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43/01 Wehrrecht allgemein;Norm
WehrG 1978 §37 Abs2 litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 20. März 1990, Zl. 292.575/2-2.5/90, betreffend Befreiung vom ordentlichen Präsenzdienst, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 20. März 1990 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 1. März 1989 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des restlichen ordentlichen Präsenzdienstes gemäß § 37 Abs. 2 lit. b des Wehrgesetzes 1978 abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 37 Abs. 2 lit. b des Wehrgesetzes 1978 können Wehrpflichtige von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes befreit werden, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.
Der Beschwerdeführer leistete vom 1. Oktober 1979 bis 20. Februar 1980 ordentlichen Präsenzdienst. Mit Ablauf dieses Tages schied er aufgrund eines militärärztlichen Gutachtens, in dem ausgehend von der Diagnose "Konversionsneurotische Persönlichkeit, Konzentrationsschwäche, ängstlich depressiv" seine vorübergehende Dienstunfähigkeit festgestellt wurde, gemäß § 41 Abs. 1 des Wehrgesetzes 1978 vorzeitig aus dem Präsenzdienst aus. Der Beschwerdeführer wurde erst am 15. September 1989 - mehrere vorangegangene Versuche waren fehlgeschlagen - neuerlich einer Stellung unterzogen und dabei für tauglich befunden. Nach Zustellung des Einberufungsbefehles zur Ableistung des restlichen ordentlichen Präsenzdienstes beginnend mit 20. Februar 1990 stellte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 1. Dezember 1989 den Antrag auf Befreiung von der Präsenzdienstpflicht. Als Grund hiefür nannte er die im Falle seiner Einberufung zu erwartenden großen wirtschaftlichen Probleme in seinem im Februar 1987 gegründeten Unternehmen (Computergroßhandel).
Die belangte Behörde ging in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon aus, daß der Beschwerdeführer den Handel mit Computern und deren Peripherie betreibe und in seinem Unternehmen zwei Mitarbeiter beschäftige. In rechtlicher Hinsicht bejahte sie das Vorliegen wirtschaftlicher Interessen des Beschwerdeführers an der beantragten Befreiung. Sie verneinte allerdings deren besondere Rücksichtswürdigkeit im Sinne des Gesetzes, weil die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Schwierigkeiten lediglich die Folge dessen seien, daß er bei seinen wirtschaftlichen Dispositionen die gebotene Bedachtnahme auf seine Verpflichtung zur Leistung des restlichen ordentlichen Präsenzdienstes unterlassen habe. Im übrigen seien aufgrund der Möglichkeit zur Mitarbeit in seinem Unternehmen in der dienstfreien Zeit bzw. in dringenden Fällen aufgrund einer Dienstfreistellung gemäß § 49 Abs. 9 des Wehrgesetzes 1978 für den Beschwerdeführer keine unzumutbaren wirtschaftlichen Nachteile zu erwarten. Berücksichtige man außerdem die Möglichkeit der Stundung der Kreditrückzahlungen für die Dauer der Leistung des Präsenzdienstes, so werde der Beschwerdeführer auch in Ansehung seiner Kreditverbindlichkeiten keine unzumutbaren finanziellen Nachteile zu gewärtigen haben.
Der Beschwerdeführer vermißt Feststellungen darüber, daß er im Jahre 1980 lediglich wegen Rauchens einer Marihuanazigarette vorzeitig aus dem Präsenzdienst entlassen worden sei und daß im Falle der Leistung des restlichen Präsenzdienstes seine wirtschaftliche Existenz gefährdet wäre. Letzteres ergebe sich aus der Notwendigkeit seines ununterbrochenen, intensiven persönlichen Einsatzes in der so sensiblen und in höchstem Maße riskanten Computerbranche. Die von der belangten Behörde erwähnte Möglichkeit der fallweisen Mitarbeit in seinem Unternehmen genüge keineswegs, um eine Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz hintanzuhalten. Was den Vorwurf der mangelnden Bedachtnahme auf die Verpflichtung zur Präsenzdienstleistung anlange, lasse die belangte Behörde außer acht, daß er aufgrund seiner vorzeitigen Entlassung mit der Ableistung des restlichen Präsenzdienstes nicht mehr habe rechnen müssen und daher auch nicht mehr gehalten gewesen sei, entsprechende Vorsorge zu treffen.
Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Es ist Aufgabe des Wehrpflichtigen, durch Planung und Gestaltung seine privaten und wirtschaftlichen (beruflichen) Angelegenheiten im Interesse der Harmonisierung mit der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes so einzurichten, daß für den Fall der Einberufung vorhersehbare Schwierigkeiten vermieden oder möglichst verringert, nicht aber vergrößert oder gar erst geschaffen werden (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 30. Juni 1987, Slg. Nr. 12502 A). Es kann kein besonders rücksichtswürdiges wirtschaftliches Interesse darin erblickt werden, daß der Wehrpflichtige durch seine eigene mangelnde Voraussicht in Schwierigkeiten gerät. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn der Betreffende früher jeweils nur vorübergehend für untauglich erklärt wurde und deshalb mit der Ableistung des Grundwehrdienstes zu rechnen hatte (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 1981, Slg. Nr. 10503 A, mit weiteren Judikaturhinweisen). Die belangte Behörde hat im Sinne dieser Rechtsprechung mit Recht darauf hingewiesen, daß der Beschwerdeführer aufgrund seines vorzeitigen Ausscheidens aus dem ordentlichen Präsenzdienst nicht damit rechnen durfte, zur Leistung des restlichen ordentlichen Präsenzdienstes nicht mehr herangezogen zu werden. (Auf dem betreffenden - vom Beschwerdeführer unterfertigten - Formblatt heißt es unter Punkt 3, die angegebene Gesundheitsschädigung bedinge eine "vorübergehende Dienstunfähigkeit"; die endgültige Feststellung der Tauglichkeit erfolge durch die Stellungskommission.) Die gegenteilige Meinung des Beschwerdeführers ist nicht begründet. Darauf, ob ihm seinerzeit ungeachtet seiner Bereitschaft hiezu verwehrt worden ist, den ordentlichen Präsenzdienst zur Gänze zu leisten, kommt es im gegebenen Zusammenhang ebenso wenig an, wie auf den Anlaß für sein vorzeitiges Ausscheiden. Daher bedurfte es entgegen seiner Meinung nicht der Feststellung, daß Ursache hiefür letztlich das Rauchen einer Marihuanazigarette gewesen sei.
Für den Beschwerdeführer ist auch mit dem Vorbringen nichts zu gewinnen, es mache einen Unterschied, ob man - wie im Regelfall - nach der Berufsausbildung den Wehrdienst in die Lebensplanung einbeziehe oder ob man nach einer erzwungenen Unterbrechung nochmals mit der Einberufung rechnen müsse. Es wäre dem Beschwerdeführer möglich und zumutbar gewesen, vor einer derart entscheidenden wirtschaftlichen Disposition, wie sie die Gründung eines Unternehmens darstellt, zumindest zu versuchen, seiner Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes zur Gänze nachzukommen. Der Beschwerdeführer hat aber selbst nicht behauptet und aus der Aktenlage ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, daß er derartiges noch vor der Gründung seines Unternehmens im Februar 1987 versucht hätte. Bemerkt sei, daß nach der Aktenlage die belangte Behörde bereits im Jahre 1983 - erfolglos, da sich der Beschwerdeführer im Ausland befand - versucht hat, ihn neuerlich einer Stellung zuzuführen. Daß der Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen von der Entwicklung seines Unternehmens schließlich "überrollt" worden sei, vermag daran nichts zu ändern, daß die von ihm behaupteten Schwierigkeiten (unabhängig davon, ob sie in der Tat in der von ihm dargestellten Weise zu befürchten sind) auf seine mangelnde Bedachtnahme auf die zu erwartende Einberufung zur Leistung des restlichen ordentlichen Präsenzdienstes zurückzuführen sind, mußte er doch davon ausgehen, daß sein Unternehmen jedenfalls in der Aufbau- und Entwicklungsphase seinen vollen persönlichen Einsatz erfordern werde. Da die belangte Behörde bereits aus dem genannten Grund die besondere Rücksichtswürdigkeit der wirtschaftlichen Interessen des Beschwerdeführers verneinen durfte, erübrigt sich eine Prüfung dahin, ob sie die von ihm für den Fall der Leistung des restlichen ordentlichen Präsenzdienstes befürchtete Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz zu Recht verneint hat.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990110100.X00Im RIS seit
29.01.1991