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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 25. September 1990, Zl. 9/01-33.261/4-1990, betreffend Erteilung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.620,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 25. September 1990 wurde der (am 21. Juli 1989 nach vorangegangener Entziehung der Lenkerberechtigung gemäß § 75 Abs. 2 KFG 1967 gestellte) Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B gemäß § 64 Abs. 2 in Verbindung mit § 69 Abs. 1 lit. d KFG 1967 abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Dem angefochtenen Bescheid liegt das (zwar im vorgelegten Verwaltungsakt nicht erliegende, jedoch in der Begründung dieses Bescheides wörtlich wiedergegebene) amtsärztliche Gutachten vom 26. Juni 1990 zugrunde, das sich seinerseits im wesentlichen auf ein bestimmtes "neurologisch-psychiatrisches und verkehrspsychologisches Gutachten" vom 12. März 1990 stützt und in Übereinstimmung damit zusammenfassend zum Ergebnis gelangt, daß die Beschwerdeführerin (nur) wegen des Fehlens der (nach § 30 Abs. 1 zweiter Satz KDV 1967 in der Fassung der 22. Novelle, BGBl. Nr. 362/1987, für die Annahme der geistigen und körperlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen erforderlichen) nötigen kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit "derzeit noch nicht geeignet" sei, Kraftfahrzeuge der Gruppe B zu lenken. Ob diese Aussage im Zeitpunkt der Erstattung des Gutachtens vom 26. Juni 1990 - was die Beschwerdeführerin gleichfalls bestreitet - richtig war, kann schon deshalb unerörtert bleiben, weil nicht feststeht, ob sie auch noch im (hiefür allein maßgeblichen) Zeitpunkt der (mit seiner Zustellung an die Beschwerdeführerin am 4. Oktober 1990 bewirkten) Erlassung des angefochtenen Bescheides zutraf. Im "Gutachten" vom 12. März 1990 (dem im gegebenen Zusammenhang zufolge der Erstattung eines ärztlichen Gutachtens im Sinne des § 67 Abs. 2 KFG 1967 in Verbindung mit § 30 Abs. 3 KDV 1967 in der Fassung der bereits genannten
22. Novelle lediglich die Eigenschaft eines Befundes zukommt) wird nämlich nicht nur durch den Gebrauch der Worte "derzeit noch nicht geeignet" zum Ausdruck gebracht, daß mit einer Änderung der Beurteilung zugunsten der Beschwerdeführerin zu rechnen sei, sondern es heißt abschließend darin überdies, daß "eine erneute Begutachtung in etwa 6 Monaten" empfohlen werde, und zwar deshalb, weil "eine weitere Rückbildung der Unfallrestsymptomatik mit darauffolgender Besserung auch der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit zu erwarten ist". Das bedeutet, daß - ungeachtet der Bestimmung des § 67 Abs. 2 zweiter Satz KFG 1967, wonach das ärztliche Gutachten im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als ein Jahr sein darf - das vorliegende amtsärztliche Gutachten im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht mehr eine ausreichende Entscheidungsgrundlage sein konnte, zumal sich daraus nicht ergibt, daß die erfolgte Beurteilung (abweichend vom "Gutachten" vom 12. März 1990) auch noch für einen Zeitpunkt Gültigkeit hat, der später als "etwa 6 Monate", gerechnet ab 12. März 1990, gelegen ist. Auf Grund dieses Gutachtens hätte die belangte Behörde jedenfalls nicht davon ausgehen dürfen, daß die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin auch noch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht gegeben ist. Es hätte für die betreffende Beurteilung vielmehr nach Ablauf dieses Zeitraumes einer neuerlichen amtsärztlichen Begutachtung (auf dem Boden einer abermaligen, insbesondere verkehrspsychologischen Befundaufnahme) bedurft. Der belangten Behörde ist zwar beizupflichten, wenn sie in der Gegenschrift meint, daß "ein Zuwarten" (mit einer Bescheiderlassung) "bis zur Wiedererlangung sämtlicher Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkerberechtigung im Sinne der zitierten Gesetzesstelle" (dabei handelt es sich um § 73 Abs. 1 AVG 1950) "keinesfalls erforderlich ist". Ihr ist aber entgegenzuhalten, daß der dargestellte Verfahrensmangel mit der sich aus § 73 Abs. 1 AVG 1950 ergebenden Entscheidungspflicht der belangten Behörde nichts zu tun hat, sondern es ihr oblegen wäre, vor Ablauf des im "Gutachten" vom 12. März 1990 angeführten Zeitraumes ihren Bescheid zu erlassen, um diesen Verfahrensmangel zu vermeiden; dies wäre im übrigen auch noch innerhalb der sechsmonatigen Frist nach Einlangen der Berufung am 5. Februar 1990 der Fall und der Aktenlage nach möglich gewesen.
Da somit der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf und Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben, ohne daß noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Von der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel SachverständigenbeweisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990110196.X00Im RIS seit
19.03.2001