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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / LegitimationLeitsatz
Proponent Träger der Vereinsreiheit im Verfahren zur beabsichtigten Bildung eines Vereines; Beschwerdelegitimation gegeben VereinsG idF vor der Nov. BGBl. 648/1987; aus Gründen der nationalen Sichehreit müssen Vereinsstatuten derart formuliert sein, daß eine dem Art4 Staatsvertrag von Wien 1955 widersprechende Vereinstätigkeit mit Sicherheit ausgeschlossen wird; zusammenschauende Betrachtung der Statuten-Vereinszweck Betreibung großdeutscher Propaganda zugunsten der Vereinigung Österreichs mit Deutschland; gesetzmäßige Untersagung der Vereinsbildung nach §6 Abs1Spruch
Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.a) Der Bf. zeigte am 30. März 1987 dem Bundesminister für Inneres (BMI) die beabsichtigte Bildung des Vereines "Unterstützungswerk für Südtirol" mit dem Sitz in Innsbruck an.
Die Behörde machte den Proponenten am 8. April 1987 aufmerksam, daß §2 der Statuten (s. die folgende litb) nach ihrer Auffassung in Widerspruch zu Art4 des Staatsvertrages von Wien, BGBl. 152/1955 (StV Wien 1955) stehe. Der Proponent beharrte jedoch ausdrücklich auf der Beibehaltung dieser Wendung.
Daraufhin untersagte der BMI mit Bescheid vom 12. Mai 1987 gemäß §6 Abs1 des Vereinsgesetzes 1951 iVm Art4 StV Wien 1955 die Bildung dieses Vereines.
b) Im §2 der dem BMI vorgelegten Statuten wird der Zweck des Vereines wie folgt umschrieben:
"Der Druck der Italiener, insbesonders der Faschisten auf das Deutschtum in Südtirol wird immer stärker und damit die Bedrohung der deutschen Volksgruppe immer größer. Der Verein setzt sich daher die Aufgabe, die deutschen Südtiroler in ihrem Bemühen, das Deutschtum zu schützen, zu unterstützen und die Bindungen der deutschen Südtiroler zu den deutschen Nordtirolern und den Deutschösterreichern insgesamt möglichst innig zu erhalten. Daher soll auch der Jugendaustausch und das Studium von Südtirolern in Österreich möglichst gefördert werden."
c) Der Untersagungsbescheid des BMI vom 12. Mai 1987 wird damit begründet, daß - wie sich aus dem (soeben wiedergegebenen) §2 der Statuten ergebe - der geplante Verein nach seiner Einrichtung gesetzwidrig und auch staatsgefährlich wäre, weshalb seine Bildung nach §6 Abs1 VereinsG zu untersagen gewesen sei. Wörtlich wird hiezu näher ausgeführt:
"Der in Verfassungsrang stehende Art4 des zitierten Staatsvertrages" (des StV Wien 1955) "enthält ua. die Verpflichtung Österreichs, innerhalb seines Gebietes jede Handlung zu verhindern, die geeignet wäre, eine politische oder wirtschaftliche Vereinigung mit 'Deutschland' mittelbar oder unmittelbar zu fördern und den Bestand, das Wiederaufleben und die Tätigkeit jeglicher Organisationen, welche die politische oder wirtschaftliche Vereinigung mit Deutschland zum Ziele haben, sowie großdeutsche Propaganda zugunsten der Vereinigung mit 'Deutschland' zu verhindern.
Nach Auffassung des Bundesministeriums für Inneres dokumentiert sich in der bewußten Wahl der Formulierungen 'deutsche Nordtiroler' und 'Deutschösterreicher' zumindest mittelbar eine auf politische oder wirtschaftliche Vereinigung Österreichs mit 'Deutschland' gerichtete ideologische Zielsetzung bzw. in diesem Sinn der Bestimmung des Artikel 4 Staatsvertrag 1955 zuwiderlaufende großdeutsche Propaganda.
Auch wenn man berücksichtigt, daß nach dem Inhalt der vorliegenden Statuten die vorwiegende Aufgabe des Vereines sein sollte, die deutschen Südtiroler (richtiger wäre wohl: die deutschsprachigen Südtiroler) bei dem Bemühen der Wahrung ihres Deutschtums zu unterstützen, läßt sich bei sachlicher Beurteilung keine rechtmäßige Begründung dafür finden, warum die Bindungen der in Rede stehenden Süditiroler zu den 'deutschen' Nordtirolern und den 'Deutschösterreichern' möglichst innig erhalten werden sollen. Es kann im gegebenen Zusammenhang wohl davon ausgegangen werden, daß die in den Statuten verwendeten Ausdrücke 'Nordtiroler' für die Bevölkerung des Bundeslandes Tirol und 'Deutschösterreicher' für die Bevölkerung der Republik Österreich stehen sollen. Nach der geltenden Bundesverfassung ist die Republik Österreich nämlich ein selbständiger bzw. (auch von 'Deutschland') unabhängiger Staat und das Bundesland Tirol ein Teil dieser Republik. Die Staatsangehörigen der Republik Österreich sind demnach Österreicher; dies gilt sinngemäß auch für die Bevölkerung des Bundeslandes Tirol.
Die Republik Österreich übt eine völkerrechtlich anerkannte Schutzmachtfunktion für die deutschsprachige Bevölkerung Südtirols aus, sie vertritt die Auffassung, das deutschsprachige Element der Provinz Bozen sei eine 'österreichische Minderheit'. 'Deutschland' ist diese Schutzmacht nicht. Der Landeshauptmann von Südtirol hat u.a. 1982 öffentlich erklärt: 'Der Südtiroler hat ein Vaterland, Österreich ist das Land unserer Väter ...' und 'Wir leben zwar in zwei Staaten, haben aber eine gemeinsame Heimat Tirol und damit ein gemeinsames Vaterland Österreich' (vgl. Ermacora 'Südtirol und das Vaterland Österreich', S. 295, 311).
Ein legitimes Interesse an dem Schicksal der deutschsprachigen Bevölkerung Südtirols haben demnach nicht die 'deutschen Nordtiroler' oder die 'Deutschösterreicher', sondern die Tiroler bzw. die Österreicher.
Unter Zugrundelegung dieser Ausführungen und im Hinblick auf Artikel 4 des Staatsvertrages 1955 stellt sich somit die Bindung eines Vereines, zu dessen zumindest mittelbarem Zweck auch die Verbreitung eines Gedankengutes, das geeignet erscheint, wenigstens programmatisch den Gedanken einer Vereinigung Österreichs mit 'Deutschland' zu fördern, als Verstoß gegen diese zur Gewährleistung des ungefährdeten Bestandes des selbständigen Staates Österreich geschaffene und in Verfassungsrang stehende Norm dar.
Die Vereinsbildung wäre außerdem im Sinne von §6 Absatz 1 Vereinsgesetz 1951 staatsgefährlich, weil bei Nichtverhinderung derselben durch die zuständige Vereinsbehörde das herrschende Staatsinteresse Österreichs gefährdet würde, gegenüber den Signatarstaaten des Staatsvertrages 1955 und darüberhinaus sogar auch allen anderen Staaten als verläßlicher Vertragspartner angesehen zu werden.
Anläßlich einer telefonischen Rücksprache mit dem Vereinsproponenten am 8.4.1987 wurden ihm die Bedenken hingesichtlich der beanstandeten Formulierungen zur Kenntnis gebracht und ihm Gelegenheit geboten, diesbezügliche Änderungen in den Statuten vorzunehmen. Der Proponent ließ jedoch die ihm dafür eingeräumte Frist ungenützt verstreichen und war nicht bereit von betreffenden Formulierungen abzugehen, teilte vielmehr ausdrücklich mit, bei ungenütztem Verstreichen der eingeräumten Frist bewußt eine Untersagung in Kauf nehmen zu wollen.
Der Proponent ist bei dem dargelegten Sachverhalt nach Auffassung des Bundesministeriums für Inneres auch nicht unter Berücksichtigung des Artikel 11 Absatz 2 Europäische Menschenrechtskonvention im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Vereinsrecht verletzt worden."
2.a) Gegen diesen Bescheid des BMI vom 12. Mai 1987 wendet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Vereinsrechtes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
b) Der Bf. begründet dies sehr ausführlich damit, daß Art4 StV Wien 1955 nur verbiete, den Anschluß Österreichs an Deutschland zu fördern oder herbeizuführen, daß aber damit nicht das Recht jedes Österreichers berührt werde, sich zu seiner Volkszugehörigkeit (etwa zur deutschen) zu bekennen. Der tatsächliche Vereinszweck sei es, "die Bindungen der deutschen Südtiroler mit jenem Teil der in Nordtirol lebenden Menschen und der in Österreich lebenden Bevölkerung zu intensivieren, welche dieselbe Abstammung haben wie die deutschen Südtiroler (im Gegensatz zu den italienischen Südtirolern, die es ja auch gibt)."
In der Beschwerde wird weiters wörtlich ausgeführt:
"Die bel. Beh. glaubt, einen Ausweg aus der Sackgasse, in welche sie sich manövriert hat, gefunden zu haben, durch die Untersagung der Bezeichnung 'deutsche Tiroler' und 'Deutsch-Österreicher', indem sie von deutschsprachiger Bevölkerung Südtirols und einer deutschsprachigen Bevölkerung Nordtirols oder Österreichs spricht. Aber damit kann sie ihr Problem nicht lösen. Die 'Sprachigkeit' alleine ist kein Kriterium für die Volkszugehörigkeit. Die kärntner Slowenen wie die burgenländischen Kroaten sprechen zum überwiegenden Teil sicher fließend deutsch, bleiben trotz dieser Deutschsprachigkeit Slowenen und Kroaten. Niemand käme auf den Gedanken, die Slowenen als slowenischsprachige Österreicher und die Kroaten als kroatischsprachige Österreicher zu bezeichnen, sondern sie werden als Slowenen und Kroaten bezeichnet. Dasselbe muß gelten für die überwiegende Mehrheit der österreichischen Bevölkerung ebenso wie für die südtiroler Bevölkerung.
Gänzlich unrichtig und abzulehnen ist es, wenn von den
Südtirolern als einer österreichischen Minderheit gesprochen
wird. Die völkerrechtlich anerkannte Schutzmachtfunktion
Österreichs gibt diesem Staat kein Recht, die Südtiroler als
österreichische Minderheit zu bezeichnen. .......
Die bel. Beh. verkennt Absicht und Bedeutung des
Artikels 4 des Staatsvertrages und verkehrt sie durch ihre
Begriffsverdrehung geradezu in ihr Gegenteil. ......"
"........
Dem Bf. wird nun von der bel. Beh. unterstellt,
zumindest mittelbar den Gedanken einer Vereinigung Österreichs
mit 'Deutschland' zu fördern, allein durch die Bezeichnung
'Deutsch-Österreicher' und 'deutsche Nordtiroler'. Diese
Unterstellung ist durch nichts zu begründen und ist aus den
beabsichtigten Vereinsstatuten in keiner Weise zu entnehmen.
.........
Schließlich muß noch den Ausführungen der bel. Beh.
auf Seite 3, letzter Absatz, widersprochen werden, wonach
lediglich die 'Tiroler' bzw. die 'Österreicher' ein legitimes
Interesse an der 'deutschsprachigen Bevölkerung Südtirols'
hätten. Es ist nicht Aufgabe der Behörde 'Erlaubnisscheine'
auszustellen, wer ein legitimes Interesse an Südtirolern haben
darf.
.........
Aus all dem spricht, daß die bel. Beh. sich lediglich stößt an der Bezeichnung 'deutsche Nordtiroler', 'Deutsch-Österreicher', sohin an der Bezeichnung 'deutsch' für die überwiegende Mehrheit der österreichischen Bevölkerung. ..... Es sei hier auf das Erkenntnis des VfGH WI - 9/79 vom 5.10.1981 verwiesen, in welchem der VfGH sehr klar zwischen der slowenischen Volksgruppe und der deutschen Volksgruppe auf Seite 26 des Erkenntnisses unterscheidet, also sehr klar zum Ausdruck bringt, daß in Österreich Angehörige verschiedener Volksgruppen leben ....."
3. Der BMI als bel. Beh. erstattete eine Gegenschrift, in der er die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides verteidigt und die Abweisung der Beschwerde begehrt.
II. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:
1. Im Verfahren zur beabsichtigten Bildung eines Vereines ist der Proponent Träger der Vereinsfreiheit; der Bf. ist daher legitimiert, die Verfassungsgerichtshofbeschwerde gegen den die Vereinsbildung untersagenden Bescheid zu erheben (vgl. zB VfSlg. 8141/1977, 9364/1982, 9464/1982).
Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, ist die vorliegende Beschwerde zulässig.
2.a) Festzuhalten ist, daß für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des angefochtenen Bescheides (vom 12. Mai 1987) die Rechtslage nach dem Vereinsgesetz 1951 idF vor dem (mit 1. Jänner 1988 erfolgten) Inkrafttreten der Vereinsgesetznovelle BGBl. 648/1987 (siehe deren ArtII Abs3) maßgebend ist.
b) Dem §6 Abs1 VereinsG zufolge ist die beabsichtigte Bildung eines Vereines von der Behörde ua. dann zu untersagen, wenn "der Verein nach seinem Zwecke oder nach seiner Einrichtung gesetz- oder rechtswidrig oder staatsgefährlich ist".
Gemäß §6 Abs2 VereinsG muß die Untersagung der Vereinsbildung binnen sechs Wochen nach Überreichung der Anzeige (§§4 und 5) schriftlich und unter Angabe der Gründe erfolgen.
c) Jeder Bescheid, der entgegen den gesetzlichen Bestimmungen die beabsichtigte Bildung eines Vereines untersagt, verletzt das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Vereinsfreiheit (vgl. zB VfSlg. 9246/1981, 9879/1983).
d) Ein solcher Fehler ist der Behörde hier nicht anzulasten:
aa) Art4 Z2 StV Wien 1955 (diese Bestimmung steht im Verfassungsrang - ArtII Z3 des BVG BGBl. 59/1964) lautet auszugsweise:
"2. ..... Österreich verpflichtet sich ferner, innerhalb seines Gebietes jede Handlung zu verhindern, die geeignet wäre, eine solche Vereinigung" (Anschluß an Deutschland) "mittelbar oder unmittelbar zu fördern und wird den Bestand, das Wiederaufleben und die Tätigkeit jeglicher Organisationen, welche die politische oder wirtschaftliche Vereinigung mit Deutschland zum Ziele haben, sowie großdeutsche Propaganda zu Gunsten der Vereinigung mit Deutschland zu verhindern."
Art4 StV Wien 1955 bietet zwar - anders als etwa Teile des Art7 StV Wien 1955 (vgl. VfSlg. 11585/1987) - nach seinem klaren Wortlaut keine selbständige Grundlage für ein behördliches Einschreiten, sondern verpflichtet die staatlichen (Gesetzgebungs- und Vollziehungs-)Organe (bloß), im Rahmen ihres gesetzlichen Zuständigkeits- und Aufgabenbereiches den in dieser Bestimmung verpönten Handlungen entgegenzuwirken. Im Hinblick darauf, daß der StV Wien 1955 eine wesentliche Grundlage der Unabhängigkeit Österreichs ist, kommt (auch) seinem Art4 eine besondere auslegungsbestimmende Bedeutung zu. Im hier maßgebenden Zusammenhang folgt daraus, daß Art4 StV Wien 1955 als Auslegungsmaxime des §6 Abs1 VereinsG heranzuziehen ist. Jede dem Art4 Z2 StV Wien widerstreitende Tätigkeit ist staatsgefährlich (vgl. VfSlg. 4524/1963, 8610/1979).
bb) Bei Auslegung der Statuten kommt es auf ihren objektiven Sinn und nicht auf die ihnen vom Proponenten gegebene subjektive Interpretation an (vgl. VfSlg. 8844/1980, 9366/1982, 9589/1982). Es ist daher auf die Beschwerdeausführungen, die darlegen, wie der Proponent den Vereinszweck sieht, nicht einzugehen.
Der VfGH hat hier nicht zu erörtern, was abstrakt unter den Begriffen "Volkszugehörigkeit", "Deutschtum", "deutsche Volksgruppe", "deutsche Südtiroler", "deutsche Nordtiroler" und "Deutschösterreich" alles verstanden werden kann. Wesentlich ist im gegebenen Zusammenhang ausschließlich, ob aufgrund des Vereinszweckes, wie er im §2 der Statuten umschrieben wird, auch angenommen werden kann, daß der Verein eine Tätigkeit zu entfalten beabsichtigt, die zu verhindern sich Österreich mit Art4 Abs2 StV Wien 1955 völkerrechtlich verpflichtet hat.
Die bel. Beh. bezieht sich in der Bescheidbegründung auf den den Vereinszweck regelnden §2 der Statuten.
Wenngleich - isoliert betrachtet - aus der Verwendung des Begriffes "deutsch" im §2 der Statuten noch nicht abgeleitet werden kann, daß eine dem Art4 StV Wien 1955 widersprechende Tätigkeit in Aussicht genommen sei, so kann doch bei zusammenschauender Betrachtung diese Statutenbestimmung so verstanden werden, daß der Verein außer dem (selbstverständlich unbedenklichen) Zweck, Südtiroler zu unterstützen, auch jenen hat, die Vereinigung Österreichs und Deutschlands zu fördern, und daß sohin die Organisation eine Tätigkeit zu entfalten beabsichtigt, die einen Anschluß Österreichs an Deutschland propagiert. Aus dieser Statutenbestimmung läßt sich nämlich schließen, daß - ausgehend von der Annahme, es bestehe nicht bloß zwischen den deutschsprechenden Südtirolern und den Nordtirolern, sondern überhaupt zwischen allen Personen, die demselben (deutschen) Volk zugehören (wozu angenommenerweise auch der Großteil der österreichischen Bevölkerung zu zählen sei) - der Verein beabsichtige, diese (vorausgesetzte) Verbindung zu erhalten und zu verstärken; das aber läuft darauf hinaus, daß der Verein eine großdeutsche Propaganda zugunsten der Vereinigung Österreichs mit Deutschland betreiben und damit eine Tätigkeit entfalten will, die in Widerspruch zu Art4 StV Wien 1955 steht.
Obgleich Statuten im Zweifel im Sinne der Vereinsfreiheit auszulegen sind (vgl. zB VfSlg. 4044/1961, 9366/1982, 9879/1983), geht dieser Grundsatz nicht dem Art4 StV Wien 1955 vor. Aus Gründen der nationalen Sicherheit müssen sohin Vereinsstatuten derart formuliert sein, daß eine dem Art4 StV Wien 1955 widersprechende Vereinstätigkeit mit Sicherheit ausgeschlossen wird. Diesen Anforderungen genügt aber §2 der Vereinsstatuten - wie dargetan - nicht.
Der Bundesminister für Inneres hat daher die beabsichtigte Bildung des Vereines "Unterstützungswerk für Südtirol" zu Recht wegen Widerspruches zu §6 Abs1 VereinsG und Art4 StV Wien 1955 untersagt.
cc) Die Vereinsbehörde kam auch ihrer Pflicht nach, in Wahrung des Parteiengehörs dem Proponenten Gelegenheit zu geben, die vorgelegten Statuten, gegen deren Rechtmäßigkeit sie Bedenken hatte, zu verbessern (vgl. VfSlg. 9366/1982).
dd) Der Bf. ist also im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Vereinsrecht nicht verletzt worden.
3. Die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes kommt angesichts der festgestellten Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht in Betracht (vgl. zB VfSlg. 9246/1981, 9879/1983).
Der VfGH hat unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles gegen die bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. zB VfSlg. 9246/1981, 9879/1983). Der Bf. ist mithin auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde war infolgedessen abzuweisen.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Legitimation, Vereinsrecht, Auslegung verfassungskonformeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:B625.1987Dokumentnummer
JFT_10119379_87B00625_00