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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 8. September 1986, Zl. BauR-5052/2-1986 Stö/Fei, betreffend Widerruf einer Baubewilligung sowie Erteilung eines Beseitigungsauftrages (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde G), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 12. April 1979 war der Beschwerdeführerin unter Berufung auf § 49 der OÖ. Bauordnung 1976 die Bewilligung zur Aufstellung eines Verkaufskioskes auf der Parzelle Nr. n/2 des Grundbuches über die Kat. Gem. X "bis auf jederzeitigen Widerruf" erteilt worden.
Mit Bescheid derselben Behörde vom 20. Februar 1986 wurde diese Baubewilligung widerrufen und gleichzeitig ausgesprochen, daß der in Rede stehende Verkaufskiosk innerhalb eines Monates nach Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen sei.
Die von der Beschwerdeführerin dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 10. Juli 1986 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet abgewiesen und der erwähnte erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt.
Der gegen diesen Berufungsbescheid eingebrachten Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der OÖ. Landesregierung vom 8. September 1986 mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß die Beschwerdeführerin durch diesen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt sei.
Die Aufsichtsbehörde vertrat in der Begründung ihres Bescheides die Ansicht, daß der Widerruf einer Baubewilligung auf Widerruf nach der OÖ. Bauordnung an keine bestimmten Voraussetzungen gebunden sei. Bei einem Bescheid über den Widerruf einer widerruflichen Baubewilligung könne nur die Frage aufgeworfen werden, ob die Baubehörde ohne zureichenden Grund vom Widerrufsvorbehalt Gebrauch gemacht habe. Beim Widerruf einer widerruflichen Baubewilligung handle es sich um eine sogenannte Ermessensentscheidung, von der die Behörde im Sinne des Art. 130 Abs. 2 B-VG nur "im Sinne des Gesetzes" Gebrauch machen dürfe. Daraus folge eine von Lehre und Rechtsprechung anerkannte Begründungspflicht auch von Ermessensbescheiden. Für den Widerruf einer nur auf Widerruf erteilten Baubewilligung bedeute dies, daß die Behörde entsprechend zu begründen habe, daß die Voraussetzungen, die bei der Erteilung der Baubewilligung für den Widerrufsvorbehalt ausschlaggebend gewesen seien, sich soweit geändert bzw. dahingehend entwickelt hätten, daß der Widerruf gerechtfertigt sei. Grundsätzlich werde man davon ausgehen können, daß ein Widerrufsvorbehalt regelmäßig dann in eine Baubewilligung aufgenommen werde, wenn auf Grund zu erwartender, sich ändernder Verhältnisse öffentliche Interessen (z. B. Planungsinteressen oder Interessen an der Verkehrssicherheit) betroffen seien. Die Baubehörde habe als Entscheidungsgrundlage eine Stellungnahme bzw. ein Gutachten des Amtes der OÖ. Landesregierung als Bundesstraßenverwaltung herangezogen, aus welchem hervorgehe, daß sich die Verkehrsfrequenz auf der B 137 (Innviertlerstraße) seit der Erteilung der Baubewilligung vom 12. April 1979 vom 5.319 Kraftfahrzeugen pro 24 Stunden auf nunmehr rund 12.000 Kraftfahrzeuge in 24 Stunden und außerdem mit einem sehr hohen Lkw-Anteil erhöht habe. Wegen der überregionalen Bedeutung der Innviertler Bundesstraße sei diese Erhöhung der Verkehrsfrequenz zu verzeichnen. Es könne eindeutig festgestellt werden, daß sich die Verhältnisse seit der Erteilung der Baubewilligung bis zum heutigen Zeitpunkt wesentlich verändert hätten. Dies habe zur Folge, daß eine Baubewilligung für einen derartigen Verkaufskiosk an dieser Stelle nicht mehr hätte erteilt werden können. Die Baubehörde zweiter Instanz habe in ihrem Bescheid zutreffend unter Berufung auf Krzizek (System des österreichischen Baurechtes, Band II, S. 236 ff.) ausgeführt, daß ein zureichender Grund, vom Widerruf Gebrauch zu machen, dann anzunehmen sei, wenn ein Zustand eingetreten sei, der es rechtfertigen würde, die widerrufliche Bewilligung zu versagen, wenn nunmehr um eine solche eingeschritten würde. Die Berufungsbehörde führe zutreffend auch an, daß nach § 21 des Bundesstraßengesetzes 1971 für das Aufrechterhalten einer Baubewilligung oder die Erteilung einer Baubewilligung die Zustimmung der Bundesstraßenverwaltung erforderlich wäre, welche im gegenständlichen Falle nicht gegeben sei. Da auf Grund der abgegebenen Stellungnahme der Bundesstraßenverwaltung eine Zustimmung auch künftig nicht zu erwarten sei und somit ein Verkaufskiosk an dieser Stelle nicht genehmigungsfähig sei, habe die Baubehörde von ihrem Widerrufsrecht durchaus im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht. Allein schon aus den angeführten Gründen sei die Baubehörde zum Widerruf der Baubewilligung berechtigt gewesen, sodaß den übrigen Teilen der Begründung bzw. den dagegen erhobenen Einwendungen, insbesondere was das Bestehen oder Nichtbestehen eines Zufahrtsrechtes betreffe, keine entscheidende rechtliche Bedeutung zukomme. Aus den diesbezüglichen Vorstellungseinwendungen sei daher nichts zu gewinnen. Die weiteren Ausführungen in der Begründung dieses aufsichtsbehördlichen Bescheides sind für das verwaltungsgerichtliche Verfahren nicht von Bedeutung.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Wie schon in der vorstehenden Sachverhaltsdarstellung ausgeführt worden ist, hat die belangte Behörde die Auffassung vertreten, daß ein zureichender Grund, vom Widerruf Gebrauch zu machen, dann anzunehmen sei, wenn ein Zustand eingetreten sei, der es rechtfertigen würde, die Widerrufsbewilligung zu versagen, wenn nunmehr um eine solche angesucht würde. Da sich aus der Stellungnahme der Bundesstraßenverwaltung ergebe, daß deren Zustimmung zu dem in Rede stehenden Verkaufskiosk der Beschwerdeführerin auch künftig nicht zu erwarten und sohin ein derartiges Objekt an dieser Stelle nicht genehmigungsfähig wäre, sei die Baubehörde schon allein deshalb zum Widerruf der Baubewilligung berechtigt gewesen.
In Ermangelung irgendwelcher anderslautender gesetzlicher Anhaltspunkte ist davon auszugehen, daß für den Widerruf einer auf Widerruf erteilten Baubewilligung ein ausreichender Grund vorliegen muß (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. November 1985, Zl. 85/05/0105, BauSlg. Nr. 573). Es kann der belangten Behörde daher zwar nicht entgegengetreten werden, wenn sie den Widerruf einer derartigen Baubewilligung unter der Voraussetzung für rechtmäßig erachtet, daß (nach Erteilung der Baubewilligung) ein Zustand eingetreten ist, der die Versagung der Baubewilligung auf Widerruf gerechtfertigt hätte, doch darf im gegebenen Zusammenhang nicht übersehen werden, daß die für den Verkaufskiosk der Beschwerdeführerin gemäß § 21 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 des Bundesstraßengesetzes 1971 erforderliche - aber nie erteilte - Ausnahmebewilligung schon aus kompetenzrechtlichen Gründen keine Voraussetzung für die der Beschwerdeführerin erteilte Baubewilligung auf Widerruf war. Diesem Umstand kommt aber deshalb entscheidende Bedeutung zu, weil im § 21 Abs. 6 des Bundesstraßengesetzes 1971 vorgesehen ist, daß die Behörde auf Antrag des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) die Beseitigung eines durch vorschriftswidriges Verhalten herbeigeführten Zustandes auf Kosten des Betroffenen anzuordnen hat. Die Bundesstraßenverwaltung hätte demnach unter Berufung auf diese gesetzliche Regelung an die gemäß § 32 leg. cit. zur Vollziehung des Bundesstraßengesetzes berufene Behörde mit einem entsprechenden Antrag herantreten müssen, um solcherart die Entfernung des Verkaufskioskes der Beschwerdeführerin zu erwirken.
Der Gerichtshof kann sich daher nicht der Ansicht der belangten Behörde anschließen, daß die Baubehörden aus dem erwähnten Grund zum Widerruf der der Beschwerdeführerin auf Widerruf erteilten Baubewilligung berechtigt waren. Die Vorstellung der Beschwerdeführerin hätte daher nicht aus diesem Grunde abgewiesen werden dürfen, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben war, weil die Rechtmäßigkeit des Abtragungsauftrages den rechtmäßigen Widerruf der Baubewilligung voraussetzt.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Schlagworte
Baubewilligung BauRallg6Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Allgemein BauRallg9/1Auflagen BauRallg7Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeRechtsgrundsätze Verzicht Widerruf VwRallg6/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1986050145.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009