berechtigten Liegenschaft auf und enthält keine sonstigen Angaben über ein bestimmtes Gewerbe - und weiters die Frage, ob die von den mP betriebene gewerbliche Tätigkeit als Ausübung eines Gewerbes im Sinne der maßgeblichen Regulierungsurkunde angesehen werden kann. Die belangte Behörde hat zu diesen Fragen, die zwischen den Verfahrensparteien strittig sind, Gutachten technischer und landwirtschaftlicher Amtssachverständiger eingeholt. Aus § 38 Abs. 5 StELG ist aber ersichtlich, daß in Zweifelsfragen, die einen Gewerbeholzbezug betreffen, jedenfalls ein Gutachten der Gewerbebehörde einzuholen ist. Diesem gesetzlichen Auftrag ist die belangte Behörde nicht nachgekommen. Da somit zu den bezeichneten beiden Fragen wesentliche Klarstellungen fehlen, hat die belangte Behörde Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können.

Der angefochtene Bescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufgehoben werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da der pauschalierte Schriftsatzaufwand S 10.110,-- beträgt.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990070028.X00

Im RIS seit

29.01.1991

Zuletzt aktualisiert am

09.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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