TE Vwgh Erkenntnis 1991/3/14 90/06/0046

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Veröffentlicht am 14.03.1991
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §55 Abs1;
AVG §66 Abs4;
BauO Tir 1978 §44 Abs4 lita idF 1989/010;
BauO Tir 1989 §25 litk;
BauO Tir 1989 §44 Abs4 lita;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Würth und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der X-Fliesen u. Bauwaren GmbH gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 12. Dezember 1989, Zl. Ve-550-1617/1, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag gemäß § 44 der Tiroler Bauordnung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Z), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und dem ihr in Ablichtung beigeschlossenen angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin betreibt auf der Grundparzelle 524 der Katastralgemeinde Z einen Handel mit Fliesen. Die Ausstellungs- bzw. Geschäftsräumlichkeiten befinden sich in einem Gebäude, während die Fliesen auf einer das Gebäude umgebenden asphaltierten Fläche gelagert und zum Verkauf bereitgehalten werden. Diese Grundparzelle liegt unbestrittenermaßen innerhalb der geschlossenen Ortschaft und ist nach dem geltenden Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Gemeinde als Mischgebiet im Sinne des § 14 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 (TROG) gewidmet.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 1. Juni 1989 wurde der Beschwerdeführerin die Entfernung der auf der Gp. 524 KG Z gelagerten Fliesen innerhalb einer Frist von einem Monat gemäß § 44 Abs. 4 lit. a der Tiroler Bauordnung (TBO) aufgetragen; die von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde vom Gemeinderat abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung, welcher mit dem Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 12. Dezember 1989 keine Folge gegeben wurde. Dieser Bescheid wurde mit dem Fehlen einer für die Errichtung des Materiallagerplatzes gemäß § 25 lit. k TBO erforderlichen Baubewilligung begründet.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung jedoch mit Beschluß vom 27. Februar 1990, B 138/90-3, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 25 lit. k der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989, bedarf die Verwendung einer Grundfläche innerhalb einer geschlossenen Ortschaft als Materiallagerplatz, wenn das Lagergut die Höhe von 1,50 m überschreitet oder mehr als 20 m2 Grundfläche bedeckt werden, einer Bewilligung der Behörde, soweit es sich nicht um eine vorübergehende Ablagerung im Zuge der Ausführung eines Bauvorhabens handelt bzw. soweit die Grundfläche nicht im Gewerbe- und Industriegebiet liegt.

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht das Vorliegen aller Tatbestandsvoraussetzungen für die Bewilligungspflicht im Sinne des § 25 lit. k TBO, insbesondere auch nicht, daß die von ihr vorgenommene Lagerung von Fliesen die in dieser Gesetzesbestimmung genannten Ausmaße überschreitet und das Grundstück im Mischgebiet gemäß § 14 TROG (und somit nicht in einem Gewerbe- und Industriegebiet) liegt; ihre Argumentation gegen die Zulässigkeit der gemäß § 44 Abs. 4 lit. a TBO erlassenen Verfügung stützt sich vielmehr zum einen darauf, daß sie um eine Baubewilligung angesucht habe, dieses Verfahren aber noch nicht abgeschlossen sei, zum anderen macht sie insoweit ein "Recht auf Gleichbehandlung" mit anderen Gewerbetreibenden geltend, als "die belangte Behörde" (gemeint wohl: die auf Gemeindeebene zuständige Behörde) ausschließlich gegen die Beschwerdeführerin vorgehe, während die umliegenden Gewerbebetriebe ihre Lagerplätze auch unbewilligt unbeanstandet benützen dürften.

Dem erstgenannten Argument der Beschwerdeführerin ist entgegenzuhalten, daß seit der Neufassung des § 44 Abs. 4 lit. a TBO durch die Bauordnungsnovelle 1988, LGBl. Nr. 10/1989 (die gemäß ihrem Art. II am 1. März 1989 in Kraft getreten und daher im Beschwerdefall bereits anzuwenden war), die Erlassung eines Beseitigungsauftrages nicht mehr von der rechtskräftigen Versagung der Baubewilligung sondern (falls die Bewilligungspflicht - wie hier - zu bejahen ist) nur mehr von deren Fehlen abhängig ist; ein solcher Beseitigungsauftrag darf nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes allerdings erst nach einer allfälligen rechtskräftigen Versagung der Baubewilligung vollstreckt werden (vgl. dazu z.B. die bei ähnlicher Rechtslage zur Steiermärkischen Bauordnung ergangenen Erkenntnisse vom 15. Oktober 1987, Zl. 87/06/0053, BauSlg. 986 und die darin angeführte weitere Rechtsprechung, sowie vom 20. September 1990, Zl. 88/06/0002).

Mit dem Hinweis auf andere, angeblich gleichartige, dennoch aber unbeanstandet gebliebene Fälle in ihrer unmittelbaren Umgebung vermag die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit der GEGEN SIE verfügten Maßnahme ebenfalls nicht darzutun. Schließlich wird durch die unsubstantiierte Beschwerdebehauptung, die Behörde hätte der Beschwerdeführerin "niemals" Gelegenheit gegeben, "sich mündlich über den Lagerplatz zu äußern", eine Verletzung des Parteiengehörs nicht in gesetzmäßiger Weise geltend gemacht, zumal weder angegeben wird, welche tatsächlichen Umstände der Beschwerdeführerin bis zur Bescheiderlassung unbekannt geblieben sind, sodaß sie sich zu ihnen nicht äußern konnte, noch, welche Stellungnahme sie dazu abgegeben hätte und von welchem Einfluß dies auf das Ergebnis des Verfahrens hätte sein können (zur diesbezüglichen Darlegungspflicht vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 591, erster Absatz, zitierte Rechtsprechung). Sollte die Beschwerdeführerin damit jedoch zum Ausdruck bringen wollen, daß sie sich in ihrem Recht auf MÜNDLICHE Äußerung verletzt erachtet, so genügt es darauf hinzuweisen, daß das AVG ganz allgemein weder den Grundsatz der Mündlichkeit, noch jenen der Unmittelbarkeit kennt (vgl. dazu das Erkenntnis vom 13. Juni 1972, Slg. 8249/A, uva.) und sich auch aus den anzuwendenden materiellen Rechtsvorschriften der Tiroler Bauordnung nichts Gegenteiliges ergibt. Da die Beschwerdeführerin im Verfahren sowohl bei Erhebung der Berufung als auch in ihrer Vorstellung Gelegenheit hatte, sich zu den rechtlich bedeutsamen Umständen der Sache zu äußern, trifft auch ihre weitere Behauptung nicht zu, daß sie in dieser Sache überhaupt nicht gehört worden wäre.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Parteiengehör Allgemein Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990060046.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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