TE Vwgh Erkenntnis 1991/2/5 90/05/0183

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Veröffentlicht am 05.02.1991
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L70704 Theater Veranstaltung Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;

Norm

BauO OÖ 1976 §29 Abs3;
BauO OÖ 1976 §33 Abs1 litg;
BauRallg;
BauV OÖ 1985 §44 Abs2;
BauV OÖ 1985 §44 Abs3;
BauV OÖ 1985 §44 Abs4;
BauV OÖ 1985 §95;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 23. August 1990, Zl. BauR 10459/4-1990 Ha/Pe, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 19. Oktober 1989 erteilte der Magistrat Linz dem Beschwerdeführer den Auftrag, für die auf dem Grundstück nn/9, KG Urfahr, errichtete Garten- und Gerätehütte entweder binnen vier Wochen nachträglich um die Baubewilligung anzusuchen oder sie binnen acht Wochen zu beseitigen (Punkt I). Diese Gartenhütte ist dann mit Bescheid des Magistrats vom 24. April 1990 baubehördlich bewilligt worden. Weiters wurde dem Beschwerdeführer der Auftrag erteilt, das direkt im Anschluß an die Gartenhütte errichtete Flugdach binnen acht Wochen zu beseitigen (Punkt II). Im Spruch des Bescheides wurden die baulichen Anlagen näher beschrieben. Zur Begründung führte die Behörde im wesentlichen aus, daß die Bauwerke ohne die hiefür erforderliche baubehördliche Bewilligung errichtet worden seien und daß für das Flugdach im Hinblick auf die Bestimmungen des § 29 Abs. 3 der Oö. Bauordnung (BO) und des § 44 Abs. 2 der Oö. Bauverordnung eine nachträgliche Baubewilligung nicht erteilt werden könne.

Die gegen den Bauauftrag Punkt II erhobene Berufung wies der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz mit Bescheid vom 23. März 1990 als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und nach Ausführungen über die Bewilligungspflicht des Flugdaches verwies die Berufungsbehörde darauf, daß nach dem hier maßgeblichen Bebauungsplan Nr. NW 107/8 Baufluchtlinien vorgesehen seien. Gemäß § 20 Abs. 4 des Oö. Raumordnungsgesetzes (ROG) seien unter Baufluchtlinien die Grenzen zu verstehen, über die gegen den Vorgarten, den Seitenabstand, den Hof oder den Garten mit dem Bau oder Bauteilen nicht vorgerückt werden dürfe, sofern die Bauordnung nicht ausdrücklich anderes bestimme. Nach § 33 Abs. 1 lit. g BO dürfe über die Baufluchtlinie eines Bebauungsplanes mit Bauvorhaben gemäß § 29 Abs. 3 unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen vorgebaut werden. Unter Bauvorhaben im Sinne des § 29 Abs. 3 BO seien Garten- und Gerätehütten sowie ähnliche Nebengebäude mit einer verbauten Fläche bis zu 8 m2 zu verstehen. Wie sich aus dem im Akt befindlichen Lageplan ergebe, sei das gegenständliche Objekt zur Gänze außerhalb der inneren Baufluchtlinien des Bebauungsplanes situiert und wäre daher nur unter den genannten Voraussetzungen genehmigungsfähig. Die im § 29 BO allgemein für Nebengebäude getroffenen Beschränkungen sollen eine Verhüttelung des Bauplatzes vermeiden, sodaß diese Bestimmungen nur so ausgelegt werden könnten, daß außerhalb der Baufluchtlinien bzw. im Bauwich nicht beliebig viele Nebengebäude im Sinne des § 29 Abs. 3 leg. cit. errichtet werden dürften; die Gesamtfläche von 8 m2 dürfe daher nicht überschritten werden. Da im Beschwerdefall das Flugdach und die Gartenhütte diese Gesamtfläche überschritten, hätte hinsichtlich des Flugdaches ein unbedingter Entfernungsauftrag erteilt werden müssen. Ein weiterer Widerspruch mit zwingenden baurechtlichen Bestimmungen liege darin, daß das Flugdach unmittelbar an die Gartenhütte angebaut sei, was im Hinblick auf § 32 Abs. 4 BO bzw. § 44 Abs. 2 der Oö. Bauverordnung unzulässig sei. Eine Bauerleichterung auf Grund des § 100 der Oö. Bauverordnung komme hier im Hinblick auf die taxativ aufgezählten Ausnahmetatbestände nicht in Betracht.

Auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellung holte die Oö. Landesregierung das Gutachten eines bautechnischen Amtssachverständigen ein. In seiner gutächtlichen Stellungnahme vom 3. Juli 1990 führte der Amtssachverständige nach Durchführung eines Augenscheines u.a. aus, daß im Anschluß an die westliche holzverschalte Giebelwand der Gartenhütte ein zimmermannsmäßig abgebundener überdachter Bau (Flugdach) hergestellt worden sei. Das Dach sei in seiner äußeren Form dem der Gartenhütte angepaßt und auf vier Holzsäulen aufgesetzt. Der Holzsäulenabstand betrage zur südlichen Grundgrenze ca. 0,46 m, der äußerst vorspringende Gebäudeteil (Dachvorsprung) weise einen Abstand von ca. 0,20 m auf. Im Bereich der westlichen Grundgrenze befinde sich ein Sockelmauerwerk und schließe der Dachvorsprung mit der äußeren Sockelmauerwerkskante zum Nachbargrundstück hin ab. Dieser überdachte Bau solle für Abstellzwecke verwendet werden. Vom technischen Standpunkt sei eine Trennung der Gartengerätehütte und des anschließenden Flugdaches möglich. Es werde festgestellt, daß die Gartengerätehütte sowie das anschließende Flugdach als eine Einheit anzusehen seien und somit als bebaute Fläche die Summe beider Grundrißflächen maßgebend wäre. Dieser Stellungnahme wurden sechs Fotos angeschlossen.

In seiner Äußerung zu dieser Stellungnahme führte der Beschwerdeführer aus, daß die Schlußfolgerung des Sachverständigen, daß die Gartenhütte und das anschließende Flugdach als eine Einheit anzusehen seien, und somit als bebaute Fläche die Summe beider "Grundflächen" maßgebend wäre, aus dem festgestellten Sachverhalt nicht abgeleitet werden dürfte. Der Beschwerdeführer beantragte, einen Sachverständigen aus dem Bauwesen beizuziehen und eine mündliche Verhandlung an Ort und Stelle unter Ladung des Vertreters des Beschwerdeführers anzuberaumen.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid gab die Oö. Landesregierung der Vorstellung keine Folge. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und hier maßgeblicher Rechtsvorschriften erörterte die Gemeindeaufsichtsbehörde die Frage, ob Gartenhütte und Flugdach jeweils selbständige Nebengebäude seien oder eine bauliche Einheit vorliege. Maßgebendes Abgrenzungskriterium für die Beurteilung der Einheit oder Mehrheit gleichartiger Sachen sei das Vorhandensein einer im Sinne der jeweiligen Sache wesentlichen Verbindung zwischen ihren Teilen. Eine bloße Berührung gleichartiger Sachen, ja selbst eine lose Verbindung zwischen gleichartigen Sachen vermöge nicht deren Einheit herzustellen. Bezogen auf das gegenständliche Nebengebäude ergebe sich, daß von einer baulichen Einheit dann gesprochen werden könne, wenn seine tragenden Bauteile und/oder das Dach einheitliche, übergreifende statisch einander bedingende Baukörper aufwiesen. Dies sei nicht der Fall. Wie aus dem Akt und dem ergänzenden Ermittlungsverfahren eindeutig hervorgehe, hätten Hütte und Flugdach jeweils eigene tragende Bauteile, jeweils getrennte Dächer und würden statisch in ihrer Existenz auch nicht einander bedingen. Die bloße Berührung dieser Baukörper bzw. eine allenfalls gegebene Verbindung durch einige Nägel an der angrenzenden Seite vermögen beide Gebäude noch nicht zu einer baulichen Einheit zu verschmelzen. Es lägen sohin zwei Nebengebäude vor, welche ohne Abstand zueinander errichtet worden seien. § 44 Abs. 2 der Oö. Bauverordnung normiere, daß Nebengebäude von anderen Nebengebäuden einen Mindestabstand von 3 m erhalten müssen. Diese Bestimmung regle Abstände zwischen Nebengebäuden ganz allgemein. Abs. 3 regle, daß bestimmte Nebengebäude, nämlich Garten- und Gerätehütten und ähnliche Nebengebäude bis zu 8 m2 verbauter Grundfläche im Bauwich errichtet werden dürfen, was nicht zu dem Schluß führen dürfe, § 44 Abs. 2 gelte nicht für Gartenhütten. Für das Flugdach könne daher mangels Einhaltung eines Mindestabstandes von 3 m zur Gartenhütte eine nachträgliche Baubewilligung nicht erteilt werden. Die Baubehörde habe daher schon aus diesem Grund zu Recht einen unbedingten baupolizeilichen Entfernungsauftrag für das Flugdach erlassen. Da der baupolizeiliche Beseitigungsauftrag für das Flugdach schon wegen seines Widerspruches zu § 44 Abs. 2 der Oö. Bauverordnung zu Recht ergangen sei, könne dahingestellt bleiben, ob § 29 Abs. 3 BO (§ 44 Abs. 3 der Oö. Bauverordnung) sich auf die Gesamtfläche (auch mehrerer) Nebengebäude oder auf die Fläche eines Nebengebäudes beziehe. Die Gemeindeaufsichtsbehörde teilte sodann die Auffassung der Gemeindeinstanzen, derzufolge die Frage der Bewilligungspflicht zu Recht bejaht worden ist.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben. Er erachtet sich in seinem Recht verletzt, nachträglich um eine Baubewilligung für das Flugdach anzusuchen.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Nach § 29 Abs. 1 der Oö. Bauordnung (BO), LGBl. Nr. 35/1976 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 82/1983, sind Nebengebäude Gebäude mit einer Traufenhöhe bis zu 3 m über dem Fußboden und einer Gesamthöhe bis zu 5 m, die im Vergleich zur gegebenen oder voraussehbaren Hauptbebauung nur untergeordnete Bedeutung haben (z.B. Flugdächer, Schuppen, Garagen und ähnliche Gebäude). Nebengebäude dürfen nach § 29 Abs. 2 leg. cit. die Bebauung des Bauplatzes mit dem Hauptgebäude nicht hindern. Das Ausmaß der mit Nebengebäuden bebauten Fläche des Bauplatzes darf, soweit im Bebauungsplan nichts anderes bestimmt ist, ein Zehntel der Gesamtfläche des Bauplatzes nicht übersteigen und höchstens 100 m2 betragen. Gemäß § 29 Abs. 3 BO können Garten- und Gerätehütten sowie ähnliche Nebengebäude mit einer verbauten Grundfläche bis zu 8 m2 auch auf den nach der festgelegten Bauweise bzw. gemäß § 32 Abs. 2 von einer Bebauung freizuhaltenden Grundflächen, nicht jedoch im Vorgarten, errichtet werden, soweit sich aus baurechtlichen Vorschriften und dem Bebauungsplan nichts anderes ergibt.

Nach § 33 Abs. 1 lit. g BO darf über die Baufluchtlinie eines Bebauungsplanes mit Bauvorhaben gemäß § 29 Abs. 3 unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen vorgebaut werden.

Nach § 44 Abs. 2 der Oö. Bauverordnung, LGBl. Nr. 5/1985 - durch das Gesetz LGBl. Nr. 37/1989 nunmehr auf Gesetzesstufe stehend -, müssen Nebengebäude entweder an ein Hauptgebäude angebaut oder von diesem und von anderen Nebengebäuden einen Mindestabstand von 3 m einhalten. Im Falle des Anbaues an ein anderes Gebäude muß ein ausreichender Brandschutz gewährleistet sein. § 44 Abs. 3 bestimmt, daß Garten- und Gerätehütten sowie ähnliche Nebengebäude mit einer verbauten Grundfläche bis 8 m2 (§ 29 Abs. 3 BO) auch auf den nach der festgelegten Bauweise bzw. gemäß § 32 Abs. 2 BO von einer Bebauung freizuhaltenden Grundflächen, nicht jedoch im Vorgarten errichtet werden können. Sie dürfen außer dem Keller nur ein Geschoß über dem Erdboden umfassen und, wenn sie aus Holz oder anderen brennbaren Stoffen errichtet werden, keine Feuerstätte enthalten.

Die Bestimmungen der Abs. 2 und 3 gelten nach § 44 Abs. 4 leg. cit. nur insoweit, als sich aus anderen baurechtlichen Vorschriften oder aus dem Bebauungsplan nichts anderes ergibt.

Wie in der Sachverhaltsdarstellung erwähnt, hat der für die Liegenschaft des Beschwerdeführers maßgebliche Bebauungsplan (NW 107/8) durch Baufluchtlinien jene Grundfläche, auf der das hier strittige Flugdach errichtet worden ist, für nicht bebaubar bestimmt. Nach § 33 Abs. 1 lit. g BO darf allerdings gemäß § 29 Abs. 3 BO dennoch diese Grundfläche bebaut werden. Die Ausnahmebestimmung des § 29 Abs. 3 BO kann in diesem Zusammenhang freilich nur bedeuten, daß lediglich mit einem Nebengebäude mit einer verbauten Grundfläche bis zu 8 m2 eine Bebauung zulässig ist, nicht jedoch mit beliebig vielen Nebengebäuden der genannten Art, wie dies die Berufungsbehörde in der Begründung ihres Bescheides ausdrücklich zum Ausdruck gebracht hat. Da aber der Beschwerdeführer bereits mit der von ihm errichteten Gartenhütte ein Nebengebäude im Ausmaß von nahezu 8 m2 errichtet hat, kommt für das zusätzlich errichtete Flugdach schon aus dieser Erwägung eine nachträgliche Baubewilligung nicht in Betracht.

Bei dieser Beurteilung der Rechtslage war nicht näher zu erörtern, ob das errichtete Flugdach nicht auch deshalb als Nebengebäude unzulässig ist, weil es im Sinne des § 44 Abs. 2 der Oö. Bauverordnung nicht einen Mindestabstand von der schon früher errichteten Gerätehütte einhält.

Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers kann die Bewilligungsfähigkeit der Baulichkeit auch nicht aus § 95 der OÖ Bauverordnung abgeleitet werden, weil diese Bestimmungen betreffend bauliche Anlagen aus Holz und anderen brennbaren Baustoffen nicht als lex specialis zu den sonst geltenden Bestimmungen des Oö. Baurechts zu beurteilen sind, vielmehr der Landesgesetzgeber hier in besonderer Weise jenen Gefahren vorbeugen wollte, die sich aus der Verwendung von Holz und anderen brennbaren Baustoffen ergeben. Keinesfalls kann eine Auslegung dieser Regelung dazu führen, daß eine sonst nicht zulässig bebaubare Fläche auf Grund dieser Bestimmungen einer Bebauung zugeführt werden darf. Die Auffassung des Beschwerdeführers, daß für Holzbauten die Abstandsbestimmungen im § 95 der Oö. Bauverordnung abschließend geregelt werden, also andere Abstandsbestimmungen nicht zum Tragen kommen, erweist sich schon deshalb als verfehlt, weil damit eine Privilegierung von Holzbauten gegeben wäre, die im § 95 der Oö. Bauverordnung keine Deckung findet.

Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG sowie auf die Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990050183.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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