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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Weiss, Dr. Leukauf und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde der N-Betriebsgesellschaft m.b.H. gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 13. September 1990, Zl. 60.608/11-7/90, betreffend Luftfahrt-Sicherheitsmaßnahme, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 141 Abs. 3 des Luftfahrtgesetzes aufgetragen, am westlichen Rand der Abstellfläche der Allgemeinen Luftfahrt (GAC-Bereich) auf dem Flughafen X drei Hubschrauberabstellflächen gemäß § 60 Abs. 2 der Zivilflugplatz-Verordnung - ZFV 1972 bis spätestens 30. November 1990 zu markieren, wobei eine Abstellflächenposition für Hubschrauber des Bundesministeriums für Inneres vorzusehen sei.
Zur Begründung wurde ausgeführt, nach einem Bericht des Bundesamtes für Zivilluftfahrt vom 21. Juli 1989 fänden auf dem Flughafen X ständig An- und Abflüge von Hubschraubern, insbesonders auch von Hubschraubern des Bundesministeriums für Inneres, statt, ohne daß hiefür entsprechend geeignete Bewegungsflächen vorhanden seien.
Gemäß § 9 ZFV 1972 müßten auf Zivilflugplätzen jene befestigten Bewegungsflächen vorhanden sein, die für eine sichere und reibungslose Abwicklung des Flugplatzverkehrs erforderlich sind. Bis zur Schaffung dieser Bewegungsflächen (Hubschrauberpiste samt Hubschrauberabstellflächen) sei es daher notwendig, zur Wahrung der Sicherheit des Flugplatzbetriebes auf der Westseite der Abstellfläche im GAC-Bereich drei Hubschrauberabstellflächen zu markieren, da in diesem Bereich ein Schweben von Hubschraubern mit eigener Kraft ohne Beeinträchtigung der Sicherheit anderer Luftfahrzeuge möglich sei.
Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 141 Abs. 1 des Luftfahrtgesetzes unterliegen u.a. Zivilflugplätze der Aufsicht der Behörde, die zur Bewilligung des Betriebes zuständig ist (Aufsichtsbehörde).
Gemäß § 141 Abs.3 leg.cit. hat die Aufsichtsbehörde den in Abs. 2 erster Satz bezeichneten Personen - u.a. also den Haltern von Zivilflugplätzen - die Durchführung jener Maßnahmen aufzuerlegen, die zur Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt erforderlich sind.
§ 1 ZFV 1972 enthält "Begriffserläuterungen". Zufolge § 1 ZFV 1972 gelten im Sinne dieser Verordnung, soweit sich aus einzelnen Bestimmungen dieser Verordnung nichts anderes ergibt, (u.a.) als:
Abstellflächen: die auf Landflugplätzen zum Abstellen von Luftfahrzeugen zwecks Ein- und Aussteigens, Be- und Entladens, Be- und Enttankens, Durchführung von Wartungsarbeiten und zum Parken bestimmten Flächen.
Bewegungsflächen: Teile von Landflugplätzen, die für die Bewegung von Luftfahrzeugen auf dem Boden bestimmt sind.
Pisten: auf Flugplätzen festgelegte Flächen für den Start und die Landung von Luftfahrzeugen.
Zufolge § 9 ZFV 1972 gelten als Bewegungsflächen im Sinne dieser Verordnung u.a. (lit.a) Landpisten und (lit.e) Abstellflächen. § 9 Abs. 2 ZFV 1972 enthält die Vorschrift, daß auf Zivilflugplätzen jene befestigten und unbefestigten Bewegungsflächen vorhanden sein müssen, die für die sichere und reibungslose Abwicklung des Flugverkehrs unter Berücksichtigung des Betriebsumfanges des Zivilflugplatzes erforderlich sind.
In den u.a. den Pisten gewidmeten Bestimmungen des 2. Abschnitts des II. Teiles der ZFV 1972 (§§ 13 ff) finden sich besondere Regelungen u.a. insbesondere für Hubschrauberpisten.
§ 55 ZFV 1972 enthält Regelungen über die Markierung befestigter Hubschrauberpisten. Nach § 55 Abs. 1 ZFV 1972 müssen befestigte Hubschrauberpisten mit 0,9 m breiten, ununterbrochenen Randstreifen markiert sein. Die Mitte der Hubschrauberpiste muß nach § 55 Abs. 2 ZFV 1972 mit einem gleichseitigen Dreieck nach dem Muster der Anlage 12 markiert sein. Die Spitze des Dreiecks oberhalb des Buchstabens "H" muß nach magnetisch Nord weisen.
Nach § 60 Abs. 1 ZFV 1972 müssen auf befestigten Abstellflächen nach Maßgabe der Erfordernisse des Flugplatzbetriebes Rolleitlinien, deren Breite 0,15 m betragen muß, und Abstellplätze markiert sein. Die Markierungen gemäß Abs. 1 müssen nach § 60 Abs. 2 ZFV 1972 eine gleichzeitige Abfertigung benachbarter Luftfahrzeuge sowie ein Vorbeirollen von Luftfahrzeugen ohne gegenseitige Behinderung gewährleisten. Hiebei muß unter Bedachtnahme auf die Ausmaße, Fahrwerksanordnung und Rolleigenschaften jener Luftfahrzeuge, für welche die Abstellfläche bestimmt ist, eine Mindestabstand von 7,5 m zwischen Luftfahrzeugen untereinander sowie von Hindernissen gewahrt bleiben. § 60 Abs. 3 ZFV 1972 schließlich enthält eine Regelung über Markierungen, die auf Abstellflächen nicht für Luftfahrzeuge bestimmt sind, sondern anderen Zwecken dienen.
Der vorstehend zitierte § 141 Abs. 3 des Luftfahrtgesetzes verknüpft die Auferlegung von Maßnahmen mit dem Kriterium der Erforderlichkeit zur Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt. Einem Bescheid nach § 141 Abs. 3 leg.cit. muß also entnommen werden können, welche Maßnahme auferlegt wird, und ferner muß aus einem solchen Bescheid hervorgehen, aus welchem Grund gerade die betreffende Maßnahme zur Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt erforderlich sei.
Die Begründung des angefochtenen Bescheides enthält zunächst die Feststellung, daß auf dem Flughafen X ständig An- und Abflüge von Hubschraubern stattfinden. Daran anknüpfend findet sich der Halbsatz, daß hiefür entsprechend geeignete Bewegungsflächen nicht vorhanden seien, ohne daß die belangte Behörde zum Ausdruck gebracht hätte, welche Teile des Flugplatzes als Bewegungsflächen für Hubschrauber derzeit tatsächlich benützt werden und inwieweit diese Flächen der in der Folge zitierten Bestimmung des § 9 (Abs. 2) ZFV 1972 nicht entsprächen. Im gegebenen Zusammenhang - nämlich im ersten Absatz der Begründung des angefochtenen Bescheides - findet sich auch keine Aussage darüber, auf welche Art von Bewegungsflächen (§ 9 Abs. 1 ZFV 1972) sich die Maßnahme zu beziehen habe, die der Flugplatzhalter zur Beseitigung eines Mangels im Sinne des § 9 Abs. 2 ZFV 1972 durchzuführen habe. Solcherart ist zunächst dem ersten Absatz der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht zu entnehmen, weshalb gerade die spruchgemäß vorgeschriebene Maßnahme der Markierung von drei Hubschrauberabstellflächen durchgeführt werden sollte.
Aussagen zur Beantwortung der sich aus § 141 Abs. 3 des Luftfahrtgesetzes in Verbindung mit den Bestimmungen der ZFV 1972 für den konkreten Fall ergebenden Fragestellungen finden sich auch nicht im zweiten Absatz der Begründung des angefochtenen Bescheides. Dort wird nämlich die Bestimmung des § 9 ZFV 1972 zitiert, ohne daß im gegebenen Zusammenhang ein bestimmter Sachverhalt festgestellt worden wäre. Im Anschluß an dieses von jeglicher Sachverhaltsfeststellung gelöste Zitat wird dann zwar in der Form einer Schlußfolgerung, ohne daß jedoch - im Sachverhaltsbereich - eine Schlußfolgerung dem Inhalt nach nachvollzogen werden könnte, auf die Fassung des Spruches bezugnehmend formuliert, daß es "daher" bis zur Schaffung dieser Bewegungsflächen (Hubschrauberpiste samt Hubschrauberabstellflächen) zur Wahrung der Sicherheit des Flugplatzbetriebes notwendig sei, auf der Westseite der Abstellflächen im GAC-Bereich drei Hubschrauberabstellflächen zu markieren, da in diesem Bereich ein Schweben von Hubschraubern mit eigener Kraft ohne Beeinträchtigung der Sicherheit anderer Luftfahrzeuge möglich sei.
Der letzte Absatz enthält nur noch den Satz, daß "daher" spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
Der angefochtene Bescheid läßt somit insgesamt gesehen keine dem § 141 Abs. 3 des Luftfahrtgesetzes in Verbindung mit den Bestimmungen der ZFV 1972 entsprechende Rechtsanwendung erkennen.
Die vorliegende Beschwerde enthält, worauf hier ergänzend hingewiesen sei, u.a. folgende Fragestelltung:
"Der Gesetzgeber und der Verordnungsgeber haben ..... nirgends Regelungen für einen Abstellplatz für Hubschrauber geschaffen. § 60 Abs. 2 ZFV spricht nur von Markierungen von Abstellflächen für Luftfahrzeuge im allgemeinen. Es ist der Beschwerdeführerin daher nicht ersichtlich, wie die von der belangten Behörde vorgeschriebene Markierung zu erfolgen hat. Dies wäre insbesondere auch für die Sicherheit der Luftfahrt wesentlich. Zwar sieht § 55 ZFV eine Markierung 'H in einem gleichseitigen Dreieck' vor, diese darf jedoch nur für Hubschrauberpisten, also für Start- und Landungsflächen, nicht jedoch für Abstellflächen verwendet werden. Wie also eine sogenannte 'Hubschrauberabstellfläche' und eine 'Abstellflächenposition für Hubschrauber des Bundesministeriums für Inneres' auszusehen haben, ohne daß dadurch die Sicherheit der Luftfahrt gefährdet ist, bleibt im Dunkeln."
Die Gegenschrift enthält hiezu folgende Ausführungen:
"Auf welche Art und Weise die Markierung anzubringen ist, ergibt sich aus § 60 ZFV. Die Beschwerdeführerin stellt völlig richtig fest, daß im § 60 Abs. 2 ZFV die Markierung für Luftfahrzeuge geregelt ist. Sie übersieht dabei offenbar, daß Hubschrauber ebenfalls unter den Begriff der Luftfahrzeuge fallen."
Diese Ausführungen in der Gegenschrift werden der vorstehend angeführten Fragestellung in der Beschwerde nicht gerecht. Dort wird nämlich nicht in Frage gestellt, daß Hubschrauber Luftfahrzeuge sind, sondern wird die Auffassung vertreten, daß § 60 Abs.2 ZFV 1972 nur eine Regelung der Markierung von Abstellflächen "im allgemeinen", jedoch keine auf Hubschrauber im besonderen abgestellte Regelung enthalte, daß insofern zwar in § 55 Abs. 2 ZFV 1972 eine Regelung über Form und Gestalt der Markierung befestigter Hubschrauberpisten getroffen worden, daß dem § 60 Abs. 2 ZFV 1972 hingegen über Form und Gestalt der Markierung von Hubschrauberabstellflächen und einer Abstellflächenposition für Hubschrauber des Bundesministeriums für Inneres nichts zu entnehmen sei.
Die Gegenschrift enthält weiters folgende Ausführungen:
"Eine Heranziehung des § 55 ZFV ist im gegenständlichen Fall nicht angebracht. Diese Bestimmung regelt die Markierung befestigter Hubschrauberpisten. Eine solche Piste ist zwar in weiterer Folge für den Flughafen X erforderlich, wird aber im angefochtenen Bescheid nicht erwähnt, da als erste unaufschiebbare Maßnahme für die Sicherheit des Flugplatzbetriebes die Markierung der Hubschrauberabstellflächen aufgetragen wird. Die Markierung von Abstellflächen ist jedoch im § 60 ZFV für alle Luftfahrzeuge geregelt und diese Bestimmungen wurden auch dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt."
Auch diese Ausführungen werden der Fragestellung der Beschwerde nicht gerecht, weil die Beschwerdeführerin gar nicht die Auffassung vertritt, daß in Ansehung des auf "Hubschrauberabstellflächen" und auf eine "Abstellflächenposition für Hubschrauber des Bundesministeriums für Inneres" abgestellten Spruches des angefochtenen Bescheides § 55 ZFV 1972 anzuwenden sei, sondern im Gegenteil selbst davon ausgeht, daß diese Bestimmung nicht anzuwenden sei, wodurch die Beschwerdeführerin eben veranlaßt wurde, die in Rede stehende Frage aufzuwerfen. Sollte die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren die Auferlegung einer auf "Hubschrauberabstellflächen" und auf eine "Abstellflächenposition für Hubschrauber des Bundesministeriums für Inneres" abgestellten Maßnahme weiter verfolgen, wird auch diese Frage zu klären sein.
Der angefochtene Bescheid war allerdings schon aus den vorstehend dargelegten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den für "Barauslagen" geltend gemachten Betrag (siehe hiezu den betreffenden Tatbestand in § 48 Abs. 1 Z. 1 VwGG).
Im Hinblick auf die hiemit ergehende Enderledigung war über den von der Beschwerdeführerin gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht mehr zu entscheiden.
Schlagworte
Grundsätzliches zur Rechtmäßigkeit und zur RechtsverletzungsmöglichkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990030246.X00Im RIS seit
27.02.1991Zuletzt aktualisiert am
23.10.2015