TE Vwgh Erkenntnis 1991/3/7 90/16/0043

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Veröffentlicht am 07.03.1991
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs1;
BAO §243;
BAO §246 Abs1;
BAO §257 Abs2;
BAO §276 Abs1;
BAO §97 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr und Mag. Meinl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde der X-GmbH gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 31. Oktober 1989, GZ. GA 11-1603/1/89, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.700,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution ersetzen.

Begründung

Bezüglich des Sachverhaltes wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tage, Zl. 90/16/0005, verwiesen, mit welchem die Beschwerde des N gegen den obbezeichneten Bescheid der belangten Behörde vom 31. Oktober 1989 gemäß § 34 Abs 1 und 3 VwGG als unzulässig zurückgewiesen wurde. Wie in der Begründung dieses Beschlusses näher dargestellt wurde, hatte der Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei am 1. August 1989 "als ausgewiesener Bevollmächtigter für Herrn N den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz" gestellt.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, an die Beschwerdeführerin gerichteten Bescheid vom 31. Oktober 1989 wies die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Abgabenbehörde zweiter Instanz die Berufung der beschwerdeführenden Partei als unbegründet ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird, vor. Die beschwerdeführende Partei hat repliziert.

Der Gerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 97 Abs. 1 erster Satz BAO weden Erledigungen dadurch wirksam, daß sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Da der Bescheid eine der Rechtskraft fähige, förmliche, hoheitliche Willensäußerung einer Abgabenbehörde für den Einzelfall darstellt, hat er, wie § 93 Abs. 2 BAO ausdrücklich normiert, im Spruch die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht. Nach der Anordnung des § 243 BAO ist gegen Bescheide, welche die Abgabenbehörden erster Instanz erlassen, als Rechtsmittel die Berufung gegeben, soweit nicht in Abgabenvorschriften ein Rechtsmittel für unzulässig erklärt wird. Zur Einbringung einer Berufung ist im Grunde des § 246 Abs. 1 BAO jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist. Berufungswerber kann somit nur der sein, dem der Bescheid wirksam bekanntgegeben wurde und für den der Bescheid auch inhaltlich bestimmt ist (vgl. hiezu VwSlg. 3846/F sowie die Erkenntnisse vom 17. Dezember 1970, Zl. 598/69, und vom 5. April 1971, Zl. 1536/69). Nun war der im oben erwähnten Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tage erwähnte Abgabenbescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien vom 28. April 1989, wie aus dem für diese Beurteilung maßgeblichen Spruch des Bescheides hervorgeht, an die beschwerdeführende Partei gerichtet. Zur Einbringung der Berufung war daher nach dem klaren Wortlaut des § 246 Abs. 1 BAO nur die beschwerdeführende Partei, nicht aber N berechtigt.

Gemäß § 276 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde erster Instanz, wenn ein Anlaß zur Zurückweisung (§ 273) nicht vorliegt und etwaige Formgebrechen und inhaltliche Mängel behoben sind (§§ 85 Abs. 2 und 275), die Berufung nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen durch Berufungsvorentscheidung erledigen und hiebei den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abändern oder aufheben oder die Berufung als unbegründet abweisen. Gegen einen solchen Bescheid, der wie eine Entscheidung über die Berufung wirkt, kann innerhalb eines Monats der Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt werden. Zur Einbringung eines solchen Antrages ist der Berufungswerber und ferner jeder befugt, dem gegenüber die Berufungsvorentscheidung wirkt. Wird der Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz durch einen anderen hiezu Befugten als den Berufungswerber gestellt, so ist der Berufungswerber hievon unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

Wenn nun diese wiedergegebene Gesetzesvorschrift bestimmt, daß die Abgabenbehörde erster Instanz eine Berufung durch Berufungsvorentscheidung erledigen kann und ein solcher Bescheid wie eine Entscheidung über die Berufung (durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz) wirkt, es sei denn, daß der Berufungswerber binnen der unerstreckbaren Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsvorentscheidung beantragt, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen, so kann nach dem oben Gesagten als Berufungswerber nur der verstanden werden, der auf Grund der bezogenen Vorschriften formell berechtigt ist eine Berufung einzubringen oder wer dem Berufungswerber durch besondere Vorschrift gleichgestellt wird, wie das § 257 Abs. 2 BAO bezüglich der einer Berufung beigetretenen Person bestimmt, welche die gleichen Rechte geltend machen kann, die dem Berufungswerber zustehen (vgl. im Zusammenhang das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. November 1965, Zl. 1835/64).

Angesichts des eindeutigen Wortlautes des § 276 Abs. 1 BAO konnte im Beschwerdefalle N keinesfalls im eigenen Namen den Antrag auf Entscheidung durch die belangte Behörde stellen, wie es in dem Schriftsatz vom 1. August 1989 geschehen ist, weil er, wie zweifelsfrei feststeht, zur Einbrinung einer Berufung gegen den ausschließlich an die beschwerdeführende Partei gerichteten erstinstanzlichen Abgabenbescheid vom 28. April 1989 nicht legitimiert war.

Der Antrag ist somit nicht von einem formell berechtigten Berufungswerber gestellt worden, wie es § 276 Abs. 1 BAO als Voraussetzung für das weitere Verfahren vorsieht. Die Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien vom 25. Juli 1989 hatte auch gegenüber N keine rechtlichen Wirkungen erzeugt.

Der belangten Behörde lag somit für ihre nunmehr von der beschwerdeführenden Partei vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Berufungsentscheidung vom 31. Oktober 1989 kein Antrag auf Entscheidung einer hiezu legitimierten Partei vor; sie war daher zu der getroffenen Sachentscheidung über die Berufung nicht berechtigt. Da sie dennoch als Berufungsbehörde eingeschritten ist und in der Sache eine Berufungsentscheidung gegenüber der beschwerdeführenden Partei gefällt hat, hat sie dieselbe dadurch im Beschwerdepunkt in ihren Rechten verletzt, sodaß der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG der Aufhebung verfallen mußte, ohne daß auf das Beschwerdevorbringen in der Sache eingegangen werden konnte.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990160043.X00

Im RIS seit

07.03.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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