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50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1973 §13 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. August 1990, Zl. 312.545/5-III/4/90, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. August 1990 wurde dem Beschwerdeführer die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes "Instandsetzen von Schuhen" im Standort X, A-Gasse 27, gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 13 Abs. 3 und 4 GewO 1973 entzogen. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß die Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung des Beschwerdeführers nicht gegeben wären, weil es auf Grund der im Gesetz näher bezeichneten qualifizierten Verursachung durch einen Dritten (§ 13 Abs. 3 GewO 1973) zu der bereits im erstinstanzlichen Bescheid angeführten Konkursabweisung - die nach dessen Feststellungen mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 26. Juli 1988, 5 Nc nn1/88-8, erfolgte, - gekommen sei, habe der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht, obwohl er zuletzt von der nunmehr erkennenden Behörde mit Schreiben vom 2. Mai 1990 aufgefordert worden sei, für den Fall, daß eine Verursachung durch Konkurs usw. eines Dritten behauptet werden sollte, diesbezüglich konkrete Angaben unter Anschluß von (zweckdienlichen) Beweismitteln zu machen. Einer solchen Mitwirkung hätte es - im Falle des Vorliegens entsprechender Umstände - aber schon deshalb bedurft, weil die Behörde mangels sonstiger Unterlagen und Auskunftspersonen (wie beispielsweise des Masseverwalters im Falle eines eröffneten Konkurses) auf vom Schuldner zu bezeichnende Beweismittel angewiesen sei. Der Beschwerdeführer habe sich jedoch in dieser Hinsicht verschwiegen und es hätten auch die amtswegigen Erhebungen keinen Hinweis in diese Richtung ergeben. Was die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1973 anlange, so habe die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft im nunmehrigen ergänzenden Ermittlungsverfahren mit Schreiben vom 18. April 1990 einen Beitragsrückstand in Höhe von S 86.895,03 mitgeteilt (per 22. November 1989 habe der Beitragsrückstand S 77.375,23 betragen). Aus den Exekutionsakten des Exekutionsgerichtes Wien sei festgestellt worden, daß seit dem Jahre 1988 fünf Exekutionsverfahren in das Vermögen des Beschwerdeführers geführt worden seien, wobei die ziffernmäßige Gesamtsumme der betriebenen Forderungen S 148.652,-- s.A. betragen habe. Nach der Aktenlage seien sämtliche Verfahren ergebnislos verlaufen, d.h. es sei weder zu einer Einstellung der Exekution zufolge gänzlicher Berichtigung der betriebenen Forderungen noch zu einer pfandweisen Beschreibung von Fahrnissen gekommen. Mit Schreiben vom 2. Mai 1990 seien dem Beschwerdeführer diese Ermittlungsergebnisse vorgehalten und er unter einem aufgefordert worden, eine Stellungnahme hiezu abzugeben. Es sei eine Rechtsbelehrung dahingehend erfolgt, daß von einem allfälligen Gläubigerinteresse im Sinne des § 87 Abs. 2 GewO 1973 nur dann ausgegangen werden könne, wenn bereits im Zuge der Stellungnahme durch die Vorlage von Bescheinigungsmitteln Zahlungen an die zuvor genannten Gläubiger unter Beweis gestellt würden - wobei sämtliche Forderungen, deren Berichtigung nicht bescheinigt werde, als nach wie vor unberichtigt aushaftend anzusehen seien. Am 6. Juni 1990 habe der Beschwerdeführer persönlich bei der nunmehr erkennenden Behörde vorgesprochen und um Fristerstreckung ersucht, um einerseits eine Ratenzahlungsvereinbarung mit der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft sowie andererseits sonstige Unterlagen vorlegen zu können. Weder innerhalb dieser Frist noch bis jetzt seien Unterlagen beigebracht oder auch nur eine Stellungnahme abgegeben worden. Die Bestimmungen des § 87 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 GewO 1973 böten der erkennenden Behörde keine Möglichkeit, mit einer Entscheidung so lange zuzuwarten, bis der betroffene Gewerbeinhaber in der Lage wäre, allfällige von ihm ins Auge gefaßte Vereinbarungen mit seinen Gläubigern zu schließen. Das bloße - zudem in dem insgesamt seit September 1988 anhängigen Entziehungsverfahren nicht nachgewiesene - Bemühen um Befriedigung der Gläubiger allein vermöge kein Gläubigerinteresse im Sinne des § 87 Abs. 2 GewO 1973 zu begründen. Somit habe der Beschwerdeführer weder die Gewerbeentziehung hindernde Umstände im Sinne des § 13 Abs. 3 letzter Halbsatz GewO 1973 (qualifiziertes Drittverschulden) dargetan, noch habe ein dieser Maßnahme entgegenstehendes Gläubigerinteresse erweislich gemacht werden können. Vielmehr sei nach der Aktenlage davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer nach wie vor Forderungen von insgesamt über S 200.000,-- gegen sich gelten lassen müsse, welche auch auf exekutivem Weg nicht einbringlich gewesen seien, sodaß auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Beschwerdeführers nicht erwartet werden könne, daß er (auch) den mit der Ausübung des Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen werde. Daher sei es auf Grund der Sach- und Rechtslage nicht möglich gewesen, von der Entziehung der Gewerbeberechtigung Abstand zu nehmen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Seinem Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Nichtentziehung der in Rede stehenden Gewerbeberechtigung verletzt. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhalts bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt bedürfe insofern einer Ergänzung, als bei der Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1973 lediglich auf das Interesse eines Gläubigers, nämlich der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, nicht aber auf die Interessen aller anderen Gläubiger - nach dem Inhalt der Exekutionsakten gebe es insgesamt vier weitere - Bedacht genommen worden sei. Allein auf Grund des Umstandes, daß die Exekutionsverfahren seit dem Jahre 1982 anhängig seien, also in den letzten beiden Jahren keine neuerlichen Exekutionen eingeleitet worden seien, hätte die belangte Behörde erkennen müssen, daß er seinen laufenden Verbindlichkeiten anstandslos nachkomme. Sämtliche offenen Forderungen seien daher sehr wohl ausschließlich auf Schwierigkeiten in der Aufbauphase zurückzuführen, sodaß mit Recht angenommen werden könne, daß auch die anderen Gläubiger, wenn auch allenfalls mit einer gewissen Verzögerung, Befriedigung erlangt hätten bzw. erlangen würden. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshof sei der Begriff der Gläubiger im § 87 Abs. 2 GewO 1973 nicht insoweit differenziert, daß darunter nur jene Gläubiger zu verstehen wären, welche anläßlich eines Konkurs- oder Ausgleichsverfahrens bzw. eines Antrages auf Konkurseröffnung aufgetreten seien, sondern es seien darunter allgemein jene Personen zu verstehen, welchen Ansprüche zustünden, sodaß sich die belangte Behörde nicht hätte damit begnügen dürfen, die Interessenlage nur aus der Sicht eines Gläubigers zu beurteilen und nur von einem Gläubiger entsprechende Auskünfte einzuholen. Es hätten vielmehr von sämtlichen Gläubigern entsprechende Stellungnahmen eingeholt werden müssen, auf Grund welcher erst eine Beurteilung möglich gewesen wäre, ob sich die Interessenlage aller Gläubiger so darstelle, daß diesen nur eine Fortführung der Gewerbeausübung zum Vorteil gereiche. Hätten die Behörden dies getan, so hätten sie feststellen müssen, daß nur für den Fall einer Fortführung des Gewerbebetriebes eine Befriedigung der Gläubiger möglich sein könne, sodaß diese sehr wohl ein Interesse daran hätten. Dies insbesondere auch deshalb, weil ja neue Verbindlichkeiten nicht eingegangen worden seien. Die Interessenlage der Sozialversicherungsanstalt sei diesbezüglich insofern abweichend, weil sich der Beitragsrückstand auch in den letzten Monaten erhöht habe, sodaß deren Interesse nicht repräsentativ für die gesamte Interessenverteilung angesehen werden könne, wobei aber auch unter Zugrundelegung der derzeitigen wirtschaftlichen Entwicklung gesagt werden könne, daß eine zumindest teilweise Befriedigung der Ansprüche der Sozialversicherungsanstalt in den nächsten Monaten möglich sein werde. Darüber hinaus habe die belangte Behörde in verfahrensrechtlicher Hinsicht aber auch die Bestimmung des § 361 Abs. 2 GewO 1973 insofern außer acht gelassen, als sie vor Erlassung des angefochtenen Bescheides die zuständige Gliederung der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft nicht angehört habe, obwohl durchaus erwartet werden müsse, daß diese sich für eine Fortsetzung der Gewerbeausübung ausgesprochen hätte und unter Zugrundelegung dieser zu erwartenden Auskunft die Behörde ebenfalls hätte erkennen müssen, daß die Voraussetzungen für eine Entziehung der Gewerbeberechtigung insgesamt nicht vorlägen. Die angeführte Rüge werde in Hinsicht auf eine unrichtige Auslegung des § 87 Abs. 2 GewO 1973 auch unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht und vorgebracht, daß mit Ausnahme der Sozialversicherungsanstalt alle übrigen Gläubiger, obwohl die Exekutionsverfahren seit zwei Jahren anhängig seien, keinerlei Veranlassung gesehen hätten, Konkursanträge zu stellen oder ein Entziehungsverfahren zu beantragen. Dies könne aber nur damit erklärt werden, daß diese Gläubiger eben sehr wohl ein Interesse daran hätten, daß der Betrieb aufrechterhalten werde, weil dadurch erst die Möglichkeit geschaffen werde, daß ihre Forderungen, wenn auch erst in Zukunft, befriedigt würden, was wiederum aber nur bei Fortführung des Gewerbebetriebes möglich sei. Auch wenn man daher soziale Aspekte - die Fortführung des Gewerbebetriebes stelle für ihn die einzige Möglichkeit zur Deckung seines Lebensunterhaltes dar - unberücksichtigt lasse, so müsse bei vernünftiger und der Gesetzeslage entsprechender Betrachtungsweise doch eindeutig festgestellt werden, daß mit einer Einstellung des Gewerbebetriebes niemandem, mit dessen Fortführung hingegen sehr wohl allen Gläubigern gedient sei, sodaß die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1973 erfüllt seien.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.
Was zunächst die Beschwerderüge anlangt, in dem zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren sei ungeachtet der Bestimmung des § 361 Abs. 2 GewO 1973 vor der Entziehung der Gewerbeberechtigung die zuständige Gliederung der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft nicht gehört worden, so steht dem - worauf die belangte Behörde auch in ihrer Gegenschrift verweist - die Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens insofern entgegen, als danach die Landesinnung der Schuhmacher der Sektion Gewerbe der Handelskammer Niederösterreich auf Grund erfolgter behördlicher Aufforderung am 23. Jänner 1991 eine Stellungnahme dahingehend abgab, daß ihr keine Umstände bekannt seien, die gegen eine Entziehung der gegenständlichen Gewerbeberechtigung sprächen. Mit dem Beschwerdeführer seien mehrmals seitens der Bezirksstelle Korneuburg/Stockerau Gespräche geführt worden, jedoch ließen die - dort bezeichneten - Rückstände angesichts des derzeit betrieblich erzielbaren Umsatzes von S 8.000,-- bis S 10.000,-- monatlich eine Begleichung der offenen Schulden bzw. der laufenden Zahlungsverpflichtungen kaum erwarten.
Danach ist im Beschwerdefall bei der im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes durchzuführenden nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof unter Berücksichtigung des dargestellten Beschwerdevorbringes entscheidend, ob die belangte Behörde die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1973 anzunehmen gehabt hätte.
Gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1973 kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 1 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder zweimaliger Eröffnung des Ausgleichsverfahrens oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, ist gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1973 von der im Abs. 1 Z. 1 dieses Paragraphen - in Verbindung mit § 13 Abs. 3 und 4 leg. cit. - vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage von der natürlichen Person erwartet werden kann, daß sie auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, daß die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, daß das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden. Die Erfüllung dieser Tatbestandsvoraussetzungen ist nach objektiven Kriterien zu beurteilen, weshalb auch allfällige Erklärungen von Gläubigern, wegen ihrer offenen Forderungen ein Interesse an der Weiterführung des betroffenen Gewerbes zu haben, allein für eine derartige Annahme noch nicht als ausreichend anzusehen sind. Dies insbesondere auch deshalb, da, abgesehen von den bereits bestehenden Gläubigerforderungen, im Sinne der obigen Darlegungen auch zu berücksichtigen ist, daß die im Zusammenhang mit einer weiteren Gewerbeausübung zu erwartenden Verbindlichkeiten durch liquide Mittel beglichen werden können, um nicht eine Schädigung weiterer Gläubiger durch die fortgesetzte Gewerbeausübung eintreten zu lassen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. September 1990, Zl. 90/04/0038, und die dort zitierte weitere hg. Rechtsprechung).
Ausgehend von den im angefochtenen Bescheid angeführten unberichtigten Forderungen - so insbesondere der Sozialversicherungsanstalt -, die ihrer Höhe nach als solche auch in der Beschwerde nicht bestritten werden, wobei im Beschwerdeschriftsatz lediglich in allgemeiner Form darauf hingewiesen wird, daß die Exekutionsverfahren seit dem Jahre 1982 anhängig seien, und daß sämtliche offenen Forderungen auf "Schwierigkeiten in der Aufbauphase" zurückzuführen seien, vermag das dargestellte Beschwerdevorbringen gemessen an den gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen eine rechtswidrige Gesetzesanwendung durch die belangte Behörde bzw. einen ihr unter Bedachtnahme auf die Feststellungen über die im Berufungsverfahren an den Beschwerdeführer ergangenen Aufforderungen zur Stellungnahme bzw. zur Beibringung entsprechender Belege schon behauptungsmäßig nicht darzutun.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990040289.X00Im RIS seit
26.02.1991