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L10013 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht GemeindehaushaltNorm
B-VG Art119a Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 11. April 1990, Zl. R/1-V-89204, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Z), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 25. September 1989 erteilte der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde dem Beschwerdeführer in Anwendung des § 73 AVG 1950 die baubehördliche Bewilligung zum Abbau von Grundstücken bis zu einer bestimmten Höhenkote zwecks Kiesgewinnung (Punkt I). Gleichzeitig wurde vorgeschrieben, den bewilligungslosen Einfriedungszaun zu entfernen. Unter Punkt II wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers auf Wiederauffüllung von Grundstücken abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, daß nach dem Flächenwidmungsplan die Grundstücke als
Grünland-Materialgewinnungsstätte/Schottergrube mit der Folgenutzungsart Grünland ausgewiesen seien. Mit dieser Bestimmung des Flächenwidmungsplanes stehe der beabsichtigte Abbau im Einklang, nicht jedoch die Wiederauffüllung der Grundstücke. Diese Folgenutzungsart sei bereits mit dem Zustand der ausgebeuteten Kiesgrube gegeben. Eine eventuelle Lagerung von Materialien hätte im Flächenwidmungsplan entsprechend ausgewiesen sein müssen. Eine Auffüllung der Grundstücke würde auch dem künftigen Projekt "Thurnsdorfer-Ebene" widersprechen. Auch das zonale Raumordnungsprogramm sowie der in Ausarbeitung stehende Grünordnungsplan des Gesamtschotterabbaugebietes widersprechen einer Auffüllung.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer insoweit Vorstellung, als er die Beseitigung des Zaunes und die Abweisung des Antrages auf Wiederauffüllung bekämpfte. Im wesentlichen führte er aus, daß das Vorhaben betreffend die Wiederauffüllung der Grundstücke mit dem Flächenwidmungsplan nicht im Widerspruch stehe, weil ordnungsgemäßes Material verfüllt und sodann das Areal mit einer rund 20 cm starken bewuchsfähigen Schicht abgedeckt werde. Damit sei aber eine Grünlandfolgenutzung gegeben. Diese Vorgangsweise sei auch ausdrücklich im § 19 Abs. 2 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 (ROG) vorgesehen, wo von Materialgewinnungsstätten und dazugehörigen Deponien die Rede sei. Im übrigen könne das Projekt im Hinblick auf erst im Planungsstadium befindliche Vorhaben nicht versagt werden. Die angeordnete Beseitigung des Zaunes sei schließlich nicht Gegenstand des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid gab die NÖ Landesregierung der Vorstellung statt, behob den letztinstanzlichen Gemeindebescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde.
Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens vertrat die Gemeindeaufsichtsbehörde die Rechtsansicht, daß entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Vorstellung die Wortfolge im § 19 Abs. 2 ROG "Materialgewinnungsstätte und dazugehörige Deponien" so zu verstehen sei, daß damit die Lagerung des abgebauten Materials (hier Schotter) vor dessen Abtransport zulässig sei, weil ansonsten die Lagerung des Materials raumordnungsrechtlich nicht gedeckt wäre. Dies gehe aus dem Wort "dazugehörige" hervor. Nicht richtig sei aber die vom Beschwerdeführer vorgenommene Interpretation der Zulässigkeit der Wiederauffüllung. Gegen seine Ansicht spreche auch, daß im § 19 Abs. 2 ROG für Müllablagerungsplätze eine eigene Nutzungsart vorgesehen sei. Der Gemeinderat habe daher nicht rechtswidrig gehandelt, wenn er die Baubewilligung für die Wiederauffüllung der Schottergrube auf den eingangs genannten Grundstücken wegen Widerspruches zum Flächenwidmungsplan versagt habe. Die Behauptung, daß die Bundeskompetenz "Wasserrecht" keinen Raum für eine Landeskompetenz zulasse, finde schließlich weder in der Lehre noch in der Judikatur ihre Deckung. Der Landesgesetzgeber habe daher in der NÖ Bauordnung 1976 eindeutig geregelt, daß die Bauordnung nicht jene Vorschriften berühre, wonach für Baulichkeiten zusätzliche Bewilligungen erforderlich seien (§ 1 Abs. 2). Die Vorstellung erweise sich dennoch als berechtigt, weil der Auftrag zur Beseitigung des konsenslosen Zaunes im Rahmen eines Baubewilligungsverfahrens unzulässig sei. In diesem Punkte sei eine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers auf ein gesetzmäßiges Verfahren eingetreten, weshalb in diesem Punkt der Vorstellung stattgegeben werden müsse.
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichtüberbindung einer unrichtigen Rechtsauffassung an den Gemeinderat betreffend Punkt II (Wiederauffüllung) des Gemeindebescheides verletzt.
Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Im Beschwerdefall ist zunächst davon auszugehen, daß die belangte Behörde der Vorstellung des Beschwerdeführers stattgegeben und den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde (zumindest im bekämpften Umfang) aufgehoben hat. Dennoch erweist sich die Beschwerde nicht als unzulässig, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in einem solchen Fall die Partei berechtigt ist, die die Aufhebung tragende Rechtsansicht der Gemeindeaufsichtsbehörde, an die die Gemeindebehörde kraft Gesetzes gebunden ist (vgl. § 61 Abs. 4 der NÖ Gemeindeordnung), unmittelbar vor dem Verwaltungsgerichtshof zu bekämpfen (vgl. etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 1985, Zl. 83/05/0171, BauSlg. Nr. 392, vom 1. Oktober 1985, Zl. 83/05/0006, BauSlg. Nr. 522, u.a.). Der Verwaltungsgerichtshof hat freilich stets die Auffassung vertreten, daß nur den die Aufhebung tragenden Gründen für das fortgesetzte Verfahren bindende Wirkung zukommt, nicht aber etwa Abweisungsgründen, denen ja keine bindende Rechtswirkung zukommt (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1985, Zl. 85/05/0098, BauSlg. Nr. 600, u.a.). Für den Beschwerdefall bedeutet dies, daß der Beschwerdeführer im derzeitigen Stadium des Verfahrens nicht berechtigt ist, die im angefochtenen Bescheid vertretene Rechtsauffassung der belangten Behörde betreffend die Abweisung seines Ansuchens über die Wiederauffüllung der Grundstücke zu bekämpfen. Im Hinblick auf die sprachliche Fassung des Bescheides des Gemeinderates wäre es der belangten Behörde zwar freigestanden, die Vorstellung bezüglich des Punktes II abzuweisen, allein im Spruch des Bescheides hat die belangte Behörde den bei ihr angefochtenen Bescheid jedenfalls auch diesbezüglich aufgehoben, wodurch der Gemeinderat verpflichtet ist, neuerlich über den diesbezüglichen Antrag des Beschwerdeführers zu entscheiden.
Da aber der Beschwerdeführer den Grund für die Aufhebung durch den angefochtenen Bescheid gar nicht bekämpft, mußte bei der gegebenen Rechtslage seine Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden. Das bedeutet allerdings auch, wie schon erwähnt, daß hinsichtlich der im angefochtenen Bescheid vertretenen Rechtsauffassung bezüglich der Unzulässigkeit der Wiederauffüllung der abzubauenden Grundstücke im fortgesetzten Verfahren keine Bindungswirkung zukommt.
Der Zuspruch von Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Bindung an die Rechtsanschauung der Vorstellungsbehörde ErsatzbescheidEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990050118.X00Im RIS seit
11.07.2001