TE Vwgh Erkenntnis 1991/2/27 90/04/0204

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Veröffentlicht am 27.02.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §13 Abs3;
GewO 1973 §87 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde der N-GesmbH gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 5. Dezember 1989, Zl. 311.743/2-III-4/89, betreffend Entziehung einer Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. April 1988 wurde der Beschwerdeführerin die Gewerbeberechtigung für Zimmer- und Gebäudereiniger gemäß § 103 Abs. 1 lit.c Z. 27 GewO 1973 im Standort X, Y3, aufgrund des § 91 Abs. 2 GewO 1973 entzogen. Zur Begründung wurde ausgeführt, A sei laut Auskunft des Kreisgerichtes Wels seit 5. November 1987 handelsrechtliche Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin, es stehe ihr daher ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zu. Mit Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 27. Juli 1978 sei ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der A mangels Vermögens abgewiesen worden. Gegen A liege somit ein Gewerbeausschließungsgrund im Sinne des § 13 GewO 1973 vor. Der Beschwerdeführerin sei eine Frist gesetzt worden, um A bis zum 31. März 1988 aus der Gesellschaft abzuberufen. Die Beschwerdeführerin habe hiezu weder eine Stellungnahme abgegeben, noch einen Handelsregisterauszug vorgelegt, aus der die Abberufung der A als Geschäftsführerin hervorgehen würde.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 17. Oktober 1988 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen und der erstbehördliche Bescheid bestätigt.

Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 5. Dezember 1989 wurde der dagegen erhobenen Berufung keine Folge gegeben und der Vorbescheid "gemäß § 91 Abs. 2 in Verbindung mit § 87 Abs. 1 Z. 1 sowie § 13 Abs. 3 und 4" GewO 1973 bestätigt. Zur Begründung wurde ausgeführt, im gegenständlichen Fall sei während des gesamten Verfahrens kein Vorbringen dahingehend erstattet worden, daß der seinerzeitige Antrag, über das Vermögen der handelsrechtlichen Geschäftsführerin (und Alleingesellschafterin) der Beschwerdeführerin den Konkurs zu eröffnen, durch Konkurs, Ausgleichsverfahren oder eine strafgesetzwidrige Handlung eines Dritten verursacht worden sei. In den Berufungen vom 2. Mai bzw. vom 18. November 1988 sei lediglich vorgebracht worden, daß der seinerzeitige Antrag auf Konkurseröffnung durch freiwillige Haftungsübernahmen (zugunsten des Ehegatten AB ) zustande gekommen seien, A sei "ohne eigene Schuld seinerzeit in finanzielle Schwierigkeiten geraten". Ein darüber hinausgehendes Vorbringen sei nicht erstattet worden; auch die amtswegigen Ermittlungen hätten keinen Hinweis auf ein qualifiziertes Drittverschulden im Sinne des § 13 Abs. 3 GewO 1973 erkennen lassen. Hingegen biete die Bestimmung des § 91 Abs. 2 GewO 1973, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. Dezember 1987, Zl. 87/04/0143, dargelegt habe, keine Möglichkeit, ein allfälliges Gläubigerinteresse an einer Betriebsfortführung im Sinne des § 87 Abs. 2 GewO 1973 wahrzunehmen.

Dagegen richtet sich die vorliegende - vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung mit Beschluß vom 12. Juni 1990, B 44/90-12, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene - Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in dem Recht auf Nichtentziehung ihrer Gewerbeberechtigung verletzt. Sie trägt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes vor, die im angefochtenen Bescheid vertretene Auffassung, während des gesamten Verfahrens wäre kein Vorbringen dahingehend erstattet worden, daß der seinerzeitige Antrag, über das Vermögen der handelsrechtlichen Geschäftsführerin den Konkurs zu eröffnen, durch den Konkurs oder das Ausgleichsverfahren oder eine strafgesetzwidrige Handlung eines Dritten verursacht worden sei, sei unrichtig. In den Berufungen vom 2. Mai und vom 18. November 1988 sei sehr wohl ausführlich ausgeführt worden, daß A an dem beantragten Konkursverfahren kein wie immer geartetes Verschulden treffe, zumal dieses ausschließlich auf den Konkurs und die Zahlungsunfähigkeit eines Dritten, nämlich des AB, zurückzuführen gewesen sei. AB sei als selbständiger Handelsvertreter tätig gewesen und sei aufgrund erheblicher Steuernachzahlungen in eine äußerst schwierige finanzielle Situation geraten, in welcher A rein aus Gutmütigkeit Haftungen übernommen gehabt habe, welche schließlich zu einem Konkursantrag geführt hätten. Sowohl in der Berufung vom 2. Mai als auch in der Berufung vom 18. November 1988 seien unter anderem zu diesem Thema umfangreiche Beweisanträge gestellt worden, welche von der belangten Behörde ohne jegliche Begründung nicht berücksichtigt worden seien. Bei Aufnahme sämtlicher angebotener Beweise, wozu die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre, um die gegenständliche Angelegenheit rechtlich richtig beurteilen zu können, wäre man zweifellos zum Ergebnis gelangt, daß die Verursachung der Insolvenz der A auf Seiten dritter Personen gelegen gewesen sei. Entgegen dem Grundsatz der Wahrheitsfindung habe sich die belangte Behörde über sämtliche Beweisangebote hinweggesetzt und im angefochtenen Bescheid global ausgeführt, daß hinsichtlich eines Drittverschuldens keinerlei Vorbringen erstattet worden sei. Abgesehen davon, daß es nicht richtig sei, daß in dieser Richtung kein Vorbringen erstattet worden sei, wäre die belangte Behörde schon auf Grund des Grundsatzes der Erforschung der materiellen Wahrheit im Sinne des § 37 AVG 1950 verpflichtet gewesen, von sich aus, ohne an das Parteivorbringen gebunden zu sein, den Sachverhalt durch die Aufnahme der nötigen Beweise festzustellen. Die umfangreichen Vorbringen im gegenständlichen Verwaltungsverfahren, insbesondere in den Berufungen vom 2. Mai und 18. November 1988, hätten sehr wohl die Behauptung einer unmittelbaren Verursachung des Konkursantrages durch Dritte erkennen lassen, sodaß die Behörde auf Grund dieses Umstandes nebst der Verpflichtung zur Erforschung der materiellen Wahrheit bereits verpflichtet gewesen wäre, weitere Erhebungen in dieser Richtung zu pflegen. Der Sachverhalt sei jedenfalls in dieser Richtung ergänzungsbedürftig, zumal keinerlei Feststellungen über das Verschulden des AB am Konkursantrag der A getroffen worden seien. Gerade diese Feststellungen in Bezug auf das Drittverschulden wären ja entscheidungswesentlich gewesen und es wäre die Behörde dazu verpflichtet gewesen, diesbezüglich umfangreiche Erhebungen anzustellen, zumal ja lediglich die finanziellen Schwierigkeiten des AB zu dem Konkursantrag der A geführt hätten. Die belangte Behörde habe sich über das von der Beschwerdeführerin in den Schriftsätzen erstattete Vorbringen, daß durch Übernahme von Verbindlichkeiten die schwierige finanzielle Situation entstanden sei, ohne jegliche Begründung hinweggesetzt. Gerade im Hinblick auf die Bestimmung des § 13 Abs. 3 GewO 1973 wäre diese jedoch entscheidungswesentlich gewesen und es hätte die Aufnahme sämtlicher Beweise, wie diese in den Berufungen angeboten worden seien, zu einem anderen Bescheid geführt. Allein die richtige rechtliche Beurteilung der Feststellungen, daß der seinerzeitige Antrag auf Konkurseröffnung durch freiwillige Haftungsübernahmen zugunsten des AB zustandegekommen sei, wobei A ohne ihr eigenes Verschulden in finanzielle Schwierigkeiten geraten sei, lasse zweifellos Drittverschulden an der Stellung des Konkursantrages erblicken. Es wäre somit qualifiziertes Drittverschulden im Sinne des § 13 Abs. 3 vorgelegen, sodaß die Entziehung des Gewerbes nicht ausgesprochen hätte werden dürfen.

Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Ist der Gewerbeinhaber eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes und beziehen sich die im § 87 oder § 89 Abs. 1 angeführten Entziehungsgründe sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgeblicher Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, so hat die Behörde (§ 361) im Grunde des § 91 Abs.2 GewO 1973, wenn der Gewerbetreibende diese Person nicht innerhalb einer von der Behörde zu setzenden Frist entfernt, im Falle, daß der Gewerbetreibende der Gewerbeinhaber ist, die Gewerbeberechtigung zu entziehen, .....

Nach § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 ist von der Behörde u.a. die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 bis 5 angeführten Umstände, die den Ausschluß einer natürlichen oder juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes von der Gewerbeausübung zur Folge haben, vorliegt.

Gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1973 ist eine natürliche oder juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes, über deren Vermögen schon einmal der Konkurs oder zweimal das Ausgleichsverfahren eröffnet worden ist, von der Ausübung des Gewerbes auszuschließen; ein solcher Ausschluß ist nicht auszusprechen, wenn der Konkurs oder das Ausgleichsverfahren durch den Konkurs oder das Ausgleichsverfahren oder durch strafgesetzwidrige Handlungen eines Dritten verursacht worden ist. Nach Abs. 4 ist die Bestimmung des Abs. 3 auch anzuwenden, wenn es sich um eine natürliche oder juristische Person, oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes handelt, gegen die schon einmal der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden ist.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde davon ausging, daß das im Verwaltungsverfahren erstattete Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht auf den Tatbestand des zweiten Halbsatzes des § 13 Abs. 3 GewO 1973, nämlich die Verursachung "durch den Konkurs oder das Ausgleichsverfahren oder durch strafgesetzwidrige Handlungen eines Dritten", abgestellt war (zum Begriff "Konkurs" insbesondere auch im zweiten Halbsatz des § 13 Abs. 3 leg.cit siehe das hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1989, Zl. 89/04/0035). Auch das Vorbringen in der vorliegenden Beschwerde ist nicht auf eine dem Tatbestand des zweiten Halbsatzes des § 13 Abs. 3 GewO 1973 entsprechende Verursachung, nämlich auf die Auswirkungen des Konkurses oder des Ausgleichsverfahrens oder von strafgesetzwidrigen Handlungen einer Drittperson, abgestellt, sondern auf die Verursachung durch den Umstand, daß "A rein aus Gutmütigkeit Haftungen übernommen hat, welche schließlich zu einem Konkursantrag geführt haben". Auch die Aktenlage läßt nicht erkennen, daß die belangte Behörde - abgesehen von dem von der Beschwerdeführerin erstatteten Vorbringen - Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Sachverhaltes gehabt hätte, der unter dem Blickwinkel der Bestimmung des zweiten Halbsatzes des § 13 Abs. 3 GewO 1973 ermittelt hätte werden können und müssen.

Die Auffassung der Beschwerdeführerin, die Feststellung, daß der seinerzeitige Antrag auf Konkurseröffnung durch freiwillige Haftungsübernahmen zugunsten des AB zustande gekommen sei, wobei A ohne ihr eigenes Verschulden in finanzielle Schwierigkeiten geraten sei, lasse "zweifellos Drittverschulden an der Stellung des Konkursantrages erblicken", schließt keine dem zweiten Halbsatz des § 13 Abs. 3 GewO 1973 entsprechende Tatbestandsmäßigkeit in sich. Mit dieser Auffassung vermag die Beschwerdeführerin daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Da sich die vorliegende Beschwerde somit zur Gänze als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990040204.X00

Im RIS seit

27.02.1991

Zuletzt aktualisiert am

03.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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