Index
10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Verhängung einer Bausperre zum Zweck einer - möglichen zukünftigen - Grünlandwidmung durch den Flächenwidmungsplan; Eingriff in die Rechtssphäre der Liegenschaftseigentümer - Zulässigkeit des Individualantrages Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Mauerbach vom 16.09.87 betreffend Verhängung einer Bausperre; "Grünlandnutzung" dem §23 Abs1 NÖ RaumordnungsG 1976 entsprechend konkretisierte Änderungsabsicht für die geplante Umgestaltung des örtlichen Raumordnungsprogrammes; Abweisung des IndividualantragesSpruch
Dem Antrag wird keine Folge gegeben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. K und M K sind Eigentümer der Liegenschaft EZ ..., Grundstücksnummer ..., KG Mauerbach. Diese Liegenschaft ist im geltenden Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Mauerbach von einem Grüngürtel durchzogen, ansonsten aber als Bauland-Wohngebiet gewidmet.
Mit V vom 16.9.1987 erließ der Gemeinderat der Marktgemeinde Mauerbach für die genannte Liegenschaft eine Bausperre. Die V lautet:
"Verordnung
§1. Auf Grund des §23 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000-2, wird eine Bausperre erlassen.
§2. Die Bausperre umfaßt das Areal des Grundstückes 245/4 KG Mauerbach.
§3. Ziel der Bausperre ist es, eine Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes vorzubereiten bzw. zu sichern, welches für das Grundstück 245/4 nur mehr Grünlandnutzungen vorsieht.
Bauvorhaben, die diesem Ziel widersprechen, können von der Baubehörde nicht bewilligt werden.
§4. Diese V tritt nach ihrer Kundmachung mit dem auf den Ablauf der zweiwöchigen Kundmachungsfrist folgenden Tag in Kraft."
K und M K beantragen beim VfGH, diese V der Marktgemeinde Mauerbach gemäß Art139 Abs1 B-VG als gesetzwidrig aufzuheben. Sie führen aus, daß "die bekämpfte V ... unmittelbar tatsächlich und zwar ohne Erlassung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides" für sie wirksam geworden sei, unmittelbar in ihre Rechtssphäre eingegriffen und ihre rechtlich geschützten Interessen aktuell beeinträchtigt habe, weil die Bausperre ausdrücklich Bauvorhaben untersage, die der Grünlandnutzung widersprechen, der von ihnen beabsichtigte Verkauf der Liegenschaft aber an die Voraussetzung einer rechtswirksamen Baugenehmigung gebunden sei. Ein anderer zumutbarer Weg zur Bekämpfung der Bausperre als die Anrufung des VfGH stünde den Antragstellern nicht zur Verfügung.
Die Gesetzwidrigkeit der V über die Bausperre begründen die Antragsteller damit, daß "die Bausperre nur unter der Voraussetzung erlassen werden darf, daß die Aufstellung oder Änderung eines örtlichen Raumordnungsprogrammes beabsichtigt ist und auch dann nur unter Darstellung der anzustrebenden Ziele". Da die Voraussetzungen für die Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes, also für die Widmungsänderung im Flächenwidmungsplan fehlten, sei auch die Bausperre unzulässig. Für eine Änderungsabsicht seien auch keine Unterlagen vorhanden. Das vom §23 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 eingeräumte Ermessen sei bei Erlassung der Bausperre "willkürlich mißbraucht" worden. Der Bausperre fehle weiters "die vom Gesetz geforderte Darstellung der anzustrebenden Ziele". "Mit §3 der zitierten V wird keineswegs das anzustrebende Ziel genannt, sondern lediglich die Maßnahme lt. §13 Abs3 ROG bzw. eine Widmungsart der Maßnahme."
Gesetzwidrig sei die V ferner deshalb, weil die Liegenschaft "nicht der amtlichen Grundbuchsbezeichnung nach, also mit Einlagezahl, Grundstücksart, etc. bezeichnet wurde".
Die eine Voraussetzung für die Verhängung der Bausperre bildende "Absicht auf Abänderung des Flächenwidmungsplanes" fehle schon deshalb, "weil die Voraussetzungen für eine Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes selbst nicht gegeben sind. Die beabsichtigte Änderung ist der Landesregierung nicht angezeigt worden. Diese hat der Gemeinde die Grundlagenforschungsergebnisse nicht bekanntgegeben (§13 ROG). Die angestrebten Ziele (§13/2 ROG) sind nicht dargestellt, geschweige denn bezeichnet." Es fehle ferner an der Grundlagenforschung zur Änderung des Raumordnungsprogrammes gemäß §2 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 sowie an Beobachtungen oder Untersuchungsergebnissen betreffend die im §1 Abs2 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 genannten Leitziele. Die Umwidmung des Grundstückes der Antragsteller würde "gegen die bestehende Ordnung verstoßen", weil die "angrenzenden Liegenschaften mit Wohnhäusern verbaut" seien. Es sei bereits derzeit erkennbar, daß eine rechtmäßige Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes nicht in Betracht komme, sodaß auch die Bausperre zu diesem Zweck unzulässig wäre. Es fehle ferner an den vom Gesetz geforderten "ausreichenden Untersuchungen der gegebenen natürlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Voraussetzungen" für die Umwidmung der Liegenschaft. Diese sei auch deswegen sachlich ungerechtfertigt, weil die Verkehrsplanung der Gemeinde die Anlage von Straßen vorsehe, zu denen die Antragsteller Grundstücksteile abtreten mußten, und die der Aufschließung der zur Verbauung vorgesehenen Liegenschaft der Antragsteller dienten.
2. Die Niederösterreichische Landesregierung und die Marktgemeinde Mauerbach haben gleichlautende Äußerungen erstattet, in denen sie beantragen, die V der Marktgemeinde Mauerbach über die Erlassung einer Bausperre für das Grundstück Nr. 245/4, KG Mauerbach, nicht als gesetzwidrig aufzuheben. Beide Behörden sind der Auffassung, daß bei Verhängung einer Bausperre gemäß §23 Abs1 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 "ein Verfahren zur Aufstellung oder Änderung eines örtlichen Raumordnungsprogrammes (im Sinn des §21 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976) noch nicht anhängig sein muß". Für eine Bausperre als vorbereitende Maßnahme einer Änderung eines örtlichen Raumordnungsprogrammes sei daher eine ausführliche Grundlagenforschung nicht notwendig. Das in der Bausperre zu benennende "anzustrebende Ziel" sei nicht identisch mit dem "Leitziel" im Sinn der §§1 Abs2 und 13 NÖ Raumordnungsgesetz 1976. Aus der Zielbestimmung im §3 der angefochtenen Bausperre gehe klar hervor, daß als künftige Widmungsart das "Grünland" gemäß §19 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 vorgesehen werden soll.
Gegenüber dem Vorwurf einer willkürlichen Erlassung der angefochtenen V wenden beide Behörden "die Vorgangsweise der Gemeindeorgane vor der maßgeblichen Gemeinderatssitzung" ein. "So wurde die Erlassung einer Bausperre sowohl in der Sitzung des Gemeindevorstandes vom 25. August 1987 als auch in der Sitzung des Hochbauausschusses vom 2. September 1987 eingehend beraten. In der Folge fand dann am 10. September 1987 an Ort und Stelle eine Besichtigung statt, wobei auch ein Sachverständiger für technische Angelegenheiten der Raumordnung beigezogen wurde." Im übrigen werden Gründe angeführt, die eine wesentliche Änderung der Planungsgrundlagen des geltenden örtlichen Raumordnungsprogrammes dartun sollen.
II. 1. Die Anträge auf Aufhebung der V der Marktgemeinde Mauerbach über die Erlassung einer Bausperre für das Grundstück 245/4, KG Mauerbach, sind zulässig.
Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene V - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß die V für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß die V in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 10511/1985).
Wie der VfGH bereits anläßlich der Anfechtung einer Grünlandwidmung eines, nach dem NÖ Raumordnungsgesetz 1976 erlassenen Flächenwidmungsplanes aussprach (VfSlg. 8463/1978, 8697/1979), bewirkt die im Flächenwidmungsplan vorgesehene Widmung von Grundstücken als "Grünland" ein Verbot der Errichtung von Bauwerken, die nicht für eine Nutzung nach §19 Abs2 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 erforderlich sind. Damit ist den Eigentümern der entsprechend gewidmeten Grundstücke die Ausführung von Bauwerken, die nicht für eine der im §19 Abs2 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 angeführten Nutzungen erfolgt, verboten. Diese baurechtliche Wirkung bedarf eines weiteren Konkretisierungsaktes nicht mehr. Sie greift unmittelbar in die Rechtssphäre der Liegenschaftseigentümer ein. Diese verfügen auch über keinen anderen zumutbaren Weg, eine allfällige Gesetzwidrigkeit der V an den VfGH heranzutragen. In Betracht käme nach Lage des Falles lediglich ein förmliches Baubewilligungsansuchen. Es kann jedoch von den Grundeigentümern nicht erwartet werden, daß sie allein zu diesem Zweck die für eine Baubewilligung erforderlichen Planunterlagen anfertigen lassen.
Der VfGH bleibt bei dieser Rechtsmeinung. Bescheide, insbesondere Baubewilligungsbescheide, "welche dem Zweck einer Bausperre zuwiderlaufen", sind rechtswidrig; sie leiden gemäß §23 Abs3 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 "an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler". Wird daher als Zweck einer Bausperre eine mögliche zukünftige - Grünlandwidmung angeführt, so sind Baubewilligungen für das mit der Bausperre belegte Grundstück zu versagen, wenn die Errichtung des Bauwerkes nicht für eine Nutzung nach §19 Abs2 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 erforderlich ist. Die Bausperre wirkt insofern in gleicher Weise wie die Grünlandwidmung des - zukünftigen - Flächenwidmungsplanes und unterliegt daher in gleicher Weise wie dieser der Anfechtung vor dem VfGH durch die von der Bausperre in ihrer Rechtssphäre betroffenen Grundstückseigentümer.
2. Der Antrag auf Aufhebung der V der Marktgemeinde Mauerbach über die Erlassung einer Bausperre für das Grundstück 245/4, KG Mauerbach, ist jedoch nicht begründet.
§23 Abs1 erster Satz NÖ Raumordnungsgesetz 1976 lautet:
"Ist die Aufstellung oder Änderung eines örtlichen Raumordnungsprogrammes beabsichtigt, kann der Gemeinderat, unter Darstellung der anzustrebenden Ziele, durch V eine Bausperre erlassen."
Wie der VfGH zur Bauordnung für Wien (vgl. VfSlg. 7287/1974; VfGH v. 28.6.1986, V23/86) und zur OÖ Bauordnung 1976 (VfSlg. 9910/1983; VfGH v. 25.6.1984, B379/81 und B332/82) aussprach, muß der Gemeinderat anläßlich der Verhängung einer Bausperre die beabsichtigten Änderungen des Raumplanes zum Ausdruck bringen, sodaß die V über die Bausperre "den Maßstab für die baubehördliche Entscheidung im Einzelfall liefert und so auch die nachprüfende Kontrolle der Entscheidung durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ermöglicht".
In VfSlg. 7287/1974 hat der VfGH ferner ausgeführt:
"Es trifft zweifellos zu, daß anläßlich der Verhängung der Bausperre noch nicht feststehen muß, inwieweit der Bebauungsplan zu ändern ist. Dies zeigt schon der zeitliche Ablauf beider Maßnahmen: Die Beschlußfassung über die Verhängung der Bausperre geht der Beschlußfassung über die Änderung des Bebauungsplanes voran. Zur Erlassung einer Bausperre genügt aber nicht, daß wichtige Umstände für eine Änderung des Bebauungsplanes sprechen und eine solche erwogen wird. Der Gesetzgeber ist vielmehr in sachlich gerechtfertigter Weise davon ausgegangen, daß ein so schwerwiegender Eingriff in die aus einem bestehenden Bebauungsplan erwachsenen Rechte, wie ihn eine Bausperre darstellt, konkrete Änderungsabsichten voraussetzt. Natürlich bleibt die Entscheidung darüber, ob die beabsichtigten Änderungen des Bebauungsplanes auch tatsächlich vorgenommen werden, der Beschlußfassung des Gemeinderates vorbehalten."
In VfSlg. 9910/1983 hat er weiters gesagt:
"Die unter den angeführten Voraussetzungen gegebene Ermächtigung umfaßt auch die Befugnis zur Erlassung einer Bausperre für die Zeit, die zur Durchführung einer Prüfung der Frage, ob die Voraussetzungen für eine Änderung eines Flächenwidmungs- oder Bebauungsplanes iS des §23 OÖ ROG vorliegen, erforderlich ist."
Mit Rücksicht auf diese Vorjudikatur und im Hinblick auf die materielle Übereinstimmung der gesetzlichen Regelungen über die Bausperre in den einzelnen Bundesländern (vgl. VfSlg. 9910/1983, S. 657) geht der VfGH für den vorliegenden Fall davon aus, daß die in die Bausperre gemäß §23 Abs1
NÖ Raumordnungsgesetz 1976 aufzunehmende "Darstellung der anzustrebenden Ziele" die - soweit als möglich konkretisierten Änderungsabsichten umfaßt, die der geplanten Umgestaltung eines örtlichen Raumordnungsprogrammes, als dessen wesentlicher Teil der Flächenwidmungsplan (§13 Abs3 NÖ Raumordnungsgesetz 1976) anzusehen ist, zugrunde liegen. Diese "Ziele" sind sohin weder identisch mit den "Leitzielen" gemäß §1 Abs2 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 noch mit der Bezeichnung der "angestrebten Ziele" des örtlichen Raumordnungsprogrammes (gemäß §13 Abs2 NÖ Raumordnungsgesetz 1976) selbst. Vielmehr muß die "Darstellung der anzustrebenden Ziele" der Bausperre nach §23 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringen, ob eine Baubewilligung nach §100 Abs4 NÖ Bauordnung 1976 mit dem zukünftigen, möglicherweise zu ändernden örtlichen Raumordnungsprogramm in Einklang zu bringen und - wenn sie auch nach dem geltenden Flächenwidmungsplan zulässig ist (VfSlg. 9910/1983) - zu erteilen oder ob die Baubewilligung mit Rücksicht auf die Bausperre zu verweigern ist.
Angesichts dieser Rechtslage findet der VfGH nichts dagegen einzuwenden, daß in §3 der V über die Bausperre der Marktgemeinde Mauerbach die beabsichtigte Grünlandwidmung des Grundstücks der Antragsteller als "anzustrebendes Ziel" für die Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes der Marktgemeinde Mauerbach festgelegt wird. Jede allgemeinere Zielvorgabe würde den Vollzug der Bausperre in konkreten Baubewilligungsverfahren mit einer Unbestimmtheit belasten, die im Sinne der vorangeführten Judikatur des VfGH Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Bausperre aus dem Grunde des Art18 Abs1 B-VG hervorrufen würde.
Der VfGH ist auch nicht der Meinung, daß die Erlassung der Bausperre über das Grundstück der Antragsteller ohne hinreichend konkretisierte Änderungsabsicht, sohin dem Sinn des Gesetzes widersprechend (die Antragsteller sprechen von Willkür), erlassen wurde. Wie die Ausführungen in den Äußerungen der NÖ Landesregierung und der Marktgemeinde Mauerbach zeigen, liegen der Erlassung der Bausperre Überlegungen hinsichtlich der Änderung der seinerzeitigen Planungsgrundlagen (sprunghafter Bevölkerungszuwachs der Marktgemeinde Mauerbach, Wienerwald-Deklaration, Erweiterung des Grüngürtels zwecks Erhaltung naturräumlicher Landschaftselemente) und entsprechende Beratungen zugrunde. Ob diese Überlegungen eine Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes einschließlich des Flächenwidmungsplanes mit Rücksicht auf §22 Abs1 Z2 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 zu tragen vermögen, ob sohin eine Interessenabwägung zwischen dem Interesse an der bestehenden Grundstückswidmung und dem öffentlichen Interesse an deren Änderung das Überwiegen letzterer zeigt und sohin von einer "wesentlichen Änderung der Grundlagen" auszugehen ist, braucht bei Erlassung der V über die Bausperre (noch) nicht geprüft zu werden. Auch eine entsprechende Grundlagenforschung ist nicht im Zuge der Verhängung der Bausperre, sondern erst im Verfahren zur Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes anzustellen. Alle Einwände der Antragsteller, welche die Mangelhaftigkeit der Änderungsabsichten dartun wollen, gehen sohin als Einwand gegen die Bausperre von vornherein ins Leere. Sinn und Zweck der Bausperre ist es, der Gemeinde entsprechende Überlegungen, - wie sie der VfGH in VfSlg. 9910/1983 angedeutet hat -, und während des von vornherein begrenzten Zeitraums der Geltung der Bausperre die - von konkreten Bauvorhaben ungestörte - Prüfung der Frage zu ermöglichen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes vorliegen. Ob Aspekte der Rechtssicherheit und des Vertrauens auf die durch eine rechtsverbindliche Widmung geschaffene Nutzungsmöglichkeit eines Grundstücks eine Änderung der Grundstückswidmung gemäß §22 Abs1 Z2 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 verhindern (vgl. dazu VfGH v. 19.6.1987, V40/86), kann anläßlich der Prüfung der V über die Bausperre vom VfGH nicht festgestellt werden, sondern kann erst im Falle der Anfechtung des geänderten Flächenwidmungsplanes Prüfungsthema des Gerichtshofs sein. Für die Rechtmäßigkeit der Bausperre reicht eine im darzustellenden Ziel entsprechend konkretisierte Änderungsabsicht aus.
Da das von der Bausperre erfaßte Grundstück in der angefochtenen V mit hinreichender Deutlichkeit bezeichnet wurde, kann auch keine Rede davon sein, daß diese V mangels gehöriger Bezeichnung gesetzwidrig ist.
Dem Antrag war daher keine Folge zu geben.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Baurecht, RaumordnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:V136.1987Dokumentnummer
JFT_10119383_87V00136_00