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L66503 Flurverfassung Zusammenlegung landw GrundstückeNorm
FlVfGG §10 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger, Dr. Kremla und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des RT und der ST gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 19. Dezember 1989, Zl. VI/3-AO-44/202, betreffend Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen im Zusammenlegungsverfahren O, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In dem seit dem Jahre 1971 anhängigen Zusammenlegungsverfahren O wurde der Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen von der Niederösterreichischen Agrarbezirksbehörde (ABB) im Juli 1972 zur allgemeinen Einsicht aufgelegt. Nach Berufungen mehrerer Verfahrensparteien, darunter auch der nunmehrigen Beschwerdeführer, ist dieser Plan in abgeänderter Form gemäß Bescheiden des Landesagrarsenates (der nunmehr belangten Behörde) vom 10. November 1972 in Rechtskraft erwachsen.
Im Sommer 1973 hat die ABB ferner den Zusammenlegungsplan in diesem Verfahren erlassen bzw. zur allgemeinen Einsicht aufgelegt, doch wurde dieser von zahlreichen Parteien mit Rechtsmitteln bekämpft und ist bisher nicht in Rechtskraft erwachsen. Hiezu kann auf das den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bekannte Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. November 1980, Zl. 1089/80, verwiesen werden, mit welchem der Bescheid des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft (OAS) vom 6. Oktober 1976 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden ist. In diesem Bescheid hatte der OAS angeordnet,
"daß im Bereich des Weges Gp n5 wasserbautechnische Vorkehrungen geschaffen werden, die ein Überfließen des in den Furchen der Abfindungen n1 bis n6 anfallenden Oberflächenwassers und dessen Abfluß auf das Abfindungsgrundstück n5 (richtig n4) verhindern".
In der Folge hat der OAS mit (Ersatz-)Bescheid vom 3. März 1982 die Bescheide der Unterinstanzen betreffend den Zusammenlegungsplan hinsichtlich der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die ABB zurückverwiesen. Auch in dieser Entscheidung war die Notwendigkeit wasserbautechnischer Maßnahmen hinsichtlich des Abfindungsgrundstückes n4 eine maßgebende, durch zwischenzeitig eingeholte Fachgutachten gestützte Erwägung.
Die ABB erließ hierüber nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens ihren Bescheid vom 27. März 1985, der u. a. die "2. Ergänzung" zum Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen enthielt, aber auf Grund mehrerer Berufungen mit Bescheid der nunmehr belangten Behörde vom 1. Juli 1986 u.a. hinsichtlich des Ergänzungsplanes 2 behoben wurde. Anlaß dafür war insbesondere die Befürchtung, daß die vorgesehene Lösung bei Starkregenereignissen nicht geeignet sein würde, die nördlich angrenzenden Grundstücke und auch die Hofeinfahrt der Beschwerdeführer ausreichend vor andringendem Wasser zu schützen.
Nach weiteren Beweisaufnahmen erließ sodann die ABB ihren den "Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen (Ergänzungsplan 2)" betreffenden Bescheid vom 11. Oktober 1988, welchem sie ein entsprechendes Bauprojekt zugrunde legte. Der technische Bericht dieses zum Bestandteil des Bescheides erkärten Bauprojektes enthält unter Punkt 1 und 2 folgende Angaben:
"1. Beschreibung der derzeitigen Wasserabflußverhältnisse:
Das Einzugsgebiet von ca. 3 ha (Teile der Grundstücke n1 bis n6 KG. L, siehe Übersichtskarte 1:25.000) entwässert mit 3 bis 4 Prozent Gefälle Richtung Norden zur Abfindung n4 bzw. zum Weg GSt. Nr. n5. Die Oberflächenwässer fließen zum Teil entlang dieses Schotterweges in Richtung Landesstraße L 5055.
2. Beschreibung der zu errichtenden wasserbaulichen Anlagen:
Durch die Asphaltierung des Weges Nr. n5 auf eine Länge von 270 lfm mit einer Mindestquerneigung von 2,5 Prozent zu einer Asphaltrandleiste am Südrand des Weges wird das Oberflächenwasser schadlos abgeleitet. Im Bereich der Einmündung des Weges n5 in die Landesstraße L 5055 wird auf GSt. Nr. n1 ein Retentionsbecken mit einem Fassungsvermögen von ca. 150 m3 mit 2,5 m Wassertiefe bei Vollfüllung angeordnet.
Die Einleitung der Oberflächenwässer vom Weg Nr. n5 erfolgt durch eine asphaltierte Einlaufmulde bzw. einen Querschacht mit Gitterrost und einen mit Wurfsteinen gesicherten Einlaufbereich im Erdbecken. Die Böschungen des Beckens werden mit einer Neigung von 2:3 ausgebildet, humusiert und besämt. Entlang der Landesstraße und des Weges wird ein Holzgeländer errichtet. Der Flächenbedarf für das Retentionsbecken beträgt inklusive eines 1 m breiten Sicherheitsstreifens ca. 228 m2."
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung, mit welcher sie im wesentlichen die Beseitigung der Wege n5 und n2 und eine Anlegung der Wege an anderer Stelle, den Wegfall des "Fangbeckens" und die Behebung der von der ABB vorgesehenen Ergänzungen forderten.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19. Dezember 1989 wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG sowie gemäß § 13 des Niederösterreichischen Flurverfassungs-Landesgesetzes 1975, LGBl. Nr. 6650-3 (FLG), als unbegründet ab. In der Begründung wies die belangte Behörde vorerst auf die beleidigende Schreibweise der Beschwerdeführer hin, führte dazu aber aus, sie habe dennoch von einer Ordnungsstrafe Abstand genommen. Auf zahlreiche Ausführungen der Berufung sei nicht einzugehen, weil sie sich nicht auf den Inhalt des bekämpften Bescheides der ABB bezögen. Der Haupteinwand bestehe darin, daß die Wegführung die eigentliche Ursache der Misere bei den Wasserabflußverhältnissen darstelle und daß die angeordneten Maßnahmen keine richtige Verbesserung der Situation bringen würden. Hiezu sei vorerst auf die eingetretene Rechtskraft des Planes der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen zur Wegführung hinzuweisen. Es könnten nun nur mehr Detailveränderungen oder zusätzliche gemeinsame Maßnahmen zur Erzielung einer Verbesserung der Abflußverhältnisse vorgenommen werden. Gewisse Fragen würden erst bei Erlassung des Zusammenlegungsplanes zu lösen sein. Das vorgesehene Fangbecken werde zwar Kosten verursachen, aber auch den Beschwerdeführern Vorteile bringen. Gerade dieses Becken könne eine größere Wassermenge sammeln und mit verzögernder Wirkung gleichmäßig dosiert wieder abgeben. Dies müßte sich auch für den Wirtschaftshof der Beschwerdeführer positiv auswirken. Das Einzugsgebiet für die abzuführenden Niederschlagswässer sei zutreffend mit 3 ha angenommen worden, wobei als Grenzen im Westen der Weg Nr. n7 und im Süden die Geländemulde auf den Grundstücken n1 bis n6 mit einer mittleren Entfernung von ca. 120 m von Weg Nr. n5 angenommen worden seien. Die Beschwerdeführer könnten nicht nachvollziehbar darstellen, daß und warum dieses Einzugsgebiet größer (nämlich ca. 8 ha groß) sein sollte.
Gegen diesen Bescheid haben die Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben und eine Verletzung im Grundrecht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet. Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch mit Beschluß vom 27. Juni 1990, B 759/90, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und hat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In ihrer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht "auf ordentliche gesetzmäßige Abfindung, ordnungsgemäße Herstellung der öffentlichen Maßnahmen und Anlagen, somit auf einen ordentlichen und gesetzmäßigen Ablauf hinsichtlich des gesamten Zusammenlegungsverfahrens ... sowie hinsichtlich aller nach diesem Gesetz auf dieses Verfahren bezughabenden gesetzlichen Vorschriften verletzt". Beantragt wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Zur Begründung ihrer Beschwerde verweisen die Beschwerdeführer im wesentlichen auf ein dieser angeschlossenes Gutachten des Dr. M vom 11. Juni 1990.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In ihrem Recht auf eine dem Gesetz entsprechende Abfindung können die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid keinesfalls verletzt worden sein, weil damit ja Abfindungen gar nicht festgesetzt worden sind. Dies wird erst Sache des künftig zu erlassenden Zusammenlegungsplanes in diesem Verfahren sein.
Warum die Beschwerdeführer meinen, durch die angeordneten wasserbautechnischen Maßnahmen in ihren Rechten verletzt zu sein, haben sie in ihrer Beschwerde durch einen Verweis auf das dieser angeschlossene Privatgutachten Dris. M ausgeführt. Auf dieses Privatgutachten, in welchem eine nach Ansicht des Gutachters zweckmäßigere und kostengünstigere Weg- und Wasserabflußvariante ausgearbeitet worden ist, näher einzugehen, ist jedoch dem Verwaltungsgerichtshof schon deshalb verwehrt, weil es sich dabei um ein im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässiges neues Vorbringen handelt. Gemäß § 41 Abs. 1 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes zu überprüfen. Hingegen ist das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof kein Verfahren höherer Instanz, in dem allenfalls versäumte Ermittlungen nachgeholt und neue Sachverhaltsfeststellungen getroffen werden könnten. Insbesondere kann das verwaltungsgerichtliche Verfahren nicht dazu dienen, Versäumnisse, die den Parteien im Verwaltungsverfahren unterlaufen sind, vor dem Verwaltungsgerichtshof nachzuholen (vgl. zu diesen Erwägungen die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 552 ff, angeführten Entscheidungen).
Das nunmehr vorgelegte Privatgutachten ist erst nach Abschluß des Verwaltungsverfahrens erstellt worden und konnte daher nicht Gegenstand des dem angefochtenen Bescheid vorangegangenen Verwaltungsverfahrens gewesen sein; es wurde in diesem Verfahren die Vorlage eines solchen Gutachtens nicht einmal angekündigt. Daß sich die Beschwerdeführer der für das Schicksal ihrer Beschwerde vor den Höchstgerichten aus diesem Umstand vorhersehbaren Folgen durchaus bewußt waren, zeigt unter anderem der Umstand, daß sie versucht haben, das Privatgutachten zum Anlaß einer Wiederaufnahme des Verwaltungsverfahrens zu machen.
Im übrigen ist der belangten Behörde auch darin Recht zu geben, daß der nunmehr angefochtene Bescheid auf dem längst in Rechtskraft erwachsenen Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen im Zusammenlegungsverfahren O aufbaut und nur mehr Detailveränderungen an dem längst beschlossenen Wegenetz zum Gegenstand haben konnte. Einzelheiten der technischen Gestaltung, Ausführung und Finanzierung der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen sind, soweit sie nicht im Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen festgelegt wurden, gemäß § 14 Abs. 4 FLG nach Anhörung der im Abs. 1 genannten Personen in gesonderten Bescheiden zu regeln. Daß die insoweit angeordneten Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserabflußverhältnisse im Bereich des Weges Nr. n5 subjektive Rechte der Beschwerdeführer zu verletzen geeignet wären, kann der Beschwerde nicht entnommen und vom Verwaltungsgerichtshof auch nicht aus den vorgelegten Akten und aus den anzuwendenden Vorschriften des FLG abgeleitet werden.
Mit Rücksicht auf den Neuerungscharakter des vorgelegten Privatgutachtens erübrigte sich eine nähere Auseinandersetzung mit den dortigen technischen Ausführungen, wie sie die belangte Behörde ausführlich in ihrer Gegenschrift vorgenommen hat.
Die somit unbegründete Beschwerde war demnach gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Dabei konnte von der von den Beschwerdeführern beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie 53 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 sowie Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990070101.X00Im RIS seit
12.03.1991