TE Vwgh Erkenntnis 1991/3/19 91/07/0024

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Veröffentlicht am 19.03.1991
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger, Dr. Kremla und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der Agrargemeinschaft A gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 13. Dezember 1990, Zl. LAS-189/13-81, betreffend Regulierung; agrarbehördliche Genehmigung eines Vergleiches (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft B, vertreten durch den Obmann), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

Der Beschwerde im Zusammenhalt mit dem angefochtenen Bescheid läßt sich folgender Sachverhalt entnehmen:

1. Mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) vom 29. Oktober 1984 war gemäß § 75 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1978 (TFLG 1978) der in der mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 1984 zwischen der nunmehrigen Beschwerdeführerin und der am verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligten Partei (mP) abgeschlossene Vergleich des Inhaltes, daß die Beschwerdeführerin die Nutzungsrechte zwischen den Gp. 473 und 612 KG X im Bereich des "C-Waldes" als Eigentumsgrenze anerkenne und die Katastralmappe dementsprechend zu berichtigen sei, genehmigt worden. Dieser Bescheid ist - nach Durchführung eines Berufungsverfahrens - rechtskräftig.

2. Mit an die AB gerichteter Eingabe ("Beschwerde zur Wahrung des Gesetzes gemäß § 37 Abs. 6 Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1978 idF LGBl. Nr. 18/1984") vom 25. Juni 1990 hatte die Beschwerdeführerin die Aufhebung des Beschlusses ihres Ausschusses vom 25. Oktober 1984, dem Vergleich mit der mP vom selben Tag zuzustimmen, sowie die Aufhebung des Bescheides der AB vom 29. Oktober 1984 (siehe oben 1.) beantragt. In eventu war die Abänderung des genannten Bescheides in bestimmter Richtung sowie die Aufhebung des betreffenden Beschlusses des Bezirksgerichtes Lienz als Grundbuchsgericht begehrt worden.

3. Mit Bescheid der AB vom 11. Juli 1990 war der Antrag auf Aufhebung des Ausschuß-Beschlusses vom 25. Oktober 1984 gemäß § 37 Abs. 6 TFLG 1978 als unbegründet abgewiesen, die Anträge auf Aufhebung bzw. Abänderung des Bescheides der AB vom 29. Oktober 1984 gemäß § 68 Abs. 1 AVG iVm § 1 AgrVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der Antrag auf Aufhebung des Beschlusses des Bezirksgerichtes Lienz gemäß § 6 Abs. 1 AVG iVm § 1 AgrVG mangels sachlicher Zuständigkeit der Agrarbehörde zurückgewiesen worden.

4. Die dagegen - mit Ausnahme des letztgenannten Abspruches - von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wies der Landesargrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung (die belangte Behörde) gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab.

Begründend führte die belangte Behörde - zusammengefaßt - folgendes aus: Im Gegensatz zur Beschwerdeführerin sei die belangte Behörde in Übereinstimmung mit der AB der Ansicht, daß der Ausschuß der beschwerdeführenden Partei sehr wohl zum Abschluß eines Vergleiches über die Festlegung einer Grundgrenze zuständig gewesen sei. Grundlage des Vergleiches und des diesem zugrundeliegenden Ausschuß-Beschlusses sei nämlich nicht die Veräußerung von Gemeinschaftsgrund, sondern die Festlegung der strittigen Grenze zwischen den beiden Agrargemeinschaften gewesen. Dazu aber sei im Hinblick auf § 9 der Satzung der Beschwerdeführerin deren seinerzeitiger Ausschuß befugt gewesen. Der betreffende Ausschuß-Beschluß sei demnach nicht gesetzwidrig, sodaß das diesbezügliche Aufhebungs-Begehren der Beschwerdeführerin von der AB zu Recht abgewiesen worden sei.

Was den Antrag auf Aufhebung des Bescheides der AB vom 29. Oktober 1984 anlange, so sei maßgebend, daß dieser in Rechtskraft erwachsen sei. Entschiedene Sache liege vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert habe. Allfällige Mängel, die im seinerzeitigen Verfahren aufgetreten seien, hätte die Beschwerdeführerin im Wege der Berufung gegen den Bescheid vom 29. Oktober 1984 geltend machen müssen. Diese Möglichkeit sei versäumt worden, da die Berufung verspätet eingebracht worden sei. Im vorliegenden Fall habe sich weder die Rechtslage noch der Sachverhalt gegenüber dem Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses und der Erlassung des Bescheides vom 29. Oktober 1984 geändert. Die belangte Behörde könne aber auch nicht finden, daß die Voraussetzungen für eine Verfügung nach den Abs. 2 bis 4 des § 68 AVG vorlägen.

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptende Beschwerde mit dem Begehren, aus diesen Gründen den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

1.2. Die Beschwerdeführerin hat ausdrücklich die Aufhebung bzw. Abänderung des - von ihr unbestritten - in Rechtskraft erwachsenen Bescheides der AB vom 29. Oktober 1984 beantragt. Sie hat damit die neuerliche sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache - nämlich der agrarbehördlichen Genehmigung eines zwischen der Beschwerdeführerin und der mP abgeschlossenen Vergleiches - angestrebt. Im Grunde des § 68 Abs. 1 AVG hätte sie mit diesem Begehren nur dann durchzudringen vermocht, wenn sich seit Erlassung des besagten Bescheides die Rechtslage oder der maßgebliche Sachverhalt in nicht bloß unwesentlichen Nebenumständen geändert hätte (so die ständige hg.

Rechtsprechung; vgl. HAUER-LEUKAUF, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, 1990, S. 580 ff.). Daß sich weder die Rechtslage noch die für die Beurteilung des Parteibegehrens maßgeblichen Umstände seit Erlassung des Genehmigungs-Bescheides vom 29. Oktober 1984 geändert haben, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid dargetan. Der Beschwerde ist es nicht gelungen, diesen Rechtsstandpunkt zu entkräften. Dem Gerichtshof bieten die ihm vorliegenden Unterlagen keinen Anhaltspunkt dafür, die Auffassung der belangten Behörde als rechtsirrig zu erkennen, zumal vor allem das weit ausholende Beschwerdevorbringen deutlich zeigt, daß alle von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Umstände bereits vom seinerzeit als maßgeblich zugrunde gelegten Sachverhalt umfaßt waren. Die im Instanzenzug erfolgte Zurückweisung des Antrages auf Aufhebung bzw. Abänderung des Genehmigungs-Bescheides vom 29. Oktober 1984 durch die belangte Behörde entsprach somit der Rechtslage.

2.1. Dem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides sind Anträge gleichzuhalten, die eine erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecken, da § 68 Abs. 1 AVG in erster Linie das wiederholte Aufrollen einer schon entschiedenen Sache verhindern soll (vgl. dazu HAUER-LEUKAUF, a.a.O., S. 584).

2.2. Das Begehren der beschwerdeführenden Partei auf Aufhebung des Beschlusses ihres Ausschusses, mit welchem dem besagten Vergleich zugestimmt worden war, ist ein solcher Antrag, mit dem eine bereits rechtskräftig entschiedene Sache neuerlich aufgerollt werden soll. Entschiedene Sache ist im vorliegenden Fall die seinerzeit mit dem rechtskräftig gewordenen Bescheid vom 29. Oktober 1984 erteilte Genehmigung des Vergleiches durch die AB. Anläßlich dieser Genehmigung hatte die AB die ihr als Aufsichtsbehörde obliegende Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für das rechtmäßige Zustandekommen des Vergleiches und damit des diesem zugrunde liegenden Beschlusses der beschwerdeführenden Agrargemeinschaft vorzunehmen. Wenn nunmehr die Beschwerdeführerin mit der Behauptung, es seien damals die rechtlichen Voraussetzungen für die Beschlußfassung durch den Ausschuß nicht vorgelegen, die Aufhebung des Ausschuß-Beschlusses im Aufsichtsweg verlangt, so zielt dieses Begehren zwangsläufig auch auf die Beseitigung des Bescheides vom 29. Oktober 1984, da diesem mit dem Wegfall des Genehmigungs-Substrates der Gegenstand seines Abspruches entzogen worden wäre.

Da somit einer meritorischen Erledigung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Aufhebung des Ausschuß-Beschlusses gleichfalls res iudicata entgegenstand, wäre auch dieses Begehren im Grunde des § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen gewesen. Dadurch, daß die belangte Behörde den besagten Antrag im Instanzenzug statt dessen als unbegründet abwies, wurde indes der Beschwerdeführer nicht in subjektiven Rechten verletzt.

3. Da sich das Fehlen der behaupteten Rechtsverletzung bereits aus dem Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren - und damit auch ohne Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages betreffend eine weitere Beschwerdeausfertigung für die mP - als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991070024.X00

Im RIS seit

16.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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