TE Vfgh Erkenntnis 1988/6/21 B776/87

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Veröffentlicht am 21.06.1988
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Index

27 Rechtspflege
27/01 Rechtsanwälte

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
DSt 1872 §29a

Leitsatz

Zurücklegung einer Anzeige gegen Rechtsanwälte als ungerechtfertigt; keine Rechtsverletzung infolge Anwendung rechtswidriger genereller Normen, keine Willkür Zurückweisung des Antrages auf Ablehnung eines der Mitglieder des VfGH (des Referenten) als unzulässig

Spruch

Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen, der Ablehnungsantrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1.1. Mit Beschluß des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 11. Dezember 1985, Z D 232/85, wurde die Anzeige des Mag. F G gegen die Rechtsanwälte Dr. R Sch und Dr. K K vom 1. November 1985 gemäß §29a Disziplinarstatut (DSt) als ungerechtfertigt zurückgelegt.

1.1.2. Dagegen ergriff Mag. G das Rechtsmittel der Beschwerde. Er stützte sich dabei als Anzeiger sinngemäß auf die (Sonder-)Vorschrift des §53 Z3 (iVm §47 Abs1 Z3) DSt, die demjenigen, "der durch ein Disziplinarvergehen in seinen Rechten beeinträchtigt erscheint", jedoch nur gegen den Ablassungs- und Rücklegungsbeschluß (und nur innerhalb gewisser Grenzen), ausdrücklich das Recht zur Erhebung einer Beschwerde an die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (OBDK) einräumt.

Die OBDK gab dieser Beschwerde mit Beschluß vom 18. Mai 1987, Z Bkd 21/86, nicht Folge.

Ihr Beschluß wurde ua. wie folgt begründet:

"Die OBDK kommt auch bei Berücksichtigung der Beschwerdeausführungen zu demselben Ergebnis wie der Disziplinarrat, nämlich daß schon nach dem Inhalt des Vorbringens des Bf. keinem der beiden Rechtsanwälte eine Berufspflichtenverletzung anzulasten ist, die den Bf. in seinen Rechten beeinträchtigt hätte. Dazu sind die Darlegungen des Bf. zu unbestimmt . . . ".

1.2.1. Gegen diesen Bescheid der OBDK richtet sich die vorliegende, auf Art144 (Abs1) B-VG gestützte Beschwerde des Mag. Glasl an den VfGH; darin werden die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, so ua. im Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG, Art2 StGG), und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheids begehrt.

1.2.2. Die OBDK als bel. Beh. legte die Verwaltungsakten vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.

2. Über die - zulässige - Beschwerde wurde erwogen:

2.1.1. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die den angefochtenen Bescheid tragenden Gesetzesbestimmungen wurden (auch unter dem Aspekt des den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgebots) - auf Beschwerdeausführungen zu ganz offensichtlich nicht präjudiziellen Normen war nicht näher einzugehen - nicht geltend gemacht und kamen aus der Sicht dieses Beschwerdefalls auch sonst nicht hervor.

2.1.2. Da es auch an jeglichen Anhaltspunkten dafür fehlt, daß die bel. Beh. dem Gesetz fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellte, könnte das - vom Bf. relevierte - Gleichheitsrecht nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 7466/1974, 10324/1985) nur dann verletzt sein, wenn der angefochtene Bescheid ein Willkürakt wäre.

2.1.3. Es finden sich jedoch keine wie immer gearteten Hinweise dafür, daß die bel. Beh. bei ihrer Entscheidung von subjektiven, in der Person des Bf. gelegenen Momenten bestimmt oder von anderen unsachlichen Erwägungen geleitet worden sei.

Die Einwendungen des Bf., daß die bel. Beh. jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen und kein Parteiengehör gewährt habe, gehen hier schon deshalb ins Leere, weil nach dem Wesen des Rechtsinstituts der (Anzeige-)Zurücklegung gemäß §29a DSt (:"Erachtet der Präsident, daß schon nach Inhalt der Anzeige (keine) Berufspflichtenverletzung vorliegt ...") die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens gar nicht in Betracht kommt.

2.1.4. Daher ergibt sich, daß der Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsrecht nicht verletzt wurde.

2.2. Angesichts des Umstands, daß weder eine Rechtsverletzung infolge Anwendung rechtswidriger genereller Normen (s. dazu schon Pkt. 2.1.1.) noch - wie beizufügen bleibt die Verletzung anderer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hervorkam, mußte die Beschwerde als unbegründet abgewiesen werden.

2.3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 idF BGBl. 297/1984 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.

3. Der Antrag des Bf. auf Ablehnung eines der Mitglieder des VfGH (und zwar des Referenten) war als unzulässig zurückzuweisen, weil gemäß §12 Abs1 VerfGG 1953 die Ablehnung eines Verfassungsrichters in einer vom VfGH zu behandelnden Angelegenheit nicht statthaft ist.

Schlagworte

Disziplinarrecht Rechtsanwälte, Verwaltungsverfahren, Ermittlungsverfahren, Parteiengehör

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1988:B776.1987

Dokumentnummer

JFT_10119379_87B00776_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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