TE Vwgh Erkenntnis 1991/1/29 90/07/0153

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Veröffentlicht am 29.01.1991
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Index

81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §32 Abs1;
WRG 1959 §32 Abs2 litc;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 90/07/0154 90/07/0155

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspäsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger, Dr. Kremla und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde

1.

des AN, 2. der BN, 3. des CS, 4. der DS, 5. des GT und

6.

der HT, alle in X, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 14. September 1990, Zl. 3-30 R 207 - 90/1, betreffend wasserpolizeiliche Aufträge, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 460,--insgesamt somit S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 17. Mai 1990 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag (BH) den Beschwerdeführern sowie einer Reihe anderer Grundeigentümer nach Durchführung zweier mündlicher Verhandlungen gemäß §§ 138 Abs. 1 lit. a sowie 32 Abs. 1 und 2 lit. c WRG 1959 zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes den Auftrag, auf ihre Kosten die Einleitung von mechanisch gereinigten häuslichen Abwässern aus ihren Wohnobjekten in den Untergrund durch dauerhaftes und wasserdichtes Verschließen des Ablaufes ihrer Kläranlagen, Reinigen der Sickerschächte und Verfüllen derselben mit gewässerunschädlichem Material bis 30. Oktober 1990 zu beseitigen. Zur Begründung wurde ausgeführt, auf Grund der örtlichen Erhebungen stehe fest, daß die Beschwerdeführer ihre Abwässer über wasserrechtlich nicht bewilligte mechanische Reinigungsanlagen mit nachfolgender Versickerung beseitigten. Diese Art der Abwasserbeseitigung entspreche nicht dem Stand der Technik, wobei hiedurch die Gefahr einer negativen Beeinflussung des Grundwassers und auf Grund der lokalen Gegebenheiten einer Beeinträchtigung eines nahe gelegenen, der Wasserversorgung der Gemeinde Y dienenden Grundwasserwerkes bewirkt werde.

In drei gegen diesen Bescheid erhobenen, gleichlautenden Berufungen machten die Beschwerdeführer geltend, die ihnen erteilten Aufträge zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes stellten für sie eine untragbare Härte dar. Die Gemeinden X und Y hätten angekündigt, Gespräche über die Errichtung einer gemeinsamen Abwasserbeseitigungsanlage zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes im gegenständlichen Bereich zu führen, wobei eine Studie für eine derartige kommunale Anlage bereits vorliege.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 14. September 1990 gab die belangte Behörde den Berufungen gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge, setzte aber gleichzeitig die Frist für die Durchführung der im Bescheid der BH angeordneten Maßnahmen mit 31. Mai 1991 neu fest. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Durchführung der angeordneten Maßnahmen stelle für die Beschwerdeführer wohl eine gewisse finanzielle Belastung dar, doch entspreche die durchgeführte Versickerung von verunreinigten Wässern nicht mehr dem Stand der Technik und sei daher nicht bewilligungsfähig. Deshalb und im Hinblick auf die von den Versickerungen ausgehende Beeinträchtigung des Grundwassers seien die den Beschwerdeführern auferlegten Maßnahmen zu Recht angeordnet worden. Die geltend gemachten finanziellen Belastungen könnten nicht als Grund für eine Rechtfertigung einer weiteren Einleitung verunreinigter Wässer in das Grundwasser angesehen werden. Die Frist für die Durchführung der Maßnahmen sei wegen der bevorstehenden Frostperiode und zur Eröffnung der Möglichkeit, eine kommunale Lösung des Abwasserproblems zu finden, erstreckt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen, im wesentlichen gleichlautenden Beschwerden. Die Beschwerdeführer erachten sich - aus der Gesamtheit des Beschwerdevorbringens erkennbar - in ihren Rechten auf Unterbleiben der ihnen erteilten Aufträge und auf ein gesetzmäßiges Verfahren verletzt. Insbesondere habe es die belangte Behörde unterlassen, ein hydrogeologisches Gutachten einzuholen.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenahnges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen Beschwerden erwogen:

Im Beschwerdefall hatte die belangte Behörde das Wasserrechtsgesetz 1959 in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides gültigen Fassung der Novelle BGBl. Nr. 252/1990 anzuwenden.

Gemäß § 138 Abs. 1 lit. a leg. cit. ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.

Gemäß § 32 Abs. 1 leg. cit. sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 2) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.

Gemäß Abs. 2 lit. c dieses Paragraphen bedürfen der Bewilligung im Sinne des Abs. 1 jedenfalls Maßnahmen, die zur Folge haben, daß durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird.

Gemäß Abs. 5 dieses Paragraphen ist, wenn Bauvorhaben, die nach anderen Vorschriften einer Genehmigung oder Bewilligung bedürfen, auch eine bewilligungspflichtige Einwirkung auf Gewässer mit sich bringen, um wasserrechtliche Bewilligung dafür spätestens zugleich mit dem Ansuchen um die nach den anderen Vorschriften einzuholende Genehmigung oder Bewilligung anzusuchen.

Gemäß Abs. 7 dieses Paragraphen befreien Genehmigungen oder Bewilligungen nach anderen Rechtsvorschriften nicht von der Verpflichtung, die nach diesem Bundesgesetz zur Reinhaltung erforderlichen Vorkehrungen und die von der Wasserrechtsbehörde vorgeschriebenen Maßnahmen durchzuführen.

Nach ständiger hg. Judikatur ist die Bewilligungspflicht gemäß § 32 WRG 1959 immer dann gegeben, wenn nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer zu rechnen ist. Der Eintritt einer Grundwasserverunreinigung sowie die Art der Nutzung des beeinträchtigten Gewässers sind für die Bewilligungspflicht irrelevant (vgl. hg. Erkenntnisse vom 25. November 1980, Zl. 2827/80, vom 31. Mai 1983, Zlen. 83/07/0011, 0012, und viele andere). So entspricht es etwa dem natürlichen Lauf der Dinge, daß bei der Einbringung von Küchenabwässern (Geschirrspülwässern) in einen Bach mit nachteiligen Wirkungen nicht bloß geringfügiger Art zu rechnen ist (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1972, Zl. 2037, 2038/71). Desgleichen wurde die Versickerung von in einer Dreikammer-Kläranlage behandelten Abwässern dreier Einfamilienhäuser als bewilligungspflichtig angesehen (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. November 1980, Zl. 2827/80).

Unbestritten ist in den Beschwerdefällen, daß die Abwasserbeseitigung aus den Wohnobjekten der Beschwerdeführer in Form der Versickerung lediglich mechanisch vorgereinigter Abwässer in den Untergrund ohne wasserrechtliche Bewilligung erfolgt. Der dem erstinstanzlichen Verfahren beigezogene wassserbautechnische Amtssachverständige hat in schlüssiger Weise ausgeführt, daß diese Art der Abwasserbeseitigung nicht dem Stand der Technik entspricht und mit einer Beeinträchtigung des Grundwassers verbunden sein kann. Der Vermeidung einer Grundwasserverunreinigung komme insbesondere deshalb erhöhte Bedeutung zu, weil in etwa 300 m grundwasserstromabwärts der gegenständlichen Versickerungsanlagen eine der Wasserversorgung der Gemeinde Y dienende Grundwassergewinnungsanlage gelegen sei.

Ausgehend von dieser Rechts- und Sachlage kann der belangten Behörde sohin nicht entgegengetreten werden, wenn sie die von den Beschwerdeführern vorgenommenen Abwasserversickerungen als nicht bloß geringfügige und sohin als gemäß § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 bewilligungspflichtige Einwirkungen auf das Grundwasser angesehen hat. Diese Maßnahmen bzw. die hiefür dienenden Anlagen, für die wasserrechtliche Bewilligungen hätten eingeholt werden müssen, was aber die Beschwerdeführer unterlassen haben, stellen somit eigenmächtige Neuerungen im Sinne des § 138 WRG 1959 dar (vgl. hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1989, Zl. 89/07/0105). Folgerichtig hat die belangte Behörde den Beschwerdeführern auch die auf § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 gestützten Aufträge zur Beseitigung der der Abwasserversickerung dienenden Anlagen erteilt.

Soweit die Beschwerdeführer die Auffassung vertreten, bei ihren Abwasserversickerungsanlagen handle es sich deshalb um keine eigenmächtigen Neuerungen, weil sie die hiefür (auch) erforderliche baubehördliche Bewilligung eingeholt hätten, ist ihnen entgegenzuhalten, daß die Frage, ob eine eigenmächtige Neuerung im Sinne des § 138 WRG 1959 vorliegt, immer nur an Hand der Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes zu beurteilen ist. Da nach diesen Bestimmungen (§ 32 Abs. 5 und 7) eine wasserrechtliche Bewilligung neben anderen allenfalls für ein Vorhaben erforderlichen sonstigen Bewilligungen einzuholen ist bzw. das Vorliegen sonstiger Bewilligungen nicht von der Verpflichtung zur Durchführung der erforderlichen Vorkehrungen zur Reinhaltung der Gewässer befreit, kann die aufgezeigte Argumentation der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

Die Beschwerdeführer haben erstmals in ihren Verwaltungsgerichtshofbeschwerden das Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen als nicht ausreichend gerügt und der belangten Behörde unter Hinweis auf lokale Verhältnisse (Höhenlage des Grundwasserspiegels, Höhenlage der kommunalen Brunnenanlage, landwirtschaftliche Bodennutzung, Bestehen eines Friedhofes) die Nichteinholung eines hydrogeologischen Gutachtens vorgeworfen. Mit all diesen Tatsachen betreffenden neuen Behauptungen unterliegen die Beschwerdeführer dem gemäß § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot, sodaß ein Eingehen darauf unterbleiben mußte.

Die den Beschwerdeführern eingeräumte Erstreckung der Frist zur Erfüllung der ihnen auferlegten Maßnahmen hat die belangte Behörde mit der bevorstehenden Frostperiode und den Bemühungen um eine Lösung des Abwasserproblems auf kommunaler Basis begründet. Diese Frist kann insbesondere auch angesichts der nach Ausweis der vorgelegten Akten bereits eine Reihe von Jahren andauernden, unter Einbeziehung der Beschwerdeführer und der berührten Gemeinden angestellten Bemühungen um eine Herstellung gesetzmäßiger Abwasserverhältnisse in diesem Bereich nicht als zu kurz bemessen angesehen werden.

Die sich sohin als unbegründet erweisenden Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990070153.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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