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L34001 Abgabenordnung Burgenland;Norm
AbgVG Vlbg 1984 §106 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer und Dr. Wetzel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Mag. Kirchner, über die Beschwerde des N gegen Punkt 2. des Bescheides vom 2. März 1989, Zl. IIIa-230/55, betreffend Getränkesteuerrückforderung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde X), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Bundesland Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 8. Dezember 1987 stellte der Beschwerdeführer beim Gemeindeamt der mitbeteiligten Partei den im folgenden auszugsweise im Wortlaut wiedergegebenen Antrag:
"ANTRAG AUF BERICHTIGUNG DER GETRÄNKESTEUERBEMESSUNG
Gestützt auf zwei Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes der letzten Zeit (VwGH 83/17/0005 vom 27.3.1987 zum Getränkesteuergesetz Steiermark und VwGH 85/17/0139 vom 10.4.1987 Vorarlberg) stellen wir den Antrag
auf Rückzahlung zu Unrecht entrichteter Beträge gemäß § 106 Absatz 1 und 3 Vorarlberger Abgabenverfahrensgesetz.
Begründung:
Jahrzehntelang mußten die Vorarlberger Lebensmittelhändler für Einweggebinde Getränkesteuer zahlen. Der Verwaltungsgerichtshof hat nunmehr erkannt, daß die Einweggebinde im Vorarlberger Getränkesteuergesetz nicht in die Bemessungsgrundlage fallen. Diese Meinung wurde vom Landesgremium des Lebensmittelhandels schon seit Jahren vertreten aber von seiten der Landesregierung und den Gemeinden immer abgelehnt.
Da jedoch laut § 106 Abgabenverfahrensgesetz zu Unrecht entrichtete Beträge wenigstens für den Zeitraum von 5 Jahren zurückgefordert werden können, nehmen wir dieses Recht für uns in Anspruch.
BEILAGE: Berechnungsblatt lautend auf S 122.143"
Dem eben erwähnten Berechnungsblatt zufolge betrifft der Antrag Getränkesteuer für Bemessungszeiträume in den Jahren 1982 bis 1985.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Abgabenkommission der mitbeteiligten Gemeinde vom 27. Jänner 1989 wurde der Antrag des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.
Der gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Vorstellung wurde unter Punkt 2. des vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides keine Folge gegeben. Dies im wesentlichen mit der Begründung, nach dem Wortlaut des § 106 Abgabenverfahrensgesetz - AbgVG., Vorarlberger LGBl. Nr. 80/1987, seien lediglich zu Unrecht entrichtete oder eingebrachte Abgaben auf Antrag zurückzuzahlen. Anträge auf Rückzahlung zu Unrecht entrichteter oder eingebrachter Beträge könnten gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle nur bis zum Ablauf des dritten Kalenderjahres gestellt werden, das auf das Jahr folge, in dem der Betrag zu Unrecht entrichtet worden sei. Die Ansicht des Beschwerdeführers, derartige Beträge "wenigstens für den Zeitraum von fünf Jahren" zurückfordern zu können, sei daher verfehlt. Dem Bericht zur Regierungsvorlage des AbgVG (1. Beilage im Jahre 1971 zu den Sitzungsberichten des XXI. Vorarlberger Landtages) sei zu entnehmen, daß zu Unrecht entrichtete Abgaben zum Beispiel solche seien, "die bereits entrichtet, nachgesehen oder gestundet waren". Die Abgabe sei auch zu Unrecht entrichtet, wenn eine Vollstreckung gegen jemanden geführt worden sei, gegen den sie mangels Leistungsgebot nicht hätte geführt werden dürfen. Dagegen sei ein Antrag nach § 98 - nummher § 106 - AbgVG "nicht gerechtfertigt, wenn die FESTSETZUNG der eingebrachten Abgabe zu Unrecht erfolgte ....". Nach Ablauf der einmonatigen Berichtigungsfrist liege eine rechtskräftige Abgabenfestsetzung vor. Der Abgabenschuldner sei verpflichtet, die Abgabe dieser Festsetzung gemäß zu entrichten. Entrichte er einen gegenüber der rechtskräftigen Festsetzung höheren Betrag oder werde ein gegenüber der Festsetzung höherer Betrag zwangsweise eingebracht, stehe ihm innerhalb von drei Jahren das Recht zu, einen Antrag gemäß § 106 AbgVG einzubringen und den zu Unrecht entrichteten und eingebrachten - die Abgabenfestsetzung übersteigenden - Betrag zurückzufordern. Der Tatbestand des § 106 Abs. 1 AbgVG sei jedoch im Beschwerdefall deswegen nicht erfüllt, weil die Abgaben - wenn überhaupt - nur unrichtig BEMESSEN, nicht aber zu Unrecht ENTRICHTET worden seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Abgesehen von verfahrensrechtlichen Rechten erachtet sich der Beschwerdeführer in dem "Recht auf Nichtbezahlung nicht geschuldeter Getränkesteuer" und in dem "Recht auf Rückzahlung zu Unrecht gezahlter Getränkesteuer" verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 Z. 1 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Mit dem schon vom Beschwerdeführer in seinem Antrag vom 8. Dezember 1987 zitierten Erkenntnis vom 10. April 1987, Zl. 85/17/0139, hat der Verwaltungsgerichtshof speziell zur Rechtslage in Vorarlberg zu Recht erkannt, daß die §§ 2 und 3 des Vorarlberger Getränkesteuergesetzes 1974 keine Regelung enthalten, die die Verpackung von Getränken zum Steuergegenstand nimmt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Antrag eines Abgabepflichtigen auf Rückerstattung einer von ihm geleisteten Selbstbemessungsabgabe jedenfalls dann, wenn die Erledigung eines solchen Rückerstattungsantrages voraussetzt, daß die Behörde die Rechtsfrage der Abgabenschuldigkeit beantwortet, (auch) als Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung der Selbstbemessungabgabe zu werten (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1988, Zl. 85/17/0050, und die dort angegebenen Judikaturhinweise).
Im Beschwerdefall deutet die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 8. Dezember 1987 zu Unrecht bloß als Antrag im Sinne des § 106 AbgVG. Im Sinne des besagten hg. Erkenntnisses vom 24. Juni 1988 ist der Antrag des Beschwerdeführers vielmehr als zweistufiger zu werten, nämlich als ein solcher, der in erster Linie die bescheidmäßige Festsetzung von überhöht selbst bemessenen Getränkesteuern und erst in zweiter Linie die Rückzahlung von danach als zu Unrecht entrichtet anzusehenden Beträgen zum Ziel hat. Dies im Beschwerdefall umsomehr, als der Beschwerdeführer seinen Antrag mit "ANTRAG AUF BERICHTIGUNG DER GETRÄNKESTEUERBEMESSUNG" überschrieben und sich außerdem unter anderem auf das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 10. April 1987 mit dem schon näher beschriebenen Inhalt gestützt hat.
In Anbetracht des tatsächlichen Inhaltes des Antrages des Beschwerdeführers vom 8. Dezember 1987 hat die belangte Behörde der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen die Berufungsentscheidung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 27. Jänner 1989, womit bloß über den Rückzahlungsantrag des Beschwerdeführers, nicht aber über seinen - logisch vorgeordneten und daher auch vorrangig zu erledigenden - "Antrag auf Berichtigung der Getränkesteuerbemessung" entschieden worden war, zu Unrecht nicht Folge gegeben. Sie hat den angefochtenen Bescheid daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Dieser Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG im angefochtenen Umfang aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1989170064.X00Im RIS seit
22.02.1991