TE Vwgh Erkenntnis 1991/2/20 90/02/0145

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Veröffentlicht am 20.02.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §66 Abs4;
B-VG Art130 Abs2;
KFG 1967 §101 Abs1 lita idF 1982/362;
KFG 1967 §101 Abs1 lita;
KFG 1967 §102 Abs1 idF 1982/362 ;
KFG 1967 §103 Abs1 idF 1982/362 ;
KFG 1967 §103 Abs1 Z1 idF 1986/106;
KFG 1967 §103 Abs1 Z1;
KFG 1967 §104 Abs9 idF 1977/615;
KFG 1967 §134 Abs1;
KFG 1967 §2 Z10 idF 1977/615;
KFG 1967 §2 Z30 idF 1977/615;
KFG 1967 §4 Abs7 idF 1971/285;
VStG §19;
VStG §22 Abs1;
VStG §44a lita;
VStG §44a litb;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 19. Juli 1990, Zl. I/7-St-B-89209, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.350,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 6. Februar 1989 an einem näher bezeichneten Ort in Stockerau als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach bestimmten Lkws und des damit gezogenen, dem Kennzeichen nach bestimmten Anhängers nicht dafür gesorgt, daß die Beladung des Lkw-Zuges den Vorschriften des § 101 Abs. 1 lit. a KFG 1967 entspreche, weil durch Beladung das höchste zulässige Gesamtgewicht des Lkws um 3.940 kg und das des Anhängers um 2.020 kg überschritten worden sei. Der Beschwerdeführer habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 134 Abs. 1, § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt.

Hiegegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Gerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, daß das Gesetz die Verpflichtung zur Einhaltung des jeweils für Kraftwagen und Anhänger festgelegten Gesamtgewichtes dem Verantwortlichen gesondert auferlegt hat und daher die Überschreitung eines gemeinsamen Gesamtgewichtes eines Kraftwagenzuges nicht pönalisiert ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. August 1990, Zl. 89/02/0208, mit Hinweisen auf die Vorjudikatur). Die belangte Behörde hat zwar zwischen der Überladung des Zugfahrzeuges und des Anhängers unterschieden, dieses Verhalten jedoch nur als eine Verwaltungsübertretung qualifiziert und deshalb hiefür nur eine einzige Geldstrafe verhängt.

In dieser Vorgangsweise liegt ein Verstoß gegen das Kumulationsprinzip des § 22 VStG 1950, demzufolge über jemanden, der durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat, die Strafen nebeneinander zu verhängen sind. Dadurch ist auch nicht erkennbar, wie hoch das Ausmaß der Strafe für jede einzelne der beiden selbständigen Handlungen ist, sodaß keine nachprüfende Kontrolle des Gerichtshofes in der Richtung möglich ist, ob die Behörde von dem ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessen hinsichtlich jeder einzelnen Übertretung im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat (vgl. das eben zitierte Erkenntnis vom 29. August 1990).

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Aus verfahrensökonomischen Gründen wird zu den Beschwerdeausführungen folgendes bemerkt:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die festgestellten Überladungen, bringt aber vor, er habe seine Fahrer auf die einschlägigen Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes hingewiesen und von ihnen eine schriftliche Bestätigung verlangt.

Hiezu vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß Dienstanweisungen den Zulassungsbesitzer nicht von seiner Verantwortung entlasten können, zumal eine Überwälzung der den Zulassungsbesitzer treffenden Verpflichtungen auf die ohnedies diesbezüglich separat unter Strafsanktion stehenden Lenker nicht möglich ist (vgl. aus jüngster Zeit das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1990, Zl. 90/18/0186).

Der Beschwerdeführer rügt, daß er von der belangten Behörde nicht zur Vorlage des von ihm in seiner Berufung erwähnten ("Art") Kontrollbuches aufgefordert worden sei. Es sei aktenwidrig, daß er keinen Beweis für seine Kontrollen angeboten habe.

Ein wesentlicher Verfahrensmangel kann - abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer behauptet hatte, er führe "jetzt" dieses Kontrollbuch - hierin schon deshalb nicht gelegen sein, weil der Beschwerdeführer auch in der Beschwerde über den Inhalt seines Kontrollbuches nichts Konkretes vorbringt. Mit der bloßen Behauptung nicht näher präzisierter Überprüfungen kann nicht glaubhaft gemacht werden, daß den Beschwerdeführer an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Vielmehr hätte er von sich aus konkret darlegen müssen, wann, wie oft und auf welche Weise von ihm derartige Kontrollen, die sich im übrigen nicht nur auf Anweisungen vor und Überprüfungen nach der Fahrt beschränken dürfen, vorgenommen wurden, um der ihm nach § 5 Abs. 1 VStG auferlegten Verpflichtung nachzukommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1990, Zl. 89/03/0231). Ein entsprechendes Vorbringen hat der Beschwerdeführer unterlassen; seine Behauptungen blieben im allgemeinen.

Der Gerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, daß die Zeugenvernehmung des Fahrers, der keine genauen Angaben über die letzte Kontrolle des Beschwerdeführers machen konnte, unvollständig geblieben wäre. Der Beschwerdeführer wurde vom Ergebnis dieser Beweisaufnahme verständigt; von der Möglichkeit zur Stellungnahme hat er keinen Gebrauch gemacht.

Soweit der Beschwerdeführer meint, es könne ihn kein Verschulden treffen, weil seine Fahrer früh am Morgen etwa zur gleichen Zeit von verschiedenen Orten aufbrechen würden und die Kontrolle jedes einzelnen Fahrers unmöglich und unzumutbar sei, ist ihm zwar zuzugeben, daß die in § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG normierte Sorgfaltspflicht nicht verlangt, daß der Zulassungsbesitzer selbst jede Beladung überprüft, ob sie dem Gesetz und den darauf gegründeten Verordnungen entspricht. Der Zulassungsbesitzer hat aber nach dieser Gesetzestelle jene Vorkehrungen zu treffen, die mit Grund erwarten lassen, daß Überladungen hintangehalten werden. Sollte er etwa wegen der Größe des Betriebes nicht in der Lage sein, die erforderlichen Kontrollen selbst vorzunehmen, so hat er eine andere Person damit zu beauftragen, um Überladungen zu vermeiden (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 19. September 1990).

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers war es nicht Aufgabe der belangten Behörde, ihm gegen die Fahrer zu ergreifende Sanktionen vorzugeben. Die bloße Aufnahme einschlägiger Klauseln in Arbeitsverträge konnte ihn nicht entlasten; vielmehr bedurfte es - wie schon ausgeführt - einer wirksamen begleitenden Kontrolle.

Entgegen den Beschwerdeausführungen hat sich die belangte Behörde schließlich sehr wohl mit der in Rede stehenden Sorgfaltspflicht eines Zulassungsbesitzers auseinandergesetzt; ein wesentlicher Begründungsmangel liegt nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche EntscheidungenErmessen besondere RechtsgebieteBeschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH ErmessensentscheidungenAndere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten Straßenpolizei KraftfahrwesenVerantwortung für Handeln anderer Personen Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990020145.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

03.09.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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