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L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Tir 1989 §31;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde des L in S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 19. September 1991, Zl. Ve-551-564/1, betreffend Übertretungen der Tiroler Bauordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Übertretung nach §53 Abs. 1 lit. f der Tiroler Bauordnung wegen ' Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Hinsichtlich der Übertretung nach S 53 Abs. 1 lit. a der Tiroler Bauordnung wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 25. Juli 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, dadurch, daß er in der Zeit vom 12. April 1990 bis 28. August 1990 an näher ausgeführten Tatzeitpunkten auf der Grundparzelle Nr. 787/4, KG S, Arbeiten zur Errichtung eines Rohbaues für ein Gebäude bis einschließlich der Betonierung der Decke des Erdgeschoßes gemeinsam mit seinem Vater durchgeführt, diesem vorsätzlich die Begehung von Verwaltungsübertretungen erleichtert zu haben, da er wußte, daß für dieses bewilligungspflichtige Bauvorhaben keine rechtskräftige Baubewilligung vorlag und überdies mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde S vom 2. April 1990 die Fortsetzung der Bauarbeiten untersagt wurde. Er habe damit zu 1. § 7 VStG in Verbindung mit § 53 Abs. 1 lit. a und 25 lit. a der Tiroler Bauordnung (TBO) und
2. § 7 VStG in Verbindung mit § 53 Abs. 1 lit. f und 40 Abs. 2 TBO verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über ihn Geldstrafen in der Höhe von jeweils S 20.000,-- (Ersatzarrest jeweils acht Tage) verhängt. Begründet wurde dies im wesentlichen damit, daß der angeführte Sachverhalt aufgrund der übereinstimmenden Zeugenaussagen der einschreitenden Gendarmeriebeamten erwiesen sei. Der Beschwerdeführer habe in seinen Stellungnahmen bestritten, bewilligungspflichtige Arbeiten durchgeführt zu haben, er habe lediglich auf Ersuchen seines Vaters gewisse Handlungen vorgenommen, um die auf der Baustelle befindlichen Baumaterialien vor Beschädigung und Verderben zu bewahren. Dieses im Widerspruch zu den zitierten Zeugenaussagen der Gendarmerieorgane stehende Vorbringen werde als Schutzbehauptung gewertet. Durch die Mitarbeit bei der Errichtung des gegenständlichen Wohnhauses habe der Beschwerdeführer seinem Vater zweifellos die Begehung von Verwaltungsübertretungen, nämlich die Errichtung eines bewilligungspflichtigen Bauvorhabens ohne Baubewilligung und die Nichtbeachtung des im Spruch zitierten Baueinstellungsbescheides des Bürgermeisters, erleichtert. Die Beihilfe sei vorsätzlich erfolgt, da dem Beschuldigten, wie er selbst in seinem Schriftsatz vom 21. Oktober 1990 bestätigt habe, bekannt gewesen sei, daß keine rechtskräftige Baubewilligung vorliege, ebenso habe der Beschuldigte gewußt, daß der Bürgermeister mit Bescheid vom z. April 1990 die Fortsetzung der Arbeiten an diesem Bauvorhaben mit untersagt habe, und in derselben Sache auch dem Beschuldigten mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde vom 12. April 1990 die Fortsetzung der Arbeiten an diesem Bauvorhaben untersagt worden sei.
In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, es sei ihm nicht bewußt gewesen, seinem Vater bei einer strafbaren Handlung Beihilfe geleistet zu haben. Dem Beschwerdeführer sei auch nicht erinnerlich, jemals einen Bescheid der Gemeinde S, der die Fortsetzung der Arbeiten untersage, erhalten zu haben. Ein solcher Bescheid habe wohl nur an den Vater des Beschwerdeführers ergehen können. Es sei daher die diesbezügliche Bestrafung jedenfalls rechtsirrig, dies auch deshalb, weil hier eine kumulative Bestrafung vorliege. Auch in der Strafbemessung irre die Behörde.
Mit Bescheid vom 19. September 1991 hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 25. Juli 1991 abgewiesen. Die Berufungsbehörde führte unter anderem aus, den Ausführungen des Beschwerdeführers sei zu entnehmen, daß er gewußt habe, daß für das gegenständliche Bauvorhaben keine Baubewilligung vorlag. Es sei Sache des Beschwerdeführers gewesen, sich über den Stand des Verfahrens und auch über die Rechtmäßigkeit der Bauführung durch seinen Vater, der überdies im gleichen Haushalt wohne, Kenntnis zu verschaffen. Bezüglich der Einwendung des Beschwerdeführers, nie einen Bescheid der Gemeinde erhalten zu haben, der ihm die Fortsetzung der Arbeiten untersage, wurde auf "die obigen Ausführungen verwiesen."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist einem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde gemäß Art. II Abs. 2 der Novelle zum Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 358/1990, zur Erlassung des in Beschwerde gezogenen Bescheides zuständig war:
Nach dieser Bestimmung sind nämlich bereits vor dem 1. Jänner 1991 anhängig gewordene Verfahren nach der bisherigen Rechtslage zu Ende-äü führen. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 25. September 1991, Zl. 91/02/0078, ausgeführt, daß eine Anhängigkeit des Verfahrens am 1. Jänner 1991 dann vorliegt, wenn das Verwaltungsstrafverfahren bis zum 31. Dezember 1990 eingeleitet, also bis zu diesem Zeitpunkt eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG vorgenommen wurde. Da im vorliegenden Fall bereits am 6. August 1990 an den Beschwerdeführer eine Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter und somit eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG erging, war die Tiroler Landesregierung zur Erlassung des Berufungsbescheides zuständig.
Gemäß § 7 VStG unterliegt derjenige, der vorsätzlich veranlaßt, daß ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht oder der vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist. Zur Beihilfe ist daher Vorsatz erforderlich, wobei bedingter Vorsatz genügt.
In seiner Stellungnahme vom 17. August 1990 zur Aufforderung zwecks Rechtfertigung als Beschuldigter erklärte der Beschwerdeführer, sein Vater habe bereits vor drei Jahren einen Antrag auf Baubewilligung gestellt, aus verschiedenen, im Parallelakt des Vaters des Beschwerdeführers dargestellten Gründen, sei es zu Verzögerungen in der Abwicklung des Antrages des Vaters des Beschwerdeführers gekommen. Gründe dafür lägen in der offenen Gegnerschaft zwischen dem Bürgermeister und dem Vater des Beschwerdeführers. Bereits aufgrund dieser Stellungnahme durfte die belangte Behörde davon ausgehen, das dem Beschwerdeführer bewußt war, daß keine Baubewilligung für die bewilligungspflichtigen Arbeiten vorlag. Der Beschwerdeführer hatte auch während des Verwaltungsverfahrens zugestanden, daß er in der Zeit vom 12. April 1990 bis 28. August 1990 Hilfstätigkeiten beim Bau verrichtet habe.
Zutreffend konnte daher die belangte Behörde davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer sowohl wußte, daß es sich um bewilligungspflichtige Bauarbeiten handelte, als auch, daß die erforderliche Baubewilligung nicht vorlag. Bereits in seinem Erkenntnis vom 10. Oktober 1991, Zl. 91/06/0137, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem an den Vater des Beschwerdeführers ergangenen Erkenntnis ausgeführt, daß die Gründe, die für die nicht zeitgerechte Erteilung der Baubewilligung maßgebend waren, nicht zu überprüfen sind. Hinsichtlich der Bestrafung wegen Beihilfe zur Bauführung ohne die erforderliche Baubewilligung konnte daher die belangte Behörde zutreffend von der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes einschließlich vom Vorliegen des gemäß § 7 VStG erforderlichen Vorsatzes ausgehen.
Entgegen dem Beschwerdevobringen wurden die erhebenden Gendarmeriebeamten auch bezüglich der Eingrenzung der Tatzeit als Zeugen vernommen. Da der Beschwerdeführer den Zeugenaussagen in bezug auf die Zeitangaben nicht entgegentrat, konnte schon die belangte Behörde erster Instanz zutreffend ihrem Straferkenntnis die, aus den übereinstimmenden Aussagen der erhebenden Gendarmeriebeamten hervorgehenden zeitlich eingegrenzten Tatzeiträume, zugrundelegen.
Auch die Ausführungen der belangten Behörde zur Strafbemessung sind im Ergebnis zutreffend. Unter Berücksichtigung das Umstandes, daß der Beschwerdeführer durch mehrmaliges behördliches Einschreiten nicht davon abzuhalten war, rechtswidrigerweise seinen Vater bei der Durchführung von Bauarbeiten weiter zu unterstützen, ist es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde aus spezialpräventiven Gründen bei einem gesetzlichen Strafrahmen bis zu S 100.000,-- die Verhängung einer Geldstrafe von S 20.000,-- auch bei den vom Beschwerdeführer angegebenen ungünstigen Einkommensverhältnissen und bei Berücksichtigung seiner Sorgepflichten als angemessen ansah.
Hingegen kann der belangten Behörde nicht gefolgt werden, wenn sie davon ausging, daß der Beschwerdeführer wissen mußte, daß ein Baueinstellungsbescheid an seinen Vater ergangen war. Ein von der Behörde-erster Instanz zur Begründung herangezogener an den Beschwerdeführer ergangener Baueinstellungsbescheid oder eine Benachrichtigung des Beschwerdeführers betreffend die Baueinstellung ist in den vorgelegten Verwaltungsakten nicht enthalten. Die belangte Behörde hat die Ansicht vertreten, der Beschwerdeführer hätte sich bei seinem Vater über den Stand des Verfahrens informieren müssen; eine Erkundungspflicht, ob ein Baueinstellungsbescheid ergangen sei, kann aber weder der Tiroler Bauordnung, noch dem Verwaltungsstrafgesetz entnommen werden. Im übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrmals, so auch im bereits zitierten Erkenntnis vom 10. Oktober 1991, Zl. 91/06/0137, ausgeführt, daß es sich bei den Straftatbeständen nach § 53 Abs. 1 lit. a und § 53 Abs. 1 lit. f in Verbindung mit §40 Abs. 2 TBO dann nicht um zwei unabhängig voneinander zu ahndende Straftatbestände handelt, wenn die Baueinstellung wegen Fehlens eine= Baubewilligung und nicht etwa wegen eines anderen der im § 53 Abs. 1 lit. f TBO angeführten Sachverhaltes erfolgte.
Da die belangte Behörde zu Unrecht davon ausging, daß der Beschwerdeführer auch wissen mußte, daß ein Baueinstellungsbescheid erlassen war, war der angefochtene Bescheid im Hinblick auf die Verwaltungsübertretung gemäß § 7 VStG in Verbindung mit § 53 Abs. 1 lit. f TBO gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Im übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Das Mehrbegehren für eine nicht erforderliche Ausfertigung der Beschwerde war abzuweisen.
W i e n , am 13. Februar 1992
Schlagworte
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage RechtsquellenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991060209.X00Im RIS seit
30.11.2001