TE Vwgh Erkenntnis 1991/3/19 91/07/0023

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Veröffentlicht am 19.03.1991
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Index

L66107 Einforstung Wald- und Weideservituten Felddienstbarkeit Tirol;
80/06 Bodenreform;

Norm

WWSGG §34 Abs1;
WWSLG Tir 1952 §39;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger, Dr. Kremla und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der Gemeinde N gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 13. Dezember 1990, Zl. LAS-291/2, betreffend Einleitung eines Verfahrens zur Neuregulierung oder Ablösung von Weiderechten (mitbeteiligte Partei: Österreichische Bundesforste), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I

Der Beschwerde im Zusammenhalt mit dem angefochtenen Bescheid läßt sich folgender Sachverhalt entnehmen:

1. Der beschwerdeführenden Gemeinde stehen gemäß Servitutenregulierungsurkunde vom 24. Juni 1889, folio 1, Verfachbuch III. Teil, des Bezirksgerichtes Rattenberg und Bescheid vom 1. März 1990 des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) Weiderechte auf im Eigentum der mitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (mP) stehenden Grundstücken in EZ 61 und 361 KG A sowie EZ 104 und 105 KG B zu.

2. Mit Bescheid vom 27. Juni 1990 stellte die AB gemäß § 39 des Wald- und Weideservitutengesetzes, LGBl. für Tirol Nr. 21/1952, (WWSG) fest, daß ein gültiger Antrag der mP vorliege, und verfügte die Einleitung des Verfahrens zur Neuregulierung oder Ablösung des vorbezeichneten Weiderechtes.

3. Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wies der Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung (die belangte Behörde) gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 8 Abs. 1 und § 39 WWSG als unbegründet ab.

In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde im wesentlichen folgendes aus: Die beschwerdeführende Gemeinde habe in der Berufung gerügt, daß sich die AB für die Erlassung des Einleitungsbescheides mit dem Inhalt des Antrages der mP begnügt und der Beschwerdeführerin keine Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen gegeben hätte. Die Beschwerdeführerin wäre somit nicht in der Lage gewesen zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Einleitung des Verfahrens zur Neuregulierung oder Ablösung ihrer Weiderechte im Sinne des WWSG gegeben seien. Im vorliegenden Fall sei der Antrag auf Einleitung des Verfahrens von der mP als der Eigentümerin der verpflichteten Grundstücke gestellt worden (§ 8 Abs. 2 WWSG). Im Grunde des § 39 leg. cit. sei allein zu prüfen gewesen, ob ein gültiger Antrag eines Eigentümers des verpflichteten oder des berechtigten Grundstückes vorliege. Es sage die Einleitung des Verfahrens noch nichts darüber aus, ob die Servitutsrechte abgelöst oder in welcher Art und Weise sie einer Regulierung unterzogen würden. In welcher Weise das Verfahren sodann durchgeführt werde, ergebe sich erst aufgrund der vorzunehmenden Erhebungen. Zunächst jedoch sei das Verfahren einzuleiten, wofür im vorliegenden Fall die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben seien. Es werde daher für die Beschwerdeführerin im noch folgenden Verfahren ausreichend Gelegenheit sein, ihre Rechte und rechtlichen Interessen wahrzunehmen. Da beim gegenwärtigen Verfahrensschritt eine Sachverhaltsermittlung, wie von der Beschwerdeführerin gefordert, nicht erforderlich sei, sondern lediglich die formellen Voraussetzungen zu prüfen seien, habe die Berufung als unbegründet abgewiesen werden müssen.

4. Die beschwerdeführende Gemeinde erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht auf Nichteinleitung des Verfahrens zur Neuregulierung oder Ablösung ihrer Weiderechte auf Grundstücken der eingangs bezeichneten Liegenschaften verletzt. Sie behauptet Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und begehrt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

II

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Als Rechtsrüge wie auch als Verfahrensrüge macht die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Parteiengehörs geltend. Gemäß § 37 AVG sei es Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgeblichen Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Durch die Außerachtlassung des Grundsatzes des Parteiengehörs habe die Beschwerdeführerin "etwa nicht prüfen und allenfalls geltend machen (können), ob ein gültiger Antrag im Sinne des § 3 WWSG etwa deswegen nicht vorliege, weil die ihr zustehenden Weiderechte nach privatrechtlichen Grundsätzen zu behandeln sind". Mit der Rechtskraft des Einleitungsbescheides würde sich die Beschwerdeführerin derartiger Einwendungen begeben. Es sei nicht anzunehmen, daß der Einleitungsbescheid rein formaler Natur sei, da sich eine Reihe von schwerwiegenden Konsequenzen aus dessen Rechtskraft ergäben.

2. Der belangten Behörde ist beizupflichten, wenn sie ausführt, daß mit der Einleitung des Verfahrens gemäß § 39 WWSG nichts über eine Ablösung der Weiderechte oder eine Regulierung dieser Rechte ausgesagt werde. Ob es zu einer und bejahendenfalls zu welcher dieser Maßnahmen kommt, ist Gegenstand des weiteren nach dem WWSG durchzuführenden Verfahrens. Dieser weitere Verfahrensabschnitt wird der beschwerdeführenden Gemeinde, worauf die belangte Behörde zutreffend hingewiesen hat, Gelegenheit bieten, alles zur Geltendmachung ihres Rechtsstandpunktes Erforderliche ins Treffen zu führen. Vor Erlassung des Einleitungsbescheides ist gemäß § 39 WWSG lediglich festzustellen, "ob ein gültiger Antrag oder die Voraussetzungen für ein Verfahren von Amts wegen vorliegen". Liegt eines dieser Kriterien vor - was allein anhand der Abs. 1 bis 7 des § 8 WWSG zu prüfen ist -, dann ist die Einleitung des Verfahrens zu verfügen. Die Beschwerde hat nicht aufgezeigt, daß unter Zugrundelegung der für die Stellung eines gültigen Antrages auf Ablösung oder Neuregulierung gemäß § 8 WWSG relevanten Gesichtspunkte dem Antrag der mP nicht Folge zu geben gewesen wäre. Die Beschwerdeführerin hat dies - unter Bedachtnahme auf ihr eigenes Vorbringen in der Beschwerde und die Begründung des angefochtenen Bescheides - auch im Berufungsverfahren, obwohl nicht erkennbar ist, was sie daran gehindert haben könnte, nicht getan.

Die AB hat - auch dies nach den Ausführungen im bekämpften Bescheid und in der Beschwerde - in bezug auf ihr Entscheidungsthema keine Ermittlungen durchgeführt. Folglich konnte sie auch den Grundsatz des Parteiengehörs nicht verletzen, da gemäß § 45 Abs. 3 AVG den Parteien Gelegenheit zu geben ist, "von dem Ergebnis der Beweisaufnahme" Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Der beschwerdeführenden Gemeinde aber vor Erlassung des Einleitungsbescheides bzw. dessen Bestätigung davon Kenntnis zu geben, daß ein "gültiger" Antrag der mP vorliege, waren die Agrarbehörden nicht gehalten, da Gegenstand des Parteiengehörs nur die Ergebnisse des Beweisverfahrens, nicht aber deren rechtliche Beurteilung sind.

3. Da nach dem Gesagten die von der beschwerdeführenden Gemeinde behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ - war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991070023.X00

Im RIS seit

19.03.1991

Zuletzt aktualisiert am

09.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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