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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 2. Juli 1990, Zl. 11-75 Pi 23-89, betreffend Übertretungen des Kraftfahrgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 2. Juli 1990 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als im Sinne des § 9 VStG satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenes Organ (Geschäftsführer) der P. GesmbH im Hinblick auf die Verpflichtungen als Zulassungsbesitzer nicht dafür gesorgt, daß der dem Kennzeichen nach bestimmte Lkw und der dem Kennzeichen nach bestimmte Anhänger am 9. November 1988 hinsichtlich der Beladung den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entsprochen haben, zumal Alfred A. den Lkw-Zug gegen 10 Uhr auf einer bestimmten Straße gelenkt habe, obgleich durch die Beladung das höchste zulässige Gesamtgewicht 1) des Lkws von 22.000 kg um 5.400 kg und 2) des Anhängers von 16.000 kg um
4.400 kg überschritten worden sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch zu 1) und 2) Übertretungen nach § 103 Abs. 1 in Verbindung mit § 101 Abs. 1 lit. a KFG begangen. Gemäß § 134 Abs. 1 KFG wurden über ihn Geldstrafen zu 1) in der Höhe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen und 6 Stunden) und zu 2) in der Höhe von S 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen) verhängt. In der Begründung wurde zum Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers im wesentlichen ausgeführt, es sei auf die zutreffende Sachverhaltsfeststellung im erstinstanzlichen Bescheid zu verweisen und ergänzend auszuführen, daß im gegenständlichen Verfahren der objektive Tatbestand, d.h. - wie vom Beschwerdeführer ausgeführt - die Überladung des Lkw-Zuges nicht ausdrücklich bestritten worden sei. Überdies gehe aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht hervor, wodurch im Konkreten eine unrichtige Messung bzw. Abwaage erfolgt sei. Vielmehr gehe aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers hervor, daß die tatsächlich erfolgte Gewichtsüberschreitung auf Grund der Art des Ladegutes und des Umstandes, daß die Beladung auf einem Forstweg durchgeführt worden sei, weder für den Lenker noch für einen Fachmann vermeidbar gewesen wäre. Weiters gehe aus den übereinstimmenden und glaubwürdigen Zeugenaussagen der Straßenaufsichtsorgane (das folgende Klammerzitat betrifft offensichtlich das Verfahren gegen den Lenker des Lkw-Zuges) hervor, daß die Wiegefläche eben gewesen und die Abwaage auf geeichten Wiegeplatten durchgeführt worden sei. Es folgen Ausführungen zur subjektiven Tatseite, wonach der Beschwerdeführer es unterlassen habe, für die entsprechende Überwachung seines Angestellten Vorsorge zu treffen. Aus der Zeugenaussage des Lenkers gehe schlüssig hervor, daß der Beschwerdeführer den ihm obliegenden Verpflichtungen in keiner Weise entsprochen habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit Recht macht der Beschwerdeführer eine Aktenwidrigkeit insoweit geltend, als die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon ausgegangen ist, der Beschwerdeführer habe im ganzen Verfahren den objektiven Tatbestand, nämlich die Überladung des Lkw-Zuges, nicht ausdrücklich bestritten. Schon in seiner ersten schriftlichen Rechtfertigung vom 28. Februar 1989 hat nämlich der Beschwerdeführer das Vorliegen einer Überladung in Abrede gestellt und in diesem Zusammenhang auf die Verantwortung des Fahrzeuglenkers Alfred A. in dem gegen diesen geführten Strafverfahren verwiesen. Weiters hat er insbesondere in der Berufung neuerlich das Vorliegen des objektiven Tatbestandes unter Hinweis auf die leugnende Verantwortung des Lenkers in dem gegen diesen anhängigen Strafverfahren bestritten und darauf Bezug genommen, der Lenker habe angegeben, es sei eine unrichtige Messung bzw. unrichtige Abwaage der Ladung erfolgt. Schon die Erstbehörde, aber vor allem die belangte Behörde, wäre daher verpflichtet gewesen, sich mit diesem Vorbringen näher auseinanderzusetzen und ein entsprechendes Ermittlungsverfahren durchzuführen. Dies wurde aber unterlassen und lediglich in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf die in einem anderen Verfahren, nämlich im Verfahren gegen den Lenker des Lkw-Zuges, ergangenen Zeugenaussagen der einschreitenden Gendarmeriebeamten mit dem Bemerken Bezug genommen, daß die Wiegefläche eben gewesen und die Abwaage mit geeichten Wiegeplatten erfolgt sei. In den den Beschwerdeführer betreffenden Verwaltungsstrafakten finden sich keinerlei Abschriften dieser in einem anderen Verfahren aufgenommenen Zeugenaussagen, sodaß derzeit auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar ist, welchen genauen Inhalt und Beweiswert diese Aussagen tatsächlich haben. Der Aktenlage ist weiters nicht zu entnehmen, daß dem Beschwerdeführer in Entsprechung der Bestimmung des § 45 Abs. 3 AVG Gelegenheit gegeben wurde, von dem Ergebnis dieser in einem anderen Verfahren ergangenen Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Darin ist aber ein wesentlicher Verfahrensmangel zu erblicken. In den den Beschwerdeführer betreffenden Verwaltungsstrafakten findet sich auch kein Hinweis darauf, daß dem Beschwerdeführer etwa der Bescheid, mit welchem der Fahrzeuglenker schuldig erkannt und bestraft worden ist, zwecks Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht wurde. Den Ausführungen in der Gegenschrift der belangten Behörde, es sei das Verfahren gegen den Lenker des Lkw-Zuges mit einem mit 3. Juli 1990, also einen Tag nach dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 2. Juli 1990, datierten Berufungsbescheid abgeschlossen worden, ist zu erwidern, daß im Verfahren gegen den Beschwerdeführer, unabhängig von dem Verfahren gegen den Lenker, eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens und einer Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers bedurft hätte.
Wegen der der belangten Behörde unterlaufenen Aktenwidrigkeit und da Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war daher der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Im Hinblick darauf hatte ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen, womit insbesondere auch die subjektive Tatseite bekämpft wird, zu unterbleiben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Da der in der zitierten Verordnung für den Schriftsatzaufwand vorgesehene Betrag von S 10.110,-- eine Pauschalsumme darstellt, in der auch die anteilsmäßige Umsatzsteuer mitenthalten ist, war das darüber hinausgehende Mehrbegehren abzuweisen.
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Grundsatz der Unbeschränktheit Parteiengehör Verletzung des Parteiengehörs Verfahrensmangel Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel ZeugenbeweisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990030201.X00Im RIS seit
27.02.1991