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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §45 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsoberkommissär Dr. Kral, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten vom 5. Juli 1990, Zl. Wa-930-1/90, betreffend Waffenverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Wie den Beschwerdeausführungen und der Ausfertigung des angefochtenen Bescheides entnommen werden kann, verbot die Bundespolizeidirektion Klagenfurt dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 1. Mai 1990 gemäß § 12 Abs. 1 Waffengesetz 1986, BGBl. Nr. 443 (WaffG), den Besitz von Waffen und Munition. Die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, bei den mit dem Beschwerdeführer am 16. und 17. Februar 1990 von der Bundespolizeidirektion Wien aufgenommenen Niederschriften habe er u.a. folgendes angegeben:
"Ich habe mich daher bereits seit September vorigen Jahres mit dem Gedanken getragen, einen Raubüberfall durchzuführen. Ich habe in der Folge Masken angefertigt und mir punktemäßig mein Vorgehen aufgeschrieben, um ja keine Fehler zu begehen. Die Straftat wollte ich unbedingt außerhalb des Ortsgebietes Klagenfurt durchführen und habe vorerst Villach bzw. Keutschach auserwählt. Aber ich kam dann zu dem Entschluß, eine Bank in Wien zu überfallen. Dies deshalb, weil ich hier gänzlich unbekannt bin, und weil ich der Meinung war, daß ich hier auch eher unerkannt entkommen könnte.
Über den mitgeführten Gasrevolver kann ich sagen, daß ich diesen in Klagenfurt Ende 1989 in einem Waffengeschäft gekauft habe. Den dazugehörigen Schalldämpfer, es ist eine Attrappe, habe ich selbst angefertigt, sodaß, wenn man diese Attrappe auf die Waffe aufschraubt, diese gefährlicher aussieht.
Mir tut die ganze Sache leid und bereue ich, daß ich jemals den Gedanken getragen habe, eine Bank wegen meiner Schulden überfallen zu wollen.
Ich erkläre nochmals und wahrheitsgetreu, daß ich wegen meiner persönlichen und finanziellen Verhältnisse die Absicht hatte, einen Raubüberfall zu begehen. Schon seit längerer Zeit habe ich mich gedanklich damit befaßt, und mir zur Ausführung verschiedene Maskierungen angefertigt und verschiedene Notizen gemacht.
Letztlich konnte ich mich aber nie zur Tatbegehung überwinden, obwohl ich durch Alkohol zu stimulieren versuchte."
Der Beschwerdeführer sei am 15. Februar 1990, nachdem er verdächtigerweise für längere Zeit eine Bank beobachtet habe, nach kurzer Flucht festgenommen worden. In seiner Jacke seien zwei ineinander gesteckte Plastiksäcke und ein Paar Handschuhe gefunden worden. Auf der Flucht habe er eine grüne Mütze mit Sehschlitzen und einen fünfschüssigen mit Gaspatronen geladenen Gasrevolver versteckt. Der Beschwerdeführer habe in der Berufung die Vorbereitungshandlungen für den geplanten Bankraub und die Umstände seiner Festnahme nicht bestritten.
Die belangte Behörde wertete folgende Handlungen des Beschwerdeführers als Tatsachen, die die Annahme rechtfertigten, daß er durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen die öffentliche Sicherheit gefährden könnte:
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Besorgung eines Gasrevolvers,
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Anfertigung einer Schalldämpferattrappe,
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Anfertigung von verschiedenen Masken mit Sehschlitzen,
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Sammlung von Unterlagen über Raubüberfälle auf Geldinstitute,
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Anfertigung von Notizen über das Vorgehen bei einem Überfall,
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Beobachten einer Bank in Wien und
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anschließende Flucht bei Ansichtigwerden des Sicherheitswachebeamten unter Mitführung eines Gasrevolvers, einer Maskierung und zweier Plastiksäckchen, - Verstecken des geladenen Gasrevolvers und einer Maske auf der Flucht,
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Deponierung einer Pistole Marke Walther PPK, Kaliber 7,65, im Auto" des Beschwerdeführers, welches er
in der Umgebung des vorgesehenen Tatortes geparkt gehabt habe.
Aus diesen Tatsachen schloß die Behörde, daß der Beschwerdeführer ernsthaft die Absicht gehabt hätte, unter mißbräuchlicher Verwendung einer Waffe einen Bankraub zu begehen. Daß es nicht zur Durchführung eines Bankraubes gekommen sei, sei in diesem Verfahren nicht maßgebend, weil aus den großen Mühen, die der Beschwerdeführer in seine Vorbereitungen "gesteckt" habe, der Schluß gezogen werden müsse, daß ein Mißbrauch von Waffen durch den Beschwerdeführer in Zukunft bei einer solchen oder ähnlichen Lebenslage nicht ausgeschlossen werden könne. Der Beschwerdeführer habe selbst angegeben, wegen seiner finanziellen Notlage auf die Idee gekommen zu sein, einen Banküberfall auszuführen. Die belangte Behörde gründete die Erlassung des Waffenverbotes auf die unbestrittenen Angaben des Beschwerdeführers in den mit ihm aufgenommenen Niederschriften. Eine Einvernahme der angebotenen Zeugen sowie eine Entscheidung darüber, ob der Beschwerdeführer wegen der Tatbestände des versuchten Raubes und Widerstandes gegen die Staatsgewalt straffällig geworden sei, habe unterbleiben können. Auch sei die Beischaffung des Aktes der Staatsanwaltschaft Wien nicht notwendig gewesen. § 12 WaffG diene der Verhütung mißbräuchlicher Verwendung von Waffen und setze nicht voraus, daß bereits tatsächlich eine solche erfolgt sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer gemäß Art. 144 B-VG Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher jedoch mit Beschluß vom 25. September 1990 die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend. Er erachtet sich in Verfahrensrechten und durch unrichtige Anwendung des § 12 Abs. 1 WaffG verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 12 Abs. 1 WaffG hat die Behörde einer Person den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß diese Person durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen die öffentliche Sicherheit gefährden könnte.
Diese Norm dient, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt (s. z.B. Erkenntnis vom 20. Februar 1990, Zl. 89/01/0380 und die dort zitierte Judikatur), der Verhütung einer mißbräuchlichen Verwendung von Waffen und setzt nicht voraus, daß bereits tatsächlich eine mißbräuchliche Verwendung von Waffen im Sinne des Gesetzes stattgefunden hat. Vielmehr genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die begründete Besorgnis erwecken, daß von der Waffe ein die Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit beeinträchtigender gesetz- und zweckwidriger Gebrauch gemacht werden könnte. Hiebei ist nach dem dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der auch mit dem Besitz von Schußwaffen verbundenen Gefahr ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. auch Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. November 1988, Zl. 88/01/0186 und vom 26. Juni 1985, Zl. 84/01/0264).
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kommt es nicht darauf an, ob er wegen der von der belangten Behörde festgestellten Tathandlungen wegen des Versuchs des Raubes oder einer anderen Straftat strafgerichtlich verfolgt oder verurteilt wird. Die von der belangten Behörde festgestellten Tathandlungen reichen nämlich aus, um den von der Behörde gezogenen Schluß zu rechtfertigen, der Beschwerdeführer könnte durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen die öffentliche Sicherheit gefährden. Selbst wenn der Beschwerdeführer vermeint, er sei nach den Vorbereitungshandlungen von der Ausführung des geplanten Banküberfalls aus Feigheit zurückgetreten, läßt sich daraus keineswegs ableiten, er wäre "charakterlich nicht in der Lage", einen Raubüberfall zu versuchen oder zu begehen. Vielmehr sprechen die von der belangten Behörde festgestellten Vorbereitungshandlungen von längerer Dauer für die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer könnte in einer ähnlichen Lebenslage eine Waffe mißbräuchlich verwenden.
Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer vor allem, daß die festgestellten Inhalte von Niederschriften nicht Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens gewesen seien, jedoch den Bescheiden erster Instanz und der belangten Behörde zu Grunde gelegt worden seien. Der Beschwerdeführer hat jedoch die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegten tatsächlichen Feststellungen nicht bekämpft und auch nicht dargelegt, was er vorgebracht hätte, wenn ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden wäre. Selbst dann, wenn die Behörde erster Instanz das Parteiengehör des Beschwerdeführers verletzt hätte, wäre dieser Mangel jedenfalls im Berufungsverfahren durch die mit der Berufung gegebene Möglichkeit zur Stellungnahme saniert worden (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof vom 12. Oktober 1983, Zl. 81/01/0127 u.v.a). Im übrigen käme eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof selbst dann, wenn man dem Beschwerdeführer dahin folgen wollte, daß eine Verletzung von Verfahrensvorschriften vorliege, nur dann in Betracht, wenn die Behörde bei Vermeidung der Verfahrensmängel zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Diese Möglichkeit ist aber im vorliegenden Fall nicht erkennbar, weil der Beschwerdeführer nichts dargelegt hat, bei dessen Zutreffen die Behörde zu einer anderen rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes hätte kommen können.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war sie ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Es erübrigte sich daher über die Anträge, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, abzusprechen.
Schlagworte
ParteiengehörHeilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im BerufungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990010225.X00Im RIS seit
25.04.2001Zuletzt aktualisiert am
10.02.2011