TE Vwgh Erkenntnis 1991/3/4 90/19/0223

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Veröffentlicht am 04.03.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

AZG §28;
VStG §31 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Großmann und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsoberkommissär Dr. Kral, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 12. März 1990, Zl. Vd-16.239/7, betreffend Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zunächst ist auf das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1989, Zl. 88/08/0125, zu verweisen, womit der Bescheid der belangten Behörde vom 29. Februar 1988, betreffend Bestrafung der Beschwerdeführerin wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes, im Ausspruch über die Strafen und über den Ersatz der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben und die Beschwerde im übrigen als unbegründet abgewiesen wurde. Mit diesem Bescheid hatte die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 11. Februar 1987, mit dem über die Beschwerdeführerin wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 28 AZG in Verbindung mit § 16 Abs. 2, § 14 Abs. 2 und § 17 Abs. 1 leg. cit. in jeweils vier Fällen Geldstrafen zu 1a) bis d) und 2a) bis d) von jeweils S 2.500,-- und zu 3a) bis d) von jeweils S 1.500,-- (insgesamt daher S 26.000,--) (Ersatzarreststrafen zu 1a) bis d) und 2a) bis d) von jeweils vier Tagen und 4 Stunden und zu 3a) bis d) von jeweils zwei Tagen und 12 Stunden) verhängt worden waren, bestätigt.

Im fortgesetzten Verfahren erließ die belangte Behörde den Bescheid vom 12. März 1990, mit welchem die Berufung als unbegründet abgewiesen, die verhängten Geldstrafen jedoch zu den Punkten 1a) bis d) und 2a) bis d) auf jeweils S 1.500,-- und zu den Punkten 3a) bis d) auf jeweils S 900,--, daher auf insgesamt S 15.600,-- (Ersatzarreststrafen zu 1a) bis d) und

2a) bis d) von jeweils zwei Tagen und 12 Stunden und zu 3a) bis d) von jeweils einem Tag und 12 Stunden), herabgesetzt wurden. Begründend führte die belangte Behörde aus, die erstinstanzliche Strafbehörde habe bei der Strafbemessung das Zusammentreffen zahlreicher Verwaltungsübertretungen als erschwerenden Umstand gewertet. Im Verwaltungsstrafverfahren gelte jedoch - anders als im gerichtlichen Strafverfahren - das Kumulationsprinzip. Dies bedeute, daß über den Täter für jede Verwaltungsübertretung eine eigene Strafe, somit nebeneinander mehrere Strafen, zu verhängen seien. Der Erschwerungsgrund mehrerer strafbarer Handlungen komme somit im gegenständlichen Fall nicht in Betracht. Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Erschwerungsgrund mehrerer strafbarer Handlungen nicht heranzuziehen sei und unter Bedachtnahme auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin - das monatliche Einkommen der Beschwerdeführerin betrage S 5.000,-- und die Bilanz der Einzelfirma der Beschwerdeführerin weise einen Verlust von ca. S 1,900.000,-- aus - habe die belangte Behörde die verhängten Geldstrafen herabgesetzt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht verletzt, nicht wegen Übertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz bestraft zu werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem zunächst erhobenen Einwand, der Bestrafung der Beschwerdeführerin stünde der zwischenzeitige Eintritt der Strafbarkeitsverjährung gemäß § 31 Abs. 3 VStG 1950 entgegen, ist die Beschwerde nicht im Recht.

Nach § 31 Abs. 3 VStG 1950 darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden, wenn seit dem Zeitpunkt, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat, drei Jahre vergangen sind. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Verwaltungsgerichtshof sowie Zeiten, während deren die Strafvollstreckung unzulässig, ausgesetzt, aufgeschoben oder unterbrochen war, sind nicht einzurechnen.

Die Zeit, die nicht in die Strafbarkeitsverjährungsfrist einzurechnen ist, beginnt mit dem Tag des Einlangens der Beschwerde beim Gerichtshof und endet mit der Zustellung der Entscheidung an die belangte Behörde (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. November 1987, Slg. N. F. Nr. 12570/A).

Nach der Aktenlage begann im gegenständlichen Fall der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist am 9. Juni 1986 (Beendigung des strafbaren Verhaltens). Die Verjährungsfrist wurde durch das Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vom 14. April 1988 (Tag des Einlangens der Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof) bis 3. August 1989 (Tag der Zustellung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes an die belangte Behörde) unterbrochen. Der nunmehr angefochtene Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 22. März 1990 zugestellt. Zieht man nun von dem zwischen dem 9. Juni 1986 und dem 22. März 1990 verstrichenen Zeitraum den Zeitraum der Unterbrechung durch das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ab, so ergibt sich, daß von der dreijährigen Frist für die Strafbarkeitsverjährung bis zur Zustellung des angefochtenen Bescheides an die Beschwerdeführerin erst weniger als 2 1/2 Jahre verstrichen sind. Die von der Beschwerdeführerin behauptete Strafbarkeitsverjährung ist daher nicht eingetreten.

Die Beschwerdeführerin rügt auch die Strafbemessung, doch ist sie damit gleichfalls nicht im Recht.

Von der Beschwerdeführerin wird insoweit lediglich eingewendet, die belangte Behörde hätte bei Bemessung der Strafen die von ihr festgestellten Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht ausreichend berücksichtigt. Diese Ansicht vermag der Gerichtshof nicht zu teilen. Die belangte Behörde hat der im zitierten Erkenntnis vom 13. Juni 1989, Zl. 88/08/0125, dargelegten Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach bei Bemessung der Strafen der Erschwerungsgrund mehrerer strafbarer Handlungen nicht heranzuziehen und die Einkommensverhältnisse zu berücksichtigen seien, insofern Rechnung getragen, als sie die von der Behörde erster Instanz verhängten Geldstrafen erheblich herabgesetzt hat. Unter Bedachtnahme auf den nicht unbeträchtlichen Unrechts- und Schuldgehalt der Verwaltungsübertretungen und angesichts des Strafrahmens des § 28 Abs. 1 AZG, der die Verhängung einer Geldstrafe von S 300,-- bis S 6.000,-- oder Arrest von drei Tagen bis zu sechs Wochen vorsieht, kann auch bei Berücksichtigung der nicht gerade günstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin nicht gesagt werden, daß die belangte Behörde mit der Festsetzung der Geldstrafen ihren Ermessensspielraum überschritten hätte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990190223.X00

Im RIS seit

04.03.1991

Zuletzt aktualisiert am

18.02.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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