Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
ASVG §355;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des Vereins C gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 12. Oktober 1989, Zl. 3/07-12.095/9-1989, betreffend Beitragspflicht nach dem ASVG und dem AlVG (mitbeteiligte Partei: Salzburger Gebietskrankenkasse, Faberstraße 19-23, 5024 Salzburg),
Spruch
1. den Beschluß gefaßt:
a) Die Beschwerde wird - soweit sie sich gegen den Ausspruch über die Versicherungspflicht richtet - zurückgewiesen.
b) Der Antrag des Beschwerdeführers auf "Weiterleitung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof" wird zurückgewiesen.
2. zu Recht erkannt:
Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der beschwerdeführende Verein hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen von S 2.760,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Die mitbeteiligte Partei hat aufgrund der vom 14. September 1987 bis 17. März 1988 beim Beschwerdeführer durchgeführten Beitragsprüfung mit Bescheid vom 25. März 1988 festgestellt, daß zahlreiche beim Beschwerdeführer beschäftigte Fußballspieler mit zum Teil zu niedrigem Entgelt, zum Teil nicht für die richtigen Zeiträume, sowie daß mehrere Fußballspieler und weitere, in diesem Bescheid näher bezeichnete Personen trotz Bestandes der Vollversicherungspflicht überhaupt nicht zur Sozialversicherung angemeldet worden seien. Es wurden daher im Spruch dieses Bescheides die in Beitragsrechnungsblättern namentlich angeführten Personen in den dort angeführten Zeiten und mit den dort aufscheinenden Beitragsgrundlagen und Beitragsgruppen gemäß § 4 Abs. 1 iVm Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 AlVG in die Pflichtversicherung einbezogen; ferner wurden für diese Dienstnehmer und Zeiträume Beiträge von insgesamt
S 3,800.700,88 zur Nachzahlung vorgeschrieben.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Einspruch.
2. Die belangte Behörde hat diesem Einspruch mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben und den Bescheid der mitbeteiligten Partei aus seinen zutreffenden Gründen bestätigt. Dieser Bescheid enthielt die Rechtsmittelbelehrung, daß gemäß § 415 ASVG das Rechtsmittel der Berufung an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zulässig sei. Hinsichtlich der Absprache über die Beitragspflicht sei jedoch ein weiteres ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig; es könne jedoch binnen sechs Wochen nach Zustellung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat im Vorverfahren mitgeteilt, daß sich die Verwaltungsakten beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales befinden, weil gegen den angefochtenen Bescheid (auch) Berufung wegen Feststellung der Versicherungspflicht erhoben worden sei; es werde die Zurückweisung der Beschwerde und die Zuerkennung von Aufwandersatz beantragt.
Die mitbeteiligte Partei hat eine Ggenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
4.1. Die vorliegende Beschwerde richtet sich
- ausdrücklich - gegen den "Bescheid des Amtes der Salzburger Landesregierung vom 12.10.1989". Das Amt der Salzburger Landesregierung wird im Rubrum der Beschwerde auch als belangte Behörde bezeichnet, sowie in der Darstellung des Verwaltungsgeschehens unter anderem ausgeführt, daß das "Amt der Salzburger Landesregierung" mit dem angefochtenen Bescheid dem Einspruch der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben habe.
Demgegenüber geht aus dem - mit der Beschwerde vorgelegten - angefochtenen Bescheid hervor, daß der Landeshauptmann von Salzburg (gemäß § 413 Abs. 1 Z. 1 ASVG zutreffenderweise) den angefochtenen Bescheid erlassen hat.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. Dezember 1984, Slg. Nr. 11625/A, ausgesprochen hat, steht die Falschbezeichnung "Amt der ... Landesregierung" für die belangte Behörde (statt der zutreffenden Bezeichnung der jeweiligen Landesregierung oder des Landeshauptmannes) der sachlichen Behandlung einer Beschwerde nicht im Wege, wenn durch die im vorgelegten Bescheid enthaltene Fertigungsklausel klar ist, daß die beschwerdeführende Partei (fälschlicherweise) von der Identität der Behörde mit deren Hilfsapparat (dem Amt der Landesregierung) ausgeht. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem solchen Fall davon auszugehen, daß mit der im vorgelegten Bescheid aufscheinenden, bescheiderlassenden Behörde das Prozeßrechtsverhältnis begründet werden soll (vgl. dazu den Beschluß eines verstärkten Senates vom 8. April 1981, Slg. Nr. 10419/A). Der Verwaltungsgerichtshof hatte daher auch im Beschwerdefall davon auszugehen, daß richtigerweise der Landeshauptmann von Salzburg als belangte Behörde anzusehen war, ohne daß dem beschwerdeführenden Verein diesbezüglich ein Mängelbehebungsauftrag erteilt werden mußte.
4.2. Die vorliegende Beschwerde richtet sich - entgegen der oben wiedergegebenen Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides - gegen den Bescheid der belangten Behörde ohne weitere Einschränkungen. Auch das in der Beschwerde gestellte Begehren (im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 6 VwGG) lautet dahin, "den angefochtenen Bescheid aufzuheben".
Gemäß § 415 ASVG steht in den Fällen des § 413 Abs. 1 Z. 1 ASVG (Entscheidung des Landeshauptmannes über die bei ihm nach § 412 ASVG eingebrachten Einsprüche) die Berufung an den Bundesminister für Arbeit und Soziales zu, wenn über die Versicherungspflicht oder die Berechtigung zur Weiter- oder Selbstversicherung entschieden worden ist.
Ist in einem solchen Fall auch die Beitragspflicht strittig, dann endet bezüglich dieser Frage der Instanzenzug beim Landeshauptmann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Mai 1980, Slg. 10121/A.
Hinsichtlich jenes Teiles des angefochtenen Bescheides, der über die Versicherungspflicht der im erstinstanzlichen Bescheid namentlich genannten Dienstnehmer abspricht, ist somit der Instanzenzug nicht erschöpft. Die sich offenkundig auch gegen diesen Teil des angefochtenen Bescheides richtende Beschwerde war daher insoweit in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
4.3. Zurückzuweisen war schließlich auch der in der Beschwerde gestellte Antrag auf "Weiterleitung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof". Gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG hat der VERFASSUNGSGERICHTSHOF in Fällen, die nach Art. 133 B-VG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausgeschlossen sind, zugleich mit seinem abweisenden Erkenntnis auf Antrag des Beschwerdeführers die Beschwerde zur Entscheidung darüber, ob der Beschwerdeführer durch den Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt wurde, dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten. Dies gilt (gemäß Art. 144 Abs. 3 letzter Satz B-VG) auch bei Ablehnungsbeschlüssen gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG.
Ein damit korrespondierendes Recht des VERWALTUNGSGERICHTSHOFES, bei ihm eingebrachte Beschwerden für den Fall ihrer Abweisung an den Verfassungsgerichtshof abzutreten, ist hingegen im Bundesverfassungsgesetz nicht vorgesehen. Der darauf abzielende Antrag des Beschwerdeführers war daher (ebenfalls in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat) als unzulässig zurückzuweisen.
4.4. In der Sache selbst erachtet sich der Beschwerdeführer (nach dem so formulierten Beschwerdepunkt) durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht verletzt, "seinen Mitgliedern die Ausübung des Vereinszweckes uneingeschränkt zu ermöglichen bzw. den Mitgliedern für die Erreichung des Vereinszweckes eine Entschädigung zu leisten, ohne daß diese der Beitragspflicht gemäß ASVG und AlVG unterliegt und hiefür Abgaben zu bezahlen sind".
Damit wendet sich die vorliegende Beschwerde nicht gegen die von der belangten Behörde festgestellte Beitragspflicht der Höhe, sondern ausschließlich dem Grunde nach. Dies tritt auch in den Beschwerdegründen deutlich zutage, in denen sich der Beschwerdeführer ausschließlich auf die Bestreitung der Versicherungspflicht der vom angefochtenen Bescheid erfaßten Beschäftigten beschränkt.
4.5. Die Anfechtung eines Beitragsbescheides ausschließlich aus dem Grund der (behauptetermaßen) mangelnden Versicherungspflicht ist grundsätzlich zulässig, da die Versicherungspflicht als notwendige Voraussetzung der Beitragspflicht im Beitragsverfahren eine Vorfrage im Sinne der §§ 38 und 69 Abs. 1 lit. c AVG darstellt (vgl. Pkt. 4.5.1.) und die gesetzwidrige Beurteilung einer Vorfrage die Rechtswidrigkeit der darauf gestützten Entscheidung der Hauptfrage zur Folge hätte (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Februar 1956, Slg. Nr. 3974/A, sowie aus jüngerer Zeit - vom 19. Dezember 1989, Zl. 89/11/0285).
Aus dem Blickwinkel des Beschwerdefalles ist jedoch die Frage aufzuwerfen, ob die belangte Behörde bei der Entscheidung über die Beitragspflicht die Versicherungspflicht überhaupt (noch) selbständig als Vorfrage beurteilt hat (bzw. - dies würde auf dasselbe hinauslaufen - beurteilen durfte) oder dabei bereits an den (im Beschwerdefall im gleichen Bescheid enthaltenen) die Versicherungspflicht bejahenden Ausspruch gebunden war. In letzterem Fall könnte nämlich ein die Beitragspflicht bejahender Bescheid jedenfalls nicht aus dem Grund der mangelnden Versicherungspflicht als rechtswidrig erachtet werden.
4.5.1. Wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. in seinen Erkenntnissen vom 26. Oktober 1954, Slg. 3537/A, und vom 26. Februar 1981, Slg. Nr. 10383/A, ausgesprochen hat, ist § 38 AVG analog auch dann anzuwenden, wenn im Ermittlungsverfahren eine Vorfrage zu beurteilen ist, über die als Hauptfrage die Behörde zwar selbst, aber in einem anderen Verfahren zu entscheiden hat. Die Versicherungspflicht einer Person ist eine solche Vorfrage in einem Verfahren, das die Beitragspflicht für sie betrifft (vgl. ua. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. November 1978, Slg. Nr. 9689/A).
4.5.2. In der Judikatur wird im allgemeinen (im Zusammenhang mit der Beurteilung einer Vorfrage im Sinne des § 38 AVG) eine Bindung der zur Vorfragenbeurteilung berufenen Behörde an die jeweilige Hauptfragenentscheidung jedenfalls ab deren Rechtskraft angenommen (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 28. September 1982, Zl. 82/11/0087, vom 19. Februar 1988, Zl. 87/11/0121, sowie vom 19. Dezember 1989, Zl. 89/11/0285 zum Verhältnis Beitrags- und Versicherungspflicht vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 31. Jänner 1985, Zlen. 84/08/0138, 0139; vom 6. Februar 1990, Zlen. 89/08/0357, 90/08/0001, und vom 25. September 1990, Zl. 90/08/0049). In diesen Fällen liegt somit eine (eigenständige) Vorfragenentscheidung gar nicht mehr vor; die Behörde entscheidet vielmehr nur dann rechtmäßig, wenn sie die Bindung an die Hauptfragenentscheidung beachtet.
4.5.3. Ist die Hauptfrage NOCH NICHT RECHTSKRÄFTIG (wohl aber bescheidmäßig) erledigt, dann ist nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 1987, Zl. 87/11/0154, noch KEINE Bindung, sondern eine eigenständige Vorfragenlösung im Sinne des § 38 AVG anzunehmen. Dieses Erkenntnis bezieht sich allerdings nur auf den Fall, daß für die Vorfragenbeurteilung einerseits und die Hauptfragenentscheidung andererseits zwei VERSCHIEDENE Behörden zuständig gewesen sind.
4.6. Wann die Bindung der Behörde an die Hauptfragenentscheidung eintritt, wurde für den Fall, daß ein und dieselbe Behörde auch die Vorfragenbeurteilung in der gleichen Rechtsfrage vorzunehmen hat, - soweit ersichtlich - vom Verwaltungsgerichtshof noch nicht ausdrücklich entschieden.
Die Besonderheit dieser Konstellation liegt unter anderem darin, daß eine Behörde an den von ihr erlassenen Bescheid (auch wenn dieser noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist) grundsätzlich gebunden ist (vgl. dazu Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts4, RdZ 461 sowie Lehne, JBl. 1960, 286 f). In dieser (unabhängig von der Rechtskraft eintretenden) Gebundenheit an den eigenen Bescheid unterscheidet sich diese Behörde bei der (ebenfalls von ihr vorzunehmenden) nachfolgenden Vorfragenbeurteilung von einer Behörde, bei der die Bindung an die Hauptfragenentscheidung einer ANDEREN Behörde in Rede steht.
Bei der Prüfung der Frage, welche Auswirkungen die eingetretene Selbstbindung der Behörde bei einer nachfolgenden (die gleiche Rechtsfrage betreffenden) Vorfragenbeurteilung hat, ist zunächst - fallbezogen - der Sachzusammenhang zwischen der Hauptfragenentscheidung über die Versicherungspflicht und jener über die Beitragspflicht in Betracht zu ziehen:
4.6.1. Für die Entscheidung über die Beitragspflicht ist zwar die Erlassung eines Bescheides über die Versicherungspflicht nicht Voraussetzung, gleichwohl ist aber die Versicherungspflicht als Hauptfrage insoweit notwendige Voraussetzung der Beitragspflicht, als mit jener auch diese entfiele.
4.6.2. Dieser innere Zusammenhang führt zu der weiteren Überlegung, ob es der belangten Behörde erlaubt sein kann, in zwei aufeinander aufbauenden (jeweils von ihr zu erlassenden) Bescheiden allenfalls widersprechende Rechtsauffassungen insoweit zu vertreten, als etwa eine Vorfragenbeurteilung im Gegensatz zu dem bereits früher in dieser Sache erlassenen Hauptfragenbescheid vorgenommen würde. Schon die Anforderung, daß zwei in einem solchen Zusammenhang stehende Bescheide - in Rechtskraft erwachsen - einander sinnvoll ergänzen und nicht zueinander in Widerspruch stehen sollen (wie schon aufgrund des Grundsatzes einer - zumindest anzustrebenden - Einheitlichkeit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung nicht zweifelhaft sein kann), läßt es nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, eine Vorgangsweise ein und derselben Behörde, die diesen Grundsätzen zuwiderläuft, als rechtmäßig anzusehen.
4.6.3. Dazu kommt, daß der Gesetzgeber dadurch, daß er im § 38 AVG einer Behörde grundsätzlich die selbständige Vorfragenbeurteilung ohne Rücksicht auf die Hauptfragenzuständigkeit einräumt, Widersprüchen in der Rechtsordnung nicht Vorschub leisten wollte, sondern vielmehr - wie Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht 74 f zutreffend anmerken - die Gefahr der unrichtigen Beurteilung eine Vorfrage lediglich im Interesse einer raschen Entscheidung in Kauf genommen hat. Dieser Gesichtspunkt trifft naturgemäß bei der analogen (d.H. mit der durch die Besonderheit der Behördeneinheit erforderlichen abweichenden) Anwendung des § 38 AVG auf eine Behörde, die sowohl zur Hauptfragenentscheidung als auch zur Vorfragenbeurteilung berufen ist, nur in eingeschränktem Umfang zu und würde - nähme man eine Bindung auch dieser Behörde an die eigene Hauptfragenentscheidung erst nach deren Rechtskraft an - in sein Gegenteil verkehrt.
4.7. Der Verwaltungsgerichtshof hält es aus diesen Gründen für unzulässig, die Versicherungspflicht als Vorfrage abweichend von einem gleichzeitig oder vorher erlassenen Hauptfragenbescheid zu beurteilen. Die Behörde ist daher bei der Beurteilung einer Rechtsfrage, die zur Hauptfrage des Verfahrens im Verhältnis der Vorfrage steht, an einen von ihr selbst bereits früher oder gleichzeitig erlassenen Hauptfragenbescheid auch dann gebunden, wenn dieser entweder zufolge eines mittlerweile erhobenen Rechtsmittels oder mangels Ablaufes der Rechtsmittelfrist noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist.
4.7.1. Gegen diesen Aspekt der Bindung der Behörde an ihre eigenen Hauptfragenbescheide schon vor deren Rechtskraft können auch nicht Gesichtspunkte des Rechtsschutzes ins Treffen geführt werden, zumal eine unzutreffende Lösung der Hauptfrage mittels den gegen den Hauptfragenbescheid zulässigen Rechtsmitteln ausreichend geltend gemacht, sowie - letztlich - in einem Beschwerdeverfahren an den Verwaltungsgerichtshof herangetragen werden kann.
4.7.2. Die Annahme der Bindung der Behörde an einen von ihr erlassenen Hauptfragenbescheid vermeidet auch eine doppelte Prüfung der gleichen Rechtsfrage durch den Verwaltungsgerichtshof (einmal im Zusammenhang mit der für den Beitragsbescheid maßgebenden Vorfrage, ein zweites Mal aufgrund der gegen den Bescheid über die Versicherungspflicht erhobenen Beschwerde).
4.7.3. Schließlich ist nach § 69 Abs. 1 lit. c AVG dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines Verfahrens dann stattzugeben, wenn der Bescheid von einer Vorfrage abhängig war und nachträglich über die Vorfrage eine in wesentlichen Punkten anderslautende Hauptfragenentscheidung ergangen ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 16. Oktober 1987, Slg. Nr. 12555/A und das Erkenntnis vom 29. März 1984, Zl. 83/08/0321). Eine nachträgliche Änderung des Ausspruches über die Versicherungspflicht kann daher im Beitragsverfahren als Wiederaufnahmsgrund gemäß § 69 Abs. 1 lit. c AVG auf Antrag oder von Amts wegen wahrgenommen werden.
4.8. Auf den Beschwerdefall übertragen bedeutet dies, daß die belangte Behörde bei Beurteilung der Beitragspflicht des Beschwerdeführers als Dienstgeber an die im zweiten Spruchteil des angefochtenen Bescheides getroffene Feststellung über die Versicherungspflicht der bei der Beitragsnachverrechnung (bzw. erstmaligen Beitragsvorschreibung) erfaßten Dienstnehmer gebunden war. Alle in der Beschwerde gegen die Versicherungspflicht dieser Dienstnehmer erhobenen Einwendungen sind daher ausschließlich im Rechtsmittelverfahren gegen den darüber absprechenden Spruchteil zu beurteilen.
Da andere Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der im angefochtenen Bescheid vorgenommenen Beitragsvorschreibung in der Beschwerde nicht erhoben wurden und auch sonst nicht erkennbar sind, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
MängelbehebungOffenbare Unzuständigkeit des VwGH Angelegenheiten die zur Zuständigkeit des VfGH gehören (B-VG Art133 Z1) Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter RechteRechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1989080332.X00Im RIS seit
05.03.1991Zuletzt aktualisiert am
09.11.2012