TE Vwgh Erkenntnis 1991/3/19 90/04/0337

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Veröffentlicht am 19.03.1991
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Index

70/02 Schulorganisation;
71 Land- und forstwirtschaftliche Schulen;
95/08 Sonstige Angelegenheiten der Technik;

Norm

IngG 1973 §4;
Land- und forstw BundesschulG 1966 §11 Abs1;
SchOG 1962 §72;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 29. Oktober 1990, Zl. 362.981/02-IX/1/90, betreffend Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur", zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 29. Oktober 1990 gab der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten dem Ansuchen des Beschwerdeführers um die Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" vom 10. August 1990 mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 des Ingenieurgesetzes 1973 nicht statt. Zur Begründung führte der Bundesminister nach Darstellung des Inhaltes der §§ 1 Abs. 4 und 3 Abs. 2 lit. d des Ingenieurgesetzes 1973 aus, der Beschwerdeführer habe hinsichtlich seiner Ausbildung folgendes geltend gemacht: Ablegung der Reifeprüfung am BG und BRG Völkermarkt laut Zeugnis vom 18. Juni 1974; Erlernung des Berufes eines diplomierten radiologisch-technischen Assistenten laut Zeugnis der medizinisch-technischen Schule des Landes Kärnten für den radiologisch-technischen Dienst im Allgemeinen öffentlichen Landeskrankenhaus Klagenfurt vom 29. September 1977; Teilnahme an einem Sonderausbildungskurs für die Besorgung von Führungsaufgaben im medizinisch-technischen Dienst laut Zeugnis des Ausbildungszentrums für "medizinisch-technische und Krankenpflegeberufe" am Landeskrankenhaus Klagenfurt vom 31. Jänner 1985; Ausbildung zum Strahlenschutzbeauftragten hinsichtlich der diagnostischen Anwendung von Röntgenstrahlen gemäß § 28 und der Anlage 6 des BGBl. Nr. 47/1972 und Ausbildung zum Strahlenschutzbeauftragten hinsichtlich des Umganges mit radioaktiven Stoffen oder des Betriebes von Strahleneinrichtungen zu medizinischen Zwecken gemäß § 28 und der Anlage 6 des BGBl. Nr. 47/1972 "laut Zeugnisse" der Österreichischen Forschungszentrum Seibersdorf Ges.m.b.H. vom 28. November 1986 und 26. November 1986.

Wie in der Begründung weiter ausgeführt wird, sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27. August 1990 Parteiengehör gewährt worden. In diesem Schreiben sei unter anderem ausgeführt worden, daß der Beschwerdeführer keine ausreichenden Prüfungszeugnisse inländischer Schulen geltend gemacht habe, die Zeugnisse über die Ausbildung im medizinisch-technischen Dienst keine derartigen Prüfungszeugnisse seien und der Beschwerdeführer eine Prüfung durch Sachverständige zum Nachweis der gesetzlich vorgeschriebenen gleichwertigen Kenntnisse in einer Reihe (näher angeführter) Gegenstände ablegen müsse. Der Beschwerdeführer werde eingeladen, bis 21. September 1990 schriftlich mitzuteilen, ob er dieser Prüfung zustimme. Nach ungenütztem Fristablauf müßte der Antrag, jedenfalls mangels des Nachweises gleichwertiger Kenntnisse im Sinne des § 1 Abs. 4 des Ingenieurgesetzes 1973 abschlägig entschieden werden, weil durch die vorgelegten Prüfungszeugnisse nur höhere allgemeine Kenntnisse im vorgeschriebenen Umfang nachgewiesen worden seien.

Der Beschwerdeführer habe innerhalb der ihm eingeräumten Frist von der angebotenen Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme nicht Gebrauch gemacht und auch keine Zustimmungserklärung zur Ablegung der Prüfung vor Sachverständigen vorgelegt. Auf Grund der Sach- und Rechtslage sei der Antrag mangels des Nachweises der einer HTL-Ausbildung gleichwertigen Kenntnisse abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem "gesetzlich gewährleisteten Recht" zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer vor, die Behörde gehe offenbar davon aus, daß die Verleihung der angestrebten Berechtigung nach § 1 Abs. 1 des Ingenieurgesetzes 1973 nur Absolventen einer höheren technischen Lehranstalt zukomme. Diese Ansicht sei im Gesetz nicht gedeckt. Gemäß § 1 Abs. 1 des Ingenieurgesetzes 1973 (dieses sei auf Grund der Übergangsbestimmung des § 13 des Ingenieurgesetzes 1990 anzuwenden) sei die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" den Absolventen inländischer höherer technischer, höherer landwirtschaftlicher und höherer forstwirtschaftlicher Lehranstalten, sowie den Absolventen inländischer gleichwertiger Schularten zu verleihen, die die Reifeprüfung bestanden und die erforderliche Praxis nachgewiesen hätten. Es sei sohin entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde nicht erforderlich, daß der Bewerber die Reifeprüfung an der höheren (technischen) Lehranstalt abgelegt habe, sondern daß er eine höhere Lehranstalt absolviert und - egal an welcher Schule - eine Reifeprüfung abgelegt habe. Die höheren Lehranstalten im Sinne des Ingenieurgesetzes 1973 seien nicht nur technische, sondern auch landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche und andere gleichwertige Schularten (§ 4 leg. cit.). Allen diesen Schultypen sei gemein, daß sie ebenso wie die vom Beschwerdeführer absolvierte Schule für den radiologisch-technischen Dienst eine höhere Bildung (sei es nun auf technisch/gewerblichem, land- und forstwirtschaftlichem oder auf medizinisch/technischem Gebiet) vermittelten. Das Ziel der Höheren technischen Lehranstalten gemäß § 72 Schulorganisationsgesetz und der Höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten gemäß dem Land- und forstwirtschaftlichen Bundesschulgesetz und der Medizinisch-technischen Schulen gemäß § 27 Krankenpflegegesetz sei das gleiche. Zusätzlich sei bei medizinischen Schulen die Ablegung der Reifeprüfung an einer Mittelschule Zulassungserfordernis (§ 29 Krankenpflegegesetz). Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Schule zu den höheren Lehranstalten nach § 1 Abs. 1 des Ingenieurgesetzes 1973 gehöre, könne es keine Rolle spielen, auf welcher gesetzlichen Grundlage (Schulorganisationsgesetz, Land- und forstwirtschaftliches Bundesschulgesetz oder Krankenpflegegesetz), die Schule beruhe. Einziges Kriterium könne das in den Schulen vermittelte Wissen unter Berücksichtigung der erforderlichen Vorbildung sein. Hiebei sei allerdings nicht bloß der Lehrplan für die Höhere technische Lehranstalt für Elektronik, Ausbildungszweig biomedizinische Technik, heranzuziehen, sondern im Vergleich "sämtliche Lehrpläne der entsprechenden Schularten (also BGBl. Nr. 412/1986, idF BGBl. Nr. 487/1987, 437/1988, 491/1988 und 571/1989)." Vergleiche man die Lehrpläne dieser Schularten mit den vom Beschwerdeführer absolvierten Fächern, so sei kein Unterschied erkennbar, der die Annahme rechtfertigen würde, daß die Medizinisch-technischen Schulen nicht zu den Höheren Lehranstalten im Sinne des Ingenieurgesetzes 1973 zählten. Die unterschiedliche Dauer der Schulen spielte insofern keine Rolle, als bei den Medizinischen-technischen Schulen die Ablegung der Reifeprüfung Zulassungsvoraussetzung sei, was sich auch in der (kürzeren) Ausbildungsdauer niederschlage. Es finde sich also keine sachlich-gerechtfertigte Differenzierung, die Medizinisch-technischen Schulen nicht als Höhere Schulen im Sinne des Ingenieurgesetzes 1973 gelten zu lassen. Ebensowenig wie es den Absolventen einer Höheren technischen Lehranstalt, Ausbildungszweig biomedizinische Technik, nicht an der Erlangung des Ingenieurtitels hindere, daß er nicht wie seine - ebenfalls bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen zur Führung des Ingenieurtitels berechtigten - Kollegen an einer Höheren Lehranstalt für alpenländische Landwirtschaft eine Ausbildung etwa in den Fächern Pflanzenbau, Berglandwirtschaft, Forstwirtschaft, Obstbau, Tierhaltung, Tierzüchtung habe, könne es nicht für den Absolventen einer medizinisch-technischen Schule an der Erlangung des Ingenieurtitels hinderlich sein, wenn er anstatt der Fächer elektronische Datenverarbeitung, Grundlagen der Elektrotechnik, Elektrotechnik und Digitaltechnik etc. eine Ausbildung in den Fächern Strahlenphysik und radiologische Dosimetrie, Strahlentherapie, Nuklearmedizin, Radiologische Technik, Strahlenbiologie etc. erhalte. Kriterium für die Zuordnung zu den Höheren Lehranstalten bzw. den den Höheren Lehranstalten gleichgestellten Schularten im Sinne des Ingenieurgesetzes 1973 sei, wie der Vergleich der einzelnen Lehrpläne zeige, nicht der konkrete Inhalt eines einzelnen Lehrplanes, sondern der Umstand, daß in den Schulen eine höhere Ausbildung vermittelt werde, die im Zusammenhalt mit der Berufspraxis dann letztendlich auch zur Führung des Titels "Ingenieur" berechtige. Eine Prüfung, ob allenfalls auch die Voraussetzungen nach § 1 Abs. 4 des Ingenieurgesetzes 1973 vorliegen, sei nicht erforderlich. Lediglich in eventu werde vorgebracht, daß auch bei der Prüfung der Frage, ob eine Verleihung gemäß § 1 Abs. 4 des Ingenieurgesetzes 1973 in Frage komme, der Beschwerdeführer sohin über gleichwertige fachliche Kenntnisse verfüge, sich die Behörde nicht vom bloßen Vergleich mit dem Lehrplan der Höheren technischen Lehranstalt für Elektronik, Ausbildungszweig biomedizinische Technik, begnügen hätte dürfen, sondern vielmehr bei der Beurteilung der Frage sämtliche Lehrpläne hätte heranziehen müssen. Dabei hätte die Behörde zu dem Schluß kommen müssen, daß der Beschwerdeführer jedenfalls auch die einer Ausbildung nach § 1 Abs. 1 oder Abs. 2 leg. cit. zumindest gleichwertige Kenntnisse habe und diese durch die vorgelegten Zeugnisse nachgewiesen worden seien.

Gemäß § 1 Abs. 1 des im Hinblick auf den Zeitpunkt der Antragstellung zufolge § 13 des Ingenieurgesetzes 1990 hier anzuwendenden Ingenieurgesetzes 1973 ist die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" (abgekürzt: "Ing.") den Absolventen inländischer höherer technischer, höherer landwirtschaftlicher und höherer forstwirtschaftlicher Lehranstalten sowie den Absolventen inländischer gleichwertiger Schularten zu verleihen, die 1. die Reifeprüfung bestanden haben und 2. eine nach Abschluß des Studiums gelegene, mindestens dreijährige einschlägige Praxis nachweisen, die höhere Fachkenntnisse voraussetzt.

Zufolge Abs. 4 dieser Gesetzesstelle kann die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" (ferner) Bewerbern verliehen werden, die keine Ausbildung gemäß Abs. 1 oder 2 erfahren haben, aber 1. die dieser Ausbildung gleichwertigen, fachlichen und allgemeinen Kenntnisse und 2. eine mindestens 13-jährige zu den erworbenen Kenntnissen einschlägige Praxis in Österreich nachweisen, die höhere Fachkenntnisse voraussetzen.

Nach § 4 leg. cit. sind höhere Lehranstalten im Sinne des § 1 Abs. 1 die in § 72 des Schulorganisationsgesetzes, BGBl. Nr. 242/1962, in der Fassung BGBl. Nr. 243/1965 und im § 11 Abs. 1 lit. a bis e des land- und forstwirtschaftlichen Bundesschulgesetzes, BGBl. Nr. 175/1966, genannten und die diesen gleichwertigen Schularten.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß die von ihm absolvierte Schule nicht als eine der im § 72 Schulorganisationsgesetz oder im § 11 Abs. 1 lit. a bis e des land- und forstwirtschaftlichen Bundesschulgesetzes genannten Schulen anzusehen ist, meint aber, sie sei als "diesen gleichwertige Schule" anzusehen, weil die Gleichwertigkeit auf Grund eines Vergleiches "mit sämtlichen Lehrplänen der entsprechenden Schularten" nach dem (von ihm nicht näher umschriebenen) Ziel der Ausbildung zu beurteilen sei.

Dem vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen. Grundlage der Gleichwertigkeitsprüfung im Sinne des § 4 des Ingenieurgesetzes 1973 hat nicht der Vergleich irgendwelcher nur allgemein gefaßter Ausbildungsziele, sondern jener der konkret vermittelten Ausbildungsinhalte zu sein. Die Behörde hat daher in Erfüllung des in Rede stehenden Gesetzesauftrages den maßgeblichen Inhalt des Lehrplanes der in Frage kommenden, in § 72 Schulorganisationsgesetz oder im § 11 Abs. 1 lit. a bis e des land- und forstwirtschaftlichen Bundesschulgesetzes genannten Schulen jenem der vom Antragsteller absolvierten Schule gegenüberzustellen, wobei unter Umständen nicht bloß die Bezeichnung der einzelnen Unterrichtsgegenstände, sondern auch die jeweiligen Lehrinhalte zu berücksichtigen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1987, Zl. 87/04/0139).

Ausgehend von dieser Rechtslage vermag der Verwaltungsgerichtshof eine rechtswidrige Gesetzesanwendung der belangten Behörde nicht zu erkennen, wenn sie in der im Beschwerdefall streitentscheidenden Frage davon ausging, daß der Antragsteller keine gleichwertige Schulart absolviert habe. Zur näheren Begründung dieses Prüfungsergebnisses wird unter Bezugnahme auf § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1991, Zl. 90/04/0327, dem ein gleichartiges Beschwerdevorbringen zugrundelag, verwiesen.

Damit ergibt sich, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990040337.X00

Im RIS seit

17.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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