Index
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1220;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des R gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 11. Juli 1990, Zl. 6/5-1724/90-05, betreffend Bescheidbehebung gemäß § 299 Abs. 1 lit. c und § 299 Abs. 2 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, der einen Gewerbebetrieb unterhält, machte für das Jahr 1987 die Leistung eines Heiratsgutes von S 100.000,-- an eine Tochter als außergewöhnliche Belastung geltend. Der Einkommensteuerbescheid für 1987 berücksichtigte diese außergewöhnliche Belastung.
Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde den Einkommensteuerbescheid für 1987 gemäß § 299 Abs. 1 lit. c und § 299 Abs. 2 BAO in Ausübung ihres Aufsichtsrechts auf, und zwar im wesentlichen deshalb, weil die Eheschließung der Tochter bereits am 23. Mai 1986 stattgefunden habe, die Hingabe des Geldes aber erst im Dezember 1987 erfolgt sei. Ohne die Gründe, die zu einer Übergabe mehr als eineinhalb Jahre nach der Eheschließung geführt hätten, zu überprüfen, habe das Finanzamt erklärungsgemäß den Einkommensteuerbescheid für 1987 erlassen.
Vorliegende Beschwerde macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Voraussetzung dafür, einen Aufwand als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1972 vom Einkommen abzuziehen, ist unter anderem, daß der Aufwand dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen ist. Das Merkmal der Zwangsläufigkeit muß aber nicht nur dem Grund und der Höhe des Aufwandes nach gegeben sein; es darf auch der Aufwand nicht willkürlich in ein anderes Kalenderjahr verlagert werden als jenes, in dem die Zahlung zu leisten gewesen wäre. Gemäß den §§ 1220 ff ABGB wird der Ausstattungsanspruch zum Zeitpunkt der Eheschließung der Tochter fällig. Die Zahlung in einem späteren Kalenderjahr als dem der Eheschließung kann nur dann als zwangsläufig angesehen werden, wenn für diese verspätete Zahlung berechtigte zwingende Gründe vorliegen (vgl. zuletzt die beiden hg. Erkenntnisse vom 19. Dezember 1990, Zl. 90/13/0015 und Zl. 90/13/0168).
Die Tochter des Beschwerdeführers heiratete am 23. Mai 1986 und damit zu einer Zeit, da die Leistung des Heiratsgutes nach dem zweiten Satz des § 34 Abs. 2 EStG 1972 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 587/83 keine außergewöhnliche Belastung darstellte. Diese bezüglich der Berücksichtigung des Heiratsgutes als außergewöhnliche Belastung einem Abzugsverbot gleichkommende Bestimmung wurde durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1987, G 52/87-7, mit Wirksamkeit vom 6. August 1987 aufgehoben. Erst im Dezember 1987, also erst nach dem Wegfall des Abzugsverbotes und erst rund eineinhalb Jahre nach Fälligkeit leistete der Beschwerdeführer seiner Tochter das Heiratsgut. Bei dieser Sachlage traf das Finanzamt, das gemäß § 114 BAO darauf zu achten hatte, daß alle Abgabenpflichtigen nach den Abgabenvorschriften erfaßt und gleichmäßig behandelt werden, zufolge § 115 Abs. 1 leg. cit. die Verpflichtung, den Beschwerdefall dahingehend zu erforschen, ob im Sinne der zitierten Rechtsprechung für die verspätete Zahlung berechtigte zwingende Gründe vorlagen. Der Vorwurf der belangten Behörde, das Finanzamt habe im Sinne des § 299 Abs. 1 lit. c BAO Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, erweist sich damit als berechtigt. Nach der Aktenlage hätte bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften durchaus ein anderslautender Bescheid entsprechend der zuletzt genannten Gesetzesstelle erlassen werden können, wenn man in Rechnung stellt, daß der erklärte Gewinn des Jahres 1986 von S 201.889,-- nicht wesentlich unter dem des Jahres 1987 (S 264.221,--) lag, wie dies auch der Beschwerdeführer zubilligt. Selbst wenn man gleich der Beschwerde den im Gewerbebetrieb erwirtschafteten "Cashflow" als maßgebliches Beurteilungskriterium zur Lösung der Frage heranziehen wollte, ob die Verlagerung der Zahlung in das Jahr 1987 ZWINGEND war, wäre ein anders lautender Bescheid (Versagung der außergewöhnlichen Belastung) nicht auszuschließen gewesen. Vermochte doch der Beschwerdeführer nicht substantiell begründet aufzuzeigen, warum der "Cashflow" des Jahres 1986 von S 350.000,-- nicht ausreichte, um das vom Beschwerdeführer für angemessen erachtete Heiratsgut von S 100.000,-- schon in diesem Jahr zu leisten, abgesehen davon, daß nach der Aktenlage 1986 die Ehegattin des Beschwerdeführers einer Beschäftigung nachging und die Tochter bestätigte, die S 100.000,-- von den Eltern erhalten zu haben.
Die Betriebsprüfung im Unternehmen des Beschwerdeführers zu Beginn des Jahres 1987 bietet keine für den Verwaltungsgerichtshof einsichtige Begründung dafür, warum das Heiratsgut nicht bei dessen Fälligkeit im MAI 1986 geleistet werden konnte.
Wie bereits dargelegt, hat die belangte Behörde den Einkommensteuerbescheid für 1987 zu Recht gemäß § 299 Abs. 1 lit. c BAO wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Da die Bescheidbehebung schon im Behebungstatbestand des § 299 Abs. 1 lit. c BAO ausreichend Begründung findet, war die gegenständliche Bescheidbehebung jedenfalls berechtigt und es kann dahingestellt bleiben, ob auch die Behebung nach § 299 Abs. 2 BAO wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts geboten war, zumal die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides das Schwergewicht ihrer Überlegungen ohnehin auf § 299 Abs. 1 lit. c BAO gründete. Aus dem vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. April 1989, Zl. 88/13/0173, das eine Bescheidbehebung gemäß § 299 Abs. 2 BAO betraf, ist für den Beschwerdeführer daher nichts zu gewinnen.
Die Beschwerde vermochte somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/91, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990130209.X00Im RIS seit
13.03.1991