TE Vwgh Erkenntnis 1991/2/15 87/18/0031

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Veröffentlicht am 15.02.1991
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §4 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Dkfm. Mag. Heinz A gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 15. Jänner 1987, Zl. I/7-St-R-8649, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 15. Jänner 1987 wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 für schuldig befunden und bestraft, weil sein Verhalten als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Lastkraftwagens am 5. August 1984 gegen 10,05 Uhr insofern mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, als es im Gemeindegebiet von St. Egyden im Zuge der Fahrt auf der B 17 in Richtung Wien nächst dem Straßenkilometer 48,05 mit dem von Klaus N. gelenkten, dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw zu einer Kollision gekommen sei, wobei am unfallgegnerischen Kraftfahrzeug ein erheblicher Schaden eingetreten sei. In der Folge habe es der Beschwerdeführer unterlassen, ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle von diesem Verkehrsunfall mit Sachschaden zu verständigen.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 5 StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Voraussetzung für die Meldepflicht nach dieser Vorschrift ist nicht nur das objektive Tatbestandsmerkmal des Eintretens eines Schadens, sondern in subjektiver Hinsicht das Wissen oder fahrlässige Nichtwissen von dem Eintritt eines derartigen Schadens. Der Tatbestand ist daher schon gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte (vgl. die bei Gerhard-Terlitza, Straßenverkehrsordnung, 2. Aufl., auf S. 135 wiedergegebene hg. Judikatur).

Der Beschwerdeführer hat zwar selbst erklärt, anläßlich des dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Verkehrsunfalles mit Sachschaden "einen Knall und ein leichtes Rucken" wahrgenommen zu haben, dies jedoch damit begründet, daß er "einen Motorschaden oder einen geplatzten Reifen" vermutet habe. Da aber eine (nach dem Ausrollen des Fahrzeuges auf einem Parkplatz erfolgte) Nachschau ergeben habe, daß die Reifen in Ordnung gewesen seien, habe er angenommen, daß "es sich um eine Fehlzündung des betagten Diesel-Lkws handelte". Am Fahrzeug des Beschwerdeführers wurde bei diesem Unfall die hintere Stoßstange und Heckklappe eingedellt und verbogen und der rechte Rückstrahler beschädigt, am anderen unfallsbeteiligten Fahrzeug wurde die Motorhaube gestaucht und es wurden der linke vordere Kotflügel, die linke vordere Tür, das Frontblech sowie Scheinwerfer und Zusatzscheinwerfer und der Kühler beschädigt. Der Sachverständige hat in Entsprechung einer diesbezüglichen Anfrage der Behörde erster Instanz in seiner gutächtlichen Äußerung vom 16. Oktober 1984 ausgeführt, daß die Erkennbarkeit der Kontaktierung "außer durch die ungewöhnliche Geräuschbildung, die sich gegenüber dem Betriebsgeräusch des Fahrzeuges unterscheidet und auf die ganze Karosserie übertragen wird, sowohl durch eine fühlbare Kraftwirkung (Stoß, Ruck) von hinten als auch durch die optische Beobachtung des folgenden Fahrzeuges mittels der beiden Außenspiegel gegeben ist. Auf Grund dieser hinteren Kraftwirkung hätte nach dem Anhalten des Lkws der Lenker die Beschädigung an seinem Fahrzeug sehen müssen". In einer weiteren Äußerung (vom 13. Juni 1985) ergänzte derselbe Sachverständige seine ursprüngliche Stellungnahme mit der Feststellung, daß bei einem Dieselmotor eine Fehlzündung nicht möglich sei und der Fahrer einen Reifenplatzer durch ein plötzliches instabiles Spurverhalten des Fahrzeuges merke. Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides gemeint, daß der Beschwerdeführer die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles in Betracht zu ziehen gehabt hätte, nachdem sich seine Vermutungen nicht bestätigt hätten, und hat ihm vorgeworfen, einen "Rundgang um den Kraftwagen" verabsäumt zu haben, der es ihm ermöglicht hätte, die an seinem Fahrzeug entstandene Sachbeschädigung zu erkennen und diese dem vorangegangenen Verkehrsunfall zuzuordnen. Wenn schon nicht auf Grund des Geräusches, so doch auf Grund der Kraftwirkung habe die Möglichkeit bestanden, den Verkehrsunfall mit Sachschaden zu erkennen. Es sei ohne Bedeutung, welche Art der Kollision den vom Beschwerdeführer wahrgenommenen Ruck bedingt habe.

Der Verwaltungsgerichtshof kann im Rahmen seiner eingeschränkten Befugnis zur Kontrolle der Beweiswürdigung (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht finden, daß die belangte Behörde bei dieser Schlußfolgerung unschlüssig argumentiert hat, und es kann ihr auch nicht der Vorwurf gemacht werden, irgendwelche erfolgversprechenden weiteren Ermittlungen unterlassen zu haben.

Der vom Beschwerdeführer gerügte Widerspruch zwischen den erwähnten gutächtlichen Äußerungen ist nach Auffassung des Gerichtshofes nicht gegeben, weil der Sachverständige in dem zweiten Gutachten einleitend ausdrücklich festgehalten hat, daß es auf die Anstoßerkennbarkeit keinen Einfluß habe, ob das Fahrzeug des Beschwerdeführers "vor dem Anstoß dauernd auf der ersten (rechten) Spur fuhr oder einen Spurwechsel von der zweiten auf die erste Spur durchführte". Im übrigen kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie dem Antrag des Beschwerdeführers auf Einholung eines weiteren Gutachtens nicht entsprochen hat, weil sie schon auf Grund des vorliegenden Ermittlungsergebnisses davon ausgehen durfte, daß dem Beschwerdeführer - im Sinne der vorstehend wiedergegebenen hg. Judikatur - objektive Umstände zu Bewußtsein gekommen sind, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermochte, da er zugegebenermaßen einen "Ruck" wahrgenommen hat, welcher angesichts der schon im Detail wiedergegebenen, an den beteiligten Fahrzeugen eingetretenen Schäden nicht bloß "leicht" gewesen sein kann, und vom Beschwerdeführer schon deshalb nicht auf einen geplatzten Reifen zurückgeführt werden durfte, weil er nach dem Anhalten des Fahrzeuges ausdrücklich selbst festgestellt hat, "daß die Reifen in Ordnung waren". Es gibt daher auch ohne ein weiteres Sachverständigengutachten nicht die geringsten Anhaltspunkte für begründete Zweifel, daß der Beschwerdeführer den Anstoß gespürt hat, weshalb ihm als Verschulden zuzurechnen ist, daß er nicht sogleich bei der kurz nach dem Unfall vorgenommenen ersten Nachschau auch die Rückseite seines Fahrzeuges wegen allfälliger Unfallspuren untersucht hat, die - wie das im Akt erliegende Lichtbild zeigt - nicht zu übersehen gewesen wären.

Weitere Erwägungen hinsichtlich der akustischen Wahrnehmbarkeit des Anstoßes erübrigen sich schon deshalb, weil schon auf Grund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers über einen "Knall" kein Zweifel besteht, daß er den Anstoß auch gehört hat, weshalb auch unter diesem Gesichtspunkt kein ergänzendes Sachverständigengutachten erforderlich war.

Die belangte Behörde hat daher dem Beschwerdeführer zu Recht die in Rede stehende Übertretung angelastet, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist und sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Identitätsnachweis Meldepflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1987180031.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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