TE Vwgh Erkenntnis 1991/2/13 90/03/0221

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Veröffentlicht am 13.02.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §16 Abs1 lita;
VStG §44a lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Weiss und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein des Schriftführers Regierungskommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 17. August 1990, Zl. 11-75 Ku 11-89, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid, der in Ansehung des Absehens von der Fortführung des Strafverfahrens und der Einstellung hinsichtlich der dem Beschwerdeführer zu Punkt 5) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zur Last gelegten Tat als nicht angefochten unberührt bleibt, wird in Ansehung der Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs. 1 lit. a StVO 1960 (Spruchpunkt 1) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, im übrigen wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.470,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft M erließ gegen den Beschwerdeführer folgendes Straferkenntnis vom 14. August 1989 (Spruchteile gemäß § 44a lit.a und b VStG):

"Sie haben am 2.9.1987 um 15.00 Uhr auf der B 83 von Scheifling kommend in Richtung Neumarkt, Strkm 10,5, in der sog. Schweizklamm, Bez. Murau, als Lenker des FZ nn) im Bereich des Vorschriftszeichens "Überholen verboten" ein mehrspuriges KFZ überholt, 2) dabei die dort befindliche deutlich sichtbare Sperrlinie überfahren sowie durch dieses Überholmanöver einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht und obwohl Ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden gestanden ist, 3) Ihr FZ nicht sofort angehalten, 4) nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigt sowie 5) an der Feststellung des Sachverhaltes nicht mitgewirkt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: 1) § 16 Abs. 1 lit. a StVO, 2.) § 9 Abs. 1 StVO 1960, 3) § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960, 4) § 4 Abs. 1 lit. b StVO 1960, 5) § 4 Abs. 5 StVO 1960."

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen dieses Straferkenntnis hinsichtlich dessen Punkte 1) und 4) abgewiesen. Hinsichtlich des Punktes 5) wurde von der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens abgesehen und die Einstellung verfügt. Ferner wurde ausgesprochen:

"Ein Teil des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides wird jedoch dahingehend abgeändert, als er zu lauten hat: '... von Neumarkt kommend in Richtung Scheifling' und der Spruch in Punkt 4.) wird insoferne richtiggestellt, als die Rechtsvorschrift des § 4 Abs. 5 StVO 1960 verletzt wurde."

Gegen diesen Bescheid (soweit damit nicht von der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens abgesehen und die Einstellung verfügt wurde) richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Dem Beschwerdeführer wird zu Punkt 1) des in dieser Beziehung - wenn auch mit einer Modifizierung hinsichtlich der vom Beschwerdeführer eingehaltenen Fahrtrichtung - von der belangten Behörde übernommenen Spruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses eine Verletzung von § 16 Abs. 1 lit. a StVO 1960 zur Last gelegt. Nach dieser Bestimmung darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, wenn andere Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommende, gefährdet oder behindert werden könnten oder wenn nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholen vorhanden ist.

Nach § 44a lit. a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Die danach gebotene Umschreibung der Tat muß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglichen (vgl. neben vielen anderen das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Juni 1984, Slg. Nr. 11466/A). Diesem Erfordernis trägt die Tatumschreibung zu Punkt 1) des Spruches nicht Rechnung, sind doch darin die für die Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs. 1 lit. a StVO 1960 maßgebenden Tatbestandsmerkmale nicht enthalten. (Eine Verletzung von § 16 Abs. 2 lit. a StVO 1960 wurde dem Beschwerdeführer nicht zur Last gelegt.)

Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grunde in Ansehung der Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs. 1 lit. a StVO 1960 gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Im Verwaltungsstrafverfahren hatte der Beschwerdeführer zur Widerlegung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe eine konkrete Gegendarstellung abgegeben und sich darin insbesondere auch auf die Vernehmung des Zeugen F berufen. Über diesen Beweisantrag setzte sich die belangte Behörde ohne jegliche Begründung hinweg. Da bei der gegebenen Sachlage nicht von vornherein auszuschließen ist, daß die belangte Behörde bei Aufnahme dieses Beweises zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, begründete dieses Vorgangsweise einen wesentlichen Verfahrensmangel.

Der angefochtene Bescheid war daher in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Ein Eingehen auf das weitere Vorbringen in der Beschwerde erübrigte sich damit.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990030221.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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