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50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1973 §2 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 31. Mai 1990, Zl. Ge-42.695/I-1990/Pan/Th, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 30. Mai 1989 wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig erkannt:
"1) Sie erzeugten zumindest vom 1.3.1988 bis zum 27.5.1988 in ihrem landwirtschaftlichen Anwesen in X, Y 5, mit angekauftem Getreide 'Vollkornbrot', verkauften dieses Brot in diesem Zeitraum jeden Mittwoch (am 2.3., 9.3., 16.3., 23.3., 30.3., 6.4., 13.4., 20.4., 27.4., 4.5., 11.5., und am 18.5.1989) auf dem X Wochenmarkt und übten damit das Bäckergewerbe gewerbsmäßig aus, ohne die hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.
2) Weiters verkauften Sie im angeführten Zeitraum jeden Mittwoch auf dem X Wochenmarkt Kräuter, Gewürze und Tee der Bergkräuter-Genossenschaft Z und übten damit das Handelsgewerbe gewerbsmäßig aus, ohne die hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung zu besitzen.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
zu 1): § 366 Abs. 1 Ziff. 1 i.V.m. § 94 Ziff. 1 Gewerbeordnung 1973,
zu 2): § 366 Abs. 1 Ziff. 1 i.V.m. § 103 Abs. 1 lit. b Ziff. 25 Gewerbeordnung 1973, BGBl. Nr. 50/1974."
Hiefür wurden über den Beschwerdeführer gemäß § 366 Abs. 1 GewO 1973 Geldstrafen von zu 1) S 2.000,-- (Ersatzarreststrafe 48 Stunden) und zu 2) S 300,-- (Ersatzarreststrafe 8 Stunden) verhängt. In der Begründung dieses Straferkenntnisses ging die Erstbehörde - unter Darstellung der jeweils durchgeführten Erhebungen und des Inhaltes von eingeholten Stellungnahmen - zum Schuldspruch laut Pkt. 1 davon aus, daß der Beschwerdeführer zugestandenermaßen zur Broterzeugung 400 kg Getreide aus einem Landwirtschaftsbetrieb zugekauft habe. Im Hinblick darauf könne aber nicht mehr von einer Ver- und Bearbeitung hauptsächlich des eigenen Naturproduktes gesprochen werden, und der vom Beschwerdeführer "getätigte" Getreidezukauf habe sich nicht mehr in einem nebensächlichen oder untergeordneten Umfang bewegt. Wie der Beschwerdeführer selbst ausführe, stelle die Broterzeugung und die Direktvermarktung die Existenzgrundlage für seinen landwirtschaftlichen Betrieb dar. Daraus sei zu schließen, daß die Brotherstellung und der Brotverkauf für ihn der Hauptwirtschaftszweig sei und damit die Tätigkeit der Verarbeitung und Bearbeitung des Getreides zu Vollkornbrot gegenüber der Tätigkeit der Erzeugung des Naturproduktes, nämlich des Getreides, wirtschaftlich nicht mehr untergeordnet sei. Seine Tätigkeit könne somit nicht mehr dem Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft zugerechnet werden, sondern stelle die gewerbsmäßige Ausübung des Bäckergewerbes dar. Die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 GewO 1973, nämlich der Selbständigkeit, der Regelmäßigkeit und der Ertragsabsicht, seien zweifellos erfüllt und seien vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten worden. Da der Beschwerdeführer die erforderliche Gewerbeberechtigung für das Bäckerhandwerk nicht besitze, habe er sich der angeführten Verwaltungsübertretung schuldig gemacht. Zu Pkt. 2) des Schuldspruches ging die belangte Behörde in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon aus, daß der Beschwerdeführer in seiner schriftlichen Rechtfertigung vom 31. Mai 1988 angegeben habe, daß er auf dem Wochenmarkt - neben Brot - Gewürze und Tees anbiete. Gewürze und Tees stammten von der Z Kräutergenossenschaft. Diesbezüglich würde er nur als "Verkaufspersonal" fungieren, der Verkäufer sei auf der Verpackung klar zu ersehen. Hinsichtlich dieses Verkaufes habe der Geschäftsführer der Z Bergkräutergenossenschaft, A, am 2. März 1989 zeugenschaftlich angegeben, daß zwischen dem Beschwerdeführer und der genannten Genossenschaft kein Dienstverhältnis bestehe. Er habe vor längerer Zeit schon die Mitgliedschaft beantragt. Für seine Verkaufstätigkeit erhalte er eine prozentuelle Entlohnung, der Verkauf der Kräuter, Gewürze und Tees erfolge im Namen der Genossenschaft, welche auch das Unternehmerrisiko trage. Zum Tatbestand der unbefugten Ausübung des Handelsgewerbes sei festzuhalten, daß § 1 Abs. 2 GewO 1973 nicht vorsehe, eine Tätigkeit müsse, um gewerbsmäßig zu sein, "im eigenen Namen" ausgeübt werden. Die Absicht, einen Ertrag zu erzielen, sei auch in dem Umfang als gegeben anzunehmen, als ein Gewinn durch Erhalt von Verkaufsprovisionen erzielt werde. Wie der Beschwerdeführer selbst und ferner auch der Geschäftsführer der Bergkräutergenossenschaft angegeben habe, bestehe zwischen dem Beschwerdeführer und der Genossenschaft kein Dienstverhältnis im Sinne des Arbeitsrechtes, sondern es würde seine Verkaufstätigkeit vielmehr mit einer prozentuellen Entlohnung honoriert. Daß die besagte Genossenschaft das unternehmerische Risiko trage, lasse den Umstand unberührt, daß die vom Beschwerdeführer durchgeführte Verkaufstätigkeit als gewerbsmäßig im Sinne des § 1 GewO 1973 anzusehen sei, da sie sämtliche Merkmale der Gewerbsmäßigkeit, wie Selbständigkeit, Regelmäßigkeit und Absicht der Erzielung eines Ertrages oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteiles, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt sei, aufweise.
Einer dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 31. Mai 1990 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 i.V.m. § 24 VStG 1950 und § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 keine Folge und bestätigte das erstbehördliche Straferkenntnis. Dieser Ausspruch wurde damit begründet, der Beschwerdeführer bekämpfe das erstbehördliche Straferkenntnis mit dem Vorbringen, daß unter Berücksichtigung des sogenannten "Sägererlasses" sogar der regelmäßige Zukauf des für die Verarbeitung vorgesehenen Naturproduktes bis zum Ausmaß von 25 Prozent gestattet sei. Im gegenständlichen Fall liege nicht einmal ein regelmäßiger Zukauf vor, sondern lediglich eine auf Grund von Elementarereignissen notwendig gewordene Ersatzbeschaffung. Wenn ein derartiger Zukauf beim Sägen erlaubt sei, so müsse im Sinne einer Gleichbehandlung der einzelnen Gewerbe dies auch bei der Broterzeugung Anwendung finden. Weiters habe der Beschwerdeführer ausgeführt, daß der Zukauf von 400 kg Getreide einen geringen Bruchteil im Vergleich zur eigenen Hauptmenge darstelle. Auf Grund mangelnder Sachverhaltsfeststellung habe die Erstbehörde die Schlußfolgerung gezogen, daß beim Zukauf von 400 kg Getreide das Tatbestandsmerkmal "hauptsächlich" nicht mehr gegeben sei. In der Folge bestätige der Beschwerdeführer, daß die Broterzeugung und Direktvermarktung die Existenzgrundlage für seinen landwirtschaftlichen Betrieb darstelle. Abschließend habe der Beschwerdeführer beanstandet, es sei nicht festgestellt worden, zu welchem Prozentsatz die Broterzeugung seine Existenzgrundlage bilde, sodaß die Schlußfolgerung, der Brotverkauf würde ein Hauptwirtschaftszweig seiner Tätigkeit sein, unschlüssig sei. Zur unbefugten Ausübung des Handelsgewerbes werde vom Beschwerdeführer vorgebracht, daß er für die gegenständliche Tätigkeit kein unternehmerisches Risiko trage, da er weder eine Verpflichtung zum Verkauf der Waren noch eine Vertragsstrafe bei Nichtverkauf zu erwarten habe. Hiezu sei - ausgehend vom Inhalt des § 2 Abs. 4 Z. 1 GewO 1973 - auszuführen, im gegenständlichen Fall liege kein landwirtschaftliches Nebengewerbe vor, da der Beschwerdeführer das Mehl nicht ausschließlich aus eigenem Getreide erzeugt habe, sondern unbestrittenermaßen 400 kg Getreide zugekauft habe. Damit sei die Voraussetzung des eigenen Getreides nicht mehr gegeben, sodaß die Ausnahmsbestimmung des § 2 Abs. 4 Z. 1 GewO 1973 nicht zur Anwendung kommen könne. Da auch kein anderer Ausnahmetatbestand zutreffe, liege eindeutig eine unbefugte Gewerbeausübung vor. Da ausschließlich eigenes Getreide verwendet werden dürfe, um als Nebengewerbe angesehen werden zu können, sei auch die Erhebung bezüglich des Prozentsatzes der zugekauften Getreidemengen entbehrlich. Ebenso irrelevant sei der sogenannte "Sägererlaß", da dieser Erlaß lediglich eine behördeninterne Anweisung darstelle und für das Sägergewerbe Geltung habe. Zu Pkt. 2) des Spruches des erstbehördlichen Straferkenntnisses werde bemerkt, daß auch in diesem Fall eine unbefugte Gewerbeausübung vorliege, da die Voraussetzungen der Selbständigkeit, Regelmäßigkeit und der Absicht auf Ertrag eindeutig nachzuweisen seien. Der Beschwerdeführer wende hauptsächlich ein, daß er nicht selbständig tätig geworden sei. Diesem Einwand sei entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer sehr wohl selbständig tätig geworden sei, da er selbst habe entscheiden können, ob er die Kräuter und Teesorten verkaufe oder nicht. Der Beschwerdeführer trage nicht unmittelbar für das zu verkaufende Produkt das Unternehmerrisiko, sondern für die Vermittlung bzw. den Abschluß eines Handelsgeschäftes zwischen der Bergkräutergenossenschaft und dem Endverbraucher, d.h. der Beschwerdeführer habe einen Gewinn, wenn er einen Geschäftsabschluß nachweisen könne. Der Verlust sei bei dieser Tätigkeit darin zu sehen, daß er bei Untätigkeit keinen Lohn erhalte und die Fixkosten weiter liefen. Demnach sei auch das Element der Selbständigkeit gegeben. Die Regelmäßigkeit und die Absicht auf Gewinn seien nicht bestritten worden, sodaß sämtliche erforderliche Tatbestandsmerkmale für eine gewerbsmäßige Tätigkeit erfüllt seien. Die Vermittlung bzw. der Abschluß von derartigen Geschäften sei seit der Gewerberechtsnovelle 1988 dem Handelsgewerbe zuzuordnen, sodaß der Beschwerdeführer das Handelsgewerbe unbefugt ausgeübt habe, da er die diesbezügliche Gewerbeberechtigung nicht erlangt habe. Im weiteren enthält der angefochtene Bescheid Darlegungen zur Strafbemessung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen bestraft zu werden. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zum Schuldspruch laut Pkt. 1) vor, die Rechtsansicht der Behörde stehe im krassen Wiederspruch zum Wortlaut der Bestimmung des § 2 Abs. 4 Z. 1 GewO 1973. Danach liege ein landwirtschaftliches Nebengewerbe dann vor, wenn die drei Tatbestandsmerkmale a) "hauptsächlich eigenes Naturprodukt", b) "wirtschaftliche Unterordnung",
c) "Erzeugnis, wie es in der Regel von Land- und Forstwirten auf den Markt gebracht wird", gegeben seien. Das Tatbestandsmerkmal "hauptsächlich des eigenen Naturproduktes" bedeute, daß nebensächlich oder untergeordnet auch fremde (zugekaufte) Naturprodukte verarbeitet und bearbeitet werden dürften. Der von ihm in der Berufung im erstinstanzlichen Bescheid angeführte "Sägererlaß" (BMHErl 16. Juni 1953, 115.945-III-18/52) bilde entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde einen tauglichen Anhaltspunkt für den Umfang des möglichen Zukaufes von fremden Naturprodukten und stelle klar, daß sogar der regelmäßige Zukauf fremder Naturprodukte für Verarbeitungsnebengewerbe bis zu 25 Prozent zulässig sei. In seinem Fall habe er jedoch fremdes Getreide nicht regelmäßig, sondern nur auf Grund der durch Pilzbefall bedingten schlechten Ernte des Jahres 1987 einmalig und überdies im geringen Umfang von nicht einmal 400 kg zugekauft. Es sei in der Lehre unbestritten, daß insbesondere bei Ernteausfällen, sonstigen Lieferschwierigkeiten oder dgl. der Zukauf fremder Produkte zur Erhaltung des Kundenstockes im Rahmen des landwirtschaftlichen Verarbeitungsnebengewerbes möglich sei. Die belangte Behörde habe sich mit seinem Vorbringen in der Berufung, der Zukauf von 400 kg Getreide sei einerseits durch den Pilzbefall der Ernte 1987 notwendig gewesen und stelle andererseits nur einen Bruchteil des gesamten zur Broterzeugung verwendeten Getreides dar, nicht auseinandergesetzt. Die belangte Behörde habe auch alle Erhebungen zum Tatbestandsmerkmal der "wirtschaftlichen Unterordnung" unterlassen. Es entspreche den Tatsachen, daß die Direktvermarktung für ihn wie für zahlreiche andere biologisch wirtschaftende Betriebe die wichtigste Existenzgrundlage darstelle. Im Rahmen der Direktvermarktung würden allerdings vorrangig landwirtschaftliche Urprodukte und nur in zweiter Linie Produkte des Verarbeitungsnebengewerbes feilgeboten. Die Behörde sei der falschen Schlußfolgerung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, wonach die Brotherstellung und der Brotverkauf ein Hauptwirtschaftszweig seiner Tätigkeit sei, nicht entgegengetreten. Falls Zweifel an seinem Vorbringen bestanden hätten, hätte die Behörde im Sinne der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Oktober 1982, Zl. 81/04/0244, durch agrartechnische und betriebswirtschaftliche Gutachten entsprechende Vergleiche zwischen der landwirtschaftlichen Urproduktion und dem Verarbeitungsnebengewerbe anzustellen gehabt. Für die Annahme der belangten Behörde, die Broterzeugung sei sein Haupterwerbszweig, fehle jede Sachverhaltsfeststellung. Von der belangten Behörde werde nicht bestritten, daß Brot ein Erzeugnis darstelle, wie es "in der Regel von Landwirten auf den Markt gebracht wird". Es erübrigten sich daher Ausführungen zu diesem Tatbestandsmerkmal des § 2 Abs. 4 Z. 1 GewO 1973. Zu Spruchpunkt 2) des erstbehördlichen Straferkenntnisses vertrete die belangte Behörde den Standpunkt, daß durch den Mitverkauf von Kräutern und Gewürzen sowie Tee der Bergkräutergenossenschaft Z auf dem X Wochenmarkt das Handelsgewerbe durch ihn gewerbsmäßig ausgeübt worden sei, wobei sie sich auf Bestimmungen der Gewerberechts-Novelle 1988 bezogen habe. Im Hinblick auf den ihm angelasteten Tatzeitraum seien jedoch auf seine Handlungsweise Bestimmungen der Gewerberechtsnovelle 1988 nicht anwendbar. Er habe bereits in seiner Berufung vom 21. Juni 1989 darauf hingewiesen, daß es sich bei seinem Vertragsverhältnis zur Bergkräuter-Genossenschaft Z um eine arbeitnehmerähnliche Situation handle, ohne daß ein arbeitsrechtlicher Schutz bestehe oder auch nur die Verpflichtung - wie beim Werkvertrag - einen Erfolg herbeizuführen. Diese Tätigkeit sei wie die Tätigkeit eines Provisionsvertreters im Versicherungswesen bei den sogenannten Haustürgeschäften weder gewerblich noch als Dienstverhältnis im eigentlichen Sinn anzusehen. Völlig unverständlich sei die Ansicht der belangten Behörde, er trüge bei dieser Tätigkeit ein Unternehmerrisiko. In seinem Fall entstünden auch bei einem gänzlichen Untätigwerden seinerseits keinerlei Fixkosten, sodaß kein Risiko mit dieser Tätigkeit verbunden sei. Die Behörde habe allerdings alle Feststellungen und Ermittlungen in diesem Punkt unterlassen. Ebenso sei diese Tätigkeit von ihm nicht in Ertragsabsicht ausgeübt worden. Er habe im Laufe des Verfahrens mehrmals auf seine idealistische Einstellung biologischen Produkten gegenüber hingewiesen. Die Produkte würden von ihm trotz der hohen Spesenbelastung mitverkauft, um Berufskollegen in benachteiligten Regionen, nämlich dem Mühlviertel, zu unterstützen. Gerade als Obmann des Verbandes der biologisch wirtschaftenden Bauern fühle er sich verpflichtet, uneigennützig für andere biologisch wirtschaftende Betriebe tätig zu werden. Ohne Sachverhaltsfeststellungen und aktenwidrig vermeine jedoch die belangte Behörde, die Ertragsabsicht sei eindeutig nachzuweisen, obwohl gerade in diesem Punkt keinerlei Anhaltspunkte zu finden seien. Im übrigen sei ihm bereits vor dem Verkauf von selbsterzeugtem Brot bzw. vor dem Verkauf der Kräuter und Gewürze von der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich mitgeteilt worden, daß diese Tätigkeiten ohne entsprechende Gewerbeberechtigungen ausgeübt werden dürften, da sie nicht dem Regelungsbereich der Gewerbeordnung unterlägen. Im Verfahren vor der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck habe er auch eine entsprechende Stellungnahme der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich vorgelegt. Er sei daher jedenfalls der Ansicht gewesen, die Tätigkeiten rechtmäßig auszuüben. Mangels Verschulden hätte daher die belangte Behörde das Strafverfahren unter Aufhebung des erstbehördlichen Bescheides einzustellen gehabt.
Zum Spruchpunkt 1) des - vom angefochtenen Bescheid vollinhaltlich übernommenen - erstbehördlichen Straferkenntnisses:
Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ein Anmeldungsgewerbe (§ 5 Z. 1) - im vorliegenden Fall nach dem Spruchvorwurf, das Bäckergewerbe gemäß § 94 Z. 1 GewO 1973 - ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.
Nach § 2 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 ist dieses Bundesgesetz auf die Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft (Abs. 4) nicht anzuwenden. Nach Abs. 4 Z. 1 sind unter Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft im Sinne dieses Bundesgesetzes (Abs. 1 Z. 2) zu verstehen die Verarbeitung und Bearbeitung hauptsächlich des eigenen Naturproduktes bis zur Erzielung eines Erzeugnisses, wie es von Land- und Forstwirten in der Regel auf den Markt gebracht wird, soweit die Tätigkeit der Verarbeitung und Bearbeitung gegenüber der Tätigkeit der Erzeugung des Naturproduktes wirtschaftlich untergeordnet bleibt; das gleiche gilt für den Wert der allenfalls mitverarbeiteten Erzeugnisse gegenüber dem Wert des Naturproduktes.
Im Beschwerdefall nahm die belangte Behörde die Tatbestandsvoraussetzungen des dem Beschwerdeführer zu 1) angelasteten Schuldspruches schon im Hinblick darauf als gegeben an, daß ihrer Ansicht nach die hier in Rede stehenden Tätigkeiten des Beschwerdeführers schon deshalb nicht als "landwirtschaftliches Nebengewerbe" angesehen werden könnten, da er für die Broterzeugung ausschließlich eigenes Getreide hätte verwenden dürfen, weshalb auch die Erhebung bezüglich des Prozentsatzes der zugekauften Getreidemenge entbehrlich sei.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich dieser Rechtsansicht der belangten Behörde nicht anzuschließen.
Ausgehend von dem in diesem Zusammenhang allein maßgeblichen Wortlaut der Bestimmung des § 2 Abs. 4 Z. 1 GewO 1973 wird zur Annahme des Vorliegens eines Nebengewerbes der Land- und Forstwirtschaft tatbestandsmäßig das Erfordernis der Verarbeitung und Bearbeitung "hauptsächlich" des eigenen Naturproduktes normiert. Dies bedeutet aber auch, daß untergeordnet und somit "nicht hauptsächlich" auch fremde, d.h. auch zugekaufte, Naturprodukte verarbeitet werden dürfen, wobei sich das zulässige Verhältnis zwischen "eigenem Naturprodukt" und dem der "mitverarbeiteten Erzeugnisse" aus einem darauf Bezug habenden Wertvergleich im Sinne des letzten Satzteiles dieser Gesetzesstelle ergibt.
Da die belangte Behörde dies verkannte und dem Beschwerdeführer ausgehend von der vordargestellten mit dem Normeninhalt des § 2 Abs. 4 Z. 1 GewO 1973 nicht im Einklang stehenden Rechtsansicht spruchmäßig schlechthin die Erzeugung und den Verkauf von Brot mit "angekauftem Getreide" als tatbestandsmäßig anlastete, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon in Hinsicht darauf mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Zum Schuldspruch laut 2) des erstbehördlichen Straferkenntnisses:
Im Umfang dieses Spruchteiles lastete die belangte Behörde dem Beschwerdeführer den Verkauf von Kräutern, Gewürzen und Tee der Bergkräutergenossenschaft Z tatbestandsmäßig als unerlaubte Ausübung des "Handelsgewerbes" an, wobei sie unter Berücksichtigung der Verantwortung des Beschwerdeführers das Gewerbemerkmal der "Selbständigkeit" auch dann als gegeben annahm, wenn der Beschwerdeführer nicht unmittelbar für das zu verkaufende Produkt das Unternehmerrisiko trage, sondern für die Vermittlung bzw. den Abschluß des Handelsgeschäftes zwischen der Bergkräutergenossenschaft und dem Endverbraucher. D.h., daß der Beschwerdeführer einen "Gewinn" habe, wenn er einen Geschäftsabschluß nachweisen könne, wobei der "Verlust" bei dieser Tätigkeit darin zu sehen sei, daß er bei Untätigkeit keinen Lohn erhalte und die Fixkosten weiterliefen. Des weiteren verwies die belangte Behörde in diesem Zusammenhang darauf, daß die Vermittlung bzw. der Abschluß von derartigen Geschäften seit der Gewerberechts-Novelle 1988 dem Handelsgewerbe zuzuordnen sei. Zu dem hiezu erstatteten Beschwerdevorbringen, wonach die durch die Gewerberechts-Novelle 1988 geschaffene Rechtslage im Beschwerdefall schon deshalb nicht angewendet werden könne, da sich das nach Ansicht der belangten Behörde strafbare Verhalten des Beschwerdeführers jedenfalls schon vor deren Inkrafttreten verwirklicht habe, führte die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift aus, daß ihrer Ansicht nach die hier in Rede stehende Tätigkeit des Beschwerdeführers auch nach der Rechtslage vor der Gewerberechts-Novelle 1988 als Handelsgewerbe einzustufen gewesen sei, da ein Kommissionsgeschäft, wie die Tätigkeit vom Beschwerdeführer selbst in der Beschwerdeschrift beschrieben wurde, als eingeschränktes Handelsgewerbe gelte.
Auch dieser Rechtsmeinung der belangten Behörde vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen.
Nach der von der belangten Behörde bei ihren Erwägungen inhaltlich offenbar in Betracht gezogenen Bestimmung des § 34 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 (entsprechend der Rechtslage vor Inkrafttreten der Gewerberechts-Novelle 1988) steht den Händlern im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigung (sofern gesetzlich nicht anderes bestimmt ist) das Recht der Vermittlung des Kaufes und Verkaufes von Waren zu, jedoch ohne ständig damit betraut zu sein.
Eine derartige Tätigkeit, die nach den einleitenden Bestimmungen dieser Gesetzesstelle "den Händlern im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigung zusteht", erfordert somit das Vorliegen einer handelsgewerblichen Berechtigung, weshalb eine derartige "Vermittlungstätigkeit" nicht etwa losgelöst hievon im Sinne der offenbaren Annahme der belangten Behörde als eigene "eingeschränkte" handelsgewerbliche Tätigkeit angesehen werden kann. Für eine derartige, nicht im Rahmen eines Handelsgewerbes ausgeübte Tätigkeit käme - bei Zutreffen der sonstigen hiefür maßgeblichen Voraussetzungen - allenfalls das freie Gewerbe der Privatgeschäftsvermittlung in Betracht (vgl. hiezu sinngemäß die Darlegungen im hg. Erkenntnis vom 16. April 1985, Zl. 83/04/0202).
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid auch im Umfang des hier behandelten Schuldspruches mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Der angefochtene Bescheid war daher schon im Hinblick auf diese Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurfte.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den für Barauslagen angesprochenen Betrag, da solche im Sinne des § 48 Abs. 1 Z. 1 VwGG nicht entstanden sind.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990040191.X00Im RIS seit
29.01.1991Zuletzt aktualisiert am
21.04.2010