TE Vwgh Erkenntnis 1991/3/14 90/06/0030

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Veröffentlicht am 14.03.1991
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §8;
BauO Tir 1978 §30 Abs4 idF 1984/019;
BauO Tir 1978 §30 Abs4;
BauO Tir 1989 §30 Abs4;
BauRallg;
Bauvorschriften Tir 1981 §59 Abs1 idF 1988/012;
Bauvorschriften Tir 1981 §59 Abs1;
ROG Tir 1984 §15 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Leukauf, Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 2. Jänner 1990, Zl. Ve-550-1545/10, betreffend Nachbareinwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1) Gemeinde S, 2) A), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 24. November 1988 langte bei der mitbeteiligten Gemeinde ein Ansuchen der zweitmitbeteiligten Partei vom 22. November 1988 um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für den Neubau einer Hofstelle (landwirtschaftliches Wohn- und Wirtschaftsgebäude im Gesamtausmaß von 31,85 x 19,80 m) auf dem Grundstück Nr. nn/4, KG S (im Freiland gelegen), unter Anschluß der erforderlichen Unterlagen ein.

In der mündlichen Verhandlung vom 30. Dezember 1988 brachte der Beschwerdeführer, dessen Liegenschaft sich südlich des Vorhabens befindet, unter Hinweis auf seine schriftlichen Einwendungen vom 27. Dezember 1988 vor allem vor, es bedürfe eines Sachverständigengutachtens zur Prüfung der Erforderlichkeit im Sinne des § 15 Abs. 3 des Tiroler Raumordnungsgesetzes (TROG). Im Verfahren über einen Neubau auf dem Grundstück Nr. n2 habe der Sachverständige Dipl.-Ing. R. am 26. Juli 1988 von einer Überdimensionierung des damaligen Projektes gesprochen. Des weiteren sei der zweitmitbeteiligten Partei mit Bescheid der mitbeteiligten Gemeinde vom 2. November 1988 die Baubewilligung für den "Wiederaufbau des abgebrannten Hofteiles auf Gp. nn KG S" erteilt worden. Das zeige, daß es keiner zusätzlichen Verbauung bedürfe. Daran vermöge nichts zu ändern, daß die zweitmitbeteiligte Partei seit Jahren die Gebäude für gewerbliche Zwecke verwende. Die südlich des Wirtschaftsteiles vorgesehene Jauchegrube und Düngerstätte sei unzweckmäßig. Dipl.-Ing. R. habe in seinem Gutachten vom 26. Juli 1988 ausgeführt, es werde wegen der starken Sonnenbestrahlung zu ständigen und damit unzumutbaren Geruchsbelästigungen der Anrainer kommen. Dies könnte durch eine Verlegung in den nördlichen oder nordwestlichen Bereich vermieden und auf das übliche Ausmaß reduziert werden. Es bedürfe auch eines Gutachtens aus dem Fachbereich der Landwirtschaft und der Humanmedizin. Die übrigen Anrainer stimmten dem Vorhaben zu.

Der landwirtschaftliche Amtssachverständige Ing. Sch. führte in seinem Gutachten vom 28. Dezember 1988, eingelangt bei der mitbeteiligten Gemeinde am 2. Jänner 1989, aus, nunmehr liege ein gegenüber anfangs 1988 neuer abgeänderter Einreichplan vor. Die zweitmitbeteiligte Partei besitze einen landwirtschaftlichen Betrieb mit angeschlossenem Gastbetrieb (Gasthof XY auf Grundstück Nr. n/2), der verpachtet sei. Es solle eine neue Hofstelle auf dem Grundstück Nr. nn/4 rund 50 m südlich des Gasthauses errichtet werden. Das alte Wirtschaftsgebäude (auf Grundstück Nr. nn) sei 1987 abgebrannt. Es habe einen sehr schlechten Standort, angebaut an der Südseite an das Gasthaus, gehabt. Auf der Westseite sei es an den Hang gebaut gewesen, sodaß der Stall dort kein Tageslicht gehabt habe. An der Nordseite habe der Stall samt Düngerstätte bis zum Nachbaranwesen (Gasthaus mit Pensionsbetrieb) gereicht. Eine Zufahrt habe nur von der Ostseite her bestanden. Im Hinblick auf die Größe des Betriebes (rund 40 ha) sei die neue Hofstelle nach Art und Größe für den bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb, den die zweitmitbeteiligte Partei wieder selbst bewirtschaften wolle, der Gastbetrieb solle verpachtet bleiben, aus betriebswirtschaftlichen Gründen, aus Gründen einer ungünstigen Hoflage und des Umweltschutzes erforderlich.

Am 19. Jänner 1989 erstattete der Amtssachverständige des Kulturbauamtes Kufstein ein positives Gutachten hinsichtlich der Abwasserbeseitigungsanlage (mechanische Kläranlage mit rund 50 m3 ca. 82 m nördlich des Vorhabens beim Gebäude auf Grundstück Nr. nn, Versickerung nach mehreren hundert Metern). Mist und Jauche (aus Tierhaltung) würden in Mistlage und Jauchegrube gesammelt und auf eigenen Feldern landwirtschaftlich verwertet.

Ein weiterer technischer Amtssachverständiger (Dipl.-Ing. N.) führte in seinem Gutachten vom 9. März 1989 aus, daß der Stall für ca. 12 GVE ausgelegt sei. Nach Beschreibung der Düngerstätte und der Betriebsform heißt es, die Düngerlagerung erfolge nur in der kalten Jahreszeit (Oktober, November bis April, sonst Weidebetrieb). Bei Landwirtschaftsbetrieben in klimatisch ungünstiger Lage sei es üblich und sinnvoll, die Düngerstätte an der "warmen" Seite (Südost bis West) anzuordnen. In der nächsten Umgebung seien die Düngerstätten südost- und südwestseitig angelegt. Eine unzumutbare Geruchsbelästigung könne bei der angeführten Mistlagerung und Behandlung ausgeschlossen werden. In den heißen Sommermonaten sei die Düngerstätte leer. Bei plangemäßer Ausführung der Düngerstätte und Jauchegrube übersteige die Geruchsemission ein für solche Anlagen übliches Ausmaß nicht.

In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 10. April 1989 wiederholte der Beschwerdeführer im wesentlichen sein bisheriges Vorbringen.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde erteilte mit Bescheid vom 24. April 1989 gemäß § 31 der Tiroler Bauordnung (TBO) die Baubewilligung unter verschiedenen Auflagen, insbesondere erfolgten Vorschreibungen hinsichtlich der Düngerstätte, wie sie im Gutachten vom 9. März 1989 aufscheinen. Die Einwendungen des Beschwerdeführers wurden als unzulässig abgewiesen bzw. auf den ordentlichen Rechtsweg verwiesen. Nach Wiedergabe des Gutachtens des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen vom 28. Dezember 1988 heißt es, die Baubehörde sehe keinen Anlaß, an der Richtigkeit des ausführlichen Gutachtens zu zweifeln. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 TROG seien damit gegeben. Zur Düngerstätte werde darauf verwiesen, daß ein Gutachten gemäß § 59 Abs. 1 der Technischen Bauvorschriften (TBV) eingeholt worden sei, in welchem der Amtssachverständige am 9. März 1989 zu dem Ergebnis gelangt sei, daß die Geruchsemission das für solche Anlagen übliche Ausmaß nicht übersteige. Die Bauordnung normiere nur einen indirekten Schutz vor Immissionen in der Regelung über die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken (§ 30 Abs. 4 TBO). Die Fläche sei im Freiland gelegen. § 15 TROG sehe für den Nachbarn keinen Immissionsschutz vor. Die Abwasserentsorgung liege allein im öffentlichen Interesse. Der Antrag des Beschwerdeführers, das Gutachten des Dipl.-Ing. R. vom 26. Juli 1988 heranzuziehen, schlage fehl, da dieses für ein anderes Bauvorhaben an anderer Stelle bzw. mit anderer Situierung erstellt worden sei. Die Einwendung, das Vorhaben sei nicht zulässig, weil mit Bescheid vom 2. November 1988 der Wiederaufbau des abgebrannten Hofteiles auf Grundstück Nr. nn bewilligt worden sei, sei unbegründet, weil eine Änderung in der Funktion der Räumlichkeiten (hauptsächlich gewerblich für das Gasthaus) erfolgt sei und die Widmung landwirtschaftliches Mischgebiet vorliege.

Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde wies mit Bescheid vom 19. Juni 1989 die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers ab. Die Zulässigkeit des Bauvorhabens sei gemäß dem Gutachten vom 28. Dezember 1988 klar gegeben. Zu dem vom Beschwerdeführer als Parallelvorhaben bezeichneten Objekt auf dem Grundstück Nr. nn sei zu bemerken, daß dieses für den Gastwirtschaftsbetrieb (derzeit Jugendherberge) verwendet werde und lediglich eine teilweise landwirtschaftliche Nutzung (Kleintierhaltung) vorsehe. Es bestehe für dieses andere Objekt die erforderliche Flächenwidmung landwirtschaftliches Mischgebiet. Ein Bezug auf das Verfahren, mit dem die Errichtung einer Hofstelle auf Grundstück Nr. n2 abgewiesen worden sei, könne, weil es sich um ein anderes Vorhaben in anderer Lage gehandelt habe, nicht hergestellt werden, sodaß auch das dort vom Sachverständigen Dipl.-Ing. R. erstattete Gutachten vom 26. Juli 1988 nicht zur Entscheidung herangezogen werden könne. Das vorliegende Projekt sei kleiner dimensioniert und aus raumplanerischen Gründen anders situiert. Die Zulässigkeit der Düngerstätte und Jauchegrube ergebe sich aus dem Gutachten vom 9. März 1989.

Auf Grund der vom Beschwerdeführer rechtzeitig dagegen erhobenen Vorstellung holte die belangte Behörde das Gutachten eines weiteren landwirtschaftlichen Amtssachverständigen ein. Dipl.-Ing. P. führte am 22. August 1989 aus, der Betrieb sei 1983 gekauft und bis 1987 (Brand) selbst bewirtschaftet worden. Das solle nach Bau der neuen Hofstelle fortgesetzt werden. Der Gasthof "XY" sei gleichzeitig mit dem landwirtschaftlichen Betrieb erworben und für die Nutzung als Jugendheim, derzeit verpachtet, adjustiert worden. Die Familie der zweitmitbeteiligten Partei wohne ca. 6 km von der Wirtschaft entfernt. Soweit der Beschwerdeführer das positive Gutachten zur Errichtung einer Hofstelle auf Grund der rechtskräftigen Genehmigung des Bauvorhabens auf dem Grundstück Nr. nn in Frage stelle, zeige sich, daß das Gebäude als Nebengebäude zum Gastbetrieb bestimmt sei, wie dies auch aus der geänderten Flächenwidmung hervorgehe, und nur ganz geringfügig für landwirtschaftliche Zwecke. Es bedürfe auch eines Wohnteiles in der neuen Hofstelle. Im Gasthaus komme aus Rentabilitätsgründen keine ausreichende Wohnung in Frage. Die Hofstelle sei auf Grund der landwirtschaftlichen Nutzflächen sowie der Betriebsform (Grünlandbetrieb mit Viehwirtschaft) erforderlich. Dipl.-Ing. R. sei im Gutachten vom 26. Juli 1988 zum Vorprojekt ausschließlich von Kennzahlen der Bodenschätzung für die Finanzbewertung ausgegangen. Es folgen sodann ausführliche Darlegungen und Berechnungen nach verschiedenen Methoden, daß bei ortsüblicher Intensität der Bewirtschaftung, wobei Vergleiche mit anderen bestehenden Betrieben erfolgten, die vorgesehenen 10 bis 12 RGVE (rauhfutterverzehrende Großvieheinheiten) gehalten werden können, also die Stallgröße erforderlich sei. Zur Düngerstätte sei hinsichtlich der Ausführungen von Dipl.-Ing. R. im Gutachten vom 26. Juli 1988 über Geruchsbelästigungen und die Anlockung von lästigen Insekten bei einer Südsituierung zu bemerken, daß dies nur in den Sommermonaten und bei unsachgemäßer Lagerung zutreffe. Wie schon Dipl.-Ing. N. (im Gutachten vom 9. März 1989) dargelegt habe, würden bei sachgerechter Stapelung während der Stallhaltung keine unzumutbaren Belästigungen auftreten. Auch aus betriebstechnischen Gründen sei die Südlage erforderlich.

Auf Grund einer weiteren Stellungnahme des Beschwerdeführers erstattete Dipl.-Ing. P. am 30. Oktober 1989 ein ergänzendes Gutachten, in welchem ausführlich dargelegt wurde, daß ein bestehender landwirtschaftlicher Betrieb vorliege und es nur durch den Brand (1987) zur Einstellung der Viehhaltung gekommen sei. Die Fortsetzung verlange die Hofstelle. Ein so großer Betrieb wie der vorliegende werde vielfach als Nebenerwerbsbetrieb geführt. Sodann legte der Amtssachverständige neuerlich dar, warum den Ausführungen von Dipl.-Ing. R. im Gutachten vom 26. Juli 1988 nicht gefolgt werden könne. Der Amtssachverständige führte weiters eingehend aus, daß nach der Literatur die Entfernung der Düngerstätte vom Wohnhaus des Beschwerdeführers das doppelte notwendige Ausmaß betrage, und aus welchen Gründen die vorliegende Situierung erforderlich und auch typisch für die Gegend sei, also die Ausführungen von Dipl.-Ing. R. nicht dienlich seien.

Hiezu erstattete der Beschwerdeführer am 14. Dezember 1989 eine weitere Stellungnahme.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 2. Jänner 1990 wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers abgewiesen. In der Begründung heißt es nach Wiedergabe des Wortlautes des § 15 Abs. 3 TROG, der Betrieb der zweitmitbeteiligten Partei umfasse 40,5 ha, davon 91.000 m2 landwirtschaftliche Nutzfläche. In ihrem Eigentum stehe weiters der auf dem Grundstück Nr. n/2 befindliche Gasthof XY, der derzeit als Jugendherberge Verwendung finde und an den Wasserrettungsdienst Bayern verpachtet sei. Das 1987 abgebrannte Wirtschaftsgebäude auf dem Grundstück Nr. nn sei an das Gasthaus angebaut gewesen. Im Zuge des Verfahrens um einen Wiederaufbau sei es zu einer Zweckwidmung für die Erweiterung des bestehenden Gastbetriebes gekommen, was auch zu einer Änderung des Flächenwidmungsplanes geführt habe. Das andere Bauvorhaben sei getrennt vom vorliegenden zu sehen. Der landwirtschaftliche Amtssachverständige Dipl.-Ing. P. habe dargelegt, daß die Hofstelle nach Art und Größe erforderlich sei. Der Amtssachverständige habe auch eingehend erklärt, warum die von Dipl.-Ing. R. zu einem anderen Verfahren genannte Berechnungsmethode, wonach nur 5,3 GVE gehalten werden könnten, nicht zutreffe, insbesondere auch im Vergleich mit anderen bestehenden Betrieben. Der Beschwerdeführer selbst habe zugeben müssen, nicht in der Lage zu sein, diese Ausführungen des Amtssachverständigen Dipl.-Ing. P. nachprüfend zu kontrollieren. Sein allgemein gehaltenes Vorbringen sei nicht geeignet, die nachvollziehbaren und auf ausreichender Befundaufnahme basierenden Schlußfolgerungen des Dipl.-Ing. P. zu entkräften. Auch die Notwendigkeit des Wohnteiles für den Landwirtschaftsbetrieb habe der Amtssachverständige klar aufgezeigt. Gemäß § 59 Abs. 1 TBV müssen Düngerstätten so angelegt und beschaffen sein, daß ihre Geruchsemission das für solche Anlagen übliche Maß nicht übersteige. Nur darauf komme es bei der Beurteilung als Nachbarrecht an, nicht auf die räumliche Entfernung zu einem Nachbarobjekt und damit verbundene Geruchsbelästigungen. Die Beurteilung der Zulässigkeit sei daher nur mehr eine von einem landwirtschaftlichen Sachverständigen zu klärende Frage. Bereits der von der Baubehörde erster Instanz beigezogene Sachverständige sei zu dem Ergebnis gekommen, daß bei planmäßiger Ausführung der Düngerstätte die Geruchsemission das für solche Anlagen übliche Ausmaß nicht übersteige. Nur in den warmen Sommermonaten könne es bei unsachgemäßer Lagerung zu übersteigenden Geruchsemissionen kommen. Deshalb seien auch die erforderlichen Auflagen vorgeschrieben worden. Im übrigen habe der später beigezogene Amtssachverständige Dipl.-Ing. P. sogar zwölf Betriebe angeführt, die Düngerstätten in der Umgebung in vergleichbarer Position hätten. Den Nachbarn stehe des weiteren kein Mitspracherecht hinsichtlich einer möglichen Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes zu. Mit dem Einwand, es habe kein Mitglied der Familie der zweitmitbeteiligten Partei die erforderliche Befähigung für die Landwirtschaft, sei für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, da baurechtliche Vorschriften eine solche Voraussetzung nicht normieren. Es komme lediglich darauf an, daß ein landwirtschaftlicher Betrieb bestehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind insbesondere folgende

Bestimmungen von Bedeutung:

Tiroler Raumordnungsgesetz 1984, LGBl. Nr. 4,

in der Fassung LGBl. Nr. 38/1984:

"§ 15

(3) Die Errichtung von Bauten für land- und forstwirtschaftliche Betriebe einschließlich der zu diesen Betrieben gehörenden Wohnungen und Wohnräume ist im Freiland nur zulässig, soweit diese nach Art und Größe für einen bestehenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erforderlich sind. Die Errichtung solcher Bauten für bestehende land- und forstwirtschaftliche Betriebe ist nur dann als erforderlich anzusehen, wenn dies im Zuge einer Maßnahme zur Verbesserung der Agrarstruktur, insbesondere für die Auflösung materiell geteilten Hauseigentums, für die Verlegung von Betrieben aus wirtschaftlich ungünstigen Orts- oder Hoflagen, aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder aus Gründen des Umweltschutzes notwendig ist. In den zu land- und forstwirtschaftlichen Betrieben gehörenden Wohngebäuden ist überdies die Errichtung von Wohnräumen für die Vermietung von höchstens zehn Fremdenbetten je land- und forstwirtschaftlichem Betrieb zulässig."

Technische Bauvorschriften LGBl. Nr. 20/1981,

in der Fassung LGBl. Nr. 12/1988:

"§ 59

(1) Stallungen, Düngerstätten, Jauchengruben, Silos und ähnliche bauliche Anlagen müssen so beschaffen und angelegt sein, daß ihre Geruchsemissionen das für solche Anlagen übliche Ausmaß nicht übersteigen."

Dem Beschwerdeführer steht nach § 30 Abs. 4 TBO ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung der (für die Liegenschaft der zweitmitbeteiligten Partei in Geltung stehenden) Widmung Freiland (§ 15 TROG) zu (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1987, Zl. 86/06/0126, BauSlg. 991).

Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers ist die Errichtung der im § 15 Abs. 3 TROG genannten Bauten keineswegs nur dann zulässig, wenn KEINE andere Möglichkeit besteht, einen landwirtschaftlichen Betrieb ordnungsgemäß weiterzuführen, da damit jedwede wirtschaftliche und technische Weiterentwicklung in Frage gestellt wäre, was aber nicht der Sinn und Zweck dieser Regelung sein kann. Vielmehr ist die Errichtung der Bauten bei Vorliegen der im zweiten Satz des Abs. 3 genannten Voraussetzungen grundsätzlich als erforderlich anzusehen.

Schon der von der Gemeindebehörde erster Instanz beigezogene Amtssachverständige hat ausreichend dargelegt, aus welchen Gründen die im § 15 Abs. 3 zweiter Satz TROG genannten Voraussetzungen für den Neubau einer Hofstelle hier zutreffen. Die Meinung des Beschwerdeführers, ein neuer Standort für eine Hofstelle in nur 80 m Entfernung vom früheren Standort könne nicht als Verbesserung angesehen werden, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen. Insbesondere wurde von dem Amtssachverständigen auch überzeugend dargelegt, warum die Situierung des abgebrannten Wirtschaftsgebäudes unzureichend war, also eine Wiedererrichtung für vorwiegend landwirtschaftliche Zwecke unter Berücksichtigung moderner Erfordernisse nicht mehr in Frage komme. Daß der zweitmitbeteiligten Partei an der Stelle des abgebrannten Hofteiles in einem anderen Verfahren die Errichtung eines neuen Gebäudes bewilligt wurde, steht dem nicht entgegen, zumal dieses neue vorwiegend für gastgewerbliche Zwecke, nämlich als Ergänzung zum bestehenden Gastbetrieb, bestimmt ist, wobei auch die hiefür notwendige Flächenwidmung gegeben ist.

Wenn der Beschwerdeführer die Erforderlichkeit der Errichtung eines Wohnteiles in der neuen Hofstelle unter Hinweis auf das auf dem Grundstück Nr. n/2 bestehende Gebäude bestreitet, übersieht er, daß dieses Gebäude seit jeher dem neben der Landwirtschaft vorhandenen Gastgewerbebetrieb diente (das Grundstück ist auch als Sonderfläche im Freiland - Gasthof gewidmet) und für einen modernen Wohnbedarf hinsichtlich der Landwirtschaft nicht ausreicht, worauf insbesondere auch der von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständige mehrfach verwiesen hat. Unentscheidend für die Beurteilung eines Vorhabens nach baurechtlichen Vorschriften ist auch der Beruf bzw. die Befähigung der Antragsteller, worauf schon die belangte Behörde zutreffend verwiesen hat. Der landwirtschaftliche Amtssachverständige Dipl.-Ing. P. hat im übrigen statistisch belegt nachgewiesen, daß der Anteil der Nebenerwerbslandwirte für Betriebe wie der gegenständliche rund 60 Prozent beträgt.

Abgesehen davon, daß schon der von der Baubehörde erster Instanz beigezogene landwirtschaftliche Amtssachverständige die Größe des projektierten Wirtschaftsteiles der neuen Hofstelle für erforderlich erachtet hat, hat sich der Amtssachverständige der belangten Behörde Dipl.-Ing. P. ausführlich mit der Frage, wieviele Vieheinheiten nach der Größe der zur Verfügung stehenden Grundflächen gehalten werden können, auseinandergesetzt und anhand mehrerer Berechnungen dargelegt, warum der Ansicht von Dipl.-Ing. R., der in einem früheren Gutachten betreffend die Anordnung der Hofstelle an einen anderen Ort von einer geringeren Anzahl von Vieheinheiten ausgegangen ist, nicht gefolgt werden kann. Der belangten Behörde unterlief keine Rechtswidrigkeit, wenn sie sich auf das Gutachten des Amtssachverständigen Dipl.-Ing. P. gestützt hat, zumal dessen Ausführungen schlüssig sind und dieser Amtssachverständige auch die Richtigkeit seiner Darlegungen insbesondere durch die Anführung von Vergleichszahlen (mit anderen landwirtschaftlichen Betrieben der Gegend) unter Beweis stellen konnte, denen der Beschwerdeführer mit stichhältigen Argumenten nicht entgegenzutreten vermochte. Es bedurfte daher entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers keiner weiteren Beweisaufnahme in dieser Richtung.

Letztlich war noch zu prüfen, ob die geplante Düngerstätte im Sinne des § 30 Abs. 4 TBO gegen bestehende baurechtliche Vorschriften verstößt. § 59 Abs. 1 TBV begründet ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht (vgl. z.B. das

hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1986, Zl. 84/06/0117, BauSlg. 610). Nach dieser Bestimmung müssen die Düngerstätten (wie die hier geplante) so beschaffen und angelegt sein, daß ihre Geruchsemissionen das für solche Anlagen übliche Ausmaß nicht überschreiten. Mit dieser Frage haben sich die schon von der Baubehörde erster Instanz bestellten Sachverständigen, aber auch der von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständige mehrfach und ausführlich auseinandergesetzt, wobei sie zu dem übereinstimmenden Ergebnis gelangten, durch die geplante Düngerstätte werde das für solche Anlagen übliche Ausmaß an Geruchsemissionen nicht überschritten. Da gegen die Schlüssigkeit dieser Gutachten keine Bedenken bestehen, und auch die Ausführungen des Beschwerdeführers nicht geeignet sind, die Darlegungen dieser Sachverständigen zu entkräften, konnte die belangte Behörde mit Recht davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer durch die geplante Düngerstätte in keinem ihm nach den baurechtlichen Vorschriften zustehenden subjektiv-öffentlichen Recht verletzt wird. Der Beschwerdeführer übersieht, daß dem Standort einer Düngerstätte innerhalb einer Liegenschaft keine Bedeutung für die Frage zukommt, ob die von der Düngerstätte ausgehende Geruchsemission das für derartige landwirtschaftliche Anlagen übliche Ausmaß übersteigt, da § 59 Abs. 1 TBV in der hier anzuwendenden neuen Fassung nunmehr ausschließlich auf die Üblichkeit einer Geruchsemission in bezug auf ihre Quelle abstellt, nicht aber auf ihre Richtung und (damit im Zusammenhang) Reichweite (im Sinne ihrer Wahrnehmbarkeit). Die Frage der anlagenbedingten Üblichkeit einer Geruchsemission ist aber - worauf die belangte Behörde mit Recht verweist - eine Frage der Agrartechnik und nicht eine solche der Medizin oder der Hygiene (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1990, Zl. 89/06/0029).

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Planung Widmung BauRallg3Beweismittel Sachverständigenbeweis Besonderes FachgebietSachverständiger Besonderes FachgebietNachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990060030.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

28.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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