TE Vwgh Erkenntnis 1991/3/14 88/06/0177

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Veröffentlicht am 14.03.1991
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Index

L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;

Norm

ROG Tir 1984 §15 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Mag. Onder, Dr. Würth, Dr. Leukauf und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 28. Juli 1988, Zl. Ve-550-1442/3, betreffend die Abweisung eines (nachträglichen) Bauansuchens (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Schwendt), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 15. Jänner 1988 wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 19. August 1987 um nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung für einen bereits errichteten Geräteschuppen und Unterstand mit einer verbauten Fläche von 22,86 m2 auf dem im Freiland gelegenen Grundstück Nr. n1 KG Schwendt gemäß § 31 Abs. 3 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 43/1978, i.d.g.F. (TBO), in Verbindung mit § 15 des Tiroler Raumordnungsgesetzes, LGBl. Nr. 4/1984 i.d.g.F., (TROG), im wesentlichen mit der Begründung ab, daß nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens keine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit für die Errichtung dieses Gebäudes bestanden habe und daher auf Grund der vorgenannten Bestimmungen auch eine nachträgliche Bewilligung hiefür nicht erteilt werden könne. Mit Bescheid vom 13. April 1988 wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bürgermeisters erhobene Berufung ab und begründete diesen Bescheid wie die Baubehörde erster Instanz.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, daß insbesondere die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit für das gegenständliche Bauvorhaben gegeben sei. Der Wald sei pflegebedürftig, weshalb die Arbeiten ein überdurchschnittliches Ausmaß erreichen würden. Eine Begutachtung durch Forstsachverständige wäre daher vorzunehmen gewesen. Es sei erforderlich und zweckmäßig, die Werkzeuge und Hilfsmittel an der Arbeitsstelle unterbringen zu können. Die staatliche Bevormundung gehe zu weit, wenn dem Waldbesitzer vorgeschrieben werde, wie er die Bewirtschaftung vorzunehmen habe. Im Bescheid seien keine Feststellungen darüber enthalten, ob das Gebäude nach Art und Größe geeignet sei, im forstwirtschaftlichen Betrieb zu dienen. Das den "gemeindlichen" Bescheiden zugrunde liegende "Schreiben des Herrn Sachverständigen" stelle kein Gutachten dar, da es nicht die formellen Voraussetzungen hiefür erfülle. Für die rechtliche Beurteilung sei auch nicht bedeutungslos, ob der Beschwerdeführer Vieh besitze und ob sein Wald stark vernachlässigt worden sei.

Die Tiroler Landesregierung (belangte Behörde) führte auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ein ergänzendes Ermittlungsverfahren hinsichtlich der Frage, ob ein forstwirtschaftlicher Betrieb vorliege und ob die gegenständliche bauliche Anlage nach Art und Größe für den Betrieb erforderlich sei, durch Einholung eines forsttechnischen Gutachtens durch. In diesem Gutachten vom 20. Juni 1988 führte der Amtssachverständige nach ausführlicher Befunderstellung zusammenfassend aus, "daß es sich im gegenständlichen Fall um einen forstwirtschaftlichen Betrieb handelt, auch Pflegebedürftigkeit des Waldes liegt vor, jedoch ist hiezu das errichtete Objekt sowohl nach Art als durch Größe aus forstwirtschaftlicher Sicht nicht erforderlich".

Dieses Gutachten wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, der hiezu in seiner Äußerung beantragte, die Gutachtenserstellung durch einen "nicht beamteten, also unabhängigen" Sachverständigen vornehmen zu lassen. Die Feststellungen im Gutachten seien zwar grundsätzlich richtig, nicht jedoch die daraus gezogenen Schlußfolgerungen. Durch den An- und Abtransport der Werkzeuge würden Schadstoffe in die Luft gebracht, welche bei Belassung der Werkzeuge an Ort und Stelle vermindert werden könnten. Sollte die Hütte auch als Unterstand für die Arbeitskräfte verwendet werden, so wäre dennoch der unmittelbare forstwirtschaftliche Zweck gegeben. Die Zusammenfassung im Gutachten sei unzutreffend und nicht in einer, einer echten Begutachtung entsprechenden Ausführlichkeit und Schlüssigkeit gefaßt.

Mit Bescheid vom 28. Juli 1988 wies die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet ab und führte nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens im wesentlichen aus, die gegenständliche bauliche Anlage sei auf einer Grundparzelle errichtet worden, die nach dem rechtskräftigen Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Gemeinde als Freiland ausgewiesen sei. Das in Rede stehende Gebäude habe ein Ausmaß von 4,09 m x 5,59 m, die verbaute Fläche betrage 22,86 m2, das Gebäude habe eine Eingangstüre und zwei Fenster sowie einen überdachten Terrassenvorbau im Ausmaß von 16,73 m2.

Gemäß § 15 Abs. 3 TROG sei die Errichtung von Bauten für land- und forstwirtschaftliche Betriebe einschließlich der zu diesen Betrieben gehörenden Wohnungen und Wohnräume im Freiland nur zulässig, soweit diese nach Art und Größe für einen bestehenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erforderlich sind. Die Errichtung solcher Bauten für bestehende land- und forstwirtschaftliche Betriebe sei nur dann als erforderlich anzusehen, wenn diese im Zuge einer Maßnahme zur Verbesserung der Agrarstruktur, insbesondere für die Auflösung materiell geteilten Hauseigentums, für die Verlegung von Betrieben aus wirtschaftlich ungünstigen Orts- oder Hoflagen, aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder aus Gründen des Umweltschutzes notwendig sei. Zur Beurteilung der "Erforderlichkeit" habe sich die Behörde der Mitwirkung eines Sachverständigen zu bedienen. Dem eingeholten forsttechnischen Gutachten sei zu entnehmen, daß es sich bei den im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Gpn. n1/1 und n/1 KG Schwendt um Waldparzellen mit einem Gesamtausmaß von 14,03 ha handle. Da die Wuchsleistungen dieser Waldparzellen geeignet seien, zumindest periodisch nachhaltig wirtschaftliche Erträge abzuwerfen, könne ohne Zweifel von einem forstwirtschaftlichen Betrieb gesprochen werden. Somit sei die weitere Frage zu prüfen, ob die Errichtung des gegenständlichen Geräteschuppens und Unterstandes für diesen bestehenden forstwirtschaftlichen Betrieb erforderlich sei, wobei sich die Erforderlichkeit nur auf den Umstand der betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit stützen könne. Diese betriebswirtschaftliche Notwendigkeit sei bereits im Gutachten des landwirtschaftlichen Sachverständigen verneint worden und ebenso im Gutachten des forsttechnischen Sachverständigen, welcher in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise darlege, weshalb das Gebäude sowohl nach Art als auch nach Größe für den bestehenden forstwirtschaftlichen Betrieb nicht erforderlich sei. Da der Beschwerdeführer auch die in diesem Gutachten getroffenen Feststellungen ausdrücklich unbestritten lasse, sei davon auszugehen, daß der Waldkomplex, auf welchem das gegenständliche Gebäude errichtet wurde, über das bestehende Forstwegenetz mit Fahrzeugen aller Art zu erreichen und vom Wohnsitz des Beschwerdeführers 14 km entfernt sei. Pflegebedürftigkeit dieses Waldteiles sei gegeben, die hiefür erforderlichen Geräte könnten jedoch aufgrund ihrer Größe überhaupt nicht in einem Geräteschuppen aufbewahrt werden (wie etwa bestimmte Fahrzeuge), für die Aufbewahrung anderer Geräte hingegen sei das errichtete Objekt in Bezug auf seine Größe überdimensioniert (Motorsäge, Rollmeßband, Schutzkleidung u. ä.). Auch aufgrund der Art des errichteten Gebäudes sei die Erforderlichkeit für den bestehenden forstwirtschaftlichen Betrieb zu verneinen. Das Gebäude weise zwei große Fenster sowie einen überdachten Terrassenvorbau auf, sei wärmeisoliert, auch sei eine Entlüftung installiert. All dies deute auf eine Verwendung des Gebäudes als Unterkunft hin und könne nicht dessen Erforderlichkeit bei Pflegemaßnahmen im Wald beweisen. Weiters sei dem Beschwerdeführer - da sein Wohnort lediglich 14 km von diesen Waldparzellen entfernt sei - durchaus zuzumuten, die für die Pflegemaßnahmen im Wald erforderlichen Geräte jeweils an- und abzutransportieren. Da er und andere Forstarbeiter für Arbeitseinsätze ohnehin jeweils zufahren müßten, bedinge die Mitnahme der erforderlichen Geräte auch keine höheren Schadstoffbelastungen für den Wald. Bestimmte größere Geräte (wie etwa Ackerschlepper mit Forstausrüstung) würden ja nur an einigen Tagen im Jahr bei der Arbeit im Wald benötigt.

Aus dem schon mehrfach zitierten schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des forsttechnischen Sachverständigen ergeben sich die Gründe, aus denen das errichtete Gebäude nach Art und Größe nicht für den bestehenden forstwirtschaftlichen Betrieb erforderlich sei. Es sei keinesfalls so, daß die Behörde den Waldeigentümern die Art der Bewirtschaftung vorschreibe. Die Baubehörde habe jedoch auf die Zielsetzungen der örtlichen Raumordnung Bedacht zu nehmen und bei Bauführungen im Freiland die Bestimmung des § 15 TROG zu beachten. Diese Gesetzesstelle diene insbesondere dazu, die Zulässigkeit von Bauten im Freiland einzuschränken, um einer Zersiedelung wirksam entgegenzutreten. Wie die Bewirtschaftung des Waldes tatsächlich erfolge, bleibt jedoch immer den Waldeigentümern überlassen. Weshalb ein "beamteter" Sachverständiger kein ordnungsgemäßes Gutachten abgeben könne, habe der Beschwerdeführer selbst nicht erklären können. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, daß die Heranziehung eines privaten Sachverständigen ohne besonderen Grund nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sogar einen wesentlichen Verfahrensmangel darstelle, wenn der Behörde geeignete Amtssachverständige zur Verfügung stehen (siehe Erkenntnis vom 30. Juni 1969, Slg. N. F. Nr. 7615/A). Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19. September 1985, Zl. 85/06/0063 = BauSlg. Nr. 514, ausgeführt habe, könne eine auf einem ausreichenden Befund beruhende schlüssige Begutachtung eines Falles durch einen Amtssachverständigen nur durch das Gutachten eines anderen Sachverständigen in tauglicher Weise in Diskussion gezogen und allenfalls erschüttert werden. An sich schlüssigen Ausführungen des Amtssachverständigen könne jedenfalls nicht mit laienhaften Äußerungen in wirksamer Weise entgegnet werden. Das vom forsttechnischen Amtssachverständigen erstellte Gutachten beruhe auf einer ausführlichen Befundaufnahme und lege in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise dar, weshalb die Erforderlichkeit des gegenständlichen Gebäudes nach Art und Größe für den forstwirtschaftlichen Betrieb nicht gegeben sei. Diesen Ausführungen sei der Beschwerdeführer nicht auf gleichem fachlichen Niveau entgegengetreten. Da die Gemeindebehörden somit zu Recht davon ausgegangen seien, daß im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für die Errichtung eines Gebäudes im Freiland nicht vorliegen, sei der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt worden und der Vorstellung keine Folge zu geben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 15 Abs. 3 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984, LGBl. Nr. 4, in der Fassung LGBl. Nr. 38/1984, lautet:

"(3) Die Errichtung von Bauten für land- und forstwirtschaftliche Betriebe einschließlich der zu diesen Betrieben gehörenden Wohnungen und Wohnräume ist im Freiland nur zulässig, soweit diese nach Art und Größe für einen bestehenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erforderlich sind. Die Errichtung solcher Bauten für bestehende land- und forstwirtschaftliche Betriebe ist nur dann als erforderlich anzusehen, wenn dies im Zuge einer Maßnahme zur Verbesserung der Agrarstruktur, insbesondere für die Auflösung materiell geteilten Hauseigentums, für die Verlegung von Betrieben aus wirtschaftlich ungünstigen Ort- oder Hoflagen, aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder aus Gründen des Umweltschutzes notwendig ist. In den zu land- und forstwirtschaftlichen Betrieben gehörenden Wohngebäuden ist überdies die Errichtung von Wohnräumen für die Vermietung von höchstens zehn Fremdenbetten je land- und forstwirtschaftlichem Betrieb zulässig."

Soweit der Beschwerdeführer eine wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften darin erblickt, daß "die belangten Behörden bedenkenlos das Gutachten des Ing. S ihrer Entscheidung zugrunde gelegt haben", so übersieht er, daß gerade die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung nicht von diesem Gutachten ausgegangen ist, sondern von jenem, das sie im Zuge des Vorstellungsverfahrens selbst veranlaßt und auch dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme übermittelt hat. Da es der Beschwerdeführer unterlassen hat, sich mit diesem Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene auseinanderzusetzen, gehen diese Beschwerdeausführungen ins Leere.

Wenn der Beschwerdeführer weiters meint, daß die belangte Behörde ihren Bescheid deshalb mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet habe, weil § 15 Abs. 3 TROG die Errichtung von Bauten für land- und forstwirtschaftliche Betriebe ausdrücklich für zulässig erkläre, wenn die Errichtung derartiger Bauten als erforderlich anzusehen ist, so ist darauf zu erwidern, daß die belangte Behörde auf Grund des von ihr eingeholten forsttechnischen Gutachtens vom 20. Juni 1988 zur Überzeugung kommen konnte, daß für den Forstbetrieb des Beschwerdeführers eben das in Rede stehende Bauvorhaben nicht erforderlich ist.

Aus der oben wiedergegebenen Bestimmung des § 15 Abs. 3 TROG ergibt sich, daß die Errichtung von Bauten für land- und forstwirtschaftliche Betriebe im Freiland nicht nur in einem allgemeinen Sinne, sondern in besonderer Weise erforderlich sein muß, nämlich zur Verbesserung der Agrarstruktur, wobei das Gesetz einige Beispiele dafür aufzählt. Daß aber durch das in Rede stehende Bauvorhaben eine derartige Verbesserung eintrete, hat der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren und auch vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht einmal behauptet.

Aus dem Gesagten folgt, daß die belangte Behörde daher Rechte des Beschwerdeführers nicht verletzt hat, wenn sie mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid und mit der von ihr gegebenen Begründung die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde erhobene Vorstellung - gestützt auf das von ihr eingeholte, schlüssige und überzeugende Gutachten des forsttechnischen Sachverständigen vom 20. Juni 1988 und die von ihr zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - abgewiesen hat. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1988060177.X00

Im RIS seit

14.03.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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