Index
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1393;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des S gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 9. April 1990, GZ. GA 7 - 1113/89, betreffend Haftung gemäß §§ 9 und 80 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war ab 3. September 1981 Geschäftsführer der N Leasing GesmbH. Nach den Ausführungen in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof war der einzige Zweck dieser Gesellschaft der Erwerb und die Vermietung der Liegenschaft Wien, X-Straße. Da entsprechendes Eigenkapital nicht zur Verfügung stand, mußte der Kaufpreis für die Liegenschaft durch Aufnahme eines Kredites bei der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien aufgebracht werden. Zug um Zug wurde der genannten Sparkasse "der gesamte Bestandzins für die Liegenschaft Wien, X-Straße, zur Abdeckung des aufgenommenen Kredites samt Nebengebühren, insbesondere Zinsen zediert" und von den Mietern direkt an die Zentralsparkasse bezahlt. Diese Vereinbarungen wurden bereits vor dem 3. September 1981, also bevor der Beschwerdeführer Geschäftsführer der N Leasing GesmbH geworden war, getroffen. Noch ehe die in Rede stehende Kreditschuld getilgt werden konnte, wurde, wie in der Beschwerde ausgeführt wird, die "Liegenschaft ... versteigert und die Gesellschaft im Handelsregister mangels Vermögens gelöscht".
Mit Haftungsbescheid des Finanzamtes für Körperschaften vom 7. Juni 1988 wurde der Beschwerdeführer als Haftungspflichtiger gemäß §§ 9 und 80 BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der N Leasing GesmbH im Ausmaß von S 306.713,-- in Anspruch genommen. Innerhalb offener Frist erhob er gegen diesen Bescheid Berufung, in welcher er vorbrachte, daß ihm keine schuldhafte Pflichtverletzung vorzuwerfen wäre, weil er weder Vermögen der Gesellschaft veruntreut noch die "Einbringlichmachung" von Abgaben beim Abgabepflichtigen erschwert, verzögert oder behindert habe. Es sei "vielmehr ... einfach kein Geld vorhanden" gewesen, um die Abgaben zu bezahlen.
Das Finanzamt gab diesem Rechtsmittel mit Berufungsvorentscheidung teilweise statt und schränkte den Haftungsbetrag auf S 293.961,-- ein.
Fristgerecht beantragte der Beschwerdeführer hierauf die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen. Ergänzend führte er in dem betreffenden Schriftsatz aus, die von ihm als Geschäftsführer vertretene GesmbH habe ihren gesamten Bestandzins an die Zentralsparkasse zur Abdeckung eines für den Liegenschaftskauf aufgenommenen Kredites abgetreten "und zwar in einem Zeitpunkt", als der Beschwerdeführer "noch nicht Geschäftsführer war". Auf Grund der Zession sei die Bestandzinszahlung direkt an die Zentralsparkasse erfolgt; die GesmbH habe "davon keinen Groschen in die Hand" bekommen und "also keinerlei Möglichkeit, die Umsatzsteuer einzubehalten und abzuführen oder Rücklagen zur Bezahlung der Gewerbesteuer zu bilden" gehabt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab und führte begründend im wesentlichen folgendes aus:
Der Einwand des Beschwerdeführers, er habe die in Rede stehenden Abgaben nicht entrichten können, weil auf Grund einer Zession der gesamten Bestandzinse zugunsten der Zentralsparkasse keine Mittel zur Verfügung gestanden seien, sei nicht geeignet, "die Schuldlosigkeit" des Beschwerdeführers "an der Nichterfüllung seiner Obliegenheiten darzutun"; denn ein für die Haftung nach § 9 BAO relevantes Verschulden liege jedenfalls dann vor, wenn der Geschäftsführer schon bei Übernahme seiner Funktion eine Beschränkung in Kauf nehme, die die künftige Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen der Abgabenbehörde gegenüber unmöglich mache. Die schon mehrfach erwähnte Zession der Bestandzinse hätte den Beschwerdeführer schon bei der Übernahme seiner Tätigkeit als Geschäftsführer erkennen lassen müssen, "daß die Abführung der mit diesen Kundenforderungen im Zusammenhang stehenden Abgabenschulden mangels Verfügbarkeit zumindest eines Teiles dieser Forderungen nicht möglich sein werde".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen
Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 9 BAO haften die in den §§ 80 f bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der GesmbH zum Kreis der im § 80 BAO genannten Vertreter zählt, der zur Haftung gemäß § 9 BAO herangezogen werden kann. Außer Streit steht auch, daß die in Rede stehenden Abgabenschuldigkeiten der N Leasing GesmbH von dieser nicht mehr eingebracht werden können. In der Beschwerde wird auch der von der Finanzverwaltung geltend gemachte Haftungsbetrag ziffernmäßig konkret nicht in Frage gestellt.
Der Beschwerdeführer bringt vielmehr in der Beschwerde lediglich vor, daß ihn ein Verschulden an der Nichtentrichtung der fraglichen Abgaben nicht treffe. Als Begründung hiefür führt er aus, daß der von ihm vertretenen GesmbH und damit auch ihm selbst als Geschäftsführer derselben infolge einer bereits vor Beginn seiner Tätigkeit vertraglich vereinbarten Zession der gesamten Bestandzinse an die Zentralsparkasse der Gemeinde Wien "keinerlei Mittel zur Verfügung standen ..., die ... zur Entrichtung von Abgaben" von ihm hätten verwendet werden können.
Der belangten Behörde ist beizustimmen, wenn sie unter Hinweis auf die hg. Judikatur (z.B. hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1989, Zl. 85/13/0214) die Ansicht vertritt, daß dieses Vorbringen nicht geeignet sei, "die Schuldlosigkeit" des Beschwerdeführers "an der Nichterfüllung seiner Obliegenheiten darzutun". Mit Recht geht sie nämlich davon aus, daß dem Beschwerdeführer - folgt man seinen eigenen stets wiederholten Darlegungen - schon im Zeitpunkt seiner Übernahme der Funktion des Geschäftsführers der N Leasing GesmbH klar war, daß er infolge der schon mehrfach erwähnten Zession der gesamten Bestandzinse - der einzigen Einkünfte der GesmbH - an die Zentralsparkasse vom Anfang seiner in Rede stehenden Tätigkeit an nicht in der Lage war, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen ordnungsgemäß wahrzunehmen.
Ist aber ein Geschäftsführer an der ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner Obliegenheiten gehindert, so muß er entweder sofort diese Behinderung abstellen oder seine Funktion niederlegen und als Geschäftsführer ausscheiden (siehe neuerlich z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1989, Zl. 85/13/0214 und die dort diesbezüglich angeführte Vorjudikatur). Da der Beschwerdeführer dies nicht getan hat und als Geschäftsführer tätig blieb, obwohl er sich in seiner Pflichterfüllung gehindert sah, hat er auch seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Entrichtung der die GesmbH treffenden Abgaben verletzt.
Der belangten Behörde kann daher mit Erfolg nicht entgegengetreten werden, wenn sie zu dem Schluß gelangt, daß der Beschwerdeführer im Streitfall zu Recht als Haftungspflichtiger heranzuziehen sei.
Da sich demnach die Beschwerde als unbegründet darstellt, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990130135.X00Im RIS seit
13.03.1991