Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 13. Oktober 1989, Zl. 56.054/13-17/89, betreffend Studienförderung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der am 7. April 1952 geborene Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Rektors der Wirtschaftsuniversität Wien vom 9. November 1987 zur Studienberechtigungsprüfung zum Erwerb der Studienberechtigung für die betriebswirtschaftliche Studienrichtung für die Dauer von zwei Semestern zugelassen, wobei dem Beschwerdeführer zwei Prüfungsfächer (Mathematik 1 und Englisch 2) zugeteilt wurden.
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 11. November 1987 zugestellt.
Am 30. März 1988 beantragte der Beschwerdeführer die Gewährung einer Studienbeihilfe.
Dieser Antrag wurde mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom 6. September 1988 gemäß § 2 Abs. 1 lit. c des Studienförderungsgesetzes 1983, BGBl. Nr. 436 (StudFG), mit der Begründung abgewiesen, gesetzliche Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe sei, daß der Studierende das Studium innerhalb von zehn Jahren ab Erlangung der Hochschulreife (der Aufnahmsvoraussetzung) und vor Vollendung des 35. Lebensjahres begonnen habe; die Altersgrenze gelte nicht für Absolventen der höheren Lehranstalten für Berufstätige sowie für Absolventen des Aufbaugymnasiums und des Aufbaurealgymnasiums. Da der Beschwerdeführer nicht um Dispens nach der genannten Gesetzesstelle angesucht habe, sei spruchgemäß entschieden worden.
Gegen diesen erstinstanzlichen Bescheid machte der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, § 2 Abs. 1 lit. c StudFG müsse auch sinngemäß auf Bewerber angewendet werden, die die Studienberechtigungsprüfung im Selbststudium vorbereitet und das 35. Lebensjahr überschritten hätten. Er wäre auch auf das Fehlen des erforderlichen Dispenses rechtzeitig aufmerksam zu machen gewesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung des Beschwerdeführers keine Folge und wies den Antrag auf Gewährung von Studienbeihilfe ab. Begründend wird nach Wiedergabe der Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. c StudFG, in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 379/1988, und Darstellung des Verfahrensganges ausgeführt, das Ansuchen des Beschwerdeführers um Dispens vom 8. Dezember 1988 sei mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. Jänner 1989 abgewiesen worden, weil die gesetzliche Grundlage für die nachträgliche Erteilung nicht bestanden hätte. Da die Studienbeihilfenbehörde über die Vorstellung des Beschwerdeführers nicht entschieden habe, habe die belangte Behörde über die als Devolutionsantrag zu wertende Eingabe des Beschwerdeführers vom 11. Mai 1989 entschieden. Da die Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 AVG 1950 gegeben gewesen seien, sei die Entscheidungskompetenz auf die belangte Behörde übergegangen.
Zum Zeitpunkt des Ansuchens des Beschwerdeführers habe die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. c StudFG noch in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 379/1988 gegolten. Der Beschwerdeführer habe zum Zeitpunkt der Antragstellung das 35. Lebensjahr überschritten gehabt. Ein Dispens sei nicht vorgelegen und sei auch zwischenzeitig nicht erteilt worden. Auf Grund der maßgeblichen Rechtslage zum Zeitpunkt der Antragstellung sei die Abweisung wegen Überschreitung der Altersgrenze zu Recht ergangen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Gewährung einer Studienbeihilfe bis zur Altersgrenze des vollendeten
40. Lebensjahres auf Grund des Studienförderungsgesetzes in der Fassung BGBl. Nr. 379/1988 verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:
Strittig ist im Beschwerdefall, ob die belangte Behörde als Rechtsmittelbehörde das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht oder das Recht vor dem Inkrafttreten der Novelle zum Studienförderungsgesetz, BGBl. Nr. 379/88, anzuwenden hatte.
Zur Frage der Rechtsanwendung hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, Zl. 898/75, Slg. N.F. Nr. 9315/A, ausgesprochen, daß die Rechtsmittelbehörde im allgemeinen das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden hat. Eine andere Betrachtungsweise ist dann geboten, wenn der Gesetzgeber in einer Übergangsbestimmung zum Ausdruck bringt, daß "auf anhängige Verfahren noch das bisher geltende Gesetz anzuwenden ist". Weiters wird nach dem zitierten Judikat eine andere Betrachtungsweise auch dann Platz zu greifen haben, wenn darüber abzusprechen ist, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum rechtens war.
Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. c StudFG in der Fassung der Novelle, BGBl. Nr. 379/1988, lautet wie folgt:
"das Studium vor Vollendung des 40. Lebensjahres begonnen hat;"
während diese Bestimmung in der Fassung vor der zitierten Novelle folgenden Wortlaut hatte:
"das Studium innerhalb von zehn Jahren nach Erlangung der Hochschulreife (der Aufnahmsvoraussetzung) und vor Vollendung des 35. Lebensjahres begonnen hat; die Altersgrenze gilt nicht für Absolventen der höheren Lehranstalten für Berufstätige sowie für Absolventen des Aufbaugymnasiums und des Aufbaurealgymnasiums;"
Art. II der zitierten Novelle zum StudFG bestimmt im Abs. 1 hinsichtlich der maßgebenden Bestimmung des Art. I Z. 1 (§ 2 Abs. 1 lit. c) den 1. September 1988 als den Tag, mit dem dieses Bundesgesetz in Kraft tritt.
Nach Abs. 2 des Art. II ist unter anderem die neugefaßte Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. c auf Studierende, denen in den Studienjahren 1986/87 und 1987/88 mindestens ein Semester Studienbeihilfe gewährt worden ist, für das gewählte Studium nicht anzuwenden.
Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, daß der Bescheid des Rektors der Wirtschaftsuniversität vom 9. November 1987 dem Beschwerdeführer VOR Ablauf der Antragsfrist auf Gewährung der Studienbeihilfe (innerhalb der ersten drei Monate des Wintersemester 1987/88) zugestellt worden ist (§ 17 Abs. 1 StudFG). Daraus ergibt sich, daß dieses Semester das erste Semester war, in dem der Beschwerdeführer "ordentlichen Hörern" gemäß § 1 Abs. 2 StudFG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 22. September 1986 über die Gewährung von Studienbeihilfe an Kandidaten für die Studienberechtigungsprüfung, BGBl. Nr. 528, gleichgestellt war. Nach § 2 Abs. 1 der zitierten Verordnung erfolgt die Gleichstellung für ein Semester, sofern nicht mehr als zwei Prüfungsfächer zu absolvieren sind, sonst für zwei Semester. Für den Beschwerdeführer bedeutet dies eine Gleichstellung für ein Semester, da er nur zwei Prüfungsfächer zu absolvieren hatte. Gemäß § 2 Abs. 2 der zitierten Verordnung gilt als erstes Semester der Gleichstellung jenes, in dem der Bewerber zur Studienberechtigungsprüfung zugelassen wurde. Erfolgt die Zulassung erst nach Ablauf der Antragsfrist auf Gewährung von Studienbeihilfe (§ 17 Abs. 1 StudFG), so gilt als erstes Semester der Gleichstellung das darauffolgende Semester.
Nach der dargestellten Rechtslage war die Gleichstellung des Beschwerdeführers mit dem Wintersemester 1987/88 erloschen und der Antrag daher, wenn auf das Sommersemester 1988 bezogen, schon deshalb abzuweisen, wenn aber noch auf das vorangegangene Semester bezogen, wegen Verspätung zurückzuweisen, sodaß der angefochtene Bescheid im Ergebnis jedenfalls nicht rechtswidrig ist. Der Zeitraum bis zum Ende des Sommersemesters 1988 ist durch § 19 Abs. 1 StudFG grundsätzlich bis spätestens 15. Juli begrenzt. Der so bestimmte Zeitraum wird durch die geänderte Gesetzeslage ab Wirksamkeit der zitierten Novelle mit 1. September 1988 nicht erfaßt. Die Entscheidung der belangten Behörde, hatte somit von der Rechtslage vor der Novelle auszugehen.
Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Rechtswidrigkeit des Inhaltes liegt demnach nicht vor, sodaß die Beschwerde schon aus diesem Grund als unbegründet abgewiesen werden mußte (§ 42 Abs. 1 VwGG).
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und BeweiseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990120135.X00Im RIS seit
22.02.1991