Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Weiss als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 6. Juni 1990, Zl. 312.781/1-III-3/90, betreffend Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: A-GesmbH), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach dem Beschwerdevorbringen im Zusammenhalt mit der vorgelegten Bescheidkopie wurde der mitbeteiligten Partei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 25. Jänner 1988 die Änderung ihrer gewerblichen Betriebsanlage im Standort X Nr. 101 unter Erteilung von Auflagen genehmigt. Auf Grund dagegen erhobener Berufungen - darunter die des Beschwerdeführers - änderte der Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom 11. Dezember 1989 zwei Auflagen ab, bestätigte im übrigen aber den erstbehördlichen Bescheid.
Dagegen erhobene Berufungen - darunter die des Beschwerdeführers - wies der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Bescheid vom 6. Juni 1990 im Grunde des § 359 Abs. 4 i.V.m. § 356 Abs. 3 GewO 1973 als unzulässig zurück. Zur Begründung wurde unter Bezugnahme auf den vordargestellten bisherigen Verfahrensablauf ausgeführt, der Erlassung des erstbehördlichen Bescheides sei eine ordnungsgemäß kundgemachte mündliche Verhandlung am 18. Jänner 1988, an welcher von den Berufungswerbern alle bis auf M teilgenommen hätten, vorausgegangen. In dieser Verhandlung hätten O und OP folgende Stellungnahme abgegeben:
"Wir erheben Einspruch gegen die Erteilung der beantragten Genehmigung, da Herr K trotz anderslautender Vereinbarung mit der Gemeinde bei der Durchführung der Müllieferungen aus Tirol sich an diese Versprechungen nicht gehalten hat. Wenn uns bei der heutigen Verhandlung die Verpflichtung von Herrn K als Sonderabfallsammler und -beseitiger mitgeteilt worden ist, widerrechtlich entgegen der Deklarierung eingebrachten Sondermüll oder Hausmüll hinsichtlich seines Ursprunges zu verfolgen und in weiterer Folge die entsprechenden Strafanzeigen zu erstatten, glauben wir auf Grund des Mißtrauens, welches wir gegen Herrn K hegen, daß er nicht bereit sein wird, sich an diese Verpflichtungen zu halten. Aus den gleichen Gründen nehmen wir auch an, daß in seiner Betriebsanlage nicht nur Gewerbe- und Industriemüll, Sperrmüll und Straßenkehricht zur Umladung gelangt, sondern wir vermuten, daß er in Überschreitung der gewerbebehördlichen Genehmigung auch Hausmüll, Sondermüll und andere nicht genehmigte Müllarten verarbeiten wird. Wir befürchten daher, daß durch diese Vorgangsweise und durch die dann zu erwartenden Geruchsbelästigungen ungebührlich belästigt zu werden, dies gilt hinsichtlich befürchteter Lärm-, Staub- und Geruchsbelästigungen."
Alle bei dieser Verhandlung anwesenden Berufungswerber
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mit Ausnahme des Q, der die im angefochtenen Bescheid dargestellte gesonderte Stellungnahme abgegeben habe - hätten sich diesem Vorbringen mit der gleichen Begründung angeschlossen. Die im vorliegenden Verfahren erteilte Genehmigung gelte nur für Gewerbe- und Industriemüll, Sperrmüll und Straßenkehricht, nicht jedoch für Hausmüll und Sonderabfall. Gemäß § 359 Abs. 4 GewO 1973 stehe die Berufung außer dem Genehmigungswerber den Nachbarn zu, die Parteien seien. Gemäß § 356 Abs. 3 in der vor dem 1. Jänner 1989 anzuwendenden Fassung seien im Verfahren betreffend die Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage nur jene Nachbarn Parteien, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 GewO 1973 erheben, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an. Für die Berufungswerber
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mit Ausnahme des M und des Q, die mangels Erhebung von Einwendungen bzw. nicht die Sache betreffenden Einwendungen gleichfalls keine Parteistellung erlangt hätten - sei die von O und OP abgegebene Stellungnahme relevant. Diese beinhalte aber keine Einwendungen gegen die verfahrensgegenständliche Betriebsanlage, weshalb sie Parteistellung im Verfahren nicht erlangt hätten. Da keiner der in der vorliegenden Berufung angeführten Berufungswerber somit im Verfahren Parteistellung erlangt habe, sei wie im Spruch zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende - vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 25. September 1990, B 890/90-10, nach Ablehnung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene - Beschwerde.
Ihrem Vorbringen in dem nach Abtretung gemäß § 34 Abs. 2 VwGG aufgetragenen Ergänzungsschriftsatz zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in nachstehenden Rechten verletzt:
"§ 8, § 37, 42 und 46 AVG, § 74 Abs. 2, § 356 Abs. 3 und § 359 Abs. 4 GewO."
In diesem Zusammenhang wird ausgeführt, der Beschwerdeführer habe im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG 1950 im Zuge der mündlichen Verhandlung gleichlautend wie O und OP vorgebracht "unter Erstattung der Einwendung, daß er vermute, daß hinsichtlich des Konsenswerbers in Überschreitung der gewerbebehördlichen Genehmigung auch Hausmüll, Sondermüll und andere nicht genehmigte Müllarten verarbeitet werden. Es werde befürchtet, daß durch diese Vorgangsweise und durch die dann zu erwartenden Geruchsbelästigungen ungebührlich Belästigungen entstehen, hinsichtlich befürchteter Lärm-, Staub- und Geruchsbelästigungen". Es seien hiemit im Sinne des Gesetzes "Einwendungen des Nachbarn" erhoben worden, welche als öffentlich-rechtliche bzw. als privatrechtliche Einwendungen anzusehen seien; es handle sich um Einwendungen, womit die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend gemacht worden sei. Dem Vorbringen habe jedenfalls auch entnommen werden können, daß überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechtes behauptet werde und ferner, welcher Art dieses Recht sei. Eine Verletzung "des § 42 AVG" werde auch darin erblickt, daß die belangte Behörde in Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers die Berufung der präkludierten Nachbarn zurück- und nicht abgewiesen habe. Eine Verleztung des § 74 Abs. 2 GewO 1973 sei infolge Aberkennung der Parteistellung erfolgt, da die Parteistellung dadurch erworben werde, "daß bei Genehmigungsverfahren hinsichtlich gewerblicher Betriebsanlagen der Nachbar Einwendungen hinsichtlich Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit, des Eigentums oder sonstiger dinglicher Rechte erheben kann, oder wenn er Belästigungen durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen oder in anderer Weise behauptet oder eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer, welchen formalen und materiellen Voraussetzungen im gegenständlichen Fall entsprochen wurde". Gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 seien im Verfahren gemäß Abs. 1 nur Nachbarn, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlagen im Sinne des § 74 Abs. 2 leg. cit. erheben, Parteien, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendung an. Dies alles sei anläßlich der mündlichen Verhandlung vom Jänner 1988 geschehen und trotzdem habe die belangte Behörde die Parteistellung aberkannt. Eine Verletzung des § 358 (offenbar richtig: 359) Abs. 4 GewO 1973 werde darin erblickt, daß zu Unrecht das Recht der Berufung dem Beschwerdeführer als Nachbarn aberkannt worden sei. Des weiteren enthält die Beschwerde die Rüge, daß u.a. seitens des Beschwerdeführers gestellte Beweisanträge nicht durchgeführt worden seien.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Seinem Vorbringen im Ergänzungsschriftsatz zur Beschwerde zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in einer gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG als relevant in Betracht kommenden Weise insofern in Rechten verletzt, als die belangte Behörde ungeachtet der von ihm bei der mündlichen Verhandlung im erstinstanzlichen Verfahren erhobenen Einwendungen seine Parteistellung als nicht gegeben angesehen und daher in der Rechtssache nicht meritorisch entschieden habe.
Gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 - in der hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, - sind im Verfahren gemäß Abs. 1 nur Nachbarn, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben, Parteien, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an.
Gemäß § 359 Abs. 4 GewO 1973 steht das Recht der Berufung außer dem Genehmigungswerber den Nachbarn zu, die Parteien sind.
Voraussetzung für die Erlangung der Parteistellung ist somit, daß derjenige, der Einwendungen erhebt, die Stellung eines Nachbarn hat und er die Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 in verfahrensrelevanter Art behauptet. Dieser letztangeführte Umstand setzt voraus, daß sich die Einwendungen gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 auf die zur Genehmigung stehende Anlage beziehen, was aber - entsprechend der behördlichen Annahme im angefochtenen Bescheid - selbst ausgehend vom Vorbringen des Beschwerdeführers im aufgetragenen ergänzenden Beschwerdeschriftsatz nicht zutrifft, da danach die Einwendungen in Ansehung von "Befürchtungen" erhoben wurden, die mitbeteiligte Partei würde "in Überschreitung der gewerbebehördlichen Genehmigung" auch Hausmüll, Sondermüll und andere nicht genehmigte Müllarten verarbeiten, und daß durch diese Vorgangsweise die "dann zu erwartenden" angeführten Belästigungen entstünden.
Unter Bedachtnahme auf die dargestellte Rechtslage kann daher die Annahme der belangten Behörde nicht als rechtswidrig erkannt werden, daß der Beschwerdeführer in dem dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Betriebsanlageverfahren mangels Erhebung geeigneter Einwendungen keine Parteistellung erworben habe.
Sofern sich aber der Beschwerdeführer unabhängig hievon auf das in einer Bauangelegenheit ergangene Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, beruft, wonach die Berufung eines präkludierten Nachbarn zurückzuweisen und nicht abzuweisen sei, so ist dem entgegenzuhalten, daß gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 im gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren die Eigenschaft als Nachbar noch nicht gleichzeitig auch dessen Parteistellung herbeiführt, sondern daß diese von einem Nachbarn erst durch Erhebung entsprechender Einwendungen im Sinne der obigen Darlegungen erworben wird.
Wenn schließlich der Beschwerdeführer die Nichtberücksichtigung von von ihm gestellten Beweisanträgen geltend macht, so würde eine derartige, bei entsprechender Relevanz einen Verfahrensmangel darstellende Rechtsverletzung den Erwerb der Parteistellung im Verfahren voraussetzen.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war diese gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Gewerberecht Nachbar RechtsnachfolgerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990040324.X00Im RIS seit
29.01.1991