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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 7. Juni 1990, Zl. 11-75 Wi 9-89, betreffend Übertretungen des Kraftfahrgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 7. Juni 1990 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 28. Oktober 1988 einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw (richtig: Lkw) und einen dem Kennzeichen nach bestimmten Anhänger in Betrieb genommen und trotz Zumutbarkeit nicht dafür gesorgt, daß das Kraftfahrzeug und der Anhänger im Hinblick auf die Beladung den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entsprochen habe, zumal er den Lkw-Zug um 11,30 Uhr auf der B 63 in Dürnbach bei km 34 gelenkt habe und bei der durchgeführten Kontrolle festgestellt worden sei, daß durch die Beladung das höchste zulässige Gesamtgewicht 1) des Lkws von 16.000 kg um 2.000 kg und 2) des Anhängers von 22.000 kg um 1.000 kg überschritten worden sei. Die Tatbestände seien anläßlich einer Gewichtskontrolle mittels geeichter Radlastwaage festgestellt worden. Der Beschwerdeführer habe hiedurch zu 1) und 2) Übertretungen nach § 102 Abs. 1 in Verbindung mit § 101 Abs. 1 lit. a KFG begangen. Gemäß § 134 Abs. 1 KFG wurden über ihn Geldstrafen zu 1) in der Höhe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen) und zu 2) in der Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen) verhängt. In der Begründung heißt es, der Beschwerdeführer habe im wesentlichen ausgeführt, daß die mit den Radlastwaagen Haenni 100 ermittelten Werte nicht richtig seien. Überdies sei die Überladung so geringfügig, daß sie leicht in der Hitze des Alltags unterlaufen könne. Nach Wiedergabe der Bestimmungen der §§ 102 Abs. 1 und 101 Abs. 1 lit. a KFG verwies die belangte Behörde auf die Zeugenaussagen der Meldungsleger, die angegeben hätten, daß das Abwiegen vorschriftsmäßig und mit einer geeichten Radlastwaage durchgeführt worden sei und das Bundesamt für Vermessungswesen in Wien mitgeteilt habe, daß die Radlastwaagen geeicht seien und jede mit einer Plombe versehene Radlastwaage einen Eichschein beinhalte. Es folgen Ausführungen zur Strafbemessung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, es hätten die verwendeten Radlastwaagen nicht richtig angezeigt und es hätte einer neuerlichen Eichung bedurft, kommt unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im Ergebnis Berechtigung zu.
Wie schon der Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für das Burgenland vom 3. November 1988 zu entnehmen ist, wurden die Gewichtskontrollen mit geeichten Radlastwaagen Haenni 100 durchgeführt. Gemäß § 13 Abs. 2 Z. 1 Maß- und EichG BGBl. Nr. 152/1950 in der anzuwendenden Fassung unterliegen Achs- und Radlastmesser der Eichpflicht. Die Nacheichfrist beträgt gemäß § 15 leg. cit. zwei Jahre. Sie beginnt nach § 16 mit dem der letzten Eichung folgenden Kalenderjahr. Der Zeitpunkt der letzten Eichung ergibt sich aus der Eichplombe. Das bei der Eichung (Stempelung) verwendete Eichzeichen enthält nämlich als Jahreszeichen die letzten drei Ziffern der Jahreszahl (vgl. § 1 Abs. 4 Eichstempelverordnung BGBl. Nr. 239/1950 und § 36 Maß- und EichG; siehe auch das hg. Erkenntnis vom 28. November 1990, Zl. 90/02/0128). Es bedarf einer gleichzeitigen Messung aller Achslasten mit der entsprechenden Anzahl von Achs- und Radlastmessern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1990, Zl. 90/03/0153, und die dort wiedergegebenen Bestimmungen der Verordnung des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 18. November 1977, mit dem die Eichvorschriften für Achs- und Radlastmesser, die zum behördlichen Gebrauch im Verkehrswesen bestimmt sind, erlassen wurden).
Nach den übereinstimmenden Zeugenaussagen der die Amtshandlung durchführenden Gendarmeriebeamten Revierinspektor Anton St. und Franz K. vom 22. März bzw. 29. März 1990 wurden bei der Abwaage die mit folgenden Plombennummern versehenen Radlastwaagen verwendet: 159/78/988, 154/78/985, 2911/85/985 und 157/87/762. Aus den von den Beamten angegebenen Plombennummern 154/78/985 und 2911/85/985 ist daher abzuleiten, daß diese beiden Wiegeplatten letztmalig 1985 geeicht wurden und die Nacheichfrist 1987 ablief, also die Nacheichfrist zum Tatzeitpunkt bereits abgelaufen war. Es hätte daher entsprechender ergänzender Befragungen der Gendarmeriebeamten zu diesem Thema und zusätzlicher Erhebungen, so etwa durch Einholung einer Stellungnahme des Bundesamtes für Eich- und Vermessenswesen, bedurft, ob und aus welchen Erwägungen die Wiegeplatten allenfalls dennoch eine zuverlässige (richtige) Abwaage ermöglicht haben. Solche Erhebungen, deren Ergebnis auch in der Bescheidbegründung ihren Niederschlag zu finden haben, wurden jedoch unterlassen. Des weiteren läßt die Plombennummer 157/87/762 keinen sicheren Rückschluß darauf zu, wann tatsächlich die letzte Eichung erfolgte. Auch diesbezüglich wäre daher eine nähere Aufklärung erforderlich gewesen. Weiters fällt auf, daß der gewogene Anhänger offensichtlich dreiachsig ist, aber von den Beamten nur vier Radlastwaagen genannt wurden, obwohl doch bei einer Abwaage für jede Radlast eine Wiegeplatte zu verwenden ist (vgl. abermals das schon zitierte hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1990, Zl. 90/03/0153). Auch insoweit wären daher weitere Aufklärungen angezeigt gewesen, da ohne diese nicht mit der für einen Schuldspruch erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden kann, es sei eine dem Beschwerdeführer anzulastende Überladung beider Fahrzeuge vorgelegen.
Diese Ausführungen zeigen, daß der Sachverhalt in wesentlichen Punkten einer Aufklärung bedarf bzw. Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Im Hinblick darauf hatte ein Eingehen auf das gegen die Strafbemessung gerichtete Beschwerdevorbringen zu unterbleiben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft Aufwendungen für Kopien, zumal hiefür ein gesonderter Aufwandersatz im Gesetz nicht vorgesehen ist.
Schlagworte
Stempelgebühren Kommissionsgebühren Barauslagen des Verwaltungsgerichtshofes DiversesSachverhalt SachverhaltsfeststellungBegründung AllgemeinBegründungspflicht Manuduktionspflicht MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990030190.X00Im RIS seit
12.02.2002Zuletzt aktualisiert am
02.07.2014