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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §224 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des R gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 1. Dezember 1989, GZ. GA 7 - 1993/88, betreffend Haftung gemäß §§ 9 und 80 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, welcher im Streitzeitraum unbestrittenermaßen Geschäftsführer der R GesmbH war, wurde mit Haftungsbescheid des Finanzamtes für Körperschaften vom 30. März 1988 als Haftungspflichtiger gemäß § 9 in Verbindung mit § 80 BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der GesmbH im Ausmaß von S 814.555,-- in Anspruch genommen und aufgefordert, diesen Betrag innerhalb eines Monats ab Zustellung des Bescheides zu entrichten.
In der fristgerecht gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung wird ausgeführt, daß dem Beschwerdeführer "einfach die Mittel" zur Bezahlung der in Rede stehenden Abgaben "nicht zur Verfügung standen". Dies ergebe sich schon aus dem Umstand, daß eine entsprechende "Eintreibung" bei der GesmbH erfolglos geblieben sei.
Das Finanzamt gab diesem Rechtsmittel mit Berufungsvorentscheidung insoweit statt, als es die Haftung auf die Umsatzsteuer und Gewerbesteuer 1983 und 1984 im Ausmaß von S 697.475,-- einschränkte.
Innerhalb offener Frist beantragte der Beschwerdeführer, das Rechtsmittel der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen. In dem betreffenden Schriftsatz wies der Beschwerdeführer neuerlich auf die Mittellosigkeit der R GesmbH hin.
Mit Schreiben vom 23. Dezember 1988 teilte das Handelsgericht Wien dem Finanzamt für Körperschaften mit, daß die R GesmbH i.L. auf Grund des § 2 des Gesetzes über die Auflösung und Löschung von Gesellschaften und Genossenschaften von Amts wegen gelöscht worden sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung insoweit statt, als der Beschwerdeführer für Abgabenschuldigkeiten der schon mehrfach genannten GesmbH "im Ausmaß von S 637.003,-- anstatt bisher S 814.555,-- in Anspruch genommen wird". In der Begründung wird ausgeführt, es sei unbestritten, daß dem Beschwerdeführer als Geschäftsführer der R GesmbH die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten oblegen hätte und daß "die dem Haftungsbescheid zugrundeliegenden Abgabenschuldigkeiten bei dieser uneinbringlich wurden".
Sache des Beschwerdeführers als Organ der R GesmbH sei es, jene Gründe anzuführen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert hätten, die ihm obliegende Verpflichtung zu erfüllen. Würde die Bekanntgabe solcher Gründe unterlassen, dürfe die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen.
Was jedoch die im Haftungsbescheid geltend gemachte Umsatzsteuer 1983 in Höhe von S 239.753,-- und Umsatzsteuer 1984 in Höhe von S 397.250,-- (zusammen S 637.003,--) anlange, so bedeute schon die Nichtabfuhr dieser Beträge durch den Beschwerdeführer "eine schuldhafte Verletzung seiner Zahlungspflicht, da davon auszugehen ist, daß diese mit dem Preis für die Leistungen der Gesellschaft eingenommen" worden seien.
Für die Entrichtung der übrigen im Haftungsbescheid angeführten Abgaben seien dem Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben keine Mittel zur Verfügung gestanden. "Mangels diese Aussage widerlegende Feststellungen der Abgabenbehörde kann ihm bezüglich dieser Beträge trotz des Umstandes, daß ... kein Konkursverfahren stattgefunden hat, sondern laut Akt des Handelsgerichtes Wien, n1, am 1. Juli 1985 lediglich ein Antrag auf Eröffnung eines Ausgleichsverfahrens gestellt wurde, auch keine schuldhafte Verletzung der Zahlungspflicht vorgeworfen werden".
Da weitere Gründe, die den Beschwerdeführer ohne sein Verschulden gehindert hätten, die ihm obliegende Verpflichtung zu erfüllen, nicht vorgebracht worden seien, habe die Abgabenbehörde "eine schuldhafte Pflichtverletzung hinsichtlich der Entrichtung der Umsatzsteuer 1983 und 1984" annehmen dürfen, welche "unbestritten auch zur Uneinbringlichkeit dieser Abgabenforderungen geführt hat".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 9 BAO haften die in den §§ 80 f bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der GesmbH zum Kreis der im § 80 BAO genannten Vertreter zählt, der zur Haftung gemäß § 9 BAO herangezogen werden kann. Außer Streit steht auch, daß es sich bei den Abgaben, deren Schuldnerin die GesmbH ist, und für die der Beschwerdeführer zur Haftung herangezogen wurde, ausschließlich um Umsatzsteuer für die Jahre 1983 und 1984 handelt und daß diese Abgaben im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO uneinbringlich sind.
Im Beschwerdefall stützt sich die belangte Behörde zu Recht auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z. B. die hg. Erkenntnisse vom 18. September 1985, Zl. 84/13/0085 und vom 22. Februar 1989, Zl. 85/13/0214), wonach regelmäßig davon auszugehen ist, daß die Umsatzsteuer mit den Preisen für die erbrachten Lieferungen und sonstigen Leistungen bezahlt wird, daher für die Abfuhr an das Finanzamt zur Verfügung steht und deshalb die Nichtentrichtung dieser Abgabe, aus welchen Gründen immer, ein steuerrechtlich relevantes Verschulden des betreffenden Vertreters des jeweils in Rede stehenden Abgabepflichtigen darstellt. Auf der Basis dieser Rechtsauffassung, von welcher abzugehen der Gerichtshof auch im vorliegenden Fall keine Veranlassung sieht, kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die Haftungspflicht des Beschwerdeführers bejaht hat. Dies gilt umsomehr, als derselbe im Verwaltungsverfahren konkret nie auch nur behauptete, daß die in Rede stehenden Umsätze, welche zur Vorschreibung der fraglichen Umsatzsteuer mit in Rechtskraft erwachsenen Bescheiden führten, etwa tatsächlich nicht getätigt worden wären. Wenn erstmals in der Beschwerde die in den betreffenden Abgabenbescheiden angenommene Höhe der Umsätze in Frage gestellt wird, so stellt sich dieses Vorbringen - wie in der Gegenschrift richtig erkannt wird - als unbeachtliche Neuerung dar. Abgesehen davon könnte einem derartigen Vorbringen nur in einem Rechtsmittel gegen die betreffenden Abgabenbescheide, nicht jedoch gegen den Haftungsbescheid Erfolg beschieden sein (vgl. § 248 BAO).
Irrelevant ist aber im gegebenen Zusammenhang auch das nach dem umbestrittenen Vorbringen der belangten Behörde erst am 1. Juli 1985 mit dem Antrag auf Eröffnung des Ausgleichsverfahrens initiierte Insolvenzverfahren betreffend die R GesmbH.
Da nach dem Dargelegten der angefochtene Bescheid nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit belastet erscheint, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990130029.X00Im RIS seit
13.03.1991