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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Individualantrag einer als Abgeordnete zum Nationalrat gewählten, außer Dienst gestellten Beamtin auf Aufhebung des §13 Abs6 GehaltsG 1956; objektiver Maßstab für die Beurteilung der nachteiligen Auswirkungen des angefochtenen Gesetzes auf die Rechtssphäre des Antragstellers; hier: Verschlechterung der Rechtsstellung durch ersatzlosen Verlust eines besoldungsrechtlichen Anspruches; kein subjektives Recht auf Nichtanwendung eines aus politischen Gründen abgelehnten behauptetermaßen verfassungswidrigen Gesetzes - kein Eingriff in rechtliche Interessen - LegitmationsmangelSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung;
. I. 1. Mit dem auf Art140 Abs1 letzter Satz B-VG gestützten Antrag begehrt die Antragstellerin die Aufhebung des § 13 Abs6 Gehaltsgesetz 1956, BGBl. 54 idgF (im folgenden: GG 1956), wegen Verfassungswidrigkeit.
§13 Abs6 GG 1956 bestimmt (ua.), daß einem Beamten, der gemäß §17 Abs3 oder 5 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 - BDG 1979 oder gemäß §82 Abs2 des Richterdienstgesetzes außer Dienst gestellt ist, abweichend von den sonstigen, den Anspruch auf Dienstbezüge regelnden Vorschriften ein Monatsbezug in der Höhe des Ruhebezuges und der Sonderzahlungen, auf die er Anspruch hätte, wenn er jeweils mit Ablauf des letzten Kalenderjahres in den Ruhestand versetzt worden wäre, gebühren.
2. Die Antragstellerin bringt vor, sie sei am 23. November 1986 als Abgeordnete in den Nationalrat gewählt und in der Folge gemäß §17 Abs3 BDG 1979 außer Dienst gestellt worden. Sie erachtet sich durch §13 Abs6 GG 1956, der dessen ungeachtet den Anspruch auf einen bestimmten Bezug einräumt, zum einen insofern beschwert, als sie den ihr zustehenden "Ruhebezug als Einkommen vereinnahmen und hiefür die herauf entfallenden Abgaben entrichten muß", zum anderen deshalb, weil sie sich im Zuge des der Nationalratswahl vom 23. November 1986 vorausgegangenen Wahlkampfes als Mitglied einer politischen Partei mit der politischen Aussage an der Wahlwerbung beteiligt habe, die angefochtene Vorschrift sei "ein Privileg im Sinne einer sachlich nicht begründeten Besserstellung bestimmter Beamter". Die Antragstellerin sei durch diese Vorschrift deshalb rechtlich betroffen und daher zu deren Anfechtung legitimiert, weil sie diese Aussage im Rahmen der den politischen Parteien kraft Verfassung obliegenden Mitwirkung an der politschen Willensbildung gemacht und als Abgeordnete zum Nationalrat die Beachtung der Verfassung und der sonstigen Gesetze gelobt habe.
elschulprofessorin am BORG Grieskirchen nicht mehr nachkommen. Durch die angefochtene Vorschrift, die ungeachtet dieses Umstandes die (teilweise) Fortzahlung ihrer Dienstbezüge als Mittelschulprofessorin vorsieht, erachtet sich die Antragstellerin beschwert und legt mit näherer Begründung dar, weshalb diese Regelung ihrer Auffassung nach in Widerspruch zu den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf gleiche Zugänglichkeit zu öffentlichen Ämtern steht.
II. Der Antrag ist unzulässig.
1. Gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der VfGH über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Nach der seit dem Erkenntnis VfSlg. 8009/1977 ständigen Rechtsprechung des VfGH ist für die Antragstellung ua. Voraussetzung, daß das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Personen eingreift und sie - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Bei der Beurteilung der Antragslegitimation hat der VfGH lediglich zu untersuchen, ob das angefochtene Gesetz für den Antragsteller die im Antrag ins Treffen geführten (nachteiligen) Wirkungen hat und ob diese Wirkungen den Kriterien des Art140 Abs1 letzter Satz B-VG entsprechen (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10177/1984, 10353/1985).
2.a) Für die Beurteilung der Frage, ob das angefochtene Gesetz sich auf die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig auswirkt, ist nicht dessen subjektive Auffassung entscheidend, vielmehr ist dabei ein objektiver Maßstab anzulegen. In diesem Sinne kommt es darauf an, ob bei verständiger Würdigung der konkreten Umstände nach allgemeiner Auffassung die durch das Gesetz bewirkte Änderung der Rechtsposition des Antragstellers unabhängig von dessen subjektiver Einschätzung - als eine für ihn nachteilige anzusehen ist.
b) Im gegebenen Fall hätte der von der Antragstellerin angestrebte Wegfall des §13 Abs6 GG 1956 für sie den ersatzlosen Verlust ihres auf dieser Vorschrift beruhenden, dort näher umschriebenen besoldungsrechtlichen Anspruches, mithin objektiv gesehen - eine Verschlechterung ihrer Rechtsstellung zur Folge. Daß der Verlust dieses Rechtsanspruches auch den Wegfall der Pflicht zur Versteuerung der aus ihm erfließenden Einkünfte nach sich zöge, vermag an dieser Beurteilung ebensowenig zu ändern wie die Tatsache, daß die Antragstellerin - wenn auch aus anderen als rechtlichen Gründen - eine solche Änderung als wünschenswert ansieht. Damit zeigt sich aber, daß bei der gebotenen objektiven Beurteilung mit der - von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang allein vorgebrachten Behauptung, die Zuerkennung des in Rede stehenden Rechtsanspruches durch die angefochtene Vorschrift habe die Versteuerung der daraus erfließenden Einkünfte zur (rechtlichen) Folge, keine für die Antragstellerin nachteilige Veränderung ihrer Rechtsposition geltend gemacht wird.
c) Mit dem - unter I. 2. kurz wiedergegebenen - weiteren Vorbringen wird ein Eingriff des angefochtenen Gesetzes in die rechtlichen Interessen der Antragstellerin nicht dargetan. Es gibt keine Rechtsnorm, die jemandem ein subjektives Recht auf Nichtanwendung eines (im übrigen inn seine Rechtssphäre nicht nachteilig eingreoifenden) von ihm aus politischen Gründen abgelehnten, behauptetermaßen verfassungswidrigen Gesetzes einräumte.
3. Der (Individual-)Antrag war somit mangels Legitimation der Antragstellerin zurückzuweisen.
Seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 hat der VfGH in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt eingenommen, daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht . Ein derartiger Weg ist hier jedoch gegeben und wurde von der Einschreiterin auch beschritten.
Die Antragstellerin erwirkte nämlich bereits einen Feststellungsbescheid des Bundesministers für Unterricht, Kunst und Sport, dessen materielle Rechtsgrundlage die angefochtene Gesetzesvorschrift bildet; sie machte sodann von der Möglichkeit Gebrauch, den VfGH mit einer auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde (protokolliert zu B842/88) anzurufen, in der sie die amtswegige Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens anregte.
Der Individualantrag war somit mangels Legitimation der Antragstellerin zurückzuweisen, was gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren beschlossen werden konnte.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Dienstrecht, Bezüge, Bezüge für MandatareEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:G76.1987Dokumentnummer
JFT_10119373_87G00076_00