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EG-20 Privatrecht allgemein Ägypten;Norm
ABGB §93 idF 1986/097 ;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsoberkommissär Dr. Kral, über die Beschwerde der D (N) gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. Juni 1989, Zl. 27.809/5-IV/4/89, betreffend Feststellung des Familiennamens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 9. März 1988 stellte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde den Antrag festzustellen, daß ihr Familienname "D" und nicht "N" laute. Diesen Antrag begründete die Beschwerdeführerin damit, daß sie nach Scheidung ihrer Ehe (1985) mit einem österreichischen Staatsbürger weiterhin den Ehenamen "D" geführt, dann aber am 10. Mai 1987 in einem Rechtsanwaltbüro in Ägypten einen Ehevertrag mit N, der moslemischen Glaubens sei, geschlossen habe. Die Beschwerdeführerin, die seit ihrer Geburt ohne religiöses Bekenntnis und nie Angehörige einer Religionsgemeinschaft gewesen sei, habe ursprünglich, obwohl die Ehe ohne Beiziehung von Geistlichen oder Standesbeamten geschlossen worden sei, die Auffassung vertreten, die Eheschließung sei rechtswirksam, und habe deshalb gegenüber dem Meldeamt Linz ihren nunmehrigen Familiennamen mit "N" angegeben. In der Folge sei ihr aber bekannt geworden, daß die Ehe nach dem anzuwendenden ägyptischen Recht rechtsunwirksam sei, weil sie zwischen einem Angehörigen des moslemischen Glaubens und einer nicht einer Offenbarungsreligion angehörenden Frau geschlossen worden sei. Auf Grund der von Beginn an bestehenden Rechtsunwirksamkeit der Eheschließung laute der Familienname der Beschwerdeführerin daher weiterhin "D".
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27. Juni 1989 stellte die belangte Behörde gemäß § 8 des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen vom 5. Jänner 1938, deutsches RGBl. I S 9 (NÄG), in Verbindung mit § 10 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 22. März 1988 über die Änderung von Familiennamen und Vornamen, BGBl. Nr. 195, fest, daß der Familienname der Beschwerdeführerin "N" laute. Begründend führte die belangte Behörde aus, nach dem ägyptischen Gesetzbuch über das Personenrecht und die Erbfolge nach dem hanefitischen Ritus stelle die Ehe einen durch übereinstimmende Willenserklärung zustandekommenden Vertrag dar, für dessen Gültigkeit lediglich die gleichzeitige Anwesenheit der Verlobten und zweier männlicher Zeugen, nicht aber von Organen des Staates oder von Religionsgemeinschaften erforderlich sei. Eine Registrierung einer solcherart geschlossenen Ehe sei nicht erforderlich und besitze, falls sie erfolge, lediglich deklarativen Charakter. Nach dem auch für die Frage der Ehenichtigkeit anzuwendenden ägyptischen Recht stelle zwar die Eheschließung mit einer "Götzendienerin" einen absoluten Nichtigkeitsgrund dar, doch sei es fraglich, ob die Beschwerdeführerin als "Götzendienerin" anzusehen sei und ob es einer Feststellung der Nichtigkeit bedürfe. Eine Ehenichtigerklärung allein aus dem Grund der Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft stehe aber jedenfalls in Widerspruch zu dem in § 6 IPR-Gesetz, BGBl. Nr. 304/1978, verankerten österreichischen ordre-public. Auch werde im Übereinkommen über die Erklärung des Ehewillens, das Mindestalter und die Registrierung von Eheschließungen, BGBl. Nr. 433/1969, auf das Recht verweisen, ohne Beschränkung (z.B. aus religiösen Gründen) zu heiraten. Die in Ägypten erfolgte Eheschließung der Beschwerdeführerin sei daher für den österreichischen Rechtsbereich wirksam.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, daß ihr Familienname mit "D" festgestellt werde. Die belangte Behörde habe zu Unrecht das Übereinkommen, BGBl. Nr. 433/1969, herangezogen, weil dieses nicht als "self executing" angesehen werden könne. Nach Art. 12 der unmittelbar anwendbaren, im Verfassungsrang stehenden Menschenrechtskonvention sei das Recht, eine Ehe einzugehen, gemäß den einschlägigen nationalen Gesetzen gewährleistet, sodaß die Normierung von Ehehindernissen im nationalen Bereich insbesondere z.B. bei Konfessionsverschiedenheiten nicht ausgeschlossen sei. Darüber hinaus sei auch in Österreich bis zum Jahre 1938 das Ehehindernis der Religionsverschiedenheit verankert gewesen und stelle dieses Ehehindernis nach dem CIC 1983 für den Bereich des Kirchenrechtes nach wie vor geltendes Recht dar. Da die Mehrheit der österreichischen Staatsbürger der römisch-katholischen Religionsgemeinschaft angehöre, könne ein derartiges Ehehindernis mit den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung nicht in Widerspruch stehen. Es stelle auch keinen Verstoß gegen den österreichischen ordre-public dar, wenn bei ausländischen konfessionellen Trauungen das Ehehindernis der Religionsverschiedenheit normiert sei. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde sei es nach ägyptischem Recht erforderlich, daß eine Ehe vor dem Zivilstandesbeamten geschlossen werde, und sei eine Klage auf Ungültigkeit der Ehe nur dann möglich, wenn die Existenz der Ehe aus einem öffentlichen Akt bewiesen werden könne. All diese Voraussetzungen seien im Beschwerdefall nicht gegeben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 8 Abs. 1 NÄG kann, wenn es zweifelhaft ist, welchen Familiennamen ein österreichischer Staatsangehöriger zu führen berechtigt ist, der Bundesminister für Inneres diesen Namen auf Antrag eines Beteiligten oder von Amts wegen mit allgemein verbindlicher Wirkung feststellen.
Gemäß § 13 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das internationale Privatrecht, BGBl. Nr. 304/1978 (IPRG), ist die Führung des Namens einer Person nach deren jeweiligem Personalstatut zu beurteilen, auf welchem Grund auch immer der Namenserwerb beruht.
Nach Ausweis der Verwaltungsakten hat die Beschwerdeführerin ihre österreichische Staatsbürgerschaft beibehalten, sodaß für die Beurteilung der Frage, welchen Namen die Beschwerdeführerin zu führen hat, österreichisches Recht anzuwenden ist. Ein Hinweis, daß anläßlich der Eheschließung der Beschwerdeführerin mit einem ägyptischen Staatsangehörigen mit diesem die Führung des Geschlechtsnamens der Beschwerdeführerin rechtswirksam vereinbart worden wäre, kann den Verwaltungsakten nicht entnommen werden. Demzufolge ist davon auszugehen, daß die Beschwerdeführerin durch die Eheschließung gemäß § 93 ABGB in der Fassung des Ehenamensrechtsänderungsgesetzes 1986, BGBl. Nr. 97, den Familiennamen ihres ägyptischen Ehemannes erworben hat.
Die Beschwerdeführerin hat selbst die in Ägypten erfolgte Eheschließung mit einem ägyptischen Staatsangehörigen bei der Behörde vorgebracht, durch die Ablichtung eines schriftlichen Ehevertrages belegt und auch in der Beschwerde selbst nicht bestritten, nach islamischem Recht eine Ehe geschlossen zu haben. Allerdings ist die Beschwerdeführerin der Auffassung, daß diese Ehe aus den von ihr angeführten Gründen nichtig sei.
Gemäß § 17 Abs. 1 IPRG sind die Voraussetzungen der Eheschließung sowie die der Ehenichtigkeit und der Aufhebung für jeden der Verlobten nach seinem Personalstatut zu beurteilen.
Ist eine Ehe geschlossen worden, obwohl hiefür nach dem maßgebenden Recht die sachlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen haben, so ist die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Ehe für nichtig erklärt werden kann, nach demselben Recht zu beurteilen. Auch wenn das Personalstatut bloß eines der Ehegatten verletzt wurde, während nach dem Personalstatut des anderen Ehegatten eine Nichtigkeit nicht vorliegt, kann die Ehe mit Wirkung für beide Ehegatten für nichtig erklärt werden (vgl. Duchek-Schwind, Internationales Privatrecht, Wien 1979, Anm. 2 zu § 17 auf Seite 50).
Gemäß § 27 Ehegesetz, DRGBl. 1938 I 807, kann sich niemand auf die Nichtigkeit einer Ehe berufen, solange die Ehe nicht durch gerichtliches Urteil für nichtig erklärt worden ist.
Daß die von der Beschwerdeführerin in Ägypten geschlossene Ehe durch gerichtliches Urteil für nichtig erklärt worden wäre, hat die Beschwerdeführerin weder behauptet noch ist den Verwaltungsakten ein Hinweis auf eine derartige Nichtigerklärung zu entnehmen. Demnach kann die Beschwerdeführerin die namensrechtlichen Folgen der Eheschließung aber nicht dadurch beseitigen, daß sie lediglich auf die ihrer Ansicht nach vorliegende Nichtigkeit der Ehe hinweist.
Darüber hinaus ist aber der belangten Behörde auch darin beizupflichten, daß ein allenfalls nach ägyptischem Recht gegebener Ehenichtigkeitsgrund der Religionsverschiedenheit unter dem "ordre-public Vorbehalt" gesehen werden müßte.
Gemäß § 6 IPRG ist eine Bestimmung des fremden Rechtes nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden.
Das Verhältnis von Kirche und Staat ist in Österreich durch den Grundsatz der Säkularität des Staates geprägt, worunter zu verstehen ist, daß sowohl die Aufgaben des Staates, als auch die zu ihrer Erfüllung einzusetzenden Mittel bewußt und gewollt auf rein Weltliches reduziert sind (vgl. Gampl, österreichisches Staatskirchenrecht, Wien - New York 1971, S 12 ff). Von daher gesehen ist eine im ausländischen Recht allenfalls festgelegte Ehenichtigkeit aus Gründen der Religion nicht im Einklang mit dem österreichischen ordre-public, weil die Anerkennung eines derartigen Ehenichtigkeitsgrundes für den österreichischen Rechtsbereich dazu führen würde, daß nicht auf das Weltliche beschränkte Umstände gravierende Rechtsfolgen nach sich zögen. Dies stünde aber in Widerspruch zum Grundsatz der Säkularität des Staates.
Ausgehend von dieser Rechtslage könnte auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf das bis 1938 in Geltung gestandene gesetzliche Ehehindernis der Religionsverscheidenheit bzw. das in Geltung stehende kanonische Recht, in dem ein derartiges Ehehindernis vorgesehen ist, die Beschwerde nicht zum Erfolg führen. Denn einerseits kann aus (hier schon über einen erheblichen Zeitraum) nicht mehr in Kraft stehenden gesetzlichen Vorschriften kein Rückschluß auf die nunmehrigen Grundwertungen der Rechtsordnung gezogen werden und andererseits können aus dem Bestehen einer kanonischen eherechtlichen Regelung keine Rechtsfolgen für den Bereich des nach staatlichem Recht geregelten Bereich des Eherechtes abgeleitet werden.
Da die belangte Behörde aus den angeführten Gründen zu Recht von der Unbeachtlichkeit des von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes für die von ihr in Ägypten geschlossene Ehe ausgegangen ist, steht auch die behördliche Feststellung des durch diese Eheschließung erworbenen Familiennamens der Beschwerdeführerin im Einklang mit der Rechtslage.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Schlagworte
Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1989010276.X00Im RIS seit
11.07.2001