TE Vwgh Erkenntnis 1991/3/19 87/05/0124

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Veröffentlicht am 19.03.1991
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO NÖ 1976 §100 Abs1;
BauO NÖ 1976 §118 Abs7;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde 1) des A und 2) des S gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 22. April 1987, Zl. II/2-V-84175/2, betreffend ein Feststellungsverfahren gemäß § 118 Abs. 7 der NÖ. Bauordnung 1976 (mitbeteiligte Parteien: 1) N, 2) Gemeinde G), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der Erstmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 30. Juni 1986 wurde "festgestellt, daß auf den nach dem derzeitigen Flächenwidmungsplan im Bauland-Kerngebiet gelegenen Grundstücken nn/7 Acker und nn Baufläche, EZ. nnn, KG. Gaaden, welche im Eigentum" der Erstmitbeteiligten "stehen, unter Heranziehung der Bestimmungen der §§ 21 Abs. 12 und 56 Abs. 4 NÖ. Bauordnung, LGBl. 8200-2, eine Bebauung zulässig ist, soferne die Abwässer in den öffentlichen Schmutzwasserkanal abgeleitet werden können und die Versorgung mit ausreichendem Trinkwasser, das die Gesundheit nicht gefährden kann, nachgewiesen wird".

Der von den beschwerdeführenden Anrainern dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 10. Dezember 1986 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge gegeben und der erwähnte erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Mit Bescheid der NÖ. Landesregierung vom 22. April 1987 wurden die gegen diesen Berufungsbescheid eingebrachten Vorstellungen der Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 4 der NÖ. Gemeindeordnung 1973 als unbegründet abgewiesen.

Den Ausführungen der Beschwerdeführer, daß die Bestimmungen des § 21 Abs. 12 der NÖ. Bauordnung 1976 zu Unrecht angewendet worden seien, weil das auf den Grundstücken der Mitbeteiligten befindliche Objekt bereits verfallen sei, man also nicht mehr von einem umbauten Raum sprechen könne, und überdies die Zufahrt nur "servitutsmäßig geschützt" sei, hielt die Aufsichtsbehörde in der Begründung ihres Bescheides unter Berufung auf die hg. Judikatur entgegen, daß ein Servitutsweg zwischen dem Bauplatz und der öffentlichen Verkehrsfläche als eine den Bestimmungen des § 20 Abs. 1 der NÖ. Bauordnung 1976 entsprechende Verbindung mit dem öffentlichen Verkehrsnetz ausreiche. Im übrigen sei aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abzuleiten, daß im Falle der Aufschließung eines Baugrundstückes durch eine "servitutsgeschützte Zufahrt" von dem ansonsten im § 21 Abs. 12 leg. cit. normierten Grundsatz, daß der umbaute Raum nur um 50 Prozent überschritten werden dürfe, abgesehen werden könne.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die Erstmitbeteiligte erwogen:

Gemäß § 118 Abs. 7 der NÖ. Bauordnung 1976 kann der Eigentümer eines Grundstückes von der Baubehörde die bescheidmäßige Feststellung darüber begehren, ob auf seinem Grundstück eine Bebauung zulässig ist oder ein Bauverbot gemäß § 20 besteht.

Zufolge § 118 Abs. 8 leg. cit. genießen als Anrainer alle Grundstückseigentümer Parteistellung gemäß § 8 AVG 1950, wenn sie in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten berührt werden. Aus § 118 Abs. 9 der NÖ. Bauordnung 1976 ergibt sich, daß subjektiv-öffentliche Rechte der Anrainer durch jene Vorschriften begründet werden, welche nicht nur den öffentlichen Interessen dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch dem Anrainer. Hiezu gehören insbesondere die Bestimmungen über 1) den Brandschutz; 2) den Schutz vor anderen Gefahren, die sich auf die Anrainergrundstücke ausdehnen können; 3) die sanitären Rücksichten wegen ihres Einflusses auf die Umgebung; 4) die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe und die Abstände der Fluchtlinien zur Erzielung einer ausreichenden Belichtung.

Gemäß § 21 Abs. 12 leg. cit. dürfen Vorhaben nach § 92 Abs. 1 Z. 4 und 7 auf Grundstücken im Bauland, die nicht an eine bestehende oder geplante öffentliche Verkehrsfläche grenzen und von einer solchen auch nicht bloß durch eine Ergänzungsfläche getrennt sind, bewilligt werden. Vorhaben nach § 92 Abs. 1 Z. 1, 2, 5 und 6 dürfen auf solchen Grundstücken nur dann bewilligt werden, wenn eine Zufahrt im Grundbuch sichergestellt und für Einsatzfahrzeuge geeignet ist. Bei Vorhaben gemäß § 92 Abs. 1 Z. 1 darf der am 1. Jänner 1982 bestehende umbaute Raum jedoch um höchstens 50 v. H. vergrößert werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, daß die Vorschriften über die Bauplatzeignung nur den öffentlichen Interessen dienen und daher keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Anrainer begründen (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1985, Zl. 85/05/0015, BauSlg. Nr. 394). Die Beschwerdeführer als Anrainer könnten daher selbst dann nicht in ihren durch die Bauordnung eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt werden, wenn in einem der Erstmitbeteiligten gegenüber erlassenen Baubewilligungsbescheid von der Annahme der Bauplatzeignung der in Rede stehenden Grundstücke ausgegangen worden wäre, weshalb die Möglichkeit einer solchen Rechtsverletzung dann umsoweniger bestehen kann, wenn lediglich in einem gemäß § 118 Abs. 7 leg. cit. ergehenden, nicht als Baubewilligungsbescheid im Sinne des § 100 Abs. 1 leg. cit. zu qualifizierenden Feststellungsbescheid ausgesprochen wird, daß "eine Bebauung" dieser Grundstücke "zulässig ist". Dazu kommt noch, daß diese Feststellung über die Zulässigkeit einer Bebauung von der Bedingung abhängig gemacht worden ist, daß, wie schon erwähnt, "die Abwässer in den öffentlichen Schmutzwasserkanal abgeleitet werden können und die Versorgung mit ausreichendem Trinkwasser, das die Gesundheit nicht gefährden kann, nachgewiesen wird". Die Baubehörden haben daher nicht festgestellt, daß diese Voraussetzungen bereits als erfüllt anzusehen sind.

Die von den Beschwerdeführern aufgeworfene Frage, ob im Sinne des § 21 Abs. 12 zweiter Satz leg. cit. eine Zufahrt zu den erwähnten Grundstücken der Erstmitbeteiligten im Grundbuch sichergestellt und für Einsatzfahrzeuge geeignet ist, berührt ihre durch die Bauordnung gewährleisteten subjektiv-öffentlichen Rechte ebensowenig, wie die weitere Frage, ob die Voraussetzungen des dritten Satzes dieser Gesetzesstelle gegeben sind, also von einem bestehenden umbauten Raum auf den Grundstücken der Erstmitbeteiligten auszugehen war. Den Beschwerdeführern kam daher in dieser Hinsicht in dem vorliegenden Feststellungsverfahren kein Mitspracherecht zu, weshalb die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführer gegen den Berufungsbescheid der mitbeteiligten Gemeinde vom 10. Dezember 1986 zu Recht nicht zum Anlaß einer Aufhebung desselben genommen hat.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1987050124.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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