TE Vfgh Beschluss 2006/11/28 V17/05

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Veröffentlicht am 28.11.2006
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art139 Abs4
B-VG Art148e
B-VG Art148i
Vlbg Landesverfassung §60 Abs2
Flächenwidmungsplan der Gemeinde Rankweil

Leitsatz

Zurückweisung des Antrags eines Landesvolksanwaltes auf Aufhebung eines Flächenwidmungsplanes hinsichtlich der Widmung von Grundstücken als Golfplatz infolge Umwidmung nach Antragstellung; Antrag des Landesvolksanwaltes als Fall abstrakter Normenkontrolle nur gegen geltende Rechtsvorschriften zulässig

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Der Landesvolksanwalt von Vorarlberg stellt gemäß Art60 Abs2 der Vlbg. Landesverfassung, LGBl. Nr. 9/1999, in Verbindung mit Art148i B-VG den Antrag auf

"Behebung des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Rankweil in der Fassung der Kundmachung der Marktgemeinde Rankweil vom 30.09.2003 auf Grund des Beschlusses der Gemeindevertretung der Marktgemeinde Rankweil vom 01.07.2003 und der Genehmigung der Vorarlberger Landesregierung vom 25.09.2003, Zl VIIa-33.20.06, hinsichtlich der Umwidmung der GST Nr 7161, 7162, 7163, 7164, 7193, 7195, 7200, 7201, 7222, 7223 und 7239 sowie einer Teilfläche der GST Nr 7159, sämtliche GB 92117 Rankweil, von Freifläche-Landwirtschaft in Freifläche-Sondergebiet Golf

sowie in der Fassung der Kundmachung der Marktgemeinde Rankweil vom 05.03.2004 auf Grund des Beschlusses der Gemeindevertretung vom 13.11.2003 und der Genehmigung der Vorarlberger Landesregierung vom 23.02.2004, Zl VIIa-33.20.06, hinsichtlich der Widmung derselben Grundstücke als Freifläche-Sondergebiet Golfplatz

wegen Gesetzwidrigkeit".

2. Seine Legitimation zur "Beantragung der abstrakten Normenkontrolle" betreffend weist der antragstellende Landesvolksanwalt darauf hin, dass es sich um eine Verordnung handle, die im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden und damit gemäß §2 Abs5 des Gesetzes über den Landesvolksanwalt, Vlbg. LGBl. Nr. 29/1985, im Bereich der Verwaltung des Landes ergangen sei, weshalb die Antragsbefugnis des Landesvolksanwalts gemäß Art60 Abs2 der Vlbg. Landesverfassung greife.

3. Den "Gegenstand des Antrages" betreffend führt der antragstellende Landesvolksanwalt aus, die Widmung der genannten Grundstücke in der Gemeinde Rankweil als "Freifläche Sondergebiet Golf" sei "zunächst" durch Beschluss der Gemeindevertretung vom 1. Juli 2003 (Genehmigung durch die Vorarlberger Landesregierung vom 25. September 2003, Kundmachung am 30. September 2003) erfolgt. Am 13. November 2003 sei die "Gesamtänderung des Flächenwidmungsplanes" von der Gemeindevertretung beschlossen worden; diese sei von der Vorarlberger Landesregierung am 23. Februar 2004 genehmigt und am 5. März 2004 kundgemacht worden - ebenso mit der Widmung der genannten Grundstücke als "Freifläche-Sondergebiet Golf".

4. Unter dem Titel "Sachverhalt" führt der antragstellende Landesvolksanwalt aus, im "Weitried", in dem die für den Golfplatz vorgesehenen Flächen lägen, seien ab Anfang der 30-er Jahre bis in die 70-er Jahre unter Einsatz von Millionen an öffentlichen Förderungen die Voraussetzungen für die landwirtschaftliche Produktion verbessert worden (Trockenlegungen, Grundstückszusammenlegungen, Ansiedlung von Landwirtschaftsbetrieben). Die landwirtschaftlichen Flächen wiesen eine besonders hohe Bodenqualität auf.

Der Entwurf der Änderung des Flächenwidmungsplans, der im Laufe des Jahres 2002 im Zuge einer Gesamtüberarbeitung zur öffentlichen Einsicht aufgelegt worden sei, habe noch eine Widmung der zuvor als "Freifläche-Landwirtschaft" gewidmeten Flächen im Weitried als "Freifläche-Freihaltegebiet" vorgesehen, um die bestehende Landwirtschaft zu schützen und der Gefahr einer "Verhüttelung" der zusammenhängenden landwirtschaftlichen Flächen entgegen zu wirken.

Am 18. März 2003 habe die "Montfort Golfmanagement GmbH Rankweil" die Umwidmung von Grundstücken im Weitried in "Sonderfläche Golf" unter Vorlage von Zustimmungserklärungen des Großteils der Grundeigentümer beantragt. Die Marktgemeinde Rankweil habe darauf hin die Firma "Metron" mit der Erstellung einer Raumverträglichkeitsprüfung beauftragt, welche im Juni 2003 verschiedenen Gemeindevertretungsausschüssen und dem Gemeindevorstand vorgestellt worden sei. Obwohl weder eine Planauflage noch eine Verständigung der Grundeigentümer oder anderer Amtsstellen stattgefunden habe, hätten die Landwirtschaftskammer Vorarlberg und der Vorarlberger Naturschutzrat ökologische Gutachten über den Golfplatz erstellen lassen und mit dem Ersuchen um Berücksichtigung bei der Flächenwidmung vorgelegt. Die Vorarlberger Landesregierung habe darauf hingewiesen, dass die vorliegende Raumverträglichkeitsprüfung noch einer eingehenden Ergänzung bedürfe. Nachdem die Firma "Metron" eine solche Ergänzung vorgelegt habe, hätte noch am selben Tag, dem 1. Juli 2003, die Gemeindevertretung die Umwidmung für das Golfplatz-Projekt - vorweg vor Beschlussfassung über die Gesamtüberarbeitung des Flächenwidmungsplans - beschlossen. Die nur diese Flächen betreffende Flächenwidmungsplanänderung sei nach Genehmigung durch die Landesregierung am 2. Oktober 2003 an der Amtstafel angeschlagen und damit kundgemacht worden.

Am 13. November 2003 habe die Gemeindevertretung den gesamten Flächenwidmungsplan beschlossen, in welchem die bereits zuvor als "Freifläche Sondergebiet Golfplatz" gewidmeten Flächen wieder als solche enthalten gewesen seien. Nach aufsichtsbehördlicher Genehmigung sei die Kundmachung des gesamten Flächenwidmungsplans am 5. März 2004 erfolgt.

5. Die Marktgemeinde Rankweil übermittelte die Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnungen und erstattete eine Äußerung, in der sie den Argumenten des Antrags des Landesvolksanwalts von Vorarlberg entgegen tritt und die Abweisung des Antrags begehrt.

6. Die Vorarlberger Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie die Zurückweisung bzw. Abweisung des Antrags begehrt.

7. Mit einer weiteren Eingabe vom 17. Juli 2006 übermittelte die Marktgemeinde Rankweil insbesondere Akten betreffend den so genannten "Flächentausch Golfplatz Weitried 2005". Aus diesen Akten geht hervor, dass die Gemeindevertretung am 13. September 2005 eine weitere Änderung des Flächenwidmungsplans beschlossen hat. Für (Rand-)Bereiche des geplanten Golfplatzes widmete die Gemeindevertretung - jeweils im Ausmaß von 29.843 m² - zuvor als "Freifläche-Landwirtschaftsgebiet" gewidmete Flächen in "Freifläche-Sondergebiet Golf" und als "Freifläche-Sondergebiet Golf" gewidmete Flächen in "Freifläche-Landwirtschaftsgebiet" um. Die Vorarlberger Landesregierung genehmigte diese Flächenwidmungsplanänderung mit Bescheid vom 4. April 2006. Sie wurde durch Anschlag an der Amtstafel von 6. April bis 26. Mai 2006 kundgemacht. Der Verfassungsgerichtshof teilte diese Änderung des Flächenwidmungsplans mit Schreiben vom 26. Juli 2006 dem antragstellenden Landesvolksanwalt mit.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit des Antrages des Landesvolksanwalts von Vorarlberg erwogen:

1. Gemäß Art60 Abs2 Vlbg. Landesverfassung iVm. Art148e und Art148i B-VG ist der Landesvolksanwalt von Vorarlberg berechtigt, die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die "im Bereich des Landes ergangen sind", geltend zu machen. Wie sich allerdings aus Art139 Abs4 B-VG ergibt - wonach der Verfassungsgerichtshof, wenn die bekämpfte Verordnung bei Fällung des verfassungsgerichtlichen Erkenntnisses bereits außer Kraft getreten ist, nur dann den Ausspruch treffen kann, dass die bekämpfte Norm verfassungswidrig war, wenn das Verordnungsprüfungsverfahren von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes oder eines Einzelnen eingeleitet wurde -, ist ein solcher Antrag eines Landesvolksanwalts als Fall einer abstrakten Normenkontrolle nur gegen geltende, nicht aber gegen schon außer Kraft getretene Rechtsvorschriften zulässig (vgl. - zu Anträgen einer Landesregierung - VfSlg. 16.670/2002 mwN, 17.564/2005).

2. Soweit der Antrag die Aufhebung des "Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Rankweil in der Fassung der Kundmachung der Marktgemeinde Rankweil vom 30.09.2003 auf Grund des Beschlusses der Gemeindevertretung der Marktgemeinde Rankweil vom 01.07.2003" begehrt, ist er unzulässig, da der Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Rankweil, wie der antragstellende Landesvolksanwalt selbst vorbringt, mit Verordnung der Gemeindevertretung vom 13. November 2003, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 8. März 2004 bis 26. März 2004, zur Gänze neu erlassen wurde. Dass die bekämpften Festlegungen im Zusammenhang mit dem Golfplatz dabei gleich lauteten wie davor, ändert daran nichts. Denn auch eine unveränderte Neuerlassung durch den Verordnungsgeber berührt - anders als eine Wiederverlautbarung - die Identität der Norm (vgl. VfSlg. 16.058/2000, 16.670/2002).

Doch auch soweit der Antrag die Aufhebung der Festlegungen betreffend den Golfplatz im erwähnten, zur Gänze neu erlassenen Flächenwidmungsplan der Gemeinde Rankweil begehrt, ist er nicht zulässig: Wie oben, Punkt I. 7., erwähnt, widmete die Gemeindevertretung nach Antragstellung durch den Landesvolksanwalt im Zusammenhang mit dem in Rede stehenden Areal für einen Golfplatz zuvor als "Freifläche-Landwirtschaftsgebiet" gewidmete Flächen in "Freifläche-Sondergebiet Golf" und als "Freifläche-Sondergebiet Golf" gewidmete Flächen in "Freifläche-Landwirtschaftsgebiet" um. Damit wurde der Antrag des Landesvolksanwalts nicht etwa nur hinsichtlich der Flächen, die nun nicht mehr Teil des Golfplatzareals sein sollen, sondern insgesamt unzulässig, da sich die Bedenken des Landesvolksanwalts gegen die raumplanerische Ermöglichung des Golfplatzes insgesamt richten; zulässig wäre daher nur die Anfechtung der aktuell geltenden Festlegungen des Flächenwidmungsplans betreffend den Golfplatz in ihrer Gesamtheit.

3. Der Antrag war daher zurückzuweisen.

Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Volksanwaltschaft, Geltungsbereich (zeitlicher) einer Verordnung, VfGH / Prüfungsgegenstand, VfGH / Bedenken

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2006:V17.2005

Dokumentnummer

JFT_09938872_05V00017_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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