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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Weiss als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde 1) des N und
2) des M gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 6. Juni 1990, Zl. 312.781/1-III-3/90, betreffend Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: A-GesmbH in X), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.300,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.710,-- jeweils zu gleichen Teilen binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 25. Jänner 1988 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß den §§ 74, 77, 81 und 359 Abs. 1 GewO 1973 die gewerbebehördliche Genehmigung "der Änderung bzw. der Erweiterung der im Standort X 101 bestehenden Betriebsanlage zur industriellen Erzeugung von Paletten (Genehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 21. Jänner 1983) durch Errichtung einer weiteren Fertigungs- und Lagerhalle sowie eines Verteiler- und Leitlagers für angelieferte Abfälle (Gewerbe- und Industriemüll, Sperrmüll und Straßenkehricht) nach Maßgabe der vorliegenden Plan- und Beschreibungsunterlagen sowie des in der Begründung dieses Bescheides aufscheinenden Befundes unter Vorschreibung u.a. folgender Auflagen erteilt:
".....
30.) Es dürfen nur folgende Abfallstoffe sortiert und zwischengelagert werden: Altpapier, Karton, Altmetalle, Holzabfälle, Bauschutt, Straßenkehricht, Kaolin und Alaun.
31.)
Straßenkehricht darf nur abgedeckt gelagert werden.
32.)
Bei Gebrechen der Lagerbehälter oder von Säcken mit Kaolin und Alaun sind diese Stoffe aufzusammeln und in dicht schließenden Behältern zu lagern.
33.) Irrtümlich oder mißbräuchlich eingebrachter Hausmüll ist unverzüglich auszusortieren und in einem dicht schließenden Behälter zu lagern.
34.) Irrtümlich oder mißbräuchlich eingebrachte Sonderabfälle sind unverzüglich auszusortieren und in geeigneten, beständigen und dicht schließenden Sonderabfalltonnen zwischenzulagern.
35.) Hausmüll und Sonderabfälle sind durch jeweils dazu befugte Unternehmen entsorgen zu lassen.
....."
Auf Grund von Berufungen - darunter auch der nunmehrigen Beschwerdeführer - erkannte der Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom 11. Dezember 1989 dahin, daß die Auflagen 34.) und 35.) des erstbehördlichen Bescheides wie folgt zu lauten hätten:
"34.) Irrtümlich oder mißbräuchlich eingebrachte Sonderabfälle sind unverzüglich auszusortieren und in geeigneten, beständigen und dicht schließenden Sonderabfalltonnen zwischenzulagern. Hiebei sind die Bestimmungen der Ö-Normen S 2100 und S 2101 einzuhalten.
35.) Hausmüll und Sonderabfälle sind durch jeweils dazu befugte Unternehmer (für Sonderabfallsammler und -beseitiger wird auf die Bestimmungen der §§ 248 a bis e GewO 1973 i.d.F. BGBl. Nr. 399/1988 hingewiesen) entsorgen zu lassen.
Im übrigen wird der genannte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung im Sinne der vorzitierten Bestimmungen bestätigt."
Dagegen erhobene Berufungen - darunter auch die der nunmehrigen Beschwerdeführer - wies der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Bescheid vom 6. Juni 1990 im Grunde des § 359 Abs. 4 i.V.m. 356 Abs. 3 GewO 1973 als unzulässig zurück. Zur Begründung wurde unter Bezugnahme auf den vordargestellten bisherigen Verfahrensverlauf ausgeführt, der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides sei eine ordnungsgemäß kundgemachte mündliche Verhandlung am 18. Jänner 1988, an der von den nunmehrigen Berufungswerbern alle bis auf O teilgenommen hätten, vorausgegangen. In dieser Verhandlung habe der Zweitbeschwerdeführer folgende Stellungnahme abgegeben:
"Ich wohne in einer luftlinienmäßigen Entfernung von ca. 100 m östlich des Betriebsgrundstückes und stelle fest, daß meine Familie und ich in den letzten zwei Jahren wiederholt durch Geruchsbelästigungen der von der Fa. B organisierten Hausmülltransporte wesentlich beeinträchtigt worden sind. Es hat in der Vergangenheit immer wieder Besprechungen und Vereinbarungen mit Herrn B gegeben, die von diesem nicht eingehalten worden sind. Er hat beispielsweise im Herbst 1987 mehrmals zugesichert, daß diese Müllum- bzw. -verladungen so organisiert werden, daß die Verweilzeit in X nur sehr kurz ist. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, daß er sich an diese Vereinbarungen nicht gehalten hat, weshalb ich prinzipiell den Standpunkt vertrete, daß die Mülltransaktionen von Herrn B in X nicht erfolgen dürfen. Am 6.1.1988 habe ich selbst einen offenen Waggon beobachtet, der laut Etikettierung aus Y gekommen ist und aus welchem - nicht in Containern - Müll transportiert worden ist; ob es sich um Hausmüll gehandelt hat, kann ich nicht mit Sicherheit angeben, auf Grund des intensiven Geruches, der von diesem Waggon ausgegangen ist, vermute ich dies jedoch. Ich stelle daher den Antrag, Herrn B jegliche Mülltransaktion in X zu untersagen."
P habe zusammen mit PQ folgende Stellungnahme abgegeben:
"Wir erheben Einspruch gegen die Erteilung der beantragten Genehmigung, da Herr B trotz anderslautender Vereinbarung mit der Gemeinde bei der Durchführung der Müllieferungen aus Tirol sich an diese Versprechungen nicht gehalten hat. Wenn uns bei der heutigen Verhandlung die Verpflichtung von Herrn B als Sonderabfallsammler und -beseitiger mitgeteilt worden ist, widerrechtlich entgegen der Deklarierung eingebrachten Sondermüll oder Hausmüll hinsichtlich seines Ursprunges zu verfolgen und in weiterer Folge die entsprechenden Strafanzeigen zu erstatten, glauben wir auf Grund des Mißtrauens, welches wir gegen Herrn B hegen, daß er nicht bereit sein wird, sich an diese Verpflichtungen zu halten. Aus den gleichen Gründen nehmen wir auch an, daß in seiner Betriebsanlage nicht nur Gewerbe- und Industriemüll, Sperrmüll und Straßenkehricht zur Umladung gelangt, sondern wir vermuten, daß er in Überschreitung der gewerbebehördlichen Genehmigung auch Hausmüll, Sondermüll und andere nicht genehmigte Müllarten verarbeiten wird. Wir befürchten daher, daß durch diese Vorgangsweise und durch die dann zu erwartenden Geruchsbelästigungen ungebührlich belästigt zu werden, dies gilt hinsichtlich befürchteter Lärm-, Staub- und Geruchsbelästigungen."
Alle bei dieser Verhandlung anwesenden sonstigen nunmehrigen Beschwerdeführer hätten sich diesem Vorbringen mit der gleichen Begründung angeschlossen. Die im vorliegenden Verfahren der mitbeteiligten Partei erteilte Genehmigung - Gesellschafter und Geschäftsführer: B - gälten nur für Gewerbe- und Industriemüll, Sperrmüll und Straßenkehricht, nicht jedoch für Hausmüll oder Sonderabfall. Gemäß § 359 Abs. 4 GewO 1973 stehe die Berufung außer dem Genehmigungswerber den Nachbarn zu, die Parteien seien. Gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 in der vor dem 1. Jänner 1989 anzuwendenden Fassung seien im Verfahren betreffend die Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage nur jene Nachbarn Parteien, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 GewO 1973 erhöben, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an. Im vorliegenden Fall habe O an der von der Gewerbebehörde erster Instanz durchgeführten mündlichen Verhandlung gemäß § 356 GewO 1973 nicht teilgenommen und daher auch keine Einwendungen in dieser, aber auch nicht in dem Zeitraum zwischen Kundmachung und Durchführung der Verhandlung, erhoben. Da keine Umstände hervorgekommen seien, welche geeignet wären, die ordnungsgemäße Kundmachung dieser Verhandlung in Zweifel zu ziehen, und solche auch von O nicht behauptet worden seien, habe dieser im vorliegenden Verfahren keine Parteistellung erlangt, weshalb in bezug auf ihn spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei. Seine Ausführungen in der gegen den Bescheid erster Instanz gerichteten Berufung bezüglich der Grenzen des Umfanges von gemäß § 42 Abs. 1 AVG 1950 eintretender Präklusion gingen deshalb ins Leere, weil es sich bei der im vorliegenden Verfahren anzuwendenden besonderen Bestimmung des § 356 Abs. 3 GewO 1973 nicht um eine bloße Präklusionsregelung, sondern um eine Regelung der Erlangung der Parteistellung handle. Der Zweitbeschwerdeführer sei in der angeführten mündlichen Verhandlung zugegen gewesen und habe eine Stellungnahme abgegeben. Diese habe sich jedoch im wesentlichen lediglich gegen nicht verfahrensgegenständlichen Hausmüll gerichtet. Insoweit die Verläßlichkeit des Gesellschafters und Geschäftsführers der mitbeteiligten Partei in Zweifel gezogen werde, sei auf die diesbezüglichen Ausführungen des erstinstanzlichen Bescheides zu verweisen. Insgesamt beinhalte die Stellungnahme des Erstbeschwerdeführers keine Einwendungen gegen die verfahrensgegenständliche Betriebsanlage, weshalb auch der Zweitbeschwerdeführer eine Parteistellung im vorliegenden Verfahren nicht erlangt habe und auch in bezug auf ihn spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei. Für die übrigen Berufungswerber sei die von P und PQ abgegebene Stellungnahme relevant. Diese habe keinen anderen Inhalt, als die von M abgegebene, weshalb das in bezug auf diesen Berufungswerber Ausgeführte sinngemäß gelte. Da keiner der in der vorliegenden Berufung angeführten Berufungswerber somit im vorliegenden Verfahren Parteistellung erlangt habe, sei insgesamt spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden - zur gemeinsamen Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof verbundenen - Beschwerden.
Die belangte Behörde erstattete zu beiden Beschwerden eine Gegenschrift mit dem Antrag, diesen keine Folge zu geben.
Die mitbeteiligte Partei erstattete zu den bezeichneten Beschwerden jeweils eine Gegenschrift, mit dem Antrag, diesen keine Folge zu geben.
Die belangte Behörde teilte aus Anlaß der Einbringung der Gegenschrift mit, daß sich die Verwaltungsakten auf Grund einer gleichfalls den hier angefochtenen Bescheid betreffenden Beschwerde des Nachbarn Z beim Verfassungsgerichtshof befänden.
Diese Akten wurden dem Verwaltungsgerichtshof nunmehr vom Verfassungsgerichtshof mit der von diesem mit Beschluß vom 25. September 1990, B 890/90-10, nach Ablehnung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetretenen Beschwerde übermittelt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In den Beschwerden wird jeweils als "Beschwerdepunkte" geltend gemacht: "§§ 37, 42 und 45 AVG, §§ 74 Abs. 2, 356 Abs. 3 und 359 Abs. 4 GewO 1973, wobei behauptet wird, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid hinsichtlich dieser Rechtsbestimmungen in seinen Rechten verletzt wurde."
Hiezu wird unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften u.a. seitens des Erstbeschwerdeführers ausgeführt, anläßlich der kommissionellen Erhebung und mündlichen Verhandlung vom 18. Jänner 1988 habe er als Nachbar teilgenommen "und die aus dem angefochtenen Bescheid ersichtliche Stellungnahme im Sinne von Einwendungen abgegeben". Seine Einwendungen seien gleichlautend denen des P und der PQ behandelt worden. Es sei vorgebracht worden, daß angenommen werde, daß in der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei nicht nur Gewerbe- und Industriemüll, Sperrmüll und Straßenkehricht zur Umladung gelangen würden, sondern daß unter Überschreitung der gewerbebehördlichen Genehmigung auch Hausmüll, Sondermüll und andere nicht genehmigte Müllarten verarbeitet würden. Es werde seitens der Nachbarn befürchtet, daß durch diese Vorgangsweise und durch die dann zu erwartenden Geruchsbelästigungen die Nachbarn ungebührlich belästigt würden, dies gelte hinsichtlich befürchteter Lärm-, Staub- und Geruchsbelästigungen.
Nach dem Vorbringen des Zweitbeschwerdeführers habe er an der mündlichen Verhandlung vom 18. Jänner 1988 als Nachbar teilgenommen und "die aus dem angefochtenen Bescheid ersichtliche Stellungnahme im Sinne von Einwendungen abgegeben". Prinzipiell sei der Antrag gestellt worden, der mitbeteiligten Partei jegliche Mülltransaktion in X zu untersagen. Beide Beschwerdeführer bringen u.a. weiters vor, die Erst- bzw. Zweitbehörde habe selbst "umweltschutztechnische Auflagen" - Auflagen laut Punkt 33.), 34.) und 35.) - vorgeschrieben, weshalb im Hinblick auf deren Inhalt die in Rede stehenden Einwendungen als verfahrensgegenständlich zu bezeichnen seien. Bei einer Einwendung wegen einer befürchteten Geruchsbelästigung handle es sich um eine Einwendung, die sowohl öffentlich-rechtlichen als auch zivilrechtlichen Aspekt besitze. Fest stehe weiters, daß die Zweitbehörde auf Grund erhobener Berufungen, u.a. auch über Berufung der Beschwerdeführer, den Bescheid erster Instanz hinsichtlich seines Spruches betreffend die umwelttechnischen Auflagen abgeändert habe und daß dessen ungeachtet die Behörde dritter Instanz ihnen Parteistellung aberkannt habe. Die Aberkennung einer Parteistellung würde sich aber auch auf den Rechtszug von der ersten zur zweiten Instanz auswirken, sodaß laut Rechtsansicht der Behörde dritter Instanz die Behörde zweiter Instanz nicht berechtigt gewesen wäre, über unzulässige Berufungen den Bescheid der Behörde erster Instanz abzuändern. Auch hierin sei eine Verletzung des § 42 AVG 1950 zu erblicken. Weiters werde in diesem Zusammenhang vorgebracht, daß die Berufung der Beschwerdeführer als angeblich präkludierte Nachbarn zurückgewiesen und nicht abgewiesen worden sei. Eine Verletzung des § 74 Abs. 2 GewO 1973 sei dadurch gegeben, daß dem Gesetz entsprechende Einwendungen der Beschwerdeführer als Nachbarn insbesondere hinsichtlich der Z. 2, was die Geruchsbelästigung betreffe, vorgelegen seien, diese Einwendungen aber nicht als Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes anerkannt worden seien. Eine Verletzung des § 356 Abs. 3 GewO 1973 sei deshalb gegeben, da entsprechend dem Gesetz die Stellung der Beschwerdeführer als Nachbarn nicht anerkannt worden sei, obwohl sie spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 erhoben hätten und ihnen demnach von diesem Zeitpunkt an Parteistellung zuzuerkennen gewesen wäre. Im übrigen hätten diese Einwendungen dem Gesetz entsprochen und auch der Wahrung persönlicher Interessen. Eine Verletzung des § 359 Abs. 4 GewO 1973 sei im Hinblick darauf gegeben, daß das Recht zur Erhebung von Berufungen aberkannt worden sei.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerden zum Erfolg zu führen.
Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachten sich die Beschwerdeführer in einer gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG in Anbetracht des Abspruchsgegenstandes des angefochtenen Bescheides als relevant in Betracht kommenden Weise insofern in Rechten verletzt, als die belangte Behörde ungeachtet der von ihnen bei der mündlichen Verhandlung im erstinstanzlichen Verfahren erhobenen Einwendungen ihre Parteistellung als nicht gegeben angenommen und daher in der Rechtssache nicht meritorisch entschieden habe.
Gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 - in der hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, - sind im Verfahren gemäß Abs. 1 nur Nachbarn, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben, Parteien, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an.
Nach § 359 Abs. 4 GewO 1973 steht das Recht der Berufung außer dem Genehmigungswerber den Nachbarn zu, die Parteien sind.
Voraussetzung für die Erlangung der Parteistellung ist somit, daß derjenige, der Einwendungen erhebt, die Stellung eines Nachbarn hat und er die Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 3 oder 5 in verfahrensrelevanter Art behauptet. Dieser letztangeführte Umstand setzt voraus, daß sich die Einwendungen gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 auf die zur Genehmigung stehende Anlage beziehen, was aber - ausgehend von den als solchen unbestritten gebliebenen und auch mit der Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens im Einklang stehenden Feststellungen im angefochtenen Bescheid - nicht zutrifft, da danach inhaltlich ein "Einwendungsvorbringen" lediglich in Ansehung von Befürchtungen bzw. Vermutungen erfolgte, die mitbeteiligte Partei würde "in Überschreitung der gewerbebehördlichen Genehmigung" auch Hausmüll, Sondermüll und andere nicht genehmigte Müllarten verarbeiten, und daß durch diese Vorgangsweise die "dann zu erwartenden" angeführten Belästigungen entstünden (Erstbeschwerdeführer) bzw. die Erfahrung habe gezeigt, daß sich die mitbeteiligte Partei an "Vereinbarungen" nicht halte - so sei insbesondere am 6. Jänner 1988 ein Transport in einem offenen Waggon beobachtet worden, der wegen des intensiven Geruches "vermuten lasse", daß damit "Hausmüll" transportiert worden sei -, weshalb der Antrag gestellt werde, der mitbeteiligten Partei jegliche Mülltransaktion in X zu untersagen.
Unter Bedachtnahme auf die dargestellte Rechtslage kann daher die Ananhme der belangten Behörde nicht als rechtswidrig erkannt werden, daß die Beschwerdeführer in dem dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Betriebsanlagenverfahren mangels Erhebung geeigneter Einwendungen keine Parteistellung erworben haben, da ihrem Vorbringen nicht die Qualifikation eines im Sinne der vordargestellten Rechtslage substantiierten, den Genehmigungsumfang der Anlage betreffenden Einwendungen zukommt.
Sofern sich aber die Beschwerdeführer unabhängig hievon auf das in einer Bauangelegenheit ergangene Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Dezember 1980, Slg. N.F. Nr. 10.317/A, berufen, wonach die Berufung eines präkludierten Nachbarn zurückzuweisen und nicht abzuweisen sei, so ist dem entgegenzuhalten, daß gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 im gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren die Eigenschaft als Nachbar noch nicht gleichzeitig auch dessen Parteistellung herbeiführt, sondern daß diese von einem Nachbarn erst durch Erhebung entsprechender Einwendungen im Sinne der obigen Darlegungen erworben wird.
Wenn schließlich die Beschwerdeführer die Nichtberücksichtigung von ihnen gestellter Beweisanträge geltend machen, so würde eine derartige, bei entsprechender Relevanz einen Verfahrensmangel darstellende Rechtsverletzung den Erwerb der Parteistellung im Verfahren voraussetzen.
Die vorliegenden Beschwerden erweisen sich somit im Rahmen der dargestellten Beschwerdepunkte als unbegründet (vgl. hiezu insbesondere auch die entsprechenden Darlegungen in dem die vorangeführte - vom Verfassungsgerichtshof abgetretene - Beschwerde betreffenden hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zl. 90/04/0324), wobei zum weiteren Beschwerdevorbringen darauf hinzuweisen ist, daß mangels einer aus dem Beschwerdevorbringen oder aus dem Spruch des zweitbehördlichen Bescheides zu erkennenden Schlechterstellung der Beschwerdeführer eine Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten nicht in dem Umstand gesehen werden kann, daß die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung nicht wahrgenommen hatte, daß mangels Parteistellung schon die Berufung der Beschwerdeführer gegen den erstbehördlichen Bescheid unzulässig gewesen wäre.
Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG - in Ansehung der seitens der mitbeteiligten Partei in beiden Beschwerdeverfahren erstatteten Gegenschriften insbesondere auf § 53 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit Abs. 1 dieser Gesetzesstelle - im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des den Vorlageaufwand der belangten Behörde betreffenden Kostenersatzanspruches erfolgte im Hinblick auf die dargestellte Verfahrenslage (Übermittlung der Verwaltungsakten durch den Verfassungsgerichtshof); die Abweisung des über den zuerkannten Kostenersatzbetrag hinausgehenden Mehrbegehrens der mitbeteiligten Partei erfolgte im Hinblick auf § 53 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit Abs. 1 dieser Gesetzesstelle (vgl. hiezu die entsprechenden Darlegungen im hg. Erkenntnis vom 26. November 1982, Zlen. 81/08/0089, 81/08/0092) bzw. betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenmehraufwand.
Schlagworte
Gewerberecht Nachbar RechtsnachfolgerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990040209.X00Im RIS seit
26.02.1991Zuletzt aktualisiert am
08.07.2010